Surströmming. Allein das Wort lässt manchen den Mageninhalt nach oben befördern. Dieser fermentierte Hering aus Schweden ist berühmt-berüchtigt für seinen intensiven Geruch, der selbst hartgesottene Feinschmecker in die Flucht schlagen kann. Aber was macht Surströmming so extrem? Und, noch wichtiger, würden wir wirklich den Mut aufbringen, es zu essen?
In diesem Artikel tauchen wir tief in die Welt des Surströmming ein. Wir beleuchten seine Geschichte, den Fermentationsprozess, die richtige Art der Zubereitung (ja, es gibt eine!), die gesundheitlichen Aspekte und natürlich die alles entscheidende Frage: Ist es wirklich so schlimm, wie alle sagen?
Was ist Surströmming eigentlich?
Surströmming ist, einfach ausgedrückt, fermentierter Ostseehering. Genauer gesagt, handelt es sich um Hering, der vor dem Laichen im Frühjahr gefangen und dann in Salzlake vergoren wird. Der Fermentationsprozess ist das Herzstück des Surströmming und verantwortlich für seinen einzigartigen Geruch und Geschmack.
Die Geschichte hinter dem Stinkefisch
Die Geschichte des Surströmming ist eng mit der schwedischen Geschichte verbunden. Im 16. Jahrhundert, während des Krieges zwischen Schweden und der Hanse, wurde Salz knapp. Die Schweden entdeckten, dass man Hering auch mit weniger Salz konservieren konnte, indem man ihn fermentieren ließ. Dieser Prozess, der ursprünglich aus der Not geboren wurde, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer schwedischen Delikatesse.
Der Fermentationsprozess: Eine Wissenschaft für sich
Der Fermentationsprozess des Surströmming ist komplex und faszinierend. Der Hering wird in Salzlake eingelegt und in Fässern gelagert. Durch die Aktivität von Bakterien und Enzymen beginnt der Fisch zu gären. Dabei entstehen verschiedene Säuren (Buttersäure, Essigsäure, Propionsäure) und Schwefelwasserstoff, die für den charakteristischen Geruch verantwortlich sind. Dieser Prozess dauert mehrere Wochen bis Monate. Anschließend wird der Surströmming in Konservendosen abgefüllt, wo die Fermentation weitergeht. Die Dosen wölben sich durch den entstehenden Druck nach außen, was ein untrügliches Zeichen für echten Surströmming ist.
Die richtige Zubereitung: Ein Minenfeld für Anfänger
Die Zubereitung von Surströmming ist eine Kunst für sich. Zunächst einmal: Öffnen Sie die Dose unbedingt im Freien! Der Geruch ist so intensiv, dass er geschlossene Räume schnell unbewohnbar macht. Einige empfehlen sogar, die Dose unter Wasser zu öffnen, um die Geruchsentwicklung etwas einzudämmen.
Der Surströmming wird traditionell mit Tunnbröd (dünnes, knuspriges Brot), gekochten Kartoffeln, Zwiebeln und Gräddfil (saure Sahne) gegessen. Einige fügen auch Dill oder Schnittlauch hinzu. Der Fisch wird aus der Dose genommen (Vorsicht, er ist sehr weich und kann leicht zerfallen), von Gräten befreit und auf das Tunnbröd gelegt. Dann werden die anderen Zutaten hinzugefügt und das Ganze wird zu einem Wrap gerollt oder zusammengeklappt.
Schmeckt es wirklich so schlimm? Die Geschmacks-Kontroverse
Der Geschmack von Surströmming ist… polarisierend. Manche beschreiben ihn als intensiv fischig, säuerlich, käsig und leicht ranzig. Andere empfinden ihn als umami-reich, komplex und sogar angenehm. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Der Geruch ist zweifellos der größte Faktor, der viele abschreckt. Aber wer sich traut, diesen zu überwinden, kann eine interessante und unerwartete Geschmackserfahrung machen.
Es ist wichtig zu betonen, dass der Geschmack von Surströmming sehr stark von der Qualität des Produkts und der Art der Zubereitung abhängt. Ein schlecht fermentierter oder falsch zubereiteter Surströmming kann tatsächlich ungenießbar sein. Ein hochwertiger und richtig zubereiteter Surströmming kann hingegen eine kulinarische Offenbarung sein.
Gesundheitliche Aspekte: Nicht für Jedermann
Surströmming ist reich an Proteinen und Vitaminen. Allerdings enthält er auch viel Salz, was für Menschen mit Bluthochdruck problematisch sein kann. Außerdem ist der Fisch sehr säurehaltig, was zu Magenproblemen führen kann. Schwangere Frauen und Menschen mit empfindlichem Magen sollten daher lieber auf Surströmming verzichten.
Die ultimative Ekel-Challenge: Hand aufs Herz…
Kommen wir zur entscheidenden Frage: Würden wir wirklich Surströmming essen? Die Antwort ist kompliziert. Für viele ist allein der Gedanke daran unerträglich. Der Geruch, die Konsistenz, die Vorstellung von fermentiertem Fisch – all das löst bei vielen Ekel aus.
Auf der anderen Seite gibt es den Reiz des Unbekannten, den Nervenkitzel der Herausforderung. Surströmming zu essen ist mehr als nur eine Mahlzeit, es ist ein Abenteuer. Es ist eine Mutprobe, eine kulturelle Erfahrung, eine Geschichte, die man erzählen kann.
Vielleicht ist es die Neugier, die uns letztendlich dazu bringt, es zu probieren. Die Neugier, herauszufinden, ob die Gerüchte stimmen, ob es wirklich so schlimm ist, wie alle sagen. Die Neugier, eine neue Geschmackswelt zu entdecken, auch wenn sie zunächst abschreckend wirkt.
Ob wir es am Ende wirklich essen würden, hängt wahrscheinlich von vielen Faktoren ab: dem Zeitpunkt, der Gesellschaft, dem Hunger und vor allem dem Mut. Aber eines ist sicher: Surströmming ist und bleibt ein faszinierendes und kontroverses Lebensmittel, das uns noch lange beschäftigen wird.
Und um die Frage ehrlich zu beantworten: Ja, ich würde es probieren. Zumindest einmal. Für die Geschichte. Für die Erfahrung. Und vielleicht, ganz vielleicht, auch weil ich heimlich neugierig bin, ob es wirklich so ekelhaft ist, wie alle sagen.
Fazit: Mehr als nur Stinkefisch
Surströmming ist weit mehr als nur ein Stinkefisch. Es ist ein Stück schwedische Kultur, eine kulinarische Tradition mit einer langen Geschichte. Es ist eine Herausforderung für die Sinne, eine Mutprobe für Feinschmecker. Ob man es liebt oder hasst, eines ist sicher: Surströmming lässt niemanden kalt.