Es ist ein wachsendes Problem, das Eltern, Lehrer und Gesundheitsfachkräfte gleichermaßen beunruhigt: Immer mehr Kinder und Jugendliche greifen zu Nikotinprodukten. Während der Konsum von traditionellen Zigaretten unter Jugendlichen in den letzten Jahren erfreulicherweise gesunken ist, hat der Aufstieg von E-Zigaretten, Vapes, Nikotinbeuteln und anderen Nikotinalternativen eine neue Welle der Nikotinabhängigkeit unter jungen Menschen ausgelöst. Doch woher bekommen diese Kinder eigentlich diese Produkte, die ihnen legalerweise gar nicht zugänglich sein sollten?
Der einfache Zugang: Eine vielschichtige Problematik
Die Beschaffungswege von Nikotinprodukten durch Minderjährige sind vielfältig und komplex. Es handelt sich nicht um ein einzelnes Problem, sondern um ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die gemeinsam dazu beitragen, dass Nikotinprodukte in die Hände von Kindern gelangen.
1. Direkter Kauf im Einzelhandel: Eine Herausforderung für Händler
Trotz bestehender Gesetze, die den Verkauf von Nikotinprodukten an Minderjährige verbieten, gelingt es einigen Kindern und Jugendlichen, diese direkt im Einzelhandel zu erwerben. Dies kann verschiedene Ursachen haben:
- Nachlässigkeit des Verkaufspersonals: Nicht alle Verkäufer sind aufmerksam genug oder führen konsequent Alterskontrollen durch. In Stoßzeiten oder bei Personalmangel kann es vorkommen, dass die Überprüfung des Altersnachweises vernachlässigt wird.
- Falsche Ausweise: Jugendliche nutzen gefälschte oder geliehene Ausweise, um ihr Alter vorzutäuschen. Die Qualität dieser Fälschungen hat in den letzten Jahren zugenommen, wodurch sie schwerer zu erkennen sind.
- Überredungskunst und Manipulation: Einige Jugendliche sind geschickt darin, Verkäufer zu überzeugen oder zu manipulieren, um Nikotinprodukte zu erhalten. Sie nutzen beispielsweise Ausreden wie „Ich kaufe das für meinen Vater” oder „Ich habe meinen Ausweis vergessen, bin aber volljährig”.
Es ist wichtig, dass Einzelhändler sich ihrer Verantwortung bewusst sind und strenge Alterskontrollen durchführen. Schulungen des Verkaufspersonals, der Einsatz von Technologie zur Altersverifikation und die Sensibilisierung für die Tricks von Jugendlichen können dazu beitragen, den direkten Kauf im Einzelhandel zu erschweren.
2. Soziale Beschaffung: Freunde, Familie und Bekannte
Ein weiterer häufiger Beschaffungsweg ist die sogenannte „soziale Beschaffung”. Dabei erhalten Kinder und Jugendliche Nikotinprodukte von älteren Freunden, Familienmitgliedern oder Bekannten, die bereits volljährig sind.
- Ältere Freunde: Ältere Freunde oder Geschwister, die bereits Nikotinprodukte konsumieren, geben diese an jüngere weiter. Dies kann aus Gruppenzwang, dem Wunsch nach Anerkennung oder einfach aus dem Gedanken heraus geschehen, „cool” zu sein.
- Familienmitglieder: In manchen Familien ist der Konsum von Nikotinprodukten weit verbreitet. Kinder und Jugendliche können dann leichter Zugang zu diesen Produkten haben, entweder durch direkten Zugriff oder durch die „Erlaubnis” von Eltern oder älteren Geschwistern.
- Bekannte: Auch flüchtige Bekannte oder sogar Fremde können eine Quelle für Nikotinprodukte sein. Dies kann beispielsweise auf Partys oder in anderen sozialen Situationen geschehen.
Die soziale Beschaffung ist besonders schwer zu kontrollieren, da sie im privaten Umfeld stattfindet. Präventive Maßnahmen, die auf die Aufklärung über die Schädlichkeit von Nikotinprodukten abzielen und den sozialen Druck reduzieren, sind hier besonders wichtig.
3. Der Online-Markt: Eine unkontrollierbare Herausforderung?
Das Internet hat den Zugang zu Nikotinprodukten für Minderjährige erheblich erleichtert. Zahlreiche Online-Shops bieten E-Zigaretten, Vapes und andere Nikotinalternativen an, und nicht alle führen konsequente Alterskontrollen durch.
- Umgehung von Alterskontrollen: Einige Online-Shops verzichten gänzlich auf Alterskontrollen oder akzeptieren gefälschte Angaben. Andere nutzen zwar technische Lösungen zur Altersverifikation, die aber leicht umgangen werden können.
- Verkauf über Social Media: Nikotinprodukte werden auch über Social-Media-Plattformen wie Instagram, TikTok oder Snapchat verkauft, oft in Form von illegalen Angeboten oder über private Nachrichten. Diese Kanäle sind besonders schwer zu überwachen.
- Bestellung aus dem Ausland: Kinder und Jugendliche können Nikotinprodukte aus dem Ausland bestellen, wo möglicherweise weniger strenge Gesetze gelten. Die Einfuhr solcher Produkte ist jedoch in vielen Ländern illegal.
Die Bekämpfung des Online-Verkaufs von Nikotinprodukten an Minderjährige erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Behörden, Online-Plattformen und Zahlungsdienstleistern. Strengere Alterskontrollen, die Entfernung illegaler Angebote und die Sensibilisierung der Jugendlichen für die Risiken des Online-Kaufs sind wichtige Maßnahmen.
4. Die Grauzone: Kiosk- und Tankstellenautomaten
In einigen Ländern sind Zigarettenautomaten, die sich in Kiosken oder Tankstellen befinden, noch immer verbreitet. Obwohl diese Automaten in der Regel mit Alterskontrollsystemen ausgestattet sind, können sie in der Praxis leicht umgangen werden, beispielsweise durch die Nutzung von gestohlenen oder gefälschten Ausweisen.
Die Abschaffung von Zigarettenautomaten oder die Einführung noch strengerer Alterskontrollsysteme könnten dazu beitragen, den Zugang zu Nikotinprodukten für Minderjährige zu erschweren.
Die Konsequenzen: Ein alarmierender Trend
Der zunehmende Konsum von Nikotinprodukten unter Kindern und Jugendlichen hat alarmierende Konsequenzen. Nikotin ist eine stark suchterzeugende Substanz, die die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen und zu langfristigen gesundheitlichen Problemen führen kann.
- Nikotinabhängigkeit: Kinder und Jugendliche, die frühzeitig mit dem Nikotinkonsum beginnen, entwickeln mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Sucht. Diese Sucht kann sich auf andere Substanzen ausweiten und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
- Gesundheitliche Schäden: Nikotin kann die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen, insbesondere in jungen Jahren. Es kann zu Konzentrationsstörungen, Lernschwierigkeiten und psychischen Problemen führen. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atemwegsprobleme steigt.
- Einstiegsdroge: Der Konsum von Nikotinprodukten kann als Einstiegsdroge für andere Substanzen dienen, wie beispielsweise Cannabis oder Alkohol.
Was können wir tun?
Die Bekämpfung des Nikotinkonsums unter Kindern und Jugendlichen erfordert einen umfassenden Ansatz, der verschiedene Akteure einbezieht:
- Eltern: Eltern spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung ihrer Kinder über die Schädlichkeit von Nikotinprodukten. Sie sollten offen mit ihren Kindern über das Thema sprechen und ein Vorbild sein.
- Schulen: Schulen sollten Aufklärungsprogramme zum Thema Nikotin anbieten und eine rauchfreie Umgebung schaffen.
- Gesetzgeber: Gesetzgeber sollten die Gesetze zum Schutz von Jugendlichen vor Nikotinprodukten verschärfen und die Durchsetzung der bestehenden Gesetze verbessern.
- Einzelhändler: Einzelhändler sollten strenge Alterskontrollen durchführen und sich ihrer Verantwortung bewusst sein.
- Hersteller: Hersteller von Nikotinprodukten sollten sich an ethische Marketingpraktiken halten und ihre Produkte nicht an Kinder und Jugendliche richten.
Nur durch eine gemeinsame Anstrengung können wir den beunruhigenden Trend des Nikotinkonsums unter Kindern und Jugendlichen stoppen und ihre Gesundheit und Zukunft schützen.