Hallo liebe Auszubildende! Die Berufsschulzeit ist eine wichtige Etappe in eurer Ausbildung. Neben dem Lernen in der Schule und der praktischen Arbeit im Betrieb, gibt es aber auch Fragen rund um eure Arbeitszeit, insbesondere wenn es um die Freistellung für den Berufsschulbesuch geht. Was passiert nach dem Unterricht? Darf ich direkt nach Hause, oder muss ich zurück in den Betrieb? Dieser Artikel klärt alle wichtigen Fragen rund um die korrekte Regelung eurer Arbeitszeit bei Freistellung für die Berufsschule. Wir erklären die gesetzlichen Grundlagen, geben praktische Beispiele und Tipps, damit ihr eure Rechte kennt und eure Arbeitszeit optimal nutzen könnt.
Die gesetzlichen Grundlagen: Was sagt das Berufsbildungsgesetz?
Die Basis für die Freistellung von Auszubildenden für den Berufsschulbesuch bildet das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Paragraph 15 BBiG regelt die Freistellung und Anrechnung der Berufsschulzeit. Wichtig ist: Auszubildende sind für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen freizustellen. Das bedeutet, der Betrieb muss euch für diese Zeiten von der Arbeit entbinden.
Aber was bedeutet das konkret für eure Arbeitszeit nach der Berufsschule? Hier kommt es darauf an, wie euer Berufsschultag aussieht:
- Anrechnung der Berufsschulzeit: Die Zeit, die ihr in der Berufsschule verbringt, wird auf eure reguläre Arbeitszeit angerechnet. Das gilt sowohl für die Unterrichtszeit selbst als auch für die Pausen.
- Freistellung vor Prüfungen: Vor Abschlussprüfungen habt ihr Anspruch auf Freistellung. Die Dauer der Freistellung ist im BBiG nicht genau festgelegt, sondern orientiert sich am Bedarf des Auszubildenden. Hier solltet ihr euch rechtzeitig mit eurem Ausbilder absprechen.
Die große Frage: Nach der Berufsschule nach Hause oder zurück in den Betrieb?
Die Antwort auf diese Frage hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Alter des Auszubildenden: Hier gibt es Unterschiede zwischen minderjährigen und volljährigen Auszubildenden.
- Dauer des Berufsschultages: Ein langer Berufsschultag wird anders behandelt als ein kurzer.
- Regelungen im Ausbildungsvertrag oder Tarifvertrag: Manchmal gibt es spezielle Vereinbarungen.
Minderjährige Auszubildende
Für minderjährige Auszubildende gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). Dieses Gesetz schützt Jugendliche besonders und legt strenge Regeln für ihre Arbeitszeit fest.
- Fünf-Tage-Woche: Jugendliche dürfen grundsätzlich nur an fünf Tagen in der Woche beschäftigt werden.
- Höchstarbeitszeit: Die tägliche Arbeitszeit darf acht Stunden nicht überschreiten, die wöchentliche Arbeitszeit darf 40 Stunden nicht überschreiten.
- Berufsschultag = ganzer Arbeitstag: Ein Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden (à 45 Minuten) gilt als ganzer Arbeitstag. Das bedeutet, dass ihr an diesem Tag nicht mehr in den Betrieb zurück müsst. Die Zeit wird voll angerechnet.
- Berufsschultag < 5 Stunden: Wenn der Berufsschultag weniger als fünf Unterrichtsstunden hat, müsst ihr grundsätzlich zurück in den Betrieb, um eure reguläre Arbeitszeit zu erfüllen.
Wichtiger Hinweis: Die Anrechnung der Berufsschulzeit inklusive Pausen muss berücksichtigt werden. Selbst wenn der reine Unterricht weniger als fünf Stunden beträgt, kann es sein, dass die Gesamtzeit inklusive Pausen die fünf Stunden überschreitet. In diesem Fall gilt der Tag als ganzer Arbeitstag.
Volljährige Auszubildende
Für volljährige Auszubildende gelten etwas andere Regeln, da das Jugendarbeitsschutzgesetz hier keine Anwendung findet. Hier greift das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Die Regeln für die Anrechnung der Berufsschulzeit sind aber ähnlich.
- Keine automatische Freistellung bei > 5 Stunden: Anders als bei Jugendlichen gilt ein Berufsschultag mit mehr als fünf Stunden nicht automatisch als ganzer Arbeitstag. Es kommt auf die betriebliche Regelung an.
- Anrechnung der Berufsschulzeit: Die Zeit in der Berufsschule wird auf die reguläre Arbeitszeit angerechnet.
- Rückkehr in den Betrieb: Ob ihr nach der Berufsschule in den Betrieb zurück müsst, hängt von der Arbeitszeit und den betrieblichen Vereinbarungen ab.
So wird die Arbeitszeit richtig geregelt: Beispiele und Tipps
Um das Ganze zu verdeutlichen, hier ein paar Beispiele:
Beispiel 1 (Minderjähriger Azubi): Max ist 17 Jahre alt und hat am Dienstag Berufsschule. Der Unterricht dauert von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr (6 Stunden inklusive Pausen). Da der Berufsschultag länger als fünf Stunden dauert, muss Max am Dienstag nicht mehr in den Betrieb zurück. Der Tag wird voll auf seine Arbeitszeit angerechnet.
Beispiel 2 (Volljähriger Azubi): Anna ist 20 Jahre alt und hat am Mittwoch Berufsschule. Der Unterricht dauert von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr (4 Stunden inklusive Pausen). Im Ausbildungsvertrag steht, dass die Berufsschulzeit inklusive Pausen angerechnet wird und ein Berufsschultag mit über 6 Stunden als voller Arbeitstag gilt. Anna muss also am Mittwoch noch 4 Stunden im Betrieb arbeiten, um ihre reguläre Arbeitszeit zu erfüllen (8 Stunden – 4 Stunden Berufsschule = 4 Stunden).
Beispiel 3 (Sonderfall): Paul (19) hat Berufsschule von 8:00 Uhr bis 11:00 Uhr. Nach der Schule hat er einen wichtigen Arzttermin, den er nicht verschieben kann. In diesem Fall sollte Paul mit seinem Ausbilder sprechen und versuchen, eine individuelle Lösung zu finden. Vielleicht kann er die fehlenden Stunden an einem anderen Tag nacharbeiten oder einen Gleitzeittag nehmen.
Tipps für eine reibungslose Regelung der Arbeitszeit
- Klare Absprachen: Sprecht offen mit eurem Ausbilder über die Regelung der Arbeitszeit nach der Berufsschule. Klärt alle Fragen und Missverständnisse frühzeitig.
- Blick in den Ausbildungsvertrag: Überprüft euren Ausbildungsvertrag und eventuelle Tarifverträge. Hier können spezielle Regelungen zur Arbeitszeit und Freistellung enthalten sein.
- Dokumentation: Führt ein Protokoll über eure tatsächlichen Arbeitszeiten, inklusive Berufsschulzeiten. So habt ihr einen Überblick und könnt eventuelle Unstimmigkeiten leichter nachvollziehen.
- Kennt eure Rechte: Informiert euch über eure Rechte und Pflichten als Auszubildende. Bei Unklarheiten könnt ihr euch an die zuständige Kammer (IHK oder HWK) oder die Gewerkschaft wenden.
- Kommunikation ist alles: Wenn es zu Problemen oder Unstimmigkeiten kommt, sucht das Gespräch mit eurem Ausbilder. Eine offene und konstruktive Kommunikation hilft oft, Lösungen zu finden.
Sonderfälle und Ausnahmen
Wie überall gibt es auch hier Sonderfälle und Ausnahmen, die berücksichtigt werden müssen:
- Blockunterricht: Beim Blockunterricht, bei dem ihr mehrere Tage am Stück in der Berufsschule seid, gelten meist spezielle Regelungen. Hier solltet ihr euch im Vorfeld mit eurem Ausbilder abstimmen.
- Lange Anfahrtswege: Wenn ihr einen sehr langen Anfahrtsweg zur Berufsschule habt, kann dies bei der Regelung der Arbeitszeit berücksichtigt werden. Sprecht dies mit eurem Ausbilder ab.
- Betriebliche Veranstaltungen: Auch wenn ihr Berufsschule habt, kann es vorkommen, dass ihr an betrieblichen Veranstaltungen teilnehmen sollt. Hier solltet ihr klären, ob die Teilnahme verpflichtend ist und wie die Zeit angerechnet wird.
Fazit: Transparenz und Kommunikation sind der Schlüssel
Die Regelung der Arbeitszeit nach der Berufsschule kann manchmal etwas kompliziert sein. Wichtig ist, dass ihr eure Rechte kennt, offen mit eurem Ausbilder kommuniziert und alle Vereinbarungen klar dokumentiert. So könnt ihr sicherstellen, dass eure Arbeitszeit korrekt erfasst wird und ihr eure Ausbildung erfolgreich abschließen könnt. Denkt daran, dass eine transparente und faire Regelung der Arbeitszeit nicht nur eurem Wohlbefinden dient, sondern auch zu einem guten Arbeitsklima im Betrieb beiträgt. Viel Erfolg in eurer Ausbildung!