Die Frage, ob man im Anschreiben seine Gehaltsvorstellungen angeben sollte, ist ein heiß diskutiertes Thema unter Bewerbern und Personalverantwortlichen. Es gibt keine pauschale Antwort, da die Entscheidung von verschiedenen Faktoren abhängt. Dieser Artikel beleuchtet die Vor- und Nachteile dieser Praxis und gibt Ihnen eine fundierte Entscheidungshilfe für Ihre nächste Bewerbung.
Die Ausgangslage: Warum diese Frage überhaupt entsteht
Viele Stellenausschreibungen fordern explizit die Angabe der Gehaltsvorstellungen im Anschreiben oder im Bewerbungsprozess. Unternehmen möchten damit sicherstellen, dass die Erwartungen der Bewerber im Einklang mit dem Budget liegen. Andererseits kann die frühzeitige Nennung des Gehalts auch negative Auswirkungen haben. Es ist wichtig, die Vor- und Nachteile abzuwägen, bevor man sich für eine Vorgehensweise entscheidet.
Die Argumente FÜR die Nennung des Gehalts im Anschreiben
Es gibt durchaus Situationen, in denen die Angabe der Gehaltsvorstellungen im Anschreiben sinnvoll sein kann. Hier sind einige der überzeugendsten Argumente:
- Erfüllung einer ausdrücklichen Anforderung: Wenn die Stellenausschreibung explizit nach der Angabe des Gehalts fragt, sollten Sie dieser Anforderung unbedingt nachkommen. Ignorieren Sie diese Aufforderung nicht, da dies als Desinteresse oder mangelnde Aufmerksamkeit interpretiert werden könnte.
- Zeitersparnis für beide Seiten: Durch die Angabe Ihrer Gehaltsvorstellungen können Sie und das Unternehmen Zeit sparen. Wenn Ihre Vorstellungen deutlich über dem Budget des Unternehmens liegen, wird der Bewerbungsprozess gar nicht erst fortgesetzt. Das erspart Ihnen unnötige Mühe und dem Unternehmen Zeit für andere Kandidaten.
- Selbstbewusstsein und Transparenz: Die Angabe Ihres Gehalts kann auch Selbstbewusstsein signalisieren. Sie kennen Ihren Wert und scheuen sich nicht, ihn zu kommunizieren. Dies kann positiv aufgenommen werden, insbesondere wenn Sie Ihre Forderungen gut begründen können.
- Vermeidung von Überraschungen: Wenn Sie im Vorstellungsgespräch nach Ihren Gehaltsvorstellungen gefragt werden und eine Summe nennen, die deutlich über dem liegt, was das Unternehmen bereit ist zu zahlen, kann das unangenehm sein. Die Angabe im Anschreiben kann solche Überraschungen vermeiden.
Die Argumente GEGEN die Nennung des Gehalts im Anschreiben
Auf der anderen Seite gibt es auch gute Gründe, die gegen die Angabe der Gehaltsvorstellungen im Anschreiben sprechen. Hier sind einige der wichtigsten:
- Unter Wert verkaufen: Wenn Sie Ihre Gehaltsvorstellungen zu niedrig ansetzen, könnten Sie sich unter Wert verkaufen. Das Unternehmen wird Ihnen wahrscheinlich nicht mehr anbieten, als Sie gefordert haben.
- Ausschluss aus dem Bewerbungsprozess: Wenn Ihre Gehaltsvorstellungen zu hoch angesetzt sind, könnten Sie aus dem Bewerbungsprozess ausgeschlossen werden, obwohl Sie ansonsten perfekt für die Stelle geeignet wären. Möglicherweise hätte das Unternehmen Sie doch in Betracht gezogen, wenn Sie Ihre Gehaltsvorstellungen erst später im Prozess genannt hätten.
- Mangelnde Verhandlungsposition: Wenn Sie Ihr Gehalt im Anschreiben nennen, nehmen Sie sich die Möglichkeit, im Vorstellungsgespräch besser zu verhandeln. Sie haben sich bereits auf eine Zahl festgelegt und können diese nur schwer wieder ändern.
- Fokus auf das Gehalt statt auf die Qualifikation: Die Angabe des Gehalts lenkt den Fokus des Personalverantwortlichen möglicherweise von Ihren Qualifikationen und Erfahrungen ab. Der Fokus sollte primär darauf liegen, was Sie dem Unternehmen bieten können.
- Schwierigkeiten bei der Bewertung des Stellenwerts: Es ist oft schwierig, den Stellenwert einer Position und die damit verbundene Gehaltsspanne im Vorfeld genau einzuschätzen. Interne Faktoren wie das Gehaltsgefüge des Unternehmens oder die individuelle Leistung des Bewerbers spielen dabei eine Rolle.
Wie formuliert man die Gehaltsvorstellung im Anschreiben richtig?
Wenn Sie sich für die Angabe der Gehaltsvorstellungen im Anschreiben entscheiden, ist es wichtig, dies richtig zu formulieren. Hier sind einige Tipps:
- Realistische Gehaltsspanne angeben: Nennen Sie eine realistische Gehaltsspanne anstatt einer festen Summe. Dies signalisiert Verhandlungsbereitschaft und gibt Ihnen etwas Spielraum. Recherchieren Sie im Vorfeld, welche Gehälter in der Branche und für die Position üblich sind. Nutzen Sie Gehaltsvergleichsportale und informieren Sie sich über Tarifverträge.
- Bruttojahresgehalt angeben: Geben Sie immer das Bruttojahresgehalt an, da dies die übliche Vorgehensweise ist.
- Flexibilität signalisieren: Betonen Sie, dass Ihre Gehaltsvorstellungen verhandelbar sind und dass Sie auch andere Faktoren wie Zusatzleistungen, Weiterbildungsmöglichkeiten und die Unternehmenskultur in Ihre Entscheidung einbeziehen.
- Begründen Sie Ihre Gehaltsvorstellungen: Geben Sie eine kurze Begründung für Ihre Gehaltsvorstellungen an. Verweisen Sie auf Ihre Qualifikationen, Ihre Erfahrungen und Ihre bisherigen Leistungen.
- Positive Formulierung wählen: Vermeiden Sie negative Formulierungen wie „Ich erwarte mindestens…” oder „Ich bin nur bereit für…”. Wählen Sie stattdessen eine positive und selbstbewusste Formulierung.
Beispiele für Formulierungen:
- „Meine Gehaltsvorstellungen liegen im Bereich von 55.000 bis 60.000 Euro brutto jährlich, je nach Aufgabenbereich und Verantwortung.”
- „Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung und Expertise in diesem Bereich erwarte ich ein Jahresgehalt von 60.000 bis 65.000 Euro brutto. Über weitere Details können wir gerne im persönlichen Gespräch sprechen.”
- „Meine Gehaltsvorstellungen orientieren sich an den branchenüblichen Gehältern für diese Position und liegen im Bereich von 50.000 bis 55.000 Euro brutto jährlich. Ich bin jedoch offen für Verhandlungen und berücksichtige auch andere Faktoren wie die Unternehmenskultur und Weiterbildungsmöglichkeiten.”
Was tun, wenn die Gehaltsangabe optional ist?
Wenn die Stellenausschreibung die Angabe der Gehaltsvorstellungen optional macht, haben Sie die freie Wahl. In diesem Fall sollten Sie die Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen und eine Entscheidung treffen, die für Ihre individuelle Situation am besten ist. Wenn Sie unsicher sind, ob Sie Ihre Gehaltsvorstellungen nennen sollen, können Sie sich auch dafür entscheiden, dies nicht zu tun und das Thema erst im Vorstellungsgespräch anzusprechen.
Fazit: Die richtige Entscheidung treffen
Die Entscheidung, ob man die Gehaltsvorstellungen im Anschreiben nennen sollte, ist eine individuelle Entscheidung, die von verschiedenen Faktoren abhängt. Berücksichtigen Sie die Anforderungen der Stellenausschreibung, Ihre eigene Situation und Ihre Verhandlungsstrategie. Wägen Sie die Vor- und Nachteile sorgfältig ab und treffen Sie eine Entscheidung, mit der Sie sich wohlfühlen. Im Zweifelsfall ist es oft besser, das Thema erst im Vorstellungsgespräch anzusprechen, um sich alle Optionen offen zu halten.
Unabhängig von Ihrer Entscheidung ist es wichtig, dass Sie sich gut auf das Thema Gehaltsverhandlung vorbereiten. Informieren Sie sich über branchenübliche Gehälter, kennen Sie Ihren Wert und seien Sie bereit, Ihre Forderungen zu begründen. Mit einer guten Vorbereitung und einer selbstbewussten Haltung können Sie Ihre Gehaltsvorstellungen erfolgreich durchsetzen.