Der Raspberry Pi hat sich von einem kleinen, lehrreichen Bastelcomputer zu einer ernstzunehmenden Option für alltägliche Computeraufgaben entwickelt. Der Raspberry Pi 400, der im Wesentlichen ein Raspberry Pi 4 in einer Tastatur ist, verspricht noch mehr Benutzerfreundlichkeit. Aber kann dieses kompakte Gerät wirklich einen vollwertigen PC ersetzen? Wir haben den Raspberry Pi 400 auf Herz und Nieren geprüft, um diese Frage zu beantworten.
Was ist der Raspberry Pi 400?
Bevor wir in die Details gehen, werfen wir einen kurzen Blick auf das, was den Raspberry Pi 400 ausmacht. Im Kern ist es ein Raspberry Pi 4 Model B, aber in einem schlanken, integrierten Tastaturgehäuse untergebracht. Das bedeutet, dass Sie die gleiche Rechenleistung wie beim Raspberry Pi 4 erhalten, aber ohne die Notwendigkeit, ein separates Gehäuse, eine Tastatur oder eine Maus zu kaufen (obwohl Sie natürlich eine Maus und einen Monitor benötigen). Hier sind die wichtigsten Spezifikationen:
- Prozessor: Broadcom BCM2711, Quad-Core Cortex-A72 (ARM v8) 64-Bit SoC @ 1.8GHz
- RAM: 4GB
- Anschlüsse: 2x USB 3.0, 1x USB 2.0, 2x Micro HDMI, Gigabit Ethernet, MicroSD-Kartensteckplatz
- Betriebssystem: Raspberry Pi OS (ehemals Raspbian)
Der Raspberry Pi 400 zielt darauf ab, den Einstieg in die Welt des Computing zu erleichtern und kostengünstiger zu gestalten. Er ist besonders attraktiv für Bildungseinrichtungen, Gelegenheitsnutzer und alle, die einen einfachen, energieeffizienten Computer suchen.
Der Test: Wie gut schlägt sich der Raspberry Pi 400 im Alltag?
Um herauszufinden, ob der Raspberry Pi 400 wirklich als PC-Ersatz dienen kann, haben wir ihn in verschiedenen alltäglichen Szenarien getestet. Hier sind unsere Ergebnisse:
1. Büroarbeit und Produktivität
Dies ist wahrscheinlich das häufigste Anwendungsgebiet für viele PC-Nutzer. Wir haben den Raspberry Pi 400 mit LibreOffice (Writer, Calc, Impress) getestet, dem Open-Source-Pendant zu Microsoft Office. Das Schreiben von Dokumenten, das Erstellen von Tabellenkalkulationen und das Bearbeiten von Präsentationen waren im Allgemeinen flüssig. Bei komplexeren Tabellenkalkulationen mit vielen Formeln und Daten konnte es jedoch zu leichten Verzögerungen kommen. Für einfache Büroaufgaben ist der Raspberry Pi 400 aber durchaus geeignet.
Auch webbasierte Produktivitätsanwendungen wie Google Docs und Sheets liefen zufriedenstellend. Das Surfen im Internet mit Chromium, dem Standardbrowser auf Raspberry Pi OS, war ebenfalls in Ordnung, solange nicht zu viele Tabs gleichzeitig geöffnet waren. Bei zu vielen Tabs konnte die Leistung merklich abnehmen, was vor allem am begrenzten Arbeitsspeicher liegen dürfte.
2. Web-Browsing und Multimedia
Das Surfen im Internet mit dem Raspberry Pi 400 ist für die meisten Websites kein Problem. Das Laden von Seiten geht schnell, und das Scrollen ist in der Regel flüssig. Allerdings kann es bei ressourcenintensiven Websites mit vielen Bildern, Videos oder interaktiven Elementen zu Rucklern kommen. Streaming-Dienste wie YouTube funktionierten gut, aber die Wiedergabe von 4K-Videos war nicht immer ruckelfrei, insbesondere bei höheren Bitraten. Für Full-HD-Videos ist der Raspberry Pi 400 aber bestens geeignet.
Das Abspielen von Musik über lokale Dateien oder Streaming-Dienste wie Spotify funktionierte einwandfrei. Die Soundqualität über die Kopfhörerbuchse oder HDMI war gut.
3. Programmierung und Entwicklung
Der Raspberry Pi hat traditionell eine starke Verbindung zur Programmierung. Der Raspberry Pi 400 ist da keine Ausnahme. Er eignet sich hervorragend zum Erlernen von Programmierung, zum Experimentieren mit verschiedenen Programmiersprachen und zum Ausführen kleinerer Projekte. Die Unterstützung für Sprachen wie Python, C++, Java und andere ist sehr gut. Die vorinstallierte IDE Thonny ist besonders für Anfänger geeignet.
Für komplexere Entwicklungsprojekte, die mehr Rechenleistung oder Arbeitsspeicher erfordern, ist der Raspberry Pi 400 möglicherweise nicht die beste Wahl. Das Kompilieren großer Codebasen kann lange dauern, und das Ausführen anspruchsvoller Anwendungen kann langsam sein.
4. Gaming
Gaming auf dem Raspberry Pi 400 ist ein gemischtes Vergnügen. Anspruchsvolle PC-Spiele sind natürlich keine Option, aber es gibt eine große Auswahl an Retro-Spielen und Indie-Titeln, die gut laufen. Emulatoren wie RetroPie ermöglichen es, klassische Spiele von alten Konsolen wie dem NES, SNES oder der PlayStation 1 zu spielen. Die Leistung ist in der Regel gut, aber bei einigen anspruchsvolleren Emulatoren kann es zu Rucklern kommen.
Einige moderne Indie-Spiele, die für schwächere Hardware optimiert sind, können ebenfalls gespielt werden. Erwarten Sie aber keine hohen Grafikeinstellungen oder flüssige Bildraten bei anspruchsvolleren Titeln.
5. Speicher und Erweiterbarkeit
Der Raspberry Pi 400 verwendet eine MicroSD-Karte als Hauptspeicher. Das bedeutet, dass Sie die Speicherkapazität einfach erhöhen können, indem Sie eine größere Karte einsetzen. Es ist jedoch wichtig, eine schnelle MicroSD-Karte zu verwenden, um die Leistung zu optimieren. Die USB-Anschlüsse ermöglichen den Anschluss externer Festplatten oder USB-Sticks für zusätzlichen Speicherplatz.
Die Erweiterbarkeit des Raspberry Pi 400 ist etwas eingeschränkter als beim normalen Raspberry Pi 4, da keine GPIO-Pins direkt zugänglich sind. Allerdings können Sie immer noch USB-Geräte wie Drucker, Scanner, Webcams usw. anschließen.
Die Vor- und Nachteile des Raspberry Pi 400 als PC-Ersatz
Wie bei jedem Gerät gibt es auch beim Raspberry Pi 400 Vor- und Nachteile, wenn man ihn als PC-Ersatz betrachtet:
Vorteile:
- Kostengünstig: Der Raspberry Pi 400 ist deutlich günstiger als die meisten Desktop-PCs.
- Energieeffizient: Er verbraucht sehr wenig Strom, was zu niedrigeren Stromkosten führt.
- Kompakt und tragbar: Er ist leicht zu transportieren und nimmt wenig Platz ein.
- Einfache Einrichtung: Er ist schnell eingerichtet und einsatzbereit.
- Vielseitig: Er kann für eine Vielzahl von Aufgaben verwendet werden, von Büroarbeit bis hin zu Programmierung.
- Open-Source-Software: Er läuft mit Raspberry Pi OS, einem kostenlosen und Open-Source-Betriebssystem.
Nachteile:
- Begrenzte Leistung: Er ist nicht so leistungsstark wie ein typischer Desktop-PC.
- Begrenzter Arbeitsspeicher: 4 GB RAM können für anspruchsvolle Aufgaben knapp werden.
- Keine dedizierte Grafikkarte: Die integrierte Grafikkarte ist nicht für anspruchsvolles Gaming oder Videobearbeitung geeignet.
- Eingeschränkte Erweiterbarkeit: Die GPIO-Pins sind nicht direkt zugänglich.
Fazit: Für wen ist der Raspberry Pi 400 geeignet?
Der Raspberry Pi 400 ist kein direkter Ersatz für einen High-End-Gaming-PC oder eine Workstation. Für bestimmte Anwendungsfälle kann er jedoch eine ausgezeichnete Alternative zu einem herkömmlichen PC sein. Er eignet sich besonders gut für:
- Schüler und Studenten: Für einfache Büroarbeiten, Recherchen im Internet und Programmieren.
- Gelegenheitsnutzer: Für das Surfen im Internet, das Abrufen von E-Mails und das Schreiben von Dokumenten.
- Personen mit geringem Budget: Als kostengünstige Alternative zu einem teuren Desktop-PC.
- Entwickler: Für das Testen von Software auf einer energieeffizienten Plattform.
- Retro-Gaming-Enthusiasten: Für das Spielen von klassischen Spielen.
Wenn Sie einen Computer für anspruchsvolle Aufgaben wie Videobearbeitung, 3D-Modellierung oder High-End-Gaming benötigen, ist der Raspberry Pi 400 wahrscheinlich nicht die richtige Wahl. Wenn Sie jedoch einen einfachen, kostengünstigen und energieeffizienten Computer für alltägliche Aufgaben suchen, ist er definitiv eine Überlegung wert. Mit dem Raspberry Pi 400 bekommen Sie einen überraschend leistungsstarken und vielseitigen Computer zu einem sehr attraktiven Preis.