Es ist ein bekanntes Bild: Junge Menschen stehen an der Bar, bestellen Bier, Wein oder Cocktails und scheinen dabei keinerlei Schwierigkeiten zu haben. Selten wird nach einem Ausweis gefragt, das Alter scheinbar nebensächlich. Doch warum ist das so? Warum wird bei der Alkoholabgabe in der Gastronomie so oft ein Auge zugedrückt, obwohl der Jugendschutz doch eigentlich großgeschrieben werden sollte?
Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Gründe für diese Praxis. Wir werfen einen Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Herausforderungen für Gastronomen und das Verhalten junger Menschen. Außerdem untersuchen wir die möglichen Konsequenzen dieses laxen Umgangs mit dem Jugendschutz und diskutieren mögliche Lösungsansätze.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen: Was sagt das Gesetz?
In Deutschland ist der Verkauf von Alkohol an Minderjährige klar geregelt. Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) schreibt vor, dass:
- Branntwein, branntweinhaltige Getränke oder Lebensmittel, die Branntwein in nicht nur geringfügiger Menge enthalten, nicht an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren abgegeben werden dürfen.
- Andere alkoholische Getränke, wie Bier, Wein oder Sekt, nicht an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren abgegeben werden dürfen.
- Personen, die alkoholische Getränke abgeben, sind verpflichtet, das Alter des Käufers zu überprüfen, wenn Zweifel daran bestehen, dass er die Altersgrenze erreicht hat.
Die Verantwortung für die Einhaltung dieser Gesetze liegt in erster Linie bei den Gastronomen und ihren Mitarbeitern. Verstöße können mit Bußgeldern geahndet werden, im Wiederholungsfall drohen sogar der Entzug der Gaststättenerlaubnis. Theoretisch also ein strenges System.
Die Realität in der Gastronomie: Zwischen Stress und Umsatzdruck
Trotz der klaren Gesetzeslage sieht die Realität in der Gastronomie oft anders aus. Mehrere Faktoren tragen dazu bei, dass die Alterskontrolle häufig vernachlässigt wird:
- Hoher Arbeitsdruck: Gerade in Stoßzeiten ist das Personal oft überfordert. Die Bedienung muss schnell gehen, die Schlange an der Bar wird länger und die Zeit für eine sorgfältige Altersprüfung scheint zu fehlen.
- Umsatzorientierung: Alkohol ist ein wichtiger Umsatzträger für viele Gastronomiebetriebe. Aus Angst, Kunden zu verlieren oder den Umsatz zu schmälern, wird manchmal bewusst weggesehen. „Der sieht doch schon fast 18 aus, das wird schon passen” ist ein Gedanke, der nicht selten vorkommt.
- Unsicherheit und Angst vor Konfrontation: Einige Mitarbeiter scheuen die Konfrontation mit jungen Menschen, die sich womöglich angegriffen fühlen oder gar aggressiv reagieren, wenn sie nach ihrem Ausweis gefragt werden.
- Personalmangel: Der Fachkräftemangel in der Gastronomie verschärft das Problem. Weniger Personal bedeutet mehr Stress und weniger Zeit für die Einhaltung von Vorschriften.
- Schwierigkeiten bei der Altersbestimmung: Nicht immer ist das Alter einer Person auf den ersten Blick erkennbar. Manche Jugendliche sehen älter aus, andere jünger. Die Beurteilung ist subjektiv und kann zu Fehlentscheidungen führen.
- Mangelnde Schulung des Personals: Viele Gastronomiebetriebe versäumen es, ihre Mitarbeiter ausreichend über das Jugendschutzgesetz und die korrekte Vorgehensweise bei der Alterskontrolle zu schulen.
Diese Faktoren führen dazu, dass die Alterskontrolle in der Praxis oft zu kurz kommt. Es entsteht ein Kreislauf, in dem das Gesetz zwar existiert, aber nicht konsequent umgesetzt wird.
Das Verhalten junger Menschen: Druck und Tricks
Auch das Verhalten junger Menschen spielt eine Rolle. Viele Jugendliche sind bestrebt, möglichst früh Alkohol zu konsumieren. Dies führt zu verschiedenen Strategien, um an Alkohol zu gelangen:
- Überzeugungstäter: Manche versuchen, das Barpersonal durch Überredungskunst und selbstbewusstes Auftreten zu täuschen.
- Ausweis-Tricks: Gelegentlich werden gefälschte Ausweise oder Ausweise älterer Geschwister verwendet.
- Bestellung durch Ältere: Oft werden ältere Freunde oder Bekannte gebeten, den Alkohol zu besorgen.
- Gruppendruck: In der Gruppe entsteht oft ein Druck, Alkohol zu konsumieren, um dazuzugehören.
Dieses Verhalten verstärkt den Druck auf das Barpersonal zusätzlich. Sie müssen nicht nur die gesetzlichen Vorschriften beachten, sondern auch potenzielle Täuschungsversuche erkennen.
Die Konsequenzen: Gesundheitliche Risiken und gesellschaftliche Probleme
Der unkontrollierte Alkoholkonsum von Jugendlichen birgt erhebliche Risiken:
- Gesundheitliche Schäden: Der Körper von Jugendlichen ist noch in der Entwicklung. Alkohol kann die Organe schädigen, insbesondere das Gehirn.
- Suchtgefahr: Je früher mit dem Alkoholkonsum begonnen wird, desto höher ist das Risiko, eine Sucht zu entwickeln.
- Unfälle: Alkohol beeinträchtigt die Reaktionsfähigkeit und das Urteilsvermögen, was zu Unfällen im Straßenverkehr oder in anderen Situationen führen kann.
- Gewalt: Alkohol kann Aggressionen verstärken und zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen.
- Soziale Probleme: Übermäßiger Alkoholkonsum kann zu Problemen in der Schule, in der Familie und im Freundeskreis führen.
Die gesellschaftlichen Kosten des Alkoholmissbrauchs sind enorm. Neben den gesundheitlichen Folgen entstehen Kosten durch Unfälle, Kriminalität und Behandlungskosten.
Lösungsansätze: Was kann man tun?
Um den Jugendschutz beim Alkohol-Verkauf in der Gastronomie zu verbessern, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich:
- Stärkere Kontrollen: Die Behörden müssen häufigere und konsequentere Kontrollen in Gastronomiebetrieben durchführen.
- Höhere Strafen: Die Strafen für Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz sollten empfindlicher sein, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen.
- Bessere Schulung des Personals: Gastronomen müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter ausreichend über das Jugendschutzgesetz und die korrekte Vorgehensweise bei der Alterskontrolle geschult sind. Rollenspiele und interaktive Schulungen können dabei helfen.
- Technologieeinsatz: Moderne Technologien wie Ausweis-Scanner können die Alterskontrolle erleichtern und beschleunigen.
- Aufklärungskampagnen: Jugendliche und Eltern müssen über die Risiken des Alkoholkonsums aufgeklärt werden.
- Vorbildfunktion: Erwachsene sollten mit gutem Beispiel vorangehen und einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol pflegen.
- Offene Kommunikation: Eine offene Kommunikation zwischen Gastronomen, Jugendlichen und Eltern kann dazu beitragen, das Bewusstsein für das Problem zu schärfen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Es ist ein Zusammenspiel aller Beteiligten erforderlich, um den Jugendschutz in der Gastronomie effektiv zu verbessern. Nur wenn Gastronomen, Behörden, Eltern und Jugendliche an einem Strang ziehen, kann das Problem des unkontrollierten Alkoholkonsums angegangen werden.
Die Diskussion um den Alkohol-Verkauf an Minderjährige ist komplex und vielschichtig. Es gibt keine einfachen Lösungen, aber es ist wichtig, das Problem anzuerkennen und gemeinsam nach Wegen zu suchen, um den Jugendschutz zu stärken. Denn die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Jugendlichen sollten oberste Priorität haben.