Haben Sie sich jemals gefragt, warum der Nutriscore für verschiedene Produkte, die scheinbar aus dem gleichen Grundnahrungsmittel hergestellt werden, so unterschiedlich ausfällt? Ein besonders auffälliges Beispiel ist der Vergleich von Apfelmus mit Apfelsaft. Ersteres erhält oft die Bestnote A, während letzterer sich meist mit einem C begnügen muss. Klingt komisch? Ist es auch ein bisschen. Tauchen wir ein in die Welt des Nutriscore und versuchen wir, dieses Rätsel zu lösen.
Was ist der Nutriscore überhaupt?
Der Nutriscore ist ein vereinfachtes Nährwertkennzeichnungssystem, das auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen angebracht wird. Es soll Verbrauchern auf einen Blick helfen, die Nährwertqualität eines Produkts zu beurteilen und gesündere Entscheidungen zu treffen. Das System ordnet jedem Produkt einen Buchstaben von A (am gesündesten) bis E (am wenigsten gesund) sowie eine entsprechende Farbe von Grün bis Rot zu. Die Berechnung basiert auf einem Algorithmus, der sowohl „gute” als auch „schlechte” Nährwerte berücksichtigt.
Zu den positiven Faktoren zählen:
- Ballaststoffe
- Proteine
- Obst, Gemüse und Nüsse (prozentualer Anteil)
Zu den negativen Faktoren zählen:
- Kalorien
- Zucker
- Gesättigte Fettsäuren
- Salz
Die Punktzahl, die sich aus der Kombination dieser Faktoren ergibt, bestimmt dann den Nutriscore des Produkts.
Das Apfelmus-Paradox: Warum A?
Apfelmus, besonders die ungesüßte Variante, punktet im Nutriscore-System vor allem durch den hohen Anteil an Obst und den Gehalt an Ballaststoffen. Da ungesüßtes Apfelmus keinen zugesetzten Zucker enthält, fallen auch die negativen Aspekte weg. Die geringe Menge an Kalorien trägt ebenfalls dazu bei, dass Apfelmus häufig die Bestnote A erhält.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Art der Herstellung einen großen Einfluss hat. Apfelmus, dem viel Zucker zugesetzt wurde, wird natürlich keinen A-Score erreichen.
Apfelsaft und das C-Dilemma: Was läuft schief?
Im Gegensatz zum Apfelmus steht Apfelsaft oft schlechter da. Der Hauptgrund hierfür ist der hohe Gehalt an natürlichem Zucker. Während der Herstellung von Apfelsaft wird das Fruchtfleisch entfernt, wodurch auch viele Ballaststoffe verloren gehen. Der Zucker bleibt jedoch erhalten und konzentriert sich im Saft.
Der Nutriscore-Algorithmus unterscheidet nicht zwischen zugesetztem Zucker und natürlichem Zucker. Obwohl der Zucker im Apfelsaft natürlichen Ursprungs ist, wird er bei der Berechnung als negativer Faktor gewertet. Der Mangel an Ballaststoffen verstärkt diesen Effekt noch.
Ein weiterer Faktor ist die Portionsgröße. Säfte werden oft in größeren Mengen konsumiert als Apfelmus, was zu einer höheren Aufnahme von Zucker und Kalorien führt. Auch wenn der Nutriscore sich auf 100g/100ml bezieht, beeinflusst das Konsumverhalten die Wahrnehmung der „Gesundheit” eines Produkts.
Weitere Faktoren, die den Nutriscore beeinflussen
Neben den Hauptfaktoren gibt es noch einige andere Aspekte, die den Nutriscore beeinflussen können:
- Verarbeitung: Stark verarbeitete Lebensmittel enthalten oft mehr Zucker, Salz und Fett und somit schlechtere Nutriscores.
- Zusatzstoffe: Einige Zusatzstoffe können indirekt den Nutriscore beeinflussen, indem sie beispielsweise den Zuckergehalt erhöhen.
- Hersteller: Die Rezepturen können variieren, was zu unterschiedlichen Nutriscores für ähnliche Produkte verschiedener Hersteller führen kann.
Kritik am Nutriscore: Ist er wirklich hilfreich?
Obwohl der Nutriscore ein nützliches Werkzeug sein kann, um Lebensmittel zu vergleichen, ist er nicht ohne Kritik. Einige Kritikpunkte sind:
- Vereinfachung: Der Nutriscore vereinfacht die komplexe Zusammensetzung von Lebensmitteln auf eine einzige Kennzahl. Dies kann zu Fehlinterpretationen führen, da wichtige Aspekte wie Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe nicht berücksichtigt werden.
- Verarbeitung: Der Nutriscore bewertet stark verarbeitete Lebensmittel manchmal besser als unverarbeitete, wenn sie beispielsweise weniger Fett enthalten, aber dafür mit Zusatzstoffen angereichert sind.
- Portionsgröße: Der Nutriscore bezieht sich auf 100g/100ml, was nicht immer den üblichen Portionsgrößen entspricht.
- Natürlicher vs. zugesetzter Zucker: Wie bereits erwähnt, unterscheidet der Nutriscore nicht zwischen natürlichem und zugesetztem Zucker, was zu ungerechten Bewertungen führen kann.
Fazit: Der Nutriscore im Kontext betrachten
Der Fall Apfelmus vs. Apfelsaft verdeutlicht die Stärken und Schwächen des Nutriscore-Systems. Er zeigt, dass der Nutriscore zwar eine Orientierungshilfe sein kann, aber nicht als alleiniger Maßstab für eine gesunde Ernährung dienen sollte. Es ist wichtig, die Kennzahl im Kontext zu betrachten und auch andere Faktoren wie die Zutatenliste, die Portionsgröße und die persönliche Ernährungsbedürfnisse zu berücksichtigen.
Letztendlich ist es ratsam, sich nicht blind auf den Nutriscore zu verlassen, sondern sich aktiv mit den Inhaltsstoffen und der Nährwertzusammensetzung von Lebensmitteln auseinanderzusetzen. Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Obst, Gemüse und Vollkornprodukten ist, ist immer die beste Wahl, unabhängig vom Nutriscore.
Denken Sie daran: Der Nutriscore ist ein Werkzeug, kein Urteil. Nutzen Sie ihn als Anstoß, um bewusstere Entscheidungen zu treffen, aber vergessen Sie nicht, dass eine gesunde Ernährung mehr ist als nur ein Buchstabe und eine Farbe auf der Verpackung.