Der Esstisch – ein Ort der Gemeinschaft, der Gespräche und der leckeren Mahlzeiten. Zumindest in der Theorie. In der Realität vieler Familien verwandelt sich der Esstisch jedoch regelmäßig in ein Schlachtfeld, in dem es um die Vorlieben und Abneigungen des Nachwuchses geht. Ihr Kind isst nur Nudeln, lehnt Gemüse strikt ab und verweigert jegliche „grüne” Nahrung? Willkommen im Club der Eltern mit einem **”picky eater”**!
Was bedeutet „Picky Eater” überhaupt?
Der Begriff „**picky eater**” beschreibt Kinder, die sehr wählerisch beim Essen sind. Sie haben eine begrenzte Auswahl an akzeptierten Lebensmitteln, lehnen neue Speisen oft kategorisch ab (**Nahrungsmittelneophobie**) und zeigen ausgeprägte Abneigungen gegen bestimmte Texturen, Geschmäcker oder Gerüche. Es ist wichtig zu verstehen, dass **wählerisches Essverhalten** in der Kindheit relativ häufig vorkommt und oft ein vorübergehendes Phänomen ist. Meistens beginnt es im Alter von etwa zwei Jahren und kann bis ins Vorschulalter andauern.
Warum sind Kinder wählerisch beim Essen?
Die Gründe für **wählerisches Essverhalten** sind vielfältig und oft eine Kombination aus verschiedenen Faktoren:
* **Entwicklungsphase:** Zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr verlangsamt sich das Wachstumstempo der Kinder. Ihr Appetit nimmt ab, und sie sind weniger offen für neue Erfahrungen, einschließlich neuer Lebensmittel.
* **Nahrungsmittelneophobie:** Dies ist eine angeborene Angst vor neuen Lebensmitteln. Sie ist evolutionär bedingt, da sie unsere Vorfahren vor potenziell giftigen Pflanzen schützen sollte.
* **Sensorische Empfindlichkeiten:** Manche Kinder reagieren sehr sensibel auf bestimmte Texturen, Geschmäcker oder Gerüche. Ein klumpiger Joghurt oder ein bitteres Gemüse kann für sie unerträglich sein.
* **Kontrollbedürfnis:** In einer Phase, in der Kinder zunehmend ihren eigenen Willen entdecken, kann das Essen ein Bereich sein, in dem sie ihre Autonomie ausleben.
* **Erlerntes Verhalten:** Das Verhalten der Eltern und Geschwister am Esstisch spielt eine große Rolle. Wenn Eltern selbst bestimmte Lebensmittel ablehnen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass auch die Kinder diese meiden.
Wie gehe ich mit einem wählerischen Esser um, ohne den Verstand zu verlieren?
Es gibt keine Patentlösung für **wählerisches Essverhalten**, aber mit Geduld, Kreativität und den richtigen Strategien können Sie die Situation am Esstisch entspannen und die Ernährung Ihres Kindes langfristig verbessern:
* **Druck rausnehmen:** Zwingen Sie Ihr Kind niemals, etwas zu essen, das es nicht mag. Das erzeugt nur negativen Stress und verstärkt die Abneigung. Vermeiden Sie Sätze wie „Du musst das aufessen, sonst gibt es kein Dessert!” oder „Iss wenigstens einen Bissen!”.
* **Positive Atmosphäre schaffen:** Machen Sie das Essen zu einem angenehmen Erlebnis. Essen Sie gemeinsam als Familie, schalten Sie den Fernseher aus und führen Sie entspannte Gespräche.
* **Regelmäßige Mahlzeiten:** Bieten Sie Ihrem Kind regelmäßige Mahlzeiten und Snacks zu festen Zeiten an. Das hilft, einen gesunden Appetit zu entwickeln.
* **Kleine Portionen:** Überfordern Sie Ihr Kind nicht mit großen Portionen. Bieten Sie lieber kleinere Mengen an und lassen Sie es nachnehmen, wenn es möchte.
* **Vielfalt anbieten:** Bieten Sie Ihrem Kind eine Vielfalt an Lebensmitteln an, auch wenn Sie wissen, dass es diese wahrscheinlich nicht essen wird. Das alleinige Anbieten der Lieblingsspeise des Kindes verstärkt die Problematik. Es geht darum, die Gelegenheit zu schaffen, dass sich das Kind mit den Speisen auseinandersetzt.
* **Neue Lebensmittel spielerisch integrieren:** Verwandeln Sie das Kennenlernen neuer Lebensmittel in ein Spiel. Lassen Sie Ihr Kind beim Einkaufen helfen, gemeinsam kochen oder das Essen auf dem Teller lustig anrichten.
* **Vorbild sein:** Kinder lernen durch Nachahmung. Essen Sie selbst eine ausgewogene Ernährung und zeigen Sie Begeisterung für verschiedene Lebensmittel.
* **Geduld haben:** Es braucht Zeit, bis ein Kind ein neues Lebensmittel akzeptiert. Bieten Sie es immer wieder an, auch wenn es beim ersten Mal abgelehnt wurde. Studien zeigen, dass es bis zu 10-15 Anläufe dauern kann, bis ein Kind ein neues Lebensmittel akzeptiert.
* **Nicht bestechen:** Vermeiden Sie es, Essen als Belohnung oder Strafe einzusetzen. Das kann zu ungesunden Essgewohnheiten führen.
* **Auf Hunger und Sättigungssignale achten:** Vertrauen Sie darauf, dass Ihr Kind spürt, wann es hungrig oder satt ist. Zwingen Sie es nicht, weiterzuessen, wenn es keinen Hunger mehr hat.
* **Smoothies und Pürees:** Verstecken Sie Gemüse und Obst in Smoothies oder Pürees. So kann Ihr Kind die Nährstoffe aufnehmen, ohne die unbeliebten Lebensmittel direkt zu erkennen.
* **Dips anbieten:** Bieten Sie Dips wie Hummus, Guacamole oder Joghurt-Dip zu Gemüse an. Das macht das Essen interessanter und schmackhafter.
* **Kreative Präsentation:** Schneiden Sie Gemüse in lustige Formen oder servieren Sie es auf einem Spieß. Das kann die Neugier wecken.
* **Auf die Konsistenz achten:** Manche Kinder mögen bestimmte Konsistenzen nicht. Experimentieren Sie mit verschiedenen Zubereitungsarten (gekocht, gedünstet, roh) und bieten Sie die Lebensmittel in unterschiedlichen Formen an.
* **Professionelle Hilfe:** Wenn Sie sich Sorgen um die Ernährung Ihres Kindes machen oder das **wählerische Essverhalten** sehr ausgeprägt ist, suchen Sie professionelle Hilfe bei einem Kinderarzt oder Ernährungsberater.
Wann sollte ich mir Sorgen machen?
**Wählerisches Essverhalten** ist in den meisten Fällen harmlos und kein Grund zur Sorge. Es gibt jedoch einige Anzeichen, die auf ein ernsthafteres Problem hindeuten könnten:
* Starker Gewichtsverlust oder Wachstumsstillstand
* Mangelerscheinungen
* Extreme Einschränkung der Lebensmittelauswahl (weniger als 10 akzeptierte Lebensmittel)
* Angst oder Panik vor dem Essen
* Soziale Isolation aufgrund des Essverhaltens
In diesen Fällen ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Ursache des Problems zu ermitteln und eine geeignete Therapie zu beginnen.
Fazit
Die **Herausforderung am Esstisch** mit einem **”picky eater”** kann frustrierend sein, aber mit Geduld, Verständnis und den richtigen Strategien können Sie die Situation meistern und Ihrem Kind zu einem gesünderen Essverhalten verhelfen. Denken Sie daran, dass es ein Prozess ist und kleine Erfolge gefeiert werden sollten. Das Wichtigste ist, eine positive und entspannte Atmosphäre am Esstisch zu schaffen und Ihrem Kind zu zeigen, dass Essen Spaß machen kann. Und vergessen Sie nicht: Auch Sie als Eltern dürfen sich dabei nicht stressen lassen! Bleiben Sie gelassen und suchen Sie sich Unterstützung, wenn Sie diese benötigen.