Schimmelkäse. Allein das Wort löst bei vielen Menschen eine sofortige Reaktion aus – entweder ein begeistertes „Ja, bitte!” oder ein angewidertes „Bloß nicht!”. Diese Käsesorten, verziert mit bläulichen, grünlichen oder rötlichen Schimmelkulturen, sind wahre Geschmacksexplosionen und polarisieren wie kaum ein anderes Lebensmittel. Doch was macht den Reiz dieser Käse aus? Und warum lieben die einen ihn, während andere ihn verabscheuen? Tauchen wir ein in die faszinierende Welt des Schimmelkäses und erkunden die Unterschiede zwischen Rot-, Blau- und Grünschimmelkäse, ihre Herstellung, ihre Aromen und die Gründe für ihre Beliebtheit oder Ablehnung.
Die Schimmelpilzkultur: Mehr als nur Schimmel
Bevor wir uns den einzelnen Sorten widmen, ist es wichtig zu verstehen, dass der Schimmel in diesen Käsesorten kein zufälliges, unappetitliches Nebenprodukt ist. Es handelt sich um speziell gezüchtete Kulturen, meistens der Gattung *Penicillium* für Blau- und Grünschimmelkäse und Bakterienkulturen für Rotschimmelkäse, die dem Käse seinen charakteristischen Geschmack, seine Textur und sein Aussehen verleihen. Diese Kulturen werden entweder während der Käseherstellung in die Milch gegeben oder nach dem Formen auf die Oberfläche gesprüht oder injiziert. Während der Reifung durchdringen die Schimmelpilze den Käse, bauen Proteine und Fette ab und erzeugen dabei eine Vielzahl von Aromen, die von mild und cremig bis hin zu scharf, würzig und sogar leicht ammoniakalisch reichen können.
Blau, Grün, Rot: Die Vielfalt des Schimmelkäses
Die Welt des Schimmelkäses ist vielfältig und reichhaltig. Jede Sorte hat ihre eigenen Besonderheiten und ihren eigenen Charakter:
Blauschimmelkäse: Der König unter den Schimmelkäsesorten
Blauschimmelkäse ist wohl der bekannteste Vertreter dieser Kategorie. Er zeichnet sich durch seine bläulich-grüne Marmorierung aus, die durch die Adern des Edelschimmels (*Penicillium roqueforti* oder *Penicillium glaucum*) entsteht. Zu den bekanntesten Blauschimmelkäsesorten gehören:
- Roquefort: Der unangefochtene König der Blauschimmelkäse. Er stammt aus Frankreich und wird ausschließlich aus Schafsmilch hergestellt. Sein Geschmack ist intensiv, würzig, leicht salzig und leicht säuerlich.
- Gorgonzola: Ein italienischer Blauschimmelkäse aus Kuhmilch. Es gibt ihn in zwei Varianten: *Gorgonzola Dolce* (mild, cremig) und *Gorgonzola Piccante* (würzig, kräftig).
- Stilton: Ein englischer Blauschimmelkäse aus Kuhmilch mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung. Er hat einen kräftigen, würzigen Geschmack und eine leicht krümelige Textur.
- Danablu: Ein dänischer Blauschimmelkäse aus Kuhmilch. Er hat einen kräftigen, salzigen Geschmack und eine cremige Textur.
Blauschimmelkäse passt hervorragend zu süßen Beilagen wie Honig, Feigen oder Birnen. Er kann auch in Salaten, Saucen oder als Belag für Pizza verwendet werden.
Grünschimmelkäse: Eine seltenere Delikatesse
Obwohl die Grenzen fließend sind, spricht man eher von Grünschimmelkäse, wenn die dominierende Farbe des Schimmels grünlich ist. Oft handelt es sich dabei um Varianten von Blauschimmelkäse, bei denen die Schimmelkulturen stärker ausgeprägt sind oder andere *Penicillium*-Arten zum Einsatz kommen. Bekannte Beispiele sind:
- Bavaria Blu: Ein deutscher Weichkäse mit Blauschimmel, der eine cremige Textur und einen milden bis würzigen Geschmack hat.
- Saint Agur: Ein französischer Blauschimmelkäse aus Kuhmilch, der in einer achteckigen Form angeboten wird. Er ist cremig und hat einen milden, leicht würzigen Geschmack.
Auch Grünschimmelkäse lässt sich vielseitig einsetzen und passt gut zu Obst, Nüssen und kräftigen Weinen.
Rotschimmelkäse: Die Duftende Versuchung
Im Gegensatz zu Blau- und Grünschimmelkäse wird Rotschimmelkäse nicht durch *Penicillium*-Arten, sondern durch Bakterien (vor allem der Gattung *Brevibacterium linens*) auf der Oberfläche während der Reifung behandelt. Diese Bakterien verleihen dem Käse seine charakteristische rote bis orangefarbene Rinde und seinen intensiven, oft als „stallig” oder „fußartig” beschriebenen Geruch. Zu den bekanntesten Rotschimmelkäsesorten gehören:
- Münster: Ein französischer Rotschimmelkäse aus Kuhmilch mit einer weichen, cremigen Textur und einem kräftigen, würzigen Geschmack.
- Époisses: Ein französischer Rotschimmelkäse, der während der Reifung mit Marc de Bourgogne (einem Tresterbrand) gewaschen wird, was ihm einen besonders intensiven Geschmack und Geruch verleiht.
- Taleggio: Ein italienischer Rotschimmelkäse aus Kuhmilch mit einer weichen, cremigen Textur und einem milden, leicht säuerlichen Geschmack.
Trotz seines intensiven Geruchs ist der Geschmack von Rotschimmelkäse oft milder als erwartet. Er passt gut zu Brot, Kartoffeln oder als Zutat in warmen Gerichten wie Aufläufen oder Gratins.
Warum lieben wir ihn? Warum hassen wir ihn? Die Psychologie des Geschmacks
Die Liebe oder Ablehnung von Schimmelkäse ist sehr individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Erfahrung: Unsere Geschmacksvorlieben werden stark von unseren Erfahrungen geprägt. Wer in seiner Kindheit positive Erfahrungen mit Schimmelkäse gemacht hat, wird ihn wahrscheinlich eher mögen als jemand, der ihn zum ersten Mal probiert und von dem ungewohnten Geschmack und Geruch überwältigt ist.
- Genetik: Studien haben gezeigt, dass unsere Gene auch eine Rolle bei unseren Geschmacksvorlieben spielen können. Einige Menschen sind genetisch bedingt empfindlicher für bestimmte Bitterstoffe oder Aromen, die in Schimmelkäse vorkommen können.
- Kulturelle Prägung: In einigen Kulturen ist Schimmelkäse ein fester Bestandteil der kulinarischen Tradition, während er in anderen Kulturen eher als ungewöhnlich oder sogar unappetitlich gilt.
- Sensorische Wahrnehmung: Der Geschmack von Schimmelkäse ist komplex und vielfältig. Er beinhaltet nicht nur den Geschmackssinn, sondern auch den Geruchssinn, das Mundgefühl und sogar die visuelle Wahrnehmung. Menschen mit einer empfindlichen sensorischen Wahrnehmung können möglicherweise die subtilen Nuancen des Schimmelkäses besser erkennen und schätzen.
Tipps für den Einstieg in die Welt des Schimmelkäses
Wenn du bisher noch kein großer Fan von Schimmelkäse warst, aber neugierig geworden bist, gibt es ein paar Tipps, die dir den Einstieg erleichtern können:
- Beginne mit milden Sorten: Starte mit milden Blauschimmelkäsesorten wie Gorgonzola Dolce oder Bavaria Blu.
- Kombiniere mit süßen Beilagen: Honig, Feigen, Birnen oder Marmelade können den intensiven Geschmack des Schimmelkäses ausgleichen und ihn zugänglicher machen.
- Probiere verschiedene Sorten: Die Vielfalt an Schimmelkäsesorten ist riesig. Probiere dich durch verschiedene Sorten, um deinen persönlichen Favoriten zu finden.
- Vertraue deinem Gaumen: Geschmäcker sind verschieden. Wenn dir Schimmelkäse einfach nicht schmeckt, ist das völlig in Ordnung.
Fazit: Eine Geschmacksfrage mit vielen Facetten
Schimmelkäse ist und bleibt ein polarisierendes Lebensmittel. Ob man ihn liebt oder hasst, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks, der Erfahrung und der kulturellen Prägung. Aber egal, ob man ihn genießt oder nicht, die faszinierende Welt des Schimmelkäses ist definitiv eine Erkundung wert. Von den würzigen Aromen des Roquefort über den intensiven Duft des Époisses bis hin zur cremigen Textur des Gorgonzola – Schimmelkäse bietet ein einzigartiges Geschmackserlebnis, das man so schnell nicht vergisst.