Einladungen zum Abendessen mit Freunden, Geschäftsessen mit Kollegen, Familienfeiern – für viele Menschen sind das freudige Ereignisse, die man gerne wahrnimmt. Doch was, wenn jede dieser Gelegenheiten mit Angst und Unbehagen verbunden ist? Wenn allein die Vorstellung, in Gesellschaft zu essen, ein Gefühl der Panik auslöst? Dann könnte eine soziale Phobie vor dem Essen, auch bekannt als Deipnophobie oder soziale Angststörung beim Essen, dahinter stecken.
Was ist Deipnophobie?
Deipnophobie ist mehr als nur Schüchternheit. Es ist eine intensive, irrationale Angst vor dem Essen in der Öffentlichkeit. Betroffene fürchten sich davor, beobachtet, beurteilt oder gar bloßgestellt zu werden. Sie haben Angst, sich zu verschlucken, zu kleckern, ungeschickt zu wirken oder gar zu erbrechen. Diese Angst kann so stark sein, dass sie soziale Kontakte meiden, Einladungen ablehnen und ihre Lebensqualität erheblich einschränken.
Symptome der Angst vor dem Essen in der Öffentlichkeit
Die Symptome der Deipnophobie können vielfältig sein und sich von Person zu Person unterscheiden. Häufige Anzeichen sind:
- Panikattacken vor oder während des Essens
- Übelkeit, Bauchschmerzen oder Durchfall
- Schwitzen, Zittern oder Herzrasen
- Atemnot oder Beklemmungsgefühle
- Erröten oder Zittern der Stimme
- Vermeidung von Situationen, in denen man in Gesellschaft essen muss
- Gedanken, sich zu blamieren oder negativ aufzufallen
- Kontrollverhalten beim Essen (z.B. langsames Essen, kleine Bissen)
- Geringes Selbstwertgefühl und negative Selbstwahrnehmung
Ursachen der Angst vor dem Essen in der Öffentlichkeit
Die Ursachen der Deipnophobie sind oft komplex und vielfältig. In vielen Fällen spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- Traumatische Erlebnisse: Eine peinliche Situation beim Essen in der Kindheit oder Jugend, z.B. sich zu verschlucken oder ausgelacht zu werden, kann eine tiefe Angst auslösen.
- Soziale Angststörung: Deipnophobie kann eine Begleiterscheinung einer generellen sozialen Angststörung sein.
- Perfektionismus: Der hohe Anspruch an sich selbst, perfekt zu wirken und keine Fehler zu machen, kann zu enormem Druck beim Essen in Gesellschaft führen.
- Körperbildprobleme: Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und die Angst, beim Essen beobachtet und beurteilt zu werden, können die Angst verstärken.
- Genetische Veranlagung: Studien legen nahe, dass Angststörungen generell eine genetische Komponente haben können.
Wie man die Angst vor dem Essen in Gesellschaft überwindet
Die gute Nachricht ist: Deipnophobie ist behandelbar! Mit der richtigen Unterstützung und Strategien können Betroffene ihre Angst überwinden und wieder Freude am Essen in Gesellschaft finden. Hier sind einige Schritte, die helfen können:
1. Professionelle Hilfe suchen
Der erste und wichtigste Schritt ist, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Therapeut oder Psychologe kann eine genaue Diagnose stellen und eine individuelle Behandlung planen. Bewährte Therapieformen sind:
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Die KVT hilft, negative Gedankenmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verändern.
- Expositionstherapie: Bei der Expositionstherapie werden Betroffene schrittweise mit den angstauslösenden Situationen konfrontiert, um die Angst zu reduzieren.
- Achtsamkeitsbasierte Therapie: Achtsamkeit hilft, den Fokus auf den gegenwärtigen Moment zu lenken und die Angst besser zu bewältigen.
2. Selbsthilfestrategien anwenden
Ergänzend zur Therapie können Betroffene auch selbst aktiv werden, um ihre Angst zu bewältigen:
- Atemübungen: Tiefe, bewusste Atemzüge können helfen, den Körper zu beruhigen und die Angst zu reduzieren.
- Progressive Muskelentspannung: Diese Technik hilft, Muskelverspannungen abzubauen und ein Gefühl der Entspannung zu fördern.
- Visualisierung: Stelle dir positive Szenarien vor, in denen du entspannt und selbstbewusst in Gesellschaft isst.
- Achtsames Essen: Konzentriere dich bewusst auf das Essen, die Aromen und Texturen. Das lenkt von negativen Gedanken ab und fördert das Genießen.
- Positive Selbstgespräche: Ersetze negative Gedanken durch positive und stärkende Aussagen.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich und ermutigend sein.
3. Kleine Schritte gehen
Überfordere dich nicht! Beginne mit kleinen, überschaubaren Schritten. Übe zunächst alleine, achtsam zu essen und dich dabei wohlzufühlen. Anschließend kannst du dich in vertrauter Umgebung mit einer Person, der du vertraust, zum Essen verabreden. Steigere die Anzahl der Personen und die Komplexität der Situationen langsam. Wichtig ist, sich nicht zu überfordern und Erfolge zu feiern.
4. Realistische Erwartungen haben
Es ist unrealistisch zu erwarten, dass die Angst von heute auf morgen verschwindet. Hab Geduld mit dir selbst und sei stolz auf jeden kleinen Fortschritt. Rückschläge sind normal und gehören zum Prozess dazu. Lass dich davon nicht entmutigen, sondern betrachte sie als Lernmöglichkeit.
5. Unterstützung im sozialen Umfeld suchen
Sprich mit Freunden und Familie über deine Angst. Erkläre ihnen, was in dir vorgeht und wie sie dich unterstützen können. Ihre Unterstützung und ihr Verständnis können sehr hilfreich sein.
6. Ernährung und Lebensstil anpassen
Ein gesunder Lebensstil kann sich positiv auf die Angst auswirken. Achte auf eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmäßige Bewegung. Vermeide übermäßigen Konsum von Koffein und Alkohol, da diese die Angst verstärken können.
Fazit
Die Angst vor dem Essen in Gesellschaft kann das Leben erheblich beeinträchtigen. Doch sie ist kein unabänderliches Schicksal. Mit professioneller Hilfe, Selbsthilfestrategien und Geduld ist es möglich, die Angst zu überwinden und wieder Freude am Essen in Gemeinschaft zu finden. Der Weg mag herausfordernd sein, aber er lohnt sich.