Die 90er Jahre – eine Ära von Grunge, Gameboys und einer gewissen sexuellen Freizügigkeit. Wenn man sich an diese Zeit zurückerinnert, insbesondere in Bezug auf die Niederlande, taucht oft die Frage auf: Stimmt es wirklich, dass „Pornohefte” vor 30 Jahren an jeder Ecke verkauft wurden? War Holland tatsächlich ein Eldorado der offenen sexuellen Darstellung? Dieser Artikel begibt sich auf eine Zeitreise, um Licht ins Dunkel zu bringen und Mythen von Fakten zu trennen.
Ein Blick zurück: Die gesellschaftliche und politische Landschaft
Um die Frage umfassend beantworten zu können, ist es wichtig, den gesellschaftlichen und politischen Kontext der 90er Jahre in den Niederlanden zu verstehen. Die Niederlande hatten bereits in den Jahrzehnten zuvor eine progressive Haltung zu Themen wie Sex und Drogen entwickelt. Die Liberalisierung war ein zentraler Begriff, und Meinungsfreiheit sowie individuelle Autonomie wurden hochgehalten. Dies spiegelte sich in Gesetzen und gesellschaftlichen Normen wider.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern oder den USA waren die Niederlande in Bezug auf Pornografie deutlich toleranter. Dies bedeutete jedoch nicht, dass alles erlaubt war. Es gab Gesetze gegen Kinderpornografie und Zwangsprostitution, und auch die öffentliche Zurschaustellung von explizitem Material war nicht uneingeschränkt erlaubt. Dennoch war die Verfügbarkeit von pornografischem Material, insbesondere in Form von Zeitschriften, relativ hoch.
Die Realität des „Pornoheft”-Verkaufs
Die Behauptung, dass „Pornohefte” an „jeder Ecke” verkauft wurden, ist zwar eine Übertreibung, aber sie hat einen Kern der Wahrheit. Im Vergleich zu heute war die Verfügbarkeit von pornografischen Zeitschriften deutlich höher. Sie waren nicht nur in spezialisierten Sexshops erhältlich, sondern auch in vielen Kiosken, Tankstellen und sogar einigen Supermärkten. Die Bandbreite reichte von Softpornos bis hin zu expliziteren Darstellungen.
Allerdings gab es auch hier Unterschiede. Nicht jeder Kiosk führte das komplette Sortiment. Die Auswahl hing oft vom Standort und der Zielgruppe ab. In touristischen Gebieten oder in der Nähe von Universitäten war die Wahrscheinlichkeit höher, ein breiteres Angebot zu finden. In kleineren Dörfern oder Wohngebieten war die Auswahl möglicherweise begrenzter.
Ein wichtiger Faktor war auch die Altersbeschränkung. Zwar war der Verkauf von pornografischem Material an Minderjährige verboten, aber die Durchsetzung dieser Regelung war in den 90er Jahren oft weniger streng als heute. Dies führte dazu, dass auch Jugendliche leichter Zugang zu diesen Zeitschriften hatten.
Warum war Holland so tolerant?
Mehrere Faktoren trugen zur toleranten Haltung der Niederlande gegenüber Pornografie bei:
- Traditionelle Liberalität: Wie bereits erwähnt, haben die Niederlande eine lange Tradition der Liberalität und Toleranz. Meinungsfreiheit und individuelle Selbstbestimmung standen hoch im Kurs.
- Entkriminalisierung: Die Entkriminalisierung bestimmter Verhaltensweisen (wie z.B. Prostitution in bestimmten Gebieten) trug zu einer offeneren Atmosphäre bei.
- Wirtschaftliche Aspekte: Der Verkauf von pornografischem Material war auch ein Wirtschaftsfaktor. Die Steuereinnahmen trugen zum Staatshaushalt bei.
- Glaube an Aufklärung: Ein weit verbreiteter Glaube war, dass offene Diskussionen über Sexualität und Aufklärung besser seien als Tabuisierung und Verdrängung.
Der Einfluss des Internets
Die 90er Jahre waren auch die Zeit, in der das Internet seinen Siegeszug antrat. Anfangs war die Nutzung noch begrenzt, aber im Laufe des Jahrzehnts wuchs die Zahl der Nutzer rasant. Das Internet bot eine völlig neue Möglichkeit, auf pornografisches Material zuzugreifen – und das oft kostenlos und ohne Altersbeschränkung. Diese Entwicklung hatte einen erheblichen Einfluss auf den Markt für pornografische Zeitschriften.
Obwohl die Verfügbarkeit von „Pornoheften” in den 90ern hoch war, begann ihr Einfluss durch die Verbreitung des Internets allmählich zu schwinden. Das Internet bot eine größere Auswahl, eine höhere Verfügbarkeit und oft auch eine größere Anonymität. Dies führte dazu, dass viele Menschen sich von den gedruckten Zeitschriften abwandten und stattdessen das Internet nutzten.
Das Ende einer Ära?
Heute ist die Situation in den Niederlanden in Bezug auf Pornografie komplexer. Einerseits hat das Internet die Verfügbarkeit von pornografischem Material noch weiter erhöht. Andererseits gibt es ein wachsendes Bewusstsein für die potenziellen negativen Auswirkungen von Pornografie, insbesondere in Bezug auf Realitätsverzerrung, Objektifizierung und Suchtverhalten.
Der Verkauf von pornografischen Zeitschriften ist stark zurückgegangen. Viele Kioske und Tankstellen führen sie gar nicht mehr, und wenn, dann nur in begrenzter Auswahl. Das Internet hat die Rolle der gedruckten Medien weitgehend übernommen.
Fazit: Eine differenzierte Betrachtung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Behauptung, dass „Pornohefte” in den 90er Jahren in Holland an jeder Ecke verkauft wurden, zwar eine Übertreibung ist, aber einen Kern der Wahrheit enthält. Die Verfügbarkeit war im Vergleich zu heute deutlich höher, und die gesellschaftliche Toleranz war größer. Allerdings gab es auch damals Gesetze und Normen, die den Konsum und die Verbreitung von Pornografie regelten.
Die 90er Jahre waren eine Übergangszeit, in der die traditionellen Medien durch das aufkommende Internet herausgefordert wurden. Der Einfluss des Internets auf die Pornografieindustrie ist bis heute enorm, und die gesellschaftliche Diskussion über die Vor- und Nachteile von Pornografie ist weiterhin aktuell.
Wer sich also an die 90er Jahre in Holland erinnert und das Bild von überall erhältlichen „Pornoheften” vor Augen hat, sollte dieses Bild differenziert betrachten. Es war eine Zeit der sexuellen Freizügigkeit und der Liberalisierung, aber auch eine Zeit des Wandels und der neuen Herausforderungen.