Im Schulalltag ist es ein bekanntes Phänomen: Schüler, die sich besonders bemühen, bei ihren Lehrern einen guten Eindruck zu hinterlassen. Doch wo endet aufrichtige Freundlichkeit und wo beginnt das unangenehme „Schleimen”? Diese Frage beschäftigt viele Pädagogen. In diesem Artikel gehen wir der Sache auf den Grund und beleuchten, ab welchem Punkt Lehrer das Verhalten ihrer Schüler als übertrieben und manipulativ empfinden. Wir haben mit verschiedenen Lehrern gesprochen, um einen Einblick in ihre Erfahrungen und Perspektiven zu erhalten.
Die Grauzone zwischen Freundlichkeit und Kalkül
Es ist wichtig zu betonen, dass Lehrer positive Interaktionen mit ihren Schülern schätzen. Ein freundliches „Guten Morgen”, aufmerksames Zuhören im Unterricht oder die Bereitschaft, sich aktiv zu beteiligen, sind Verhaltensweisen, die von Lehrern in der Regel sehr geschätzt werden. Diese Gesten zeigen Interesse und Engagement und tragen zu einem positiven Lernumfeld bei.
Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, die Grenze zu erkennen, ab wann diese positiven Verhaltensweisen inszeniert und kalkuliert wirken. Ein entscheidender Faktor ist die Authentizität. Wenn ein Schüler plötzlich und ohne erkennbaren Grund sein Verhalten ändert und sich übertrieben freundlich oder hilfsbereit zeigt, kann dies Misstrauen wecken.
Typische Anzeichen für „Schleimen” aus Lehrersicht
Lehrer berichten von verschiedenen Verhaltensweisen, die sie als Anzeichen für „Schleimen” werten:
* **Übermäßige Komplimente:** Häufige und übertriebene Komplimente für den Unterricht, die Kleidung oder das Aussehen des Lehrers können schnell unglaubwürdig wirken. „Sie sind der beste Lehrer der Welt!” oder „Ihr Unterricht ist so unglaublich spannend!” sind Aussagen, die, wenn sie inflationär verwendet werden, den Verdacht auf Kalkül wecken.
* **Übertriebene Hilfsbereitschaft:** Das ständige Anbieten von Hilfe, auch wenn diese nicht benötigt wird, kann als Versuch interpretiert werden, sich in den Vordergrund zu drängen und die Gunst des Lehrers zu gewinnen. Das Aufräumen des Klassenzimmers nach jeder Stunde oder das ständige Anbieten, Aufgaben zu übernehmen, fallen in diese Kategorie.
* **Betonung der Gemeinsamkeiten:** Der Versuch, Gemeinsamkeiten mit dem Lehrer hervorzuheben, auch wenn diese konstruiert wirken, ist ein weiteres Indiz. „Ich liebe auch Fußball! Welche Mannschaft ist Ihr Favorit?” oder „Ich habe auch dieses Buch gelesen! Was halten Sie davon?” sind Versuche, eine persönliche Verbindung herzustellen, die nicht immer authentisch wirkt.
* **”Ja-Sager”-Mentalität:** Das ständige Zustimmen zu allem, was der Lehrer sagt, ohne eigene Meinung oder kritische Reflexion, kann als Zeichen von Unterwürfigkeit und Manipulation wahrgenommen werden.
* **Negative Äußerungen über andere Schüler:** Der Versuch, sich durch das Abwerten anderer Schüler beim Lehrer beliebt zu machen, ist ein besonders unsportliches Verhalten und wird von den meisten Lehrern abgelehnt.
Der Kontext spielt eine entscheidende Rolle
Es ist wichtig zu betonen, dass die Interpretation dieser Verhaltensweisen stark vom Kontext abhängt. Ein Schüler, der sich in einer schwierigen Phase befindet oder unter dem Druck steht, gute Noten zu erzielen, kann möglicherweise aus Verzweiflung zu solchen Strategien greifen. Ein neuer Schüler, der Anschluss sucht, verhält sich vielleicht einfach nur unsicher.
Lehrer müssen in der Lage sein, das Verhalten ihrer Schüler differenziert zu betrachten und die individuellen Umstände zu berücksichtigen. Ein offenes Gespräch mit dem Schüler kann helfen, die Motivation hinter dem Verhalten zu verstehen und Missverständnisse auszuräumen.
Die Motive hinter dem „Schleimen”
Die Motive für das „Schleimen” können vielfältig sein. Einige Schüler erhoffen sich bessere Noten, andere wollen sich Vorteile gegenüber ihren Mitschülern verschaffen oder einfach nur die Aufmerksamkeit des Lehrers gewinnen. In manchen Fällen steckt auch Unsicherheit oder der Wunsch nach Anerkennung dahinter.
Es ist wichtig, die wahren Motive zu erkennen, um angemessen auf das Verhalten des Schülers reagieren zu können. Eine Strafpredigt ist in den meisten Fällen nicht zielführend. Stattdessen sollte man versuchen, dem Schüler konstruktive Wege aufzuzeigen, wie er seine Ziele erreichen kann, ohne auf manipulative Strategien zurückzugreifen.
Wie Lehrer reagieren sollten
Wie sollten Lehrer also auf das Verhalten von Schülern reagieren, das sie als „Schleimen” empfinden? Hier sind einige Tipps:
* **Nicht darauf eingehen:** Ignorieren Sie die übertriebenen Komplimente und Hilfsangebote. Lenken Sie das Gespräch auf sachliche Themen.
* **Authentizität fördern:** Fordern Sie die Schüler auf, ihre eigene Meinung zu äußern und kritisch zu denken. Loben Sie Schüler für ihre ehrliche und authentische Beiträge.
* **Gleiche Behandlung:** Behandeln Sie alle Schüler gleich, unabhängig davon, wie sie sich Ihnen gegenüber verhalten. Vermeiden Sie es, Schüler, die „schleimen”, zu bevorzugen.
* **Offenes Gespräch:** Wenn das Verhalten des Schülers Sie stark beeinträchtigt, suchen Sie das Gespräch mit ihm. Sprechen Sie Ihre Bedenken offen und ehrlich an, ohne ihn zu verurteilen.
* **Vorbild sein:** Zeigen Sie den Schülern, wie man aufrichtig und respektvoll miteinander umgeht. Seien Sie ein Vorbild in Bezug auf Ehrlichkeit, Fairness und Authentizität.
* **Transparenz schaffen:** Machen Sie Ihre Bewertungskriterien transparent und erklären Sie, wie Noten zustande kommen. Dies kann dazu beitragen, den Druck auf die Schüler zu reduzieren und das „Schleimen” zu verhindern.
Die langfristigen Folgen des „Schleimens”
Es ist wichtig, den Schülern bewusst zu machen, dass „Schleimen” langfristig keine erfolgreiche Strategie ist. Zwar mag es kurzfristig Vorteile bringen, langfristig schadet es jedoch dem eigenen Selbstwertgefühl und der Glaubwürdigkeit. Echte Anerkennung und Erfolg basieren auf Leistung und Authentizität, nicht auf Manipulation.
Lehrer können ihren Schülern helfen, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln und ihre eigenen Stärken zu erkennen. Durch die Förderung von Eigenverantwortung und Engagement können sie dazu beitragen, dass Schüler ihre Ziele auf ehrliche und authentische Weise erreichen.
Fazit
Die Grenze zwischen Freundlichkeit und „Schleimen” ist oft fließend und schwer zu definieren. Lehrer müssen in der Lage sein, das Verhalten ihrer Schüler differenziert zu betrachten und die individuellen Umstände zu berücksichtigen. Durch eine offene und ehrliche Kommunikation können sie dazu beitragen, dass Schüler ihre Ziele auf authentische Weise erreichen und ein gesundes Selbstbewusstsein entwickeln. Letztendlich geht es darum, ein Lernumfeld zu schaffen, in dem Ehrlichkeit, Respekt und Leistung im Vordergrund stehen. Es ist wichtig, dass Lehrer das Schleimverhalten erkennen und die Schüler ermutigen, sich aufrichtig zu verhalten. Die Schüler-Lehrer-Beziehung sollte auf Respekt basieren. Die Motivation der Schüler muss richtig kanalisiert werden.