Die TH Köln, ehemals Fachhochschule Köln, ist eine der größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Deutschland. Doch neben ihrem akademischen Ruf fällt sie vor allem durch eines auf: ihr polarisierendes architektonisches Erscheinungsbild. Oft als „hässlich” oder gar „Bausünde” bezeichnet, ruft der Brutalismus-Stil der Campusgebäude regelmäßig hitzige Debatten hervor. Aber was macht die TH Köln so kontrovers, und ist die Kritik wirklich gerechtfertigt?
Die Ästhetik des Brutalismus: Mehr als nur Beton
Um die Architektur der TH Köln zu verstehen, muss man sich zunächst mit dem Brutalismus auseinandersetzen. Diese Stilrichtung, die in den 1950er bis 1970er Jahren ihren Höhepunkt erlebte, zeichnet sich durch die Verwendung roher, unverkleideter Materialien aus, insbesondere Beton (französisch: *béton brut*, daher der Name). Brutalistische Gebäude sind oft massiv, monumental und wirken bewusst ungeschliffen. Sie verzichten auf dekorative Elemente und stellen stattdessen die Konstruktion und die Funktionalität in den Vordergrund.
Der Brutalismus war eine Reaktion auf die Nachkriegszeit, in der schnell und kostengünstig Wohnraum und öffentliche Gebäude geschaffen werden mussten. Architekten sahen in der Ehrlichkeit der Materialien und der klaren Formensprache einen Ausdruck von Fortschritt und sozialer Gerechtigkeit. Die Monumentalität sollte Stabilität und Stärke vermitteln, während der Verzicht auf Ornamente die Konzentration auf das Wesentliche – die Funktion des Gebäudes – betonen sollte.
Die TH Köln: Ein Paradebeispiel des Brutalismus
Die Campusgebäude der TH Köln, insbesondere der Hauptcampus in der Claudiusstraße, sind zweifellos repräsentative Beispiele für den Brutalismus. Die Gebäude bestehen aus riesigen Betonblöcken, die durch lange, dunkle Gänge miteinander verbunden sind. Die Fassaden sind oft rau und uneben, die Fenster klein und spärlich. Das Innere ist ebenfalls von Beton geprägt, kombiniert mit funktionalen, aber wenig einladenden Materialien wie Linoleum und Stahl.
Besonders auffällig ist die Schwerfälligkeit der Architektur. Die Gebäude wirken massiv und unbeweglich, fast als wären sie aus dem Boden gewachsen. Diese Monumentalität kann einerseits beeindruckend sein, andererseits aber auch erdrückend und einschüchternd wirken. Kritiker bemängeln, dass die TH Köln wie ein Bunker wirkt, der wenig einladend für Studierende und Besucher ist.
Warum ist die TH Köln so „hässlich”? Die Kritikpunkte im Detail
Die Kritik an der Architektur der TH Köln lässt sich in mehrere Punkte zusammenfassen:
- Monotonie und Uniformität: Die repetitive Verwendung von Beton und die ähnliche Gestaltung der einzelnen Gebäude führen zu einem Gefühl der Monotonie. Es fehlt an Abwechslung und individuellen Akzenten.
- Mangelnde Helligkeit: Die kleinen Fenster und die dunklen Gänge sorgen für wenig Tageslicht im Inneren der Gebäude. Dies kann zu einer düsteren und wenig motivierenden Lernatmosphäre führen.
- Kühle und Unpersönlichkeit: Der Beton und die klaren Linien vermitteln eine kühle und unpersönliche Atmosphäre. Es fehlt an Wärme und Gemütlichkeit, was das Wohlbefinden der Studierenden beeinträchtigen kann.
- Vernachlässigung der Umgebung: Viele Kritiker bemängeln, dass die Gebäude der TH Köln wenig Bezug zur Umgebung haben. Sie wirken isoliert und fügen sich nicht harmonisch in das Stadtbild ein.
- Pflegeaufwand: Brutalistische Gebäude sind oft schwer zu pflegen. Beton ist anfällig für Verschmutzungen und Verwitterung, was zu einem ungepflegten Eindruck führen kann. Graffiti und Vandalismus verstärken dieses Problem zusätzlich.
Die Verteidigung des Brutalismus: Eine Frage der Perspektive
Trotz der Kritik gibt es auch Befürworter des Brutalismus, die in der Architektur der TH Köln durchaus positive Aspekte sehen. Sie argumentieren, dass der Brutalismus eine ehrliche und authentische Form der Architektur sei, die sich nicht hinter Fassaden versteckt. Die Monumentalität der Gebäude soll Stärke und Solidität vermitteln, während der Verzicht auf Ornamente die Konzentration auf das Wesentliche fördert.
Darüber hinaus wird betont, dass der Brutalismus eine wichtige Epoche der Architekturgeschichte repräsentiert, die es zu bewahren gilt. Die Gebäude der TH Köln sind ein Zeugnis dieser Zeit und sollten nicht einfach abgerissen oder durch moderne Neubauten ersetzt werden.
Ein weiterer Punkt ist die Funktionalität. Die Gebäude der TH Köln sind darauf ausgelegt, eine große Anzahl von Studierenden und Mitarbeitern unterzubringen. Die klaren Strukturen und die effiziente Raumaufteilung ermöglichen eine optimale Nutzung der vorhandenen Fläche.
Die Zukunft der TH Köln: Sanierung oder Neubau?
Die Frage, wie mit der Architektur der TH Köln umgegangen werden soll, ist weiterhin Gegenstand von Diskussionen. Eine Möglichkeit wäre eine umfassende Sanierung der bestehenden Gebäude, um die Wohnqualität zu verbessern und die Gebäude energieeffizienter zu machen. Dabei könnten beispielsweise größere Fenster eingebaut, die Fassaden gereinigt und die Innenräume neu gestaltet werden.
Eine andere Option wäre der Abriss einiger oder aller Gebäude und der Neubau eines modernen Campus. Dies würde die Möglichkeit bieten, eine Architektur zu schaffen, die besser auf die Bedürfnisse der Studierenden und Mitarbeiter zugeschnitten ist und sich harmonischer in das Stadtbild einfügt. Allerdings wäre dies auch mit hohen Kosten und einem Verlust des architektonischen Erbes verbunden.
Wahrscheinlich wird die Zukunft der TH Köln eine Kombination aus beiden Ansätzen sein. Einige Gebäude werden saniert und modernisiert, während andere durch Neubauten ersetzt werden. Wichtig ist, dass bei allen Entscheidungen die Bedürfnisse der Studierenden und Mitarbeiter im Vordergrund stehen und dass die architektonische Bedeutung des Brutalismus berücksichtigt wird.
Fazit: Schönheit liegt im Auge des Betrachters
Ob die TH Köln nun eine Bausünde oder ein architektonisches Meisterwerk ist, bleibt letztendlich Geschmackssache. Fest steht jedoch, dass die Gebäude polarisieren und zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Architektur anregen. Die Kritik an der TH Köln ist berechtigt, da die Gebäude in vielen Bereichen nicht mehr den heutigen Anforderungen an eine moderne Hochschule entsprechen. Gleichzeitig sollte man jedoch auch die positiven Aspekte des Brutalismus würdigen und die architektonische Bedeutung der Gebäude anerkennen.
Die Debatte um die TH Köln zeigt, dass Architektur mehr ist als nur Ästhetik. Sie ist ein Ausdruck von gesellschaftlichen Werten, politischen Ideologien und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Und sie hat einen direkten Einfluss auf das Wohlbefinden der Menschen, die in den Gebäuden leben und arbeiten.