Die Grünkohlzeit ist für viele die schönste Zeit des Jahres. Kaum ein Gericht versprüht so viel winterliche Gemütlichkeit wie ein dampfender Teller Grünkohl mit Pinkel, Kassler und natürlich – Kartoffeln. Doch genau hier scheiden sich die Geister: Sollen die Kartoffeln separat gekocht und später untergemischt werden, oder dürfen sie von Anfang an im großen Topf mit Grünkohl und Mettenden vor sich hin schmoren? Diese Frage ist mehr als nur eine Geschmacksfrage, sie ist fast schon eine philosophische Auseinandersetzung.
Die Tradition im Blick: Wie Oma es gemacht hat
Bevor wir uns den Vor- und Nachteilen der jeweiligen Methoden widmen, lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Viele Familien schwören auf die Zubereitung, wie sie von Oma überliefert wurde. Und was hat Oma gemacht? In den meisten Fällen wurden die Kartoffeln tatsächlich direkt mit dem Grünkohl gekocht.
Der Grund dafür war schlichtweg die Praktikabilität. In früheren Zeiten war der Herd oft das Zentrum des Hauses, und es galt, möglichst effizient mit Ressourcen umzugehen. Ein Topf weniger zu spülen, weniger Energie zu verbrauchen – das waren handfeste Argumente. Außerdem vermischten sich so die Aromen optimal, die Kartoffeln nahmen den Geschmack des Grünkohls und der Mettenden wunderbar auf.
Allerdings gab es auch damals schon Kritiker dieser Methode. Der Hauptgrund: Die Kartoffeln konnten schnell zu weich und matschig werden, was die Konsistenz des gesamten Gerichts beeinträchtigen konnte.
Argumente für das separate Kochen der Kartoffeln
Für das separate Kochen der Kartoffeln sprechen gleich mehrere Punkte:
* **Konsistenzkontrolle:** Der größte Vorteil ist die volle Kontrolle über die Konsistenz der Kartoffeln. Man kann den Garzustand genau beobachten und sie rechtzeitig aus dem Wasser nehmen, bevor sie zu weich werden. Dies ist besonders wichtig, wenn man festkochende Kartoffeln verwendet, die ohnehin weniger dazu neigen, zu zerfallen.
* **Geschmacksneutralität:** Wer den reinen Kartoffelgeschmack bevorzugt, ist mit dem separaten Kochen besser beraten. Die Kartoffeln nehmen so weniger vom intensiven Grünkohl-Aroma an und behalten ihren eigenen Charakter.
* **Flexibilität:** Sind die Kartoffeln separat gekocht, kann man sie kurz vor dem Servieren unter den Grünkohl mischen. So kann man die Portionsgröße besser anpassen und verhindert, dass der Grünkohl unnötig lange warm gehalten werden muss, was wiederum die Qualität beeinträchtigen könnte.
* **Bessere Optik:** Separat gekochte Kartoffeln behalten ihre Form besser und sehen auf dem Teller appetitlicher aus. Matschige Kartoffelstückchen im Grünkohl wirken hingegen weniger einladend.
Argumente für das gemeinsame Kochen von Kartoffeln und Grünkohl
Trotz der genannten Vorteile des separaten Kochens gibt es auch gute Gründe, die Kartoffeln direkt mit dem Grünkohl zu garen:
* **Intensiver Geschmack:** Das gemeinsame Kochen sorgt dafür, dass die Kartoffeln den vollen Geschmack des Grünkohls und der Mettenden aufnehmen. Sie werden zu einem integralen Bestandteil des Gerichts und ergänzen den Grünkohl optimal.
* **Sämige Konsistenz:** Wenn die Kartoffeln leicht zerfallen, binden sie die Soße und sorgen für eine sämige, cremige Konsistenz. Das kann besonders bei Grünkohlgerichten, die eher trocken sind, von Vorteil sein.
* **Traditionelles Geschmackserlebnis:** Wer Grünkohl so mag, wie er schon immer zubereitet wurde, wird kaum auf das gemeinsame Kochen der Kartoffeln verzichten wollen. Es ist einfach ein Teil des authentischen Geschmackserlebnisses.
* **Einfache Zubereitung:** Rein praktisch gesehen ist es natürlich einfacher, alle Zutaten in einen Topf zu geben und zu kochen. Das spart Zeit und Aufwand.
Der Kompromiss: Die goldene Mitte finden
Wie so oft im Leben, gibt es auch bei der Grünkohl-Debatte einen Kompromiss. Man kann die Kartoffeln zunächst separat kochen und sie erst kurz vor dem Servieren zum Grünkohl geben. So kann man die Vorteile beider Methoden vereinen: Die Kartoffeln behalten ihre Form und Konsistenz, nehmen aber trotzdem noch etwas vom Geschmack des Grünkohls an.
Eine weitere Möglichkeit ist, die Kartoffeln zwar von Anfang an mitzukochen, aber erst später zum Grünkohl zu geben. Man kann sie beispielsweise nach der Hälfte der Garzeit hinzufügen, wenn der Grünkohl bereits etwas weicher geworden ist. So haben sie genügend Zeit, den Geschmack anzunehmen, zerfallen aber nicht so schnell.
Tipps und Tricks für den perfekten Grünkohl mit Kartoffeln
Unabhängig davon, für welche Methode man sich entscheidet, gibt es einige Tipps und Tricks, die zu einem perfekten Grünkohlgericht beitragen:
* **Die richtige Kartoffelsorte:** Für Grünkohl eignen sich am besten festkochende oder vorwiegend festkochende Kartoffeln. Sie behalten ihre Form besser und zerfallen nicht so leicht. Mehlig kochende Kartoffeln sind eher ungeeignet, da sie schnell zu breiig werden.
* **Die Qualität des Grünkohls:** Frischer Grünkohl ist natürlich immer die beste Wahl. Er sollte eine kräftige grüne Farbe haben und nicht welk sein. Tiefkühlgrünkohl ist aber eine gute Alternative, wenn man keine frische Ware bekommt.
* **Die Würze macht’s:** Grünkohl braucht ausreichend Würze, um seinen vollen Geschmack zu entfalten. Salz, Pfeffer, Senf und Zucker sind die Klassiker. Wer es etwas herzhafter mag, kann auch Speckwürfel oder geräuchertes Paprikapulver hinzufügen.
* **Die Wahl der Beilagen:** Neben Kartoffeln gehören zu einem traditionellen Grünkohlgericht natürlich auch Mettenden, Pinkel und Kassler. Aber auch Kochwurst, Bauchspeck oder Schweinebacke passen hervorragend dazu.
* **Die richtige Garzeit:** Grünkohl braucht Zeit, um seinen vollen Geschmack zu entwickeln. Am besten lässt man ihn mindestens eine Stunde schmoren. Je länger er kocht, desto besser wird er.
* **Die Aufbewahrung:** Grünkohl schmeckt aufgewärmt oft noch besser als frisch gekocht. Er kann problemlos im Kühlschrank aufbewahrt und am nächsten Tag wieder aufgewärmt werden.
Das Fazit: Erlaubt ist, was schmeckt!
Letztendlich ist die Frage, ob man die Kartoffeln separat kochen oder direkt zum Grünkohl geben sollte, eine Frage des persönlichen Geschmacks. Es gibt keine richtige oder falsche Antwort. Probieren Sie am besten beide Varianten aus und entscheiden Sie selbst, welche Ihnen besser schmeckt. Wichtig ist, dass der Grünkohl gut gewürzt ist, die Kartoffeln die richtige Konsistenz haben und die Beilagen harmonisch dazu passen. Dann steht einem genussvollen Grünkohlessen nichts mehr im Wege! Und vergessen Sie nicht: In der Grünkohlzeit ist alles erlaubt, was Freude macht!