Flexitarier 2.0: Wie nennt man Leute, die zwar kein Fleisch kaufen, es aber essen würden?

In einer Welt, in der Ernährungstrends sich schneller wandeln als das Wetter, ist es manchmal schwer, den Überblick zu behalten. Begriffe wie Vegetarier, Veganer und Flexitarier sind mittlerweile gängige Vokabeln, die unseren Umgang mit Lebensmitteln beschreiben. Doch was ist mit den Menschen, die zwar im Supermarkt kein Fleisch kaufen, aber trotzdem nicht „Nein” sagen würden, wenn ihnen ein Stück angeboten wird? Gibt es einen Namen für diese neue Generation von Teilzeit-Fleischessern? Und was treibt sie an?

Das Dilemma der Grauzone: Wenn der Einkaufswagen nicht das ganze Bild zeigt

Der klassische Flexitarier ist jemand, der hauptsächlich vegetarisch isst, aber gelegentlich Fleisch oder Fisch konsumiert. Der Fokus liegt auf der Reduktion des Fleischkonsums, oft aus Gründen des Tierwohls, der Umwelt oder der eigenen Gesundheit. Der Kauf von Fleisch wird bewusst eingeschränkt, um diese Ziele zu erreichen. Doch die „Flexitarier 2.0”-Generation geht einen Schritt weiter. Sie verzichtet aktiv auf den Kauf von Fleisch, konsumiert es aber, wenn es ihnen angeboten wird – beispielsweise bei Freunden, in Restaurants oder auf Veranstaltungen. Sie sind sozusagen „passive” Fleischesser, die den aktiven Kauf vermeiden, aber die Gelegenheit nicht ausschlagen.

Warum kaufen sie kein Fleisch, essen es aber trotzdem? Die Beweggründe

Die Gründe für dieses Verhalten sind vielfältig und oft komplex. Hier sind einige der häufigsten Motivationen:

• Umweltbewusstsein, aber Bequemlichkeit: Viele Menschen sind sich der negativen Auswirkungen der Fleischproduktion auf die Umwelt bewusst. Sie wissen, dass die Rinderzucht beispielsweise eine erhebliche Menge an Treibhausgasen verursacht und wertvolle Ressourcen verbraucht. Der Verzicht auf den Kauf von Fleisch ist ein einfacher Weg, um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Gleichzeitig möchten sie aber nicht auf den gelegentlichen Genuss von Fleisch verzichten, wenn sich die Gelegenheit bietet. Es ist ein Kompromiss zwischen Überzeugung und Bequemlichkeit.
• Tierwohl, aber soziale Akzeptanz: Auch das Thema Tierwohl spielt eine wichtige Rolle. Viele Menschen leiden unter dem Wissen um die oft grausamen Bedingungen in der Massentierhaltung. Der Verzicht auf den Kauf ist ein Weg, um diese Praktiken nicht aktiv zu unterstützen. Wenn ihnen aber Fleisch angeboten wird, das beispielsweise aus artgerechter Haltung stammt (auch wenn sie das nicht immer sicher wissen), fühlen sie sich weniger schuldig. Außerdem möchten sie in sozialen Situationen nicht unangenehm auffallen oder sich rechtfertigen müssen.
• Gesundheit, aber Genuss: Einige Menschen sind sich der gesundheitlichen Risiken eines hohen Fleischkonsums bewusst und versuchen, diesen zu reduzieren. Der Verzicht auf den Kauf ist ein Kontrollmechanismus. Sie erlauben sich aber trotzdem, gelegentlich Fleisch zu essen, um den Genuss nicht vollständig aufzugeben. Es ist ein Balanceakt zwischen gesundheitlichen Zielen und dem Wunsch nach Geschmackserlebnissen.
• Budget, aber Gastfreundschaft: Fleisch kann teuer sein. Für manche Menschen ist der Verzicht auf den Kauf von Fleisch schlichtweg eine Frage des Budgets. Wenn sie aber bei Freunden eingeladen sind und Fleisch serviert wird, möchten sie nicht unhöflich sein oder als „anders” gelten.
• Soziale Normen und Gruppenzwang: In manchen sozialen Kreisen ist der Fleischkonsum stark verankert. Der Verzicht darauf könnte zu Ausgrenzung oder Missverständnissen führen. Um Konflikte zu vermeiden, essen diese Menschen dann eben doch Fleisch, auch wenn sie es sonst vermeiden würden.

Gibt es schon einen Namen für diese Gruppe? Namensfindung im Ernährungsdschungel

Bisher gibt es noch keinen etablierten Begriff für diese spezifische Gruppe von Teilzeit-Fleischessern. Die gängigen Bezeichnungen wie Flexitarier, Reduktarier oder Gelegenheits-Fleischesser passen zwar teilweise, erfassen aber nicht die Nuance des bewussten Verzichts auf den Kauf. Hier sind ein paar Vorschläge und Überlegungen:

• Passiver Fleischesser: Dieser Begriff betont den Aspekt des nicht-aktiven Konsums. Es wird kein Fleisch gekauft, sondern nur gegessen, wenn es angeboten wird.
• Situativer Fleischesser: Dieser Begriff unterstreicht, dass der Fleischkonsum von der jeweiligen Situation abhängt.
• Reduzierter Konsument: Dieser Begriff ist allgemeiner gefasst und betont die Reduktion des Fleischkonsums insgesamt, unabhängig von der Art und Weise.
• Fleisch-Akzeptierer: Dieser Begriff ist etwas humorvoller und beschreibt jemanden, der Fleisch zwar nicht aktiv sucht, aber akzeptiert, wenn es ihm angeboten wird.
• „Ja, aber…”-Esser: Dieser Begriff beschreibt die Zerrissenheit zwischen Überzeugung und Verhalten. „Ja, ich bin eigentlich gegen Fleischkonsum, aber…”.

Letztendlich ist die Wahl des Begriffs Geschmackssache und hängt davon ab, welche Aspekte man hervorheben möchte. Wichtig ist, dass der Begriff verständlich und präzise ist.

Die Vor- und Nachteile des „Ja, aber…”-Essens

Wie jede Ernährungsweise hat auch diese Form des Fleischkonsums Vor- und Nachteile:

Vorteile:

• Reduktion des ökologischen Fußabdrucks: Durch den Verzicht auf den Kauf von Fleisch wird die Nachfrage nach Fleisch reduziert, was sich positiv auf die Umwelt auswirken kann.
• Erhöhtes Bewusstsein: Die bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema Fleischkonsum führt zu einem erhöhten Bewusstsein für die eigenen Essgewohnheiten und deren Auswirkungen.
• Weniger Tierleid: Durch den reduzierten Fleischkonsum wird potenziell weniger Tierleid verursacht.
• Soziale Akzeptanz: Es ist einfacher, in sozialen Situationen „mitzuschwimmen”, ohne die eigenen Überzeugungen vollständig aufzugeben.
• Flexibilität und Genuss: Man kann die Vorteile einer vegetarischen Ernährung genießen, ohne vollständig auf den Genuss von Fleisch zu verzichten.

Nachteile:

• Widersprüchlichkeit: Das Verhalten wirkt widersprüchlich und kann zu moralischen Dilemmata führen.
• Mangelnde Transparenz: Es ist oft schwer zu beurteilen, woher das Fleisch stammt und wie es produziert wurde, wenn man es nicht selbst kauft.
• Potenzielle Selbsttäuschung: Man kann sich leicht einreden, dass der gelegentliche Fleischkonsum nicht so schlimm sei, obwohl er in der Summe doch einen erheblichen Einfluss haben kann.
• Unzureichende gesundheitliche Vorteile: Die gesundheitlichen Vorteile einer rein vegetarischen oder veganen Ernährung werden möglicherweise nicht vollständig ausgeschöpft.

Fazit: Ein Trend mit Potenzial, aber mit Verbesserungspotenzial

Die „Flexitarier 2.0”-Generation, oder wie auch immer man sie nennen mag, ist ein Spiegelbild der komplexen Herausforderungen unserer Zeit. Sie zeigt, dass immer mehr Menschen sich der negativen Auswirkungen des Fleischkonsums bewusst sind und versuchen, ihren Beitrag zu leisten. Gleichzeitig möchten sie aber nicht auf liebgewonnene Gewohnheiten verzichten oder sich sozial isolieren. Es ist ein Trend mit Potenzial, aber auch mit Verbesserungspotenzial. Entscheidend ist, dass sich jeder Einzelne bewusst mit seinen Essgewohnheiten auseinandersetzt und versucht, seinen Fleischkonsum so weit wie möglich zu reduzieren – egal ob durch den Verzicht auf den Kauf oder durch andere Maßnahmen. Denn jeder kleine Schritt zählt.