Wer Leistungen vom Jobcenter bezieht, steht oft vor der Herausforderung, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die Mietkosten spielen dabei eine entscheidende Rolle. Oftmals sind die tatsächlichen Mietpreise höher als die vom Jobcenter als angemessen anerkannten Sätze. Was passiert, wenn die Miete über dem Satz liegt? Zahlt das Jobcenter dann nur den anerkannten Betrag von beispielsweise 669 € und man muss den Rest selbst tragen, oder wird die Wohnung komplett abgelehnt? Dieser Frage gehen wir in diesem Artikel detailliert auf den Grund.
Das Prinzip der „angemessenen” Mietkosten
Das Sozialgesetzbuch (SGB II) regelt die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Hier ist festgelegt, dass das Jobcenter die Kosten für Unterkunft und Heizung in „angemessener” Höhe übernimmt. Was „angemessen” bedeutet, ist jedoch nicht pauschal festgelegt, sondern wird von den Jobcentern individuell anhand von Mietobergrenzen bestimmt. Diese Mietobergrenzen basieren in der Regel auf den örtlichen Mietspiegeln und berücksichtigen die Größe des Haushalts und die Ausstattung der Wohnung.
Die Ermittlung der angemessenen Miete ist komplex und basiert auf einem mehrstufigen Verfahren, das im Wesentlichen folgende Punkte umfasst:
- Bestimmung der Wohnungsgröße: Das Jobcenter legt fest, welche Wohnungsgröße für den jeweiligen Haushalt angemessen ist. Hierbei spielen die Anzahl der Personen im Haushalt und deren individuellen Bedürfnisse (z.B. gesundheitliche Einschränkungen) eine Rolle.
- Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete: Anhand des Mietspiegels oder anderer geeigneter Datenquellen wird die ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnungen der entsprechenden Größe und Ausstattung ermittelt.
- Festlegung der Mietobergrenze: Die Mietobergrenze ist der Betrag, den das Jobcenter maximal für die Miete übernimmt. Sie setzt sich in der Regel aus der Kaltmiete und den angemessenen Nebenkosten zusammen. Heizkosten werden gesondert betrachtet.
Was passiert, wenn die Miete über der Obergrenze liegt?
Wenn die Miete, die man zahlen muss, über der vom Jobcenter festgelegten Obergrenze liegt, gibt es verschiedene Szenarien. Das Jobcenter wird nicht automatisch die gesamte Miete ablehnen. Vielmehr wird geprüft, ob die Kosten senkbar sind oder ob Ausnahmen von der Regel möglich sind.
1. Aufforderung zur Kostensenkung:
In den meisten Fällen wird das Jobcenter zunächst eine Aufforderung zur Kostensenkung aussprechen. Das bedeutet, dass man aufgefordert wird, die Miete innerhalb einer bestimmten Frist (in der Regel sechs Monate) auf ein angemessenes Niveau zu senken. Dies kann beispielsweise durch folgende Maßnahmen geschehen:
- Suche nach einer günstigeren Wohnung: Man wird aufgefordert, sich aktiv nach einer neuen Wohnung zu suchen, die den Vorgaben des Jobcenters entspricht.
- Verhandlungen mit dem Vermieter: Man kann versuchen, mit dem Vermieter über eine Reduzierung der Miete zu verhandeln.
- Untervermietung eines Zimmers: Wenn die Wohnung groß genug ist, kann man ein Zimmer untervermieten, um die Mietkosten zu senken.
Während dieser Kostensenkungsphase übernimmt das Jobcenter in der Regel weiterhin die tatsächliche Miete, auch wenn sie über der Obergrenze liegt. Dies dient dazu, den Umzug in eine neue Wohnung zu ermöglichen und Obdachlosigkeit zu verhindern.
2. Übernahme der tatsächlichen Miete für eine Übergangszeit:
Manchmal übernimmt das Jobcenter die tatsächliche Miete auch über die Kostensenkungsphase hinaus, wenn besondere Umstände vorliegen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn man nachweislich Schwierigkeiten hat, eine angemessene Wohnung zu finden oder wenn ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist.
3. Übernahme nur der angemessenen Miete und Eigenanteil:
Wenn die Kostensenkungsphase abgelaufen ist und man es nicht geschafft hat, die Miete zu senken, wird das Jobcenter in der Regel nur noch die angemessene Miete bis zur Obergrenze übernehmen. Den Differenzbetrag muss man dann aus eigenen Mitteln (z.B. aus dem Regelsatz) bezahlen. Das bedeutet, dass man weniger Geld für andere notwendige Ausgaben zur Verfügung hat.
4. Ablehnung der Wohnung:
Eine komplette Ablehnung der Wohnung ist eher selten, kommt aber in bestimmten Fällen vor. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Miete in einem völlig unangemessenen Verhältnis zu den ortsüblichen Vergleichsmieten steht oder wenn die Wohnung aus anderen Gründen (z.B. wegen erheblicher Mängel) nicht zumutbar ist.
Was kann man tun, wenn die Miete zu hoch ist?
Wenn man feststellt, dass die Miete über der Obergrenze des Jobcenters liegt, sollte man folgende Schritte unternehmen:
- Kontakt zum Jobcenter aufnehmen: Klären Sie mit dem Jobcenter, welche Mietobergrenze für Ihren Haushalt gilt und welche Nachweise Sie erbringen müssen.
- Mietspiegel prüfen: Informieren Sie sich über die ortsüblichen Vergleichsmieten in Ihrer Region, um zu prüfen, ob die Mietobergrenze des Jobcenters realistisch ist.
- Widerspruch einlegen: Wenn Sie der Meinung sind, dass die Mietobergrenze des Jobcenters zu niedrig angesetzt ist, können Sie Widerspruch einlegen.
- Beratungsstellen aufsuchen: Lassen Sie sich von einer Beratungsstelle (z.B. Mieterverein, Sozialberatung) beraten. Diese können Ihnen helfen, Ihre Rechte durchzusetzen und Strategien zur Kostensenkung zu entwickeln.
- Aktive Wohnungssuche: Suchen Sie aktiv nach einer günstigeren Wohnung, die den Vorgaben des Jobcenters entspricht. Nutzen Sie alle verfügbaren Ressourcen (z.B. Online-Portale, Wohnungsbaugesellschaften).
- Mit dem Vermieter verhandeln: Sprechen Sie mit Ihrem Vermieter über die Möglichkeit einer Mietreduzierung. Vielleicht ist er bereit, Ihnen entgegenzukommen.
Wichtige Tipps und Hinweise
- Heizkosten: Heizkosten werden in der Regel gesondert betrachtet und müssen in „angemessener” Höhe vom Jobcenter übernommen werden. Was „angemessen” bedeutet, hängt von der Heizungsart und dem individuellen Heizverhalten ab.
- Nebenkosten: Das Jobcenter übernimmt nur die angemessenen Nebenkosten. Unangemessene Nebenkosten (z.B. für einen unnötig teuren Hausmeisterdienst) müssen selbst getragen werden.
- Umzugskosten: Unter bestimmten Umständen kann das Jobcenter die Umzugskosten übernehmen, wenn ein Umzug notwendig ist, um die Mietkosten zu senken.
- Härtefallregelungen: In Härtefällen (z.B. bei gesundheitlichen Einschränkungen oder besonderen familiären Umständen) kann das Jobcenter von den üblichen Regeln abweichen und auch höhere Mietkosten übernehmen.
- Dokumentation: Dokumentieren Sie alle Gespräche mit dem Jobcenter und bewahren Sie alle relevanten Unterlagen (z.B. Mietvertrag, Mietspiegel, Schreiben des Jobcenters) sorgfältig auf.
Fazit
Die Frage, was passiert, wenn die Mietkosten über dem Satz des Jobcenters liegen, ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab. In der Regel wird das Jobcenter zunächst eine Kostensenkung fordern und die tatsächliche Miete für eine Übergangszeit übernehmen. Wenn die Miete nicht gesenkt werden kann, wird das Jobcenter nur noch die angemessene Miete bis zur Obergrenze übernehmen. Eine komplette Ablehnung der Wohnung ist eher selten. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen, die eigenen Rechte zu kennen und alle Möglichkeiten zur Kostensenkung auszuschöpfen. Im Zweifelsfall sollte man sich von einer Beratungsstelle unterstützen lassen.