In unsicheren Zeiten kann es jeden treffen: Jobverlust, Krankheit oder andere unvorhergesehene Ereignisse können dazu führen, dass das Einkommen nicht mehr ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Das Bürgergeld ist eine staatliche Leistung, die in solchen Situationen unterstützen soll. Viele Menschen zögern jedoch, einen Antrag zu stellen, weil sie glauben, dass vorhandene Ersparnisse ein Hindernis darstellen. Dieser Artikel räumt mit Missverständnissen auf und zeigt Ihnen, wie Sie auch mit Ersparnissen erfolgreich Bürgergeld beantragen können.
Was ist Bürgergeld und wer hat Anspruch?
Das Bürgergeld ist eine Grundsicherungsleistung, die den Lebensunterhalt sichern soll. Es richtet sich an Menschen, die erwerbsfähig sind, aber ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Die wichtigsten Voraussetzungen für den Bezug von Bürgergeld sind:
* Erwerbsfähigkeit: Sie müssen zwischen 15 und dem Erreichen der Altersgrenze sein und mindestens drei Stunden täglich arbeiten können.
* Hilfebedürftigkeit: Ihr Einkommen und Vermögen reichen nicht aus, um Ihren Lebensunterhalt zu decken.
* Gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland: Sie müssen sich dauerhaft in Deutschland aufhalten.
Bürgergeld und Vermögen: Was zählt?
Ein häufiges Missverständnis ist, dass man gar kein Vermögen besitzen darf, um Bürgergeld zu beantragen. Das stimmt so nicht! Das Gesetz sieht Freibeträge vor, die es Ihnen erlauben, bestimmte Vermögenswerte zu behalten.
Schonvermögen ist der Teil Ihres Vermögens, der nicht zur Deckung Ihres Lebensunterhalts eingesetzt werden muss. Die Höhe des Schonvermögens richtet sich nach der Anzahl der Personen in Ihrer Bedarfsgemeinschaft und Ihrem Alter.
* **Grundfreibetrag:** Für jede erwerbsfähige Person in der Bedarfsgemeinschaft beträgt der Grundfreibetrag derzeit (Stand: Oktober 2024) 15.000 Euro. Für Partner in einer Bedarfsgemeinschaft verdoppelt sich dieser Betrag.
* **Zusätzlicher Freibetrag für Altersvorsorge:** Für die Altersvorsorge (z.B. Riester-Verträge) gibt es zusätzliche Freibeträge. Diese sind jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Informieren Sie sich hierzu genau bei Ihrer zuständigen Behörde.
* **Angemessene selbstgenutzte Immobilie:** Eine selbstgenutzte Immobilie (Haus oder Eigentumswohnung) gilt in der Regel als Schonvermögen, solange sie „angemessen” ist. Was „angemessen” bedeutet, hängt von der Größe des Objekts, der Anzahl der Bewohner und dem Wohnort ab.
* **Weitere Vermögenswerte:** Auch bestimmte Versicherungen, Schmuck oder kleinere Barbeträge können als Schonvermögen gelten.
Wichtig: Liegt Ihr Vermögen über den genannten Freibeträgen, müssen Sie dieses grundsätzlich vorrangig zur Deckung Ihres Lebensunterhalts einsetzen, bevor Sie Anspruch auf Bürgergeld haben.
Wie wird mein Vermögen bewertet?
Das Jobcenter wird Ihr Vermögen genau prüfen, um festzustellen, ob und in welcher Höhe es verwertbar ist. Dazu gehören:
* **Bankguthaben:** Kontoauszüge der letzten Monate sind erforderlich.
* **Bausparverträge:** Die aktuellen Vertragsbedingungen und Guthabenstände werden geprüft.
* **Wertpapiere:** Aktien, Fonds und andere Wertpapiere werden bewertet.
* **Immobilien:** Verkehrswertgutachten können erforderlich sein, um den Wert der Immobilie zu ermitteln.
* **Versicherungen:** Policen und aktuelle Rückkaufswerte werden geprüft.
Es ist wichtig, dem Jobcenter alle relevanten Informationen und Unterlagen vollständig und wahrheitsgemäß vorzulegen. Unvollständige oder falsche Angaben können zu Problemen und sogar zur Ablehnung des Antrags führen.
Bürgergeld beantragen: Schritt für Schritt
Der Antrag auf Bürgergeld ist ein formeller Prozess, der sorgfältig durchgeführt werden sollte. Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung:
1. **Antragsformulare besorgen:** Die Antragsformulare erhalten Sie online auf der Website der Bundesagentur für Arbeit oder direkt beim Jobcenter vor Ort.
2. **Antragsformulare ausfüllen:** Füllen Sie die Antragsformulare vollständig und sorgfältig aus. Seien Sie ehrlich und machen Sie keine falschen Angaben.
3. **Unterlagen zusammenstellen:** Stellen Sie alle erforderlichen Unterlagen zusammen. Dazu gehören:
* Personalausweis oder Reisepass
* Kontoauszüge der letzten Monate
* Mietvertrag
* Nachweise über Einkommen und Vermögen
* Krankenkassenkarte
4. **Antrag einreichen:** Reichen Sie den Antrag und die Unterlagen beim Jobcenter ein. Sie können den Antrag persönlich abgeben oder per Post schicken. Bewahren Sie eine Kopie des Antrags und der Unterlagen auf.
5. **Gespräch mit dem Jobcenter:** Das Jobcenter wird Sie zu einem Gespräch einladen, um Ihren Antrag zu besprechen und weitere Informationen einzuholen. Bereiten Sie sich gut auf dieses Gespräch vor.
6. **Bescheid abwarten:** Nach Prüfung Ihres Antrags erhalten Sie einen Bescheid vom Jobcenter. Im Bescheid wird Ihnen mitgeteilt, ob Ihr Antrag bewilligt wurde und in welcher Höhe Sie Bürgergeld erhalten.
7. **Widerspruch einlegen:** Wenn Sie mit dem Bescheid nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.
Tipps für einen erfolgreichen Antrag
* **Informieren Sie sich gründlich:** Machen Sie sich mit den Voraussetzungen und Bestimmungen zum Bürgergeld vertraut.
* **Seien Sie ehrlich und vollständig:** Machen Sie keine falschen Angaben und legen Sie alle relevanten Unterlagen vor.
* **Nehmen Sie Beratung in Anspruch:** Lassen Sie sich von einer Beratungsstelle (z.B. Schuldnerberatung, Sozialberatung) unterstützen.
* **Bleiben Sie aktiv:** Suchen Sie aktiv nach Arbeit und nehmen Sie an Maßnahmen des Jobcenters teil, um Ihre Chancen auf eine Beschäftigung zu verbessern.
* **Dokumentieren Sie alles:** Führen Sie ein Protokoll über alle Gespräche und Schriftwechsel mit dem Jobcenter.
Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden
* **Unvollständige Antragsunterlagen:** Stellen Sie sicher, dass Sie alle erforderlichen Unterlagen einreichen.
* **Falsche Angaben:** Machen Sie keine falschen Angaben zu Ihrem Einkommen und Vermögen.
* **Nicht kooperieren:** Arbeiten Sie mit dem Jobcenter zusammen und nehmen Sie an Maßnahmen teil.
* **Keinen Widerspruch einlegen:** Wenn Sie mit einem Bescheid nicht einverstanden sind, legen Sie rechtzeitig Widerspruch ein.
Fazit
Die Beantragung von Bürgergeld kann zunächst kompliziert erscheinen, insbesondere wenn Sie über Ersparnisse verfügen. Aber mit der richtigen Vorbereitung, Ehrlichkeit und gegebenenfalls professioneller Unterstützung können Sie den Antrag erfolgreich stellen und die finanzielle Unterstützung erhalten, die Sie benötigen. Scheuen Sie sich nicht, sich beraten zu lassen und Ihre Rechte wahrzunehmen. Das Bürgergeld ist dazu da, Menschen in Notlagen zu helfen – auch Ihnen! Es ist wichtig zu verstehen, dass es Freibeträge gibt, die es Ihnen ermöglichen, einen Teil Ihres Vermögens zu behalten. Ein sorgfältig ausgefüllter Antrag, ehrliche Angaben und die Bereitschaft zur Kooperation mit dem Jobcenter sind der Schlüssel zum Erfolg.