Den Standort einer anderen Person über die Telefonnummer abfragen: Welche technischen Möglichkeiten gibt es und was sagt das Gesetz dazu?

In unserer zunehmend vernetzten Welt ist der Gedanke, den Aufenthaltsort einer Person zu kennen, oft mit einem Gefühl der Sicherheit oder auch der Kontrolle verbunden. Die Frage, ob und wie man den **Standort einer anderen Person über die Telefonnummer abfragen** kann, taucht immer wieder auf – sei es aus Sorge um einen geliebten Menschen, aus Neugier oder aus dem Wunsch nach Überprüfung. Die Gerüchte und Mythen rund um die **Handyortung** sind zahlreich und oft irreführend. Dieser Artikel beleuchtet umfassend, welche technischen Möglichkeiten es wirklich gibt, den Standort einer Telefonnummer zu ermitteln, und vor allem, was das deutsche und europäische **Gesetz dazu sagt**. Wir werden die oft propagierten „einfachen Lösungen” entlarven und die komplexen rechtlichen Hürden aufzeigen, die den **Datenschutz** in den Vordergrund stellen.

Die Faszination und die Realität: Warum der Wunsch nach Standortdaten?
Der Wunsch, den Aufenthaltsort einer Person zu wissen, hat vielfältige Gründe. Eltern möchten ihre Kinder in Sicherheit wissen, Partner wollen vielleicht Gewissheit über den Verbleib des anderen, oder im Notfall könnte es lebensrettend sein, jemanden zu finden. Diese legitimen Anliegen treffen jedoch auf eine Realität, in der die Privatsphäre einen hohen Stellenwert hat. Das Smartphone ist nicht nur ein Kommunikationsmittel, sondern auch ein sehr persönliches Gerät, das sensible **Standortdaten** generiert. Die scheinbar einfache Idee, eine Telefonnummer einzugeben und den Standort zu erhalten, kollidiert mit grundlegenden Rechten und komplexen technischen Gegebenheiten. Die meisten „Dienste”, die dies versprechen, sind entweder betrügerisch oder operieren jenseits der Legalität.

Technische Mythen vs. Möglichkeiten: Was geht wirklich – und was nicht?
Die Vorstellung, dass man einfach eine Telefonnummer eingibt und eine präzise Standortanzeige auf einer Karte erhält, ist weit verbreitet, aber zumeist ein Mythos. Die Wahrheit ist komplexer und anspruchsvoller.

**1. Netzbetreiber und die Mobilfunkortung:**
Jedes Mobiltelefon kommuniziert ständig mit den Mobilfunkmasten (Basisstationen) der Netzbetreiber. Anhand der Signalstärke zu mehreren Masten kann ein Netzbetreiber den ungefähren **Standort eines Handys** ermitteln. Dieses Verfahren wird als **Zellortung** oder **Triangulation** bezeichnet.
* **Genauigkeit:** Die Genauigkeit ist stark schwankend. In dicht besiedelten Gebieten mit vielen Masten kann sie wenige hundert Meter betragen, auf dem Land jedoch mehrere Kilometer umfassen. Für präzise Ortungen ist sie ungeeignet.
* **Zugriff:** Netzbetreiber dürfen diese Daten nicht einfach an Dritte weitergeben. In Deutschland ist der Zugriff auf diese Standortdaten durch sehr strenge Gesetze geregelt. Sie werden nur in absoluten Notfällen (z.B. bei Notrufen an die 112/110) oder auf richterlichen Beschluss für Ermittlungsbehörden freigegeben. Ein Privatperson hat **keine Möglichkeit**, über die Telefonnummer direkten Zugriff auf diese Daten bei einem Netzbetreiber zu erhalten.

**2. GPS und Smartphone-Funktionen: Die „Find my…”-Dienste:**
Moderne Smartphones verfügen über GPS-Module, die eine sehr genaue **Standortbestimmung** ermöglichen (bis auf wenige Meter genau). Diese Technologie wird für Navigations-Apps, Wetterdienste oder auch für standortbasierte Spiele genutzt.
* **”Wo ist?” (Apple) und „Mein Gerät finden” (Google):** Diese Dienste ermöglichen es Besitzern, ihre eigenen verlegten oder gestohlenen Geräte zu orten. Sie setzen jedoch voraus, dass:
* Das Gerät eingeschaltet ist und eine Internetverbindung hat.
* Die Standortdienste auf dem Gerät aktiviert sind.
* Der Nutzer mit seinem Google- oder Apple-Konto angemeldet ist.
* **Wichtig:** Diese Funktionen sind **nicht** dafür gedacht, andere Personen ohne deren Wissen zu orten. Sie erfordern den Zugriff auf das jeweilige Nutzerkonto des Gerätebesitzers. Eine Ortung allein über die Telefonnummer ist hier nicht vorgesehen und technisch auch nicht möglich, da die Ortung an das Gerät und das Nutzerkonto, nicht an die Rufnummer gebunden ist.
* **Standortfreigabe in Apps (z.B. WhatsApp, Google Maps, Life360):** Viele Messenger- und Karten-Apps bieten die Funktion, den eigenen Standort temporär oder dauerhaft mit bestimmten Kontakten zu teilen.
* **Voraussetzung:** Dies erfordert die **aktive und bewusste Zustimmung** der Person, die ihren Standort teilen möchte. Es ist eine bewusste Handlung und kann jederzeit beendet werden. Eine unfreiwillige Ortung über diese Apps ist ausgeschlossen.

**3. Vorsicht Falle: Dubiose Dienste und Scams:**
Das Internet ist voll von Websites, die „kostenlose Handyortung nur mit Telefonnummer” versprechen.
* **Die Realität:** Diese Dienste sind fast ausnahmslos **Betrug**. Sie fordern oft persönliche Daten, Abonnements oder das Herunterladen von schädlicher Software. Im besten Fall sind sie nutzlos, im schlimmsten Fall führen sie zu finanziellen Schäden oder zur Kompromittierung eigener Daten. Es gibt **keinen seriösen und legalen Dienst**, der es einer Privatperson ermöglicht, den Standort einer anderen Person allein über deren Telefonnummer abzufragen.

**4. Die dunkle Seite: Spyware und Abhörmalware:**
Theoretisch wäre es möglich, den Standort eines Handys über **Spyware** oder **Malware** zu ermitteln, die heimlich auf dem Gerät installiert wurde.
* **Funktionsweise:** Solche Programme können nicht nur den Standort überwachen, sondern auch Nachrichten mitlesen, Anrufe abhören und auf persönliche Daten zugreifen.
* **Voraussetzungen:** Die Installation erfordert in der Regel physischen Zugriff auf das Gerät oder das Überlisten des Nutzers (z.B. durch Phishing-Links).
* **Legalität:** Die Installation und Nutzung solcher Software ohne die ausdrückliche und informierte Zustimmung des Betroffenen ist in Deutschland **illegal** und strafbar. Sie stellt eine massive Verletzung der Persönlichkeitsrechte dar.

**5. Der Sonderfall: Behördenzugriff:**
Staatliche Ermittlungsbehörden (Polizei, Verfassungsschutz, BKA) haben unter sehr strengen Voraussetzungen die Möglichkeit, **Standortdaten abzufragen**.
* **Voraussetzungen:** Dies erfordert in der Regel einen richterlichen Beschluss und muss verhältnismäßig sein, um schwere Straftaten aufzuklären oder zu verhindern. Die rechtlichen Grundlagen sind im Strafprozessrecht (StPO) oder in speziellen Gesetzen verankert.
* **Methoden:** Neben der Auswertung von Funkzelleninformationen können auch sogenannte **IMSI-Catcher** zum Einsatz kommen, die das Handy vortäuschen, ein Mobilfunkmast zu sein, um Kommunikationsdaten und Standorte zu erfassen. Auch die **Stille SMS** wird genutzt, um die Anwesenheit eines Gerätes in einer bestimmten Funkzelle zu überprüfen. Diese Methoden sind jedoch hochregulierte Werkzeuge der Strafverfolgung und stehen Privatpersonen **nicht zur Verfügung**.

Die Rote Linie: Was sagt das Gesetz dazu?
Die Rechtslage in Deutschland und der EU ist hier sehr klar und strikt: Die unbefugte Ortung oder Überwachung einer Person ist eine gravierende Verletzung ihrer Grundrechte und kann erhebliche strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

**1. Grundrechte und Datenschutz:**
* **Recht auf informationelle Selbstbestimmung:** Dieses Grundrecht, abgeleitet aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, schützt das Recht jedes Einzelnen, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Standortdaten gehören zu den sensibelsten persönlichen Daten.
* **Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO):** Die DSGVO, die in der gesamten Europäischen Union gilt, legt strenge Regeln für die Verarbeitung personenbezogener Daten fest. Die Erhebung und Nutzung von Standortdaten ohne eine ausdrückliche Rechtsgrundlage oder die explizite, informierte Zustimmung der betroffenen Person ist **illegal**.
* **Bundesdatenschutzgesetz (BDSG):** Ergänzend zur DSGVO präzisiert das BDSG in Deutschland bestimmte Aspekte des Datenschutzes.

**2. Strafrechtliche Konsequenzen:**
Wer versucht, den Standort einer anderen Person ohne deren Wissen oder Einverständnis zu ermitteln, bewegt sich auf dünnem Eis und riskiert eine Strafverfolgung.
* **§ 202a StGB – Ausspähen von Daten:** Das unbefugte Verschaffen von Daten, die nicht für den Täter bestimmt und gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, ist strafbar. Dazu gehören auch Standortdaten. Dies kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden.
* **§ 202b StGB – Abfangen von Daten:** Wer unbefugt Daten aus einer nichtöffentlichen Datenübermittlung abfängt, begeht ebenfalls eine Straftat, die mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe belegt werden kann. Dies könnte zum Tragen kommen, wenn Kommunikationswege manipuliert werden, um Standortdaten abzufangen.
* **§ 202c StGB – Vorbereitung des Ausspähens und Abfangens von Daten:** Schon die Vorbereitungshandlungen, wie das Beschaffen von Software oder Werkzeugen zum Ausspähen oder Abfangen von Daten, können bestraft werden (bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe).
* **§ 303b StGB – Computersabotage:** Wer Daten unbrauchbar macht, löscht, verändert oder unzugänglich macht oder mittels Eingabe oder Übermittlung von Daten eine Datenverarbeitung stört, kann mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Dies könnte relevant sein, wenn versucht wird, Ortungssperren zu umgehen.
* **§ 238 StGB – Nachstellung (Stalking):** Das wiederholte, unbefugte Ermitteln des Aufenthaltsortes einer Person mit dem Ziel, sie zu beeinträchtigen, kann als Nachstellung gewertet werden und zu erheblichen Freiheitsstrafen führen.

**3. Zivilrechtliche Ansprüche:**
Neben strafrechtlichen Konsequenzen drohen auch zivilrechtliche Klagen:
* **Unterlassungsansprüche:** Die betroffene Person kann gerichtlich erwirken, dass die unbefugte Ortung eingestellt wird.
* **Schadensersatz und Schmerzensgeld:** Bei einem immateriellen Schaden (Verletzung der Persönlichkeitsrechte) kann ein Schmerzensgeldanspruch entstehen. Bei materiellen Schäden (z.B. Kosten für Rechtsbeistand) sind diese ebenfalls einklagbar.

**4. Legitime Ausnahmen:**
Es gibt wenige, streng definierte Ausnahmen, in denen eine Standortabfrage ohne direkte Zustimmung der Person zulässig ist:
* **Notfälle:** Bei einem **Notruf (112 oder 110)** wird der Standort des Anrufers automatisch an die Rettungsleitstelle übermittelt, um schnelle Hilfe zu gewährleisten. Dies ist eine gesetzlich legitimierte Ausnahme.
* **Behördliche Ermittlungen:** Wie bereits erwähnt, können Polizei und Staatsanwaltschaft auf richterlichen Beschluss und bei Vorliegen eines konkreten Verdachts einer schweren Straftat Standortdaten abfragen.
* **Einwilligung:** Die **ausdrückliche, informierte und freiwillige Einwilligung** der betroffenen Person ist immer der Königsweg. Dies ist der Fall, wenn Personen ihren Standort freiwillig über Apps teilen oder Tracking-Diensten zustimmen (z.B. in Fahrzeugflotten mit Mitarbeiterzustimmung).

Fazit: Technik, Ethik und Verantwortung im Einklang
Die Vorstellung, den **Standort einer Person über ihre Telefonnummer** abfragen zu können, ist eine gefährliche Mischung aus technologischem Halbwissen und dem Wunsch nach Kontrolle. Die Realität ist, dass es für Privatpersonen praktisch **keine legalen und seriösen Wege** gibt, dies zu tun. Die technischen Möglichkeiten zur Ortung sind entweder sehr ungenau, setzen die aktive Zustimmung der Person voraus oder sind ausschließlich Notfall- und Ermittlungsbehörden unter strengsten Auflagen vorbehalten.

Das deutsche und europäische Recht schützt das **Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung** und die Privatsphäre mit Nachdruck. Wer diese Rechte durch unbefugte Ortungsversuche verletzt, riskiert nicht nur erhebliche Strafen, sondern auch zivilrechtliche Konsequenzen.

Es ist von größter Bedeutung, zu verstehen, dass Technologie ein mächtiges Werkzeug ist, das jedoch ethisch und rechtlich korrekt eingesetzt werden muss. Vertrauen, offene Kommunikation und die Achtung der Privatsphäre sind die Grundpfeiler gesunder zwischenmenschlicher Beziehungen – und keine App oder „Ortungsdienst” kann diese ersetzen.

Empfehlungen für den Schutz der eigenen Privatsphäre
Daher ist es umso wichtiger, die eigenen **Standortdaten** zu schützen:
* Überprüfen Sie regelmäßig die Standortdiensteinstellungen auf Ihrem Smartphone und schalten Sie diese für Apps aus, die sie nicht unbedingt benötigen.
* Seien Sie vorsichtig bei verdächtigen Links oder Nachrichten, die Sie zum Herunterladen von Apps oder zur Eingabe persönlicher Daten auffordern könnten.
* Teilen Sie Ihren Standort nur mit Personen, denen Sie voll und ganz vertrauen und nur für den Zeitraum, in dem es wirklich notwendig ist.
* Nutzen Sie die Sicherheitsfunktionen Ihres Smartphones, wie PIN, Muster oder biometrische Sperren, um unbefugten Zugriff zu verhindern.
* Aktualisieren Sie Ihr Betriebssystem und Ihre Apps regelmäßig, um Sicherheitslücken zu schließen.

Der Schutz der Privatsphäre ist eine gemeinsame Verantwortung – von Technologieunternehmen, Gesetzgebern und jedem Einzelnen. Informiert zu sein, ist der erste Schritt zu einem sicheren Umgang mit unseren digitalen Identitäten.