Gehalts-Check: Was bezahlen Volkshochschulen ihren Lehrkräften und Dozenten wirklich?

Die Volkshochschule (VHS) ist eine der Säulen des deutschen Bildungssystems. Sie bietet unzählige Kurse an – von Sprachkursen über kreatives Gestalten bis hin zu EDV-Schulungen und Integrationskursen. Doch während Millionen Menschen jedes Jahr von den Angeboten profitieren, stellt sich eine Frage, die viele beschäftigt und doch oft unbeantwortet bleibt: Was verdienen die engagierten Lehrkräfte und Dozenten, die diese Kurse überhaupt erst ermöglichen, an einer VHS wirklich?

Die Antwort ist komplex und oft überraschend für Außenstehende. Wer von festen Gehältern oder gar Tarifverträgen träumt, wird in der Regel enttäuscht. Der Verdienst an der VHS ist selten ein einfaches Monatsgehalt, sondern ein vielschichtiges Konstrukt aus Honorar, Stundensatz, Status und unbezahlten Leistungen. Tauchen wir ein in die Realität der VHS-Vergütung.

Die Realität: Freiberuflichkeit statt Festanstellung

Der Großteil der Dozenten an Volkshochschulen arbeitet auf Honorarbasis, das heißt, sie sind freiberuflich tätig. Das bedeutet im Klartext: Es gibt kein festes Gehalt, keine bezahlten Urlaubstage, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und keine Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung). Jede unterrichtete Stunde wird einzeln vergütet, und alle Nebenkosten sowie die Absicherung im Alter und bei Krankheit müssen die Lehrkräfte selbst tragen.

Diese Struktur bietet der VHS maximale Flexibilität bei der Kursplanung und -durchführung, birgt aber für die Dozenten erhebliche finanzielle Unsicherheiten und administrative Lasten. Es ist wichtig zu verstehen, dass der „Stundensatz”, der auf dem Papier steht, selten dem tatsächlichen Nettoverdienst pro Stunde entspricht, wenn man alle Faktoren berücksichtigt.

Der Stundensatz: Eine breite Spanne

Der wohl am häufigsten diskutierte Aspekt ist der Stundensatz, auch als Honorar pro Unterrichtseinheit (UE) bekannt. Eine Unterrichtseinheit beträgt in der Regel 45 Minuten. Die Spanne hier ist enorm und hängt von verschiedenen Faktoren ab:

• Fachgebiet und Expertise: Spezialisierte Kurse wie komplexe IT-Schulungen, seltene Sprachen, professionelle Weiterbildungen oder Kurse mit hohem Vorbereitungsaufwand können höhere Honorare erzielen. Hier sind Sätze von 40 Euro bis zu 60 Euro pro UE oder sogar mehr für absolute Experten denkbar. Standardkurse wie gängige Sprachkurse (Englisch, Spanisch), Sport oder Kreativkurse liegen oft im Bereich von 20 bis 35 Euro pro UE.
• Standort und Größe der VHS: Größere Volkshochschulen in wirtschaftsstarken Regionen oder Großstädten zahlen tendenziell höhere Honorare als kleinere Einrichtungen in ländlichen Gebieten. Die Finanzkraft der jeweiligen Kommune spielt hier eine Rolle.
• Art des Kurses: Handelt es sich um einen Standardkurs, einen Intensivkurs, eine Firmen- oder Projektbuchung? Manchmal können für spezielle Projekte oder Kooperationen abweichende Sätze vereinbart werden.
• Erfahrung und Qualifikation des Dozenten: Langjährige Erfahrung, besondere Zusatzqualifikationen, Hochschulabschlüsse oder Zertifizierungen können das Honorar positiv beeinflussen, sind aber keine Garantie.
• Verhandlungsgeschick: Auch wenn es im öffentlichen Bereich unüblich scheint, kann bei Honorarverträgen durchaus ein gewisser Verhandlungsspielraum bestehen, insbesondere bei gefragten Qualifikationen.

Es ist nicht unüblich, dass eine Lehrkraft, die zum Beispiel einen Abendkurs für Englisch anbietet, mit einem Honorar von 25 bis 30 Euro pro Unterrichtseinheit (45 Minuten) kalkulieren muss. Rechnet man das auf eine volle Stunde (60 Minuten) hoch, sind das etwa 33 bis 40 Euro pro Stunde reiner Unterrichtszeit.

Die „Versteckten” Kosten und die wahre Rechnung

Der reine Stundensatz ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Für freiberufliche Lehrkräfte fallen zahlreiche „versteckte“ Kosten an, die den Bruttobetrag erheblich schmälern:

1. Vorbereitungszeit: Für jede Unterrichtseinheit fallen Vorbereitungsstunden an – das Erstellen von Lernmaterialien, Übungsblättern, Präsentationen, die Aktualisierung des Curriculums, das Korrigieren von Aufgaben. Diese Zeit wird nicht vergütet. Eine Stunde Unterricht kann leicht zwei bis drei Stunden unbezahlte Vorbereitung nach sich ziehen.
2. Nachbereitung und Verwaltung: Dazu gehören die Beantwortung von Teilnehmerfragen außerhalb des Unterrichts, die Korrespondenz mit der VHS, die Abrechnung und das Schreiben von Rechnungen. Auch diese Zeit ist unbezahlt.
3. Fahrtkosten und Fahrtzeit: Der Weg zur VHS und zurück wird in der Regel nicht oder nur unzureichend vergütet. Je nach Entfernung kann dies einen erheblichen Zeit- und Kostenfaktor darstellen.
4. Materialkosten: Bestimmte Materialien, Kopien oder die Nutzung eigener Geräte können ebenfalls zu Buche schlagen, wenn sie nicht von der VHS gestellt oder pauschal vergütet werden.
5. Sozialversicherungen: Dies ist der größte Brocken. Freiberufler müssen ihre Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung komplett selbst finanzieren. Dies kann, je nach Einkommen und gewählter Absicherung, schnell mehrere hundert Euro im Monat ausmachen. Eine Honorarkraft, die ausschließlich von der VHS lebt, muss hier klug vorsorgen.
6. Steuern: Das Honorar ist Bruttoeinkommen. Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer müssen abgeführt werden. Ab einem bestimmten Umsatz (derzeit 22.000 Euro jährlich für Kleinunternehmer) kann auch die Umsatzsteuer (19%) relevant werden, die auf die Honorare aufgeschlagen und ans Finanzamt abgeführt werden muss.
7. Berufliche Absicherung: Eine Berufshaftpflichtversicherung ist für Dozenten ratsam, um sich gegen mögliche Schäden abzusichern.
8. Weiterbildung: Um fachlich auf dem neuesten Stand zu bleiben und die Lehrbefähigung zu erhalten, sind regelmäßige Fortbildungen notwendig, deren Kosten und Zeitaufwand ebenfalls selbst zu tragen sind.

Rechenbeispiel: Was bleibt wirklich?

Nehmen wir an, eine Lehrkraft unterrichtet 10 Unterrichtseinheiten (UE) pro Woche zu je 30 Euro Honorar. Das wären 300 Euro Bruttoeinnahmen pro Woche, also etwa 1.200 Euro im Monat. Klingt erstmal nicht schlecht, oder?

Jetzt rechnen wir die wahren Kosten hinzu:

• Unterrichtszeit pro Woche: 10 UE x 45 Min = 450 Minuten = 7,5 Stunden.
• Vorbereitungszeit: Angenommen 1,5 Stunden Vorbereitung pro UE = 15 Stunden pro Woche.
• Admin/Fahrt: 2 Stunden pro Woche.
• Gesamtarbeitszeit pro Woche: 7,5 (Unterricht) + 15 (Vorbereitung) + 2 (Admin/Fahrt) = 24,5 Stunden.

Das tatsächliche Bruttoeinkommen pro Stunde effektiver Arbeitszeit (1.200 € / (24,5 Std/Woche * 4 Wochen)) sinkt auf ca. 12,25 Euro/Stunde. Und davon müssen noch die Sozialversicherungen und Steuern abgezogen werden! Dies zeigt drastisch, wie der scheinbar attraktive Stundensatz schrumpft, sobald man die gesamte Arbeitsleistung und die Kosten eines Freiberuflers berücksichtigt.

Sonderfall Integrationskurse

Eine große Gruppe von Dozenten an Volkshochschulen unterrichtet in Integrationskursen, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert werden. Hier gibt es einen vom BAMF festgelegten Mindesthonorarsatz, der derzeit (Stand 2024) bei 40 Euro pro Unterrichtseinheit liegt. Viele VHS zahlen genau diesen Satz oder nur geringfügig mehr. Der Vorteil ist hier die oft höhere Stundenzahl und die damit verbundenen regelmäßigeren Einnahmen, was eine bessere Planbarkeit für die Dozenten bedeutet. Allerdings sind die Anforderungen an die Lehrkräfte (Zulassung vom BAMF) hoch, und die Arbeit in Integrationskursen ist oft psychisch und physisch sehr fordernd.

Auch hier gelten die oben genannten „versteckten” Kosten. Das Honorar von 40 Euro mag hoch wirken, aber auch hier müssen Vorbereitung, Verwaltung, Sozialabgaben und Steuern davon bestritten werden. Für viele Dozenten im Bereich Deutsch als Zweitsprache (DaZ) sind Integrationskurse jedoch die Hauptverdienstquelle.

Die Ausnahmen: Angestellte Lehrkräfte und TVöD

Ein kleiner Teil der VHS-Mitarbeiter ist fest angestellt. Dabei handelt es sich meist um das administrative Personal, Fachbereichsleiter, Programmplaner oder eine sehr geringe Anzahl von festen Lehrkräften, die oft spezielle Funktionen erfüllen oder ein besonders hohes Stundenvolumen haben. Diese Mitarbeiter fallen in der Regel unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Hier gelten feste Gehaltstabellen, Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Ihre Gehälter sind deutlich höher und sicherer als die der Honorarkräfte.

Der Anteil der fest angestellten Lehrkräfte ist jedoch verschwindend gering. Die meisten VHS sind aus finanziellen Gründen und zur Wahrung ihrer Flexibilität darauf angewiesen, mit einem Großteil von freiberuflichen Dozenten zusammenzuarbeiten.

Motivation jenseits des Geldes

Angesichts der oft mageren Verdienstmöglichkeiten stellt sich die Frage: Warum unterrichten so viele Menschen überhaupt an der VHS? Die Gründe sind vielfältig und liegen oft abseits des rein finanziellen Aspekts:

• Leidenschaft fürs Lehren: Viele Dozenten lieben es einfach, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten weiterzugeben und Menschen beim Lernen zu begleiten.
• Flexibilität: Für Personen, die andere berufliche Verpflichtungen haben, im Ruhestand sind oder eine Familie versorgen, bietet die Arbeit an der VHS eine flexible Möglichkeit, ein Zusatzeinkommen zu erzielen und einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen.
• Berufliche Ergänzung: Für viele ist die VHS-Tätigkeit eine Ergänzung zum Haupterwerb oder eine Möglichkeit, relevante Lehrerfahrung zu sammeln.
• Gesellschaftliches Engagement: Das Gefühl, einen Beitrag zur Erwachsenenbildung und damit zur Gesellschaft zu leisten, ist für viele ein starker Motivator.
• Kreativer Freiraum: Im Vergleich zu schulischen oder universitären Kontexten gibt es an der VHS oft mehr Spielraum bei der Kursgestaltung und Themenauswahl.

Fazit: Eine komplexe Gleichung

Die Frage, was Volkshochschulen ihren Lehrkräften und Dozenten wirklich bezahlen, hat keine einfache Antwort. Der Großteil der Lehrkräfte arbeitet als Honorarbasis, mit Stundensätzen, die auf den ersten Blick akzeptabel erscheinen, sich aber drastisch reduzieren, wenn man unbezahlte Vorbereitungszeiten, Verwaltung, Fahrtkosten und vor allem die kompletten Kosten für die Sozialversicherungen berücksichtigt.

Für viele ist die Tätigkeit an der VHS eine Herzensangelegenheit, eine sinnvolle Nebenbeschäftigung oder eine Brücke zu anderen beruflichen Wegen. Als alleinige Einkommensquelle ist die Dozententätigkeit an der VHS jedoch für die meisten nur schwer existenzsichernd, es sei denn, es gelingt, ein sehr hohes Stundenvolumen oder besonders gut bezahlte Spezialkurse zu akquirieren und gleichzeitig ein kluges Finanzmanagement zu betreiben.

Die Volkshochschulen leisten mit ihrem breiten Bildungsangebot einen unverzichtbaren Beitrag zur Gesellschaft. Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft die Diskussion über eine bessere Absicherung und fairere Vergütung für die engagierten Menschen, die dieses System am Laufen halten, weiter an Bedeutung gewinnt. Denn die Qualität der Lehre hängt maßgeblich von der Wertschätzung und den Arbeitsbedingungen der Lehrenden ab.