Es gibt Entscheidungen im Leben, die man trifft und die man später bitter bereut. Für mich war eine solche Entscheidung der Abbruch meines BWL-Studiums. Es ist eine Geschichte von verpassten Chancen, von Selbstzweifeln, die von außen gesät wurden, und der schmerzhaften Erkenntnis, dass man niemals auf die falschen Leute hören sollte, wenn es um den eigenen Lebensweg geht.
Der Traum vom BWL-Studium: Eine klare Vision
Nach dem Abitur stand für mich fest: Ich wollte BWL studieren. Die Wirtschaft faszinierte mich schon immer. Die Möglichkeit, komplexe Zusammenhänge zu verstehen, Strategien zu entwickeln, Unternehmen zu führen oder gar ein eigenes aufzubauen – all das klang für mich unglaublich spannend und vielversprechend. Ich sah mich in einer leitenden Position, umgeben von motivierten Menschen, die gemeinsam etwas Großes schaffen. Ich recherchierte Studienpläne, las Erfahrungsberichte und fühlte mich bestätigt in meiner Wahl. Mein Umfeld – Familie, Freunde – unterstützte mich. Die ersten Semester liefen gut. Es war zwar anspruchsvoll, aber ich war motiviert und engagiert. Ich lernte gerne, knüpfte Kontakte und sah meiner Zukunft mit Zuversicht entgegen.
Die leisen Stimmen des Zweifels: Wenn die „falschen Leute” ins Spiel kommen
Doch dann begannen sie, die leisen Stimmen. Es waren keine direkten Angriffe, eher beiläufige Kommentare, die sich aber nach und nach zu einem Chor des Zweifels formten. Freunde, die selbst andere Fächer studierten oder gar keine klaren Pläne hatten, Bekannte, die ich auf Partys traf, manchmal sogar entfernte Verwandte bei Familienfeiern. „BWL? Das studiert doch jeder! Da findest du nie einen Job.“ „Viel zu theoretisch, das hat doch mit der Realität nichts zu tun.“ „Das ist doch nur für Spießer, die später im Anzug im Büro sitzen wollen.“ „Da lernt man doch nur, wie man andere ausbeutet.“
Diese Sätze, so harmlos sie zunächst klangen, nisteten sich in meinem Kopf ein. Ich war jung, unsicher und noch nicht gefestigt genug in meinen Überzeugungen. Statt auf mein eigenes Gefühl und meine ursprüngliche Begeisterung zu hören, begann ich, die Argumente dieser „Experten” von außen zu hinterfragen. War es wirklich so austauschbar? Würde ich wirklich nur im Büro versauern? War es zu langweilig, zu mainstream?
Besonders perfide war, dass diese Leute oft selbst keine klaren Alternativen oder eigene Erfolgsgeschichten vorzuweisen hatten. Es war oft eine Mischung aus fehlendem Verständnis für das Fach, eigenen verpassten Chancen oder einfach der Neid auf eine scheinbar geradlinige Karriereplanung. Sie projizierten ihre eigenen Ängste, Vorurteile oder unerfüllten Träume auf mich. Und ich, naiv wie ich war, ließ es zu.
Der innere Kampf: Motivation schwindet, Zweifel wachsen
Die anfängliche Begeisterung wich einer zermürbenden inneren Debatte. Jede Vorlesung wurde zum Beweis für die Kritik der anderen. War das wirklich zu trocken? War diese Statistikübung wirklich so praxisfern? Ich begann, mich in den Hörsälen umzusehen und mir einzureden, dass alle anderen auch gelangweilt aussahen. Meine Lernmotivation sank rapide. Ich verbrachte mehr Zeit damit, darüber nachzudenken, ob ich das Richtige tat, als wirklich zu lernen. Die Noten wurden schlechter, was wiederum die Zweifel nährte und den Kritikern von außen vermeintlich Recht gab.
Es war ein Teufelskreis. Je mehr ich den negativen Stimmen Gehör schenkte, desto weniger glaubte ich an mich und mein Studium. Das anfängliche Ziel, die Karriere, die mich einst so motivierte, verblasste. Ich sah nur noch die vermeintlichen Nachteile, die mir eingeredet wurden. Ich vergaß völlig, warum ich mich ursprünglich für BWL entschieden hatte – meine eigene, intrinsische Motivation.
Der verhängnisvolle Schritt: Der Abbruch
Nach vier Semestern, in denen ich mich mehr gequält als gelernt hatte, traf ich die Entscheidung, die ich heute zutiefst bereue: Ich brach mein BWL-Studium ab. Ich redete mir ein, es sei die richtige Entscheidung. Ich brauche etwas Praktisches, etwas Kreatives, etwas „Anderes”. Die Erleichterung, die ich unmittelbar nach dem Abbruch empfand, war trügerisch und nur von kurzer Dauer. Endlich frei von dem Druck, endlich weg von den vermeintlich langweiligen Zahlen und Theorien.
Ich suchte nach alternativen Wegen. Versuchte mich in verschiedenen Praktika, jobbte hier und da. Doch schnell merkte ich, dass die Welt außerhalb der Universität nicht so rosig war, wie ich es mir ausgemalt hatte. Ohne einen klaren Abschluss, ohne spezialisierte Kenntnisse, waren die Türen, die mir einst offen gestanden hätten, plötzlich verschlossen. Die „praktischen” Jobs waren oft unterbezahlt und erfüllten mich nicht. Die „kreativen” Wege waren hart umkämpft und erforderten oft jahrelange Vorarbeit und ein riesiges Netzwerk – beides Dinge, die ich nicht hatte.
Die bittere Wahrheit: Das nagende Gefühl des Bereuens
Das Bereuen setzte schleichend ein, aber es fraß sich tief in mich hinein. Zuerst war es nur ein leises Gefühl, wenn ich sah, wie meine ehemaligen Kommilitonen Praktika in spannenden Unternehmen machten, Auslandssemester absolvierten oder sich auf ihre Bachelorarbeit vorbereiteten. Später, als sie ihre ersten „echten” Jobs bekamen, mit klaren Karriereperspektiven und einem geregelten Einkommen, wurde das Gefühl zu einem nagenden Schmerz.
Ich sah, wie sie ihre Fähigkeiten einsetzten, wie sie Lösungen entwickelten, wie sie Verantwortung übernahmen. Und ich? Ich fühlte mich verloren, planlos, ohne eine klare Richtung. Das BWL-Studium, das ich als so langweilig und theoretisch abgetan hatte, entpuppte sich für sie als Sprungbrett in eine dynamische und erfüllende Arbeitswelt. Die „Praxisfremdheit”, von der mir erzählt wurde, wurde durch Praktika, Projekte und den Einstieg ins Berufsleben schnell widerlegt. Ich hatte mir meine eigene Zukunft verbaut, weil ich auf die falschen Stimmen gehört hatte.
Diese Erkenntnis ist bis heute eine der schmerzhaftesten in meinem Leben. Ich hätte durchhalten sollen. Ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen. Ich hätte die vermeintlichen Experten ignorieren und meinen eigenen Weg weitergehen sollen. Der Preis für meine Naivität war hoch: verlorene Jahre, verpasste Chancen und ein Gefühl der Leere, das mich lange begleitet hat.
Die Lektion: Vertraue dir selbst und sei kritisch
Was habe ich aus diesem tiefgreifenden Studienabbruch und dem damit verbundenen Bereuen gelernt? Es sind einige sehr harte, aber ungemein wichtige Lektionen:
- Höre auf deine innere Stimme: Deine Intuition, deine ursprüngliche Motivation, deine Begeisterung sind die stärksten Kompasse. Wenn du für etwas brennst, lass dich nicht von anderen davon abbringen. Es ist DEIN Leben, DEINE Zukunft.
- Sei kritisch gegenüber Ratschlägen: Nicht jeder, der dir einen Rat gibt, meint es gut oder ist qualifiziert, dir einen solchen zu geben. Hinterfrage die Motivation und die Expertise. Kommen die Ratschläge von Menschen, die selbst unzufrieden sind oder ihre eigenen Träume nicht verfolgt haben? Sind es Menschen, die das Feld, über das sie sprechen, wirklich kennen?
- Ignoriere den Lärm: Es wird immer Stimmen geben, die dich zweifeln lassen wollen, die dich kleinreden oder von deinem Weg abbringen wollen. Lerne, diesen Lärm auszublenden und dich auf deine Ziele zu konzentrieren.
- Durchhaltevermögen ist entscheidend: Jedes Studium, jeder Karriereweg hat seine schwierigen Phasen. Es ist leicht, aufzugeben, wenn es schwierig wird oder wenn Stimmen von außen Zweifel säen. Doch wahre Stärke zeigt sich im Durchhalten.
- Vergleiche dich nicht mit anderen (oder nur mit den Richtigen): Wenn du dich vergleichst, dann mit denen, die dich inspirieren und die ähnliche Ziele verfolgen, nicht mit denen, die dich herunterziehen wollen.
- Informiere dich fundiert: Statt auf Stammtischparolen zu hören, sprich mit Professoren, Studierenden höherer Semester, Alumni und Fachleuten aus der Wirtschaft. Sie können dir ein realistisches Bild vermitteln.
Ein neuer Anfang, aber mit Narben
Der Weg zurück war steinig. Ich musste lernen, mit dem Bereuen umzugehen, es zu akzeptieren und daraus zu lernen. Ich habe mich in den letzten Jahren beruflich neu orientiert, basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen. Es war ein Prozess des Wiederaufbaus, des Vertrauens in mich selbst und in meine Fähigkeiten. Ich habe gelernt, meine Entscheidungen bewusster zu treffen und mich nicht mehr so leicht beeinflussen zu lassen.
Das nagende Gefühl, das BWL-Studium abgebrochen zu haben, ist zwar schwächer geworden, aber es ist immer noch da. Es erinnert mich daran, wie wichtig es ist, sich selbst treu zu bleiben und den eigenen Weg zu gehen, auch wenn der Gegenwind stark ist. Es ist eine ständige Mahnung, nicht auf die „falschen Leute” zu hören, sondern auf die eigene innere Stimme und die eigene, fundierte Recherche. Denn am Ende bist du derjenige, der mit den Konsequenzen deiner Entscheidungen leben muss – und das gilt für die guten wie für die schlechten.
Mein Rat an jeden, der gerade vor einer wichtigen Bildungs- oder Karriereentscheidung steht: Höre genau hin, aber filtere. Vertraue deinem Instinkt. Bleibe deinen Zielen treu. Und vor allem: Lass dich nicht von denen entmutigen, die selbst nichts gewagt haben oder deren Visionen nicht mit deinen übereinstimmen. Dein Weg ist einzigartig, und du bist der beste Experte dafür.