Das bordeauxrote Barett der Fallschirmjäger ist weit mehr als nur ein Stück Kopfbedeckung; es ist ein Symbol der Ehre, des Mutes, der Entschlossenheit und einer unverbrüchlichen Kameradschaft. Es steht für eine Elite, die bereit ist, in den gefährlichsten Situationen im Einsatz zu sein – oft als Erste. Für viele junge Soldatinnen und Soldaten, die den Traum hegen, zu den Fallschirmjägern zu gehören, stellt sich die zentrale Frage: Ab wann darf man dieses prestigeträchtige Barett tragen? Die Antwort ist komplexer als ein einfacher Stichtag, denn sie ist eng verknüpft mit einer Reihe anspruchsvoller Prüfungen, einer umfassenden Ausbildung und einem tiefen Verständnis für die Traditionen dieser besonderen Truppengattung.
### Die Aura des bordeauxroten Baretts: Eine historische Einordnung
Die Geschichte des bordeauxroten Baretts reicht bis in den Zweiten Weltkrieg zurück. Es wurde erstmals von den britischen Luftlandeeinheiten getragen und setzte sich rasch als Erkennungszeichen der Elite-Fallschirmjäger in vielen Armeen der Welt durch. Die Farbe Bordeauxrot, oft auch als Maroon bezeichnet, ist kein Zufall: Sie symbolisiert das vergossene Blut und die Opfer, die diese Einheiten in ihren oftmals riskanten Operationen gebracht haben. In der Bundeswehr wurde das bordeauxrote Barett nach ihrer Gründung als Zeichen der Fallschirmjäger etabliert und trägt seitdem die gleiche starke Symbolkraft. Es repräsentiert nicht nur eine militärische Qualifikation, sondern auch eine bestimmte Haltung, eine Geisteshaltung des Mutes und der Einsatzbereitschaft, die über das Übliche hinausgeht.
### Der Weg zum Fallschirmjäger: Eine Reise voller Herausforderungen
Der Erwerb des bordeauxroten Baretts ist das Ergebnis einer intensiven und vielschichtigen Ausbildung, die physische und psychische Grenzen auslotet. Es ist ein Prozess, der Disziplin, Ausdauer und mentale Stärke erfordert. Bevor ein Soldat überhaupt daran denken kann, das Barett zu tragen, muss er eine Reihe von grundlegenden Anforderungen erfüllen und spezifische Lehrgänge absolvieren.
#### Phase 1: Die Grundausbildung und die Vorbereitung
Jeder Soldat der Bundeswehr beginnt mit einer allgemeinen Grundausbildung, die körperliche Fitness, militärische Grundlagen und erste taktische Kenntnisse vermittelt. Für angehende Fallschirmjäger ist dies jedoch nur der Anfang. Sie müssen eine überdurchschnittliche körperliche Leistungsfähigkeit nachweisen. Dies beinhaltet nicht nur Ausdauerläufe und Krafttraining, sondern auch spezielle Belastungstests, die die psychische Widerstandsfähigkeit unter Stress überprüfen. Die Bewerber müssen klar unter Beweis stellen, dass sie für die besonderen Anforderungen des Dienstes in einer luftbeweglichen Infanterieeinheit geeignet sind. Scheitern an dieser Stelle ist keine Schande, aber es bedeutet, dass der Weg zum Barett hier endet.
#### Phase 2: Der Fallschirmspringerlehrgang (FSL) – Das Herzstück der Qualifikation
Der Kern der Qualifikation für das bordeauxrote Barett ist der anspruchsvolle Fallschirmspringerlehrgang (FSL), der in der Regel an der Luftlande- und Lufttransportschule (LL/LTS) in Altenstadt stattfindet. Dieser Lehrgang ist nicht nur körperlich, sondern auch mental extrem fordernd. Er gliedert sich in mehrere Abschnitte:
1. **Die theoretische Ausbildung**: Bevor es in die Luft geht, erhalten die Lehrgangsteilnehmer eine umfassende Einweisung in die Theorie des Fallschirmspringens. Dies umfasst detailliertes Wissen über die Aerodynamik, die Funktionsweise des Fallschirms, Notverfahren, Wind- und Wetterkunde sowie die Sicherheitsvorschriften. Jeder Aspekt wird penibel durchgesprochen, denn beim Springen gibt es keinen Raum für Fehler.
2. **Die Bodenausbildung**: In dieser Phase wird der Absprung aus dem Flugzeug am Boden simuliert. Die Soldaten üben das korrekte Verlassen des Flugzeugs, die Landung (oft auf speziell präparierten Fallschirmsprungmatten) und das richtige Verhalten in der Luft. Die Übungen sind oft repetitiv und ermüdend, aber unerlässlich, um die Bewegungsabläufe zu automatisieren. Hier wird auch das Packen des Fallschirms erlernt – eine Fähigkeit, die Vertrauen schafft und das Verständnis für die Ausrüstung vertieft.
3. **Die Sprungausbildung – Die Königsdisziplin**: Nach erfolgreicher Absolvierung der theoretischen und praktischen Bodenausbildung beginnt der eigentliche Sprungdienst. Um den Lehrgang erfolgreich abzuschließen und die Qualifikation als Fallschirmspringer zu erwerben, müssen die Teilnehmer eine bestimmte Anzahl von Pflichtsprüngen absolvieren. Traditionell sind dies in der Bundeswehr mindestens fünf automatische Sprünge. Diese Sprünge umfassen:
* **Tagesabsprünge**: Die ersten Sprünge finden bei Tageslicht und guten Wetterbedingungen statt, um Vertrauen in die Ausrüstung und die eigenen Fähigkeiten aufzubauen.
* **Nachtabsprünge**: Sobald die Tagesabsprünge gemeistert sind, folgen Nachtsprünge. Diese stellen eine zusätzliche Herausforderung dar, da die Orientierung im Dunkeln erschwert ist und die Nerven noch stärker strapaziert werden.
* **Gefechtssprünge mit Ausrüstung**: Später folgen Sprünge mit voller persönlicher Ausrüstung und Bewaffnung, die das Gewicht und die Handhabung im Ernstfall simulieren. Manchmal gehören auch Sprünge über Wasser oder in schwierigem Gelände dazu, um die Vielseitigkeit der Ausbildung zu gewährleisten.
Jeder dieser Sprünge wird von erfahrenen Sprunglehrern überwacht. Ein einziger Fehltritt oder ein nicht bestandener Sprung kann zum Ausschluss aus dem Lehrgang führen. Das Bestehen des FSL ist die absolute Voraussetzung für das Tragen des Fallschirmjägerabzeichens (der „Schwinge”) und des damit verbundenen symbolischen Rechts auf das Barett.
### Mehr als nur ein Abzeichen: Die tatsächliche Berechtigung zum Tragen des Baretts
Hier kommt die entscheidende Nuance ins Spiel. Während das Fallschirmspringerabzeichen („Schwinge”) direkt nach erfolgreichem Abschluss des FSL verliehen wird und man es am Dienstanzug tragen darf, ist das Tragen des bordeauxroten Baretts in der Bundeswehr an eine weitere, nicht minder wichtige Bedingung geknüpft: Man muss *tatsächlich* in einer Fallschirmjäger-Einheit oder einer anderen luftlandefähigen Einheit, die das Barett führt, Dienst leisten.
Das bedeutet:
* Ein Soldat kann den FSL erfolgreich absolvieren und das Abzeichen erhalten, aber wenn er nicht in einer Fallschirmjägerkompanie oder einem ähnlichen Verband eingesetzt ist, der das Barett als Truppengattungsabzeichen führt, darf er es nicht tragen.
* Das Barett ist somit nicht nur ein Nachweis einer Qualifikation, sondern auch ein Zeichen der aktuellen Zugehörigkeit und des aktiven Dienstes in einer Fallschirmjägertruppe. Es ist ein Ausdruck der Kameradschaft und des Zusammenhalts innerhalb dieser besonderen Gemeinschaft.
Erst wenn der Soldat der Fallschirmjägertruppe zugeordnet und dort aktiv Dienst leistet, wird ihm das bordeauxrote Barett im Rahmen einer feierlichen Zeremonie verliehen. Diese Zeremonie ist oft ein sehr emotionaler Moment, der den Abschluss einer langen und harten Ausbildung markiert und den Beginn einer neuen Phase im Soldatenleben symbolisiert.
#### Die Barettverleihung: Ein unvergesslicher Moment
Die Verleihung des bordeauxroten Baretts ist kein bürokratischer Akt, sondern eine zutiefst symbolische Feier. Oft findet sie nach Beendigung des Fallschirmspringerlehrgangs und der Versetzung in die Einheit statt. Im Beisein von Vorgesetzten, Kameraden und manchmal auch Angehörigen wird das Barett feierlich überreicht. Dieser Moment ist für die frischgebackenen Fallschirmjäger ein Höhepunkt ihrer militärischen Laufbahn. Er markiert den Eintritt in eine Bruderschaft, die von einzigartigem Zusammenhalt, gegenseitigem Vertrauen und einem tiefen Gefühl der Zusammengehörigkeit geprägt ist. Es ist der Moment, in dem die Mühen der Ausbildung in Stolz und Zugehörigkeit münden.
### Die Bedeutung des bordeauxroten Baretts im Alltag der Fallschirmjäger
Das Tragen des Baretts ist mit einer ständigen Verpflichtung verbunden. Es erinnert den Träger täglich an die hohen Standards, die an ihn gestellt werden, und an die Verantwortung, die er gegenüber seinen Kameraden und dem Land hat. Es ist ein ständiger Appell an:
* **Professionelle Exzellenz**: Fallschirmjäger müssen stets körperlich topfit und mental auf jede Herausforderung vorbereitet sein.
* **Kameradschaft**: Der Zusammenhalt ist in dieser Truppe existenziell. Man verlässt sich blind aufeinander, besonders in Extremsituationen.
* **Einsatzbereitschaft**: Fallschirmjäger sind die Eingreifreserve, oft als erste am Ort des Geschehens.
* **Tradition und Werte**: Das Barett erinnert an die Geschichte der Fallschirmjäger und die Leistungen früherer Generationen.
Auch nach der Verleihung ist das Recht, das Barett zu tragen, nicht absolut unverrückbar. Bei schwerem Fehlverhalten oder Disziplinlosigkeit kann das Recht zum Tragen entzogen werden – eine extrem seltene, aber mögliche Konsequenz, die die Bedeutung und den Wert des Symbols unterstreicht.
### Fazit: Das bordeauxrote Barett – Ein Symbol für das Besondere
Das bordeauxrote Barett der Fallschirmjäger ist nicht einfach nur eine Kopfbedeckung. Es ist das greifbare Ergebnis einer extrem fordernden Ausbildung, einer intensiven psychischen und physischen Belastung und des erfolgreichen Abschlusses des Fallschirmspringerlehrgangs mit seinen anspruchsvollen Sprungdiensten. Es ist ein Symbol für eine Elite, die sich durch besondere Einsatzbereitschaft, Mut und eine tiefe Kameradschaft auszeichnet.
Der Weg zum Tragen dieses Baretts ist lang und steinig, gesäumt von Schweiß, Anstrengung und der ständigen Notwendigkeit, über sich selbst hinauszuwachsen. Doch für jene, die diesen Weg erfolgreich beschreiten und das Recht erwerben, das bordeauxrote Barett zu tragen, ist es eine Auszeichnung, die ein Leben lang mit Stolz und Ehre getragen wird. Es ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass man zu einer ganz besonderen Familie gehört – der Familie der Fallschirmjäger.