Die Welt der Arbeit ist vielfältig und facettenreich – und damit auch ihre ungeschriebenen Gesetze, insbesondere wenn es um den Dresscode geht. Für viele Studierende und junge Berufseinsteiger ist das Praktikum der erste tiefe Einblick in diese Welt. Doch neben der fachlichen Herausforderung lauert oft eine ganz andere Frage im Kopf: Was ziehe ich bloß an? Die Sorge, sich falsch zu kleiden, ist weit verbreitet. Habe ich genug „Business Casual“ im Schrank? Sind Jeans überhaupt erlaubt? Und welche Farben sind angemessen? Diese Unsicherheit ist verständlich, denn der erste Eindruck zählt und dein Erscheinungsbild kann maßgeblich dazu beitragen, wie du wahrgenommen wirst. Es geht nicht nur darum, modisch zu sein, sondern Professionalität, Ernsthaftigkeit und deine Fähigkeit, dich anzupassen, zu signalisieren.
Dieser Artikel ist dein umfassender Guide, um die Dresscode-Falle zu umgehen und mit dem richtigen Outfit im Praktikum zu glänzen. Wir beleuchten, worauf es wirklich ankommt, wie du die Unternehmenskultur entschlüsselst und wie du mit deinem Äußeren Vertrauen und Kompetenz ausstrahlst.
### Warum der Dresscode im Praktikum so wichtig ist
Bevor wir ins Detail gehen, lass uns kurz festhalten, warum das Thema überhaupt so relevant ist. Dein Äußeres ist ein nonverbales Kommunikationsmittel. Es sagt etwas über deine Haltung, deinen Respekt vor dem Unternehmen und deine Auffassung von Professionalität aus. Im Praktikum bist du quasi auf Bewährung: Du möchtest dich beweisen, lernen und idealerweise einen positiven, bleibenden Eindruck hinterlassen. Ein unangemessenes Outfit kann davon ablenken, dass du fachlich brillante Arbeit leistest. Es kann dich als unaufmerksam oder sogar respektlos erscheinen lassen, selbst wenn das nicht deine Absicht ist. Umgekehrt kann ein passender Look deine Ernsthaftigkeit unterstreichen und dir helfen, dich selbstbewusster zu fühlen – eine Win-Win-Situation für deinen beruflichen Erfolg.
### Die goldene Regel: Lieber etwas zu formell als zu leger
Wenn du unsicher bist, welche Kleidung in deinem Praktikumsunternehmen angemessen ist, halte dich an diese Faustregel: Es ist fast immer besser, am ersten Tag etwas zu schick als zu lässig gekleidet zu sein. Ein Sakko kann man ausziehen, eine Krawatte lockern, aber ein zu legeres Outfit lässt sich nicht so leicht aufwerten. Am ersten Tag kannst du dann die Situation beobachten: Wie kleiden sich die anderen Mitarbeiter? Gibt es offensichtliche Unterschiede zwischen Abteilungen oder Hierarchieebenen? Diese Beobachtungen helfen dir, deinen Look für die folgenden Tage anzupassen.
### Die Unternehmensrecherche: Dein wichtigstes Werkzeug
Der Schlüssel zur richtigen Garderobe liegt in der Vorbereitung. Jedes Unternehmen hat seine eigene Unternehmenskultur, die sich oft im Dresscode widerspiegelt.
1. **Die Website und Social Media:** Schau dir Fotos von Mitarbeitern an – auf der Unternehmenswebsite, in Broschüren oder auf Plattformen wie LinkedIn. Siehst du Anzugträger oder eher entspannte Outfits mit Hoodies?
2. **Die Branche:** Finanzwesen, Kanzleien und Unternehmensberatungen sind traditionell konservativer und erfordern oft Business Formal oder Business Casual. Kreativagenturen, Start-ups und IT-Unternehmen sind häufig flexibler und erlauben Smart Casual oder sogar Casual.
3. **Standort und Ansprechpartner:** Wenn du die Möglichkeit hast, frage bei deinem Ansprechpartner in der Personalabteilung oder bei deinem zukünftigen Vorgesetzten nach. Eine einfache E-Mail à la: „Gibt es einen bestimmten Dresscode, den ich beachten sollte?“ ist absolut legitim und zeigt, dass du dir Gedanken machst.
4. **Netzwerk:** Hast du Freunde oder Bekannte, die bereits in dem Unternehmen oder der Branche gearbeitet haben? Frag sie nach ihren Erfahrungen.
### Dein Outfit nach Branchen: Was ziehe ich WIRKLICH an?
Die Wahl des richtigen Looks hängt stark von der Branche ab. Hier eine detaillierte Aufschlüsselung:
#### 1. Business Formal (z.B. Banken, Großkanzleien, Unternehmensberatungen)
In diesen konservativen Branchen herrscht oft ein sehr formeller Dresscode. Hier geht es darum, Seriosität, Vertrauenswürdigkeit und Professionalität auszustrahlen.
* **Für Herren:**
* Ein gut sitzender Anzug in gedeckten Farben (Dunkelblau, Anthrazit, Schwarz). Grautöne sind ebenfalls akzeptabel.
* Ein langärmeliges Hemd in Weiß, Hellblau oder dezenten Pastelltönen.
* Eine passende Krawatte, die farblich zum Hemd und Anzug harmoniert. Verzichte auf grelle Farben oder auffällige Muster.
* Saubere, polierte Lederschuhe (Oxfords oder Derbys) in Schwarz oder Dunkelbraun.
* Dunkle Socken, die lang genug sind, um beim Sitzen kein nacktes Bein zu zeigen.
* Ein dezenter Gürtel, passend zu den Schuhen.
* **Für Damen:**
* Ein Hosenanzug oder Kostüm (Rock und Blazer) in gedeckten Farben.
* Eine hochwertige Bluse in Weiß, Creme, Hellblau oder zarten Mustern. Achte darauf, dass sie nicht transparent ist oder zu tief ausgeschnitten ist.
* Alternativ ein Etuikleid mit passendem Blazer. Die Rocklänge sollte mindestens knieumspielend sein.
* Geschlossene Pumps oder elegante Loafer mit einem moderaten Absatz (maximal 5-7 cm). Offene Schuhe wie Sandalen sind tabu.
* Feine Strümpfe oder Strumpfhosen, auch im Sommer.
* Minimalistischer Schmuck (z.B. dezente Ohrringe, eine feine Kette).
#### 2. Business Casual (z.B. Marketing, PR, Personalwesen, größere Unternehmen)
Dieser Dresscode ist die Brücke zwischen formell und leger. Er wirkt professionell, aber zugänglicher. Er ist der wohl am häufigsten anzutreffende Dresscode in Büroumgebungen.
* **Für Herren:**
* Stoffhose (Chino oder Anzughose, keine Jeans) in dunklen Farben wie Navy, Grau oder Beige.
* Ein Hemd, das nicht unbedingt einfarbig sein muss – dezente Karos oder Streifen sind erlaubt. Polohemden können je nach Unternehmenskultur akzeptabel sein.
* Ein Sakko oder Blazer – muss nicht zum Anzug gehören, kann eine andere Farbe haben.
* Saubere, gepflegte Lederschuhe (Loafer, Derbys, gepflegte Sneaker, wenn vom Unternehmen getragen).
* Ein Gürtel, passend zu den Schuhen.
* Gepflegter Strickpullover oder Cardigan über dem Hemd sind eine gute Option.
* **Für Damen:**
* Stoffhosen (Bundfaltenhosen, Marlenehosen), hochwertige Röcke (Bleistiftrock, A-Linie, knielang) oder Kleider (Etuikleider, Wickelkleider).
* Blusen, feine Strickpullover oder Cardigans.
* Ein Blazer oder eine elegante Strickjacke.
* Gepflegte geschlossene Schuhe: Pumps, Loafer, Ballerinas oder elegante Stiefeletten.
* Dezenter Schmuck.
#### 3. Smart Casual (z.B. Tech-Startups, Kreativagenturen, IT-Firmen)
Hier herrscht eine entspanntere Atmosphäre, aber es ist immer noch wichtig, gepflegt und professionell zu wirken. Der Fokus liegt auf Stil und Komfort, ohne nachlässig zu wirken.
* **Für Herren:**
* Gepflegte, dunkle Jeans (keine Risse, Waschung oder Verzierungen) oder Chinos.
* Hochwertige T-Shirts (einfarbig, ohne auffällige Prints), Poloshirts oder Hemden.
* Ein leichter Strickpullover oder Cardigan.
* Saubere, stylische Sneaker (keine Sportschuhe), Loafer oder Chelsea Boots.
* Ein legerer Blazer kann das Outfit aufwerten.
* **Für Damen:**
* Gepflegte dunkle Jeans, Chinos, Röcke oder Kleider.
* Stylische Blusen, feine T-Shirts oder Oberteile (keine Tank Tops oder Spaghettiträger).
* Cardigans, Pullover oder lockere Blazer.
* Moderne Sneaker (clean und nicht sportlich), Loafer, Ballerinas, Stiefeletten.
* Individueller, aber nicht überladener Schmuck.
#### 4. Branchenspezifische Sonderfälle (z.B. Handwerk, Labor, Sport, Pflege)
In bestimmten Berufsfeldern steht die Funktionalität der Kleidung an erster Stelle. Sicherheit und Hygiene können hier eine größere Rolle spielen.
* **Für alle:** Oft wird hier Arbeitskleidung gestellt (z.B. Laborkittel, Sicherheitsschuhe, Uniform). Informiere dich im Voraus, ob das der Fall ist.
* **Am ersten Tag:** Ziehe trotzdem etwas Gepflegtes an (z.B. Chino und Poloshirt/Bluse), bevor du dich umziehst oder die Arbeitskleidung erhältst. Es zeigt Respekt.
* Achte auf bequeme, geschlossene Schuhe, die auch längeres Stehen oder Laufen ermöglichen.
### Die „No-Gos” – Was du auf keinen Fall anziehen solltest
Es gibt Kleidungsstücke, die in fast jedem professionellen Umfeld als unangemessen gelten. Um auf Nummer sicher zu gehen, vermeide folgende Dinge:
* **Zu leger:** Kurze Hosen, Shorts, Miniröcke, Tank-Tops, Spaghettiträger-Tops (außer im Hochsommer mit Blazer/Cardigan), bauchfreie Oberteile, Jogginghosen.
* **Zu freizügig:** Tiefe Ausschnitte, durchsichtige Stoffe, zu enge oder zu kurze Kleidung.
* **Zu abgetragen:** Schmutzige, zerknitterte oder kaputte Kleidung (Risse, Löcher, Flecken).
* **Zu auffällig:** Grellbunte Farben oder zu wilde Muster, die ablenken. Übermäßiger Schmuck, der klappert oder zu stark glänzt.
* **Ungepflegt:** Ungewaschene Haare, ungepflegte Nägel, abgelaufene Schuhe, alte Socken.
* **Gerüche:** Zu viel Parfüm/Deo oder gar Körpergeruch.
* **Badeschuhe/Flip-Flops:** Sind absolut unprofessionell und unsicher.
* **Mützen/Kappen:** Im Innenbereich fast immer tabu.
### Details, die den Unterschied machen
Neben den Hauptbestandteilen deines Outfits gibt es weitere Punkte, die zu einem stimmigen Gesamtbild beitragen:
* **Hygiene & Pflege:** Dies ist die absolute Basis. Frische Kleidung, gewaschene Haare, saubere Nägel, dezentes Make-up (falls gewünscht), frischer Atem. Ein gepflegtes Erscheinungsbild ist universell wichtig.
* **Frisur:** Eine ordentliche Frisur ist entscheidend. Wenn du lange Haare hast, überlege, ob ein Zopf oder Dutt im Arbeitsalltag praktischer ist.
* **Schuhe:** Saubere, geputzte Schuhe sind ein Muss. Sie werden oft zuerst wahrgenommen.
* **Accessoires:** Weniger ist mehr. Eine elegante Uhr, dezenter Schmuck, eine professionelle Tasche (kein Rucksack, wenn nicht passend zur Branche).
* **Geruch:** Dezentes Parfüm oder Deo ist in Ordnung, aber vermeide zu starke oder aufdringliche Düfte, die andere stören könnten.
* **Tattoos & Piercings:** Je nach Branche und Unternehmenskultur kann hier eine gewisse Anpassung erforderlich sein. In konservativen Umfeldern ist es ratsam, Tattoos abzudecken und auffällige Piercings zu entfernen. In kreativen oder modernen Branchen sind sie oft akzeptiert.
### Dein Outfit anpassen: Lerne aus dem Alltag
Denke daran, dass das Praktikum auch eine Lernphase ist. Nach dem ersten Tag hast du einen besseren Überblick über den tatsächlichen Dresscode.
* **Beobachten und Anpassen:** Achte darauf, wie sich deine Kollegen kleiden. Gibt es Tage, an denen alle lässiger sind (z.B. freitags)? Passt sich der Dresscode an bestimmte Anlässe an (Kundenbesuche, interne Meetings)?
* **Komfort:** Wähle Kleidung, in der du dich wohlfühlst und dich frei bewegen kannst. Du wirst wahrscheinlich viele Stunden am Schreibtisch sitzen oder dich bewegen. Ein unbequemes Outfit kann ablenken und deine Produktivität beeinträchtigen.
* **Vorbereitung:** Lege deine Outfits für die Woche am Sonntagabend bereit. Das spart Zeit am Morgen und vermeidet Stress. Stelle sicher, dass alles sauber und bügelfrei ist.
### Fazit: Kleidung als Ausdruck deiner Professionalität
Der Dresscode im Praktikum ist kein willkürliches Korsett, sondern ein wichtiger Teil des professionellen Auftritts. Er ist ein Signal an dein Team und deine Vorgesetzten, dass du die Spielregeln verstehst und das Unternehmen ernst nimmst. Dein Outfit sollte deine Kompetenz unterstreichen und dir gleichzeitig das Selbstvertrauen geben, dich voll auf deine Aufgaben zu konzentrieren.
Indem du dich vorab informierst, die Unternehmenskultur verstehst und ein gepflegtes, der Situation angemessenes Outfit wählst, legst du den Grundstein für einen erfolgreichen Start in dein Praktikum. Es geht nicht darum, sich zu verkleiden, sondern darum, die beste Version deiner professionellen Persönlichkeit zu präsentieren. Und wenn du unsicher bist, erinnere dich an die goldene Regel: Lieber etwas zu formell als zu leger. Mit diesem Wissen bist du bestens gerüstet, um im Praktikum nicht nur fachlich, sondern auch optisch zu überzeugen.