Der süßliche Duft von Zuckerwatte und gebrannten Mandeln, das Kreischen der Fahrgäste in den Loopings, das bunte Lichtermeer, das sich in der Dunkelheit spiegelt – all das gehört untrennbar zum magischen **Kirmes-Erlebnis**. Doch über allem schwebt eine allgegenwärtige Geräuschkulisse, ein pulsierender Klangteppich, der sich aus unzähligen Quellen speist. Und genau hier setzt sich in den Köpfen vieler Besucher eine faszinierende Frage fest: Haben **Schausteller** an jedem **Standplatz** tatsächlich immer die selbe **Musik**? Was steckt hinter dem vermeintlich monotonen Soundtrack eines **Jahrmarkts**? Tauchen wir ein in die Welt der Beats und Bässe, die unsere Volksfeste prägen, und lüften wir dieses wohlgehütete Kirmes-Geheimnis.
Der Mythos der Gleichförmigkeit: Warum uns die Kirmes-Musik so vertraut vorkommt
Es ist ein Phänomen: Kaum betritt man das Kirmesgelände, scheint es, als würde aus jedem Fahrgeschäft und von jedem Süßwarenstand der gleiche, energiegeladene Mix aus Chart-Hits, Eurodance-Klassikern und manchmal auch traditionellen Schlagern dröhnen. Dieses Gefühl der Gleichförmigkeit ist keineswegs unbegründet, aber auch nicht die ganze Wahrheit. Mehrere Faktoren tragen dazu bei, dass die **Kirmes-Musik** einen so vertrauten und oft wiedererkennbaren Charakter hat:
- Das bewährte Repertoire: Es gibt eine Art „Goldstandard” an Liedern, die auf jedem **Volksfest** gut ankommen. Das sind oft zeitlose Party-Hymnen, Lieder mit hohem Wiedererkennungswert und treibendem Beat, die zum Mitwippen, Tanzen oder einfach zur guten Laune anregen. Diese bewährten Hits sind für Schausteller eine sichere Bank.
- Die akustische Kakophonie: Auf engstem Raum mischen sich die Sounds vieler verschiedener Anlagen. Was wir als Besucher wahrnehmen, ist oft ein Amalgam aus den Lautsprechern des Breakdancers, des Autoscooters, des Kettenkarussells und der Imbissstände. Dieser Mix kann dazu führen, dass einzelne Songs verschwimmen und ein übergeordneter „Kirmes-Sound“ entsteht, der als einheitlich empfunden wird.
- Die Erwartungshaltung: Wir assoziieren bestimmte Musikgenres automatisch mit der Kirmes. Wenn wir uns auf einen **Jahrmarkt** begeben, erwarten wir eine bestimmte Art von Beschallung – laut, energiegeladen, fröhlich. Diese Erwartung prägt unsere Wahrnehmung und lässt uns Muster erkennen, die vielleicht gar nicht so stark ausgeprägt sind.
- Die Lautstärke: Kirmes-Musik ist selten subtil. Die hohe Lautstärke, die nötig ist, um sich gegen das allgemeine Getümmel durchzusetzen, verstärkt das Gefühl der Omnipräsenz und lässt einzelne Nuancen in den Hintergrund treten.
Die Realität: Ein komplexes Zusammenspiel aus Strategie, Tradition und Anpassung
Die pauschale Antwort, dass **Schausteller** immer die selbe **Musik** spielen, greift zu kurz. Vielmehr verbirgt sich dahinter ein durchdachtes System, das viele Variablen berücksichtigt. Es ist eine Mischung aus festen Playlists, situativer Anpassung und sogar einer Prise Individualität.
1. Der Kern der Playlist: Die bewährten Kirmes-Hymnen
Ja, es gibt sie: Die Lieder, die man gefühlt auf jeder Kirmes hört. Das sind oft Pop- und Dance-Klassiker der letzten Jahrzehnte, aktuelle Chart-Hits, die einen hohen Beat per Minute (BPM) haben, und natürlich auch bestimmte Schlagertitel, die traditionell auf Volksfesten ihren Platz haben. Diese Titel bilden das Fundament der **Kirmes-Playlist** und sorgen für die gewünschte Partystimmung und Wiedererkennung. Sie sind erprobt und garantieren eine positive Resonanz bei einem breiten Publikum.
2. Zielgruppe und Standort: Wenn die Musik sich anpasst
Ein entscheidender Faktor für die Musikauswahl ist das spezifische Publikum und der Charakter des **Standplatzes**. Ein Autoscooter auf dem Hamburger Dom, der vor allem ein junges, feierwütiges Publikum anzieht, wird eine andere **Playlist** haben als ein Kinderkarussell auf einem ländlichen Pfarrfest oder ein Imbissstand, der hauptsächlich Familien versorgt.
- Kinderfahrgeschäfte: Hier dominieren kindgerechte Lieder, Märchen-Melodien oder bekannte Popsongs in entschärften Versionen.
- Thriller-Fahrgeschäfte (z.B. Breakdancer, Freefall Tower): Hier sind oft harte Beats, Rock, Metal oder treibender Techno gefragt, um das Adrenalin der Fahrgäste noch weiter zu steigern. Die Musik ist integraler Bestandteil des Nervenkitzels.
- Klassische Fahrgeschäfte (z.B. Kettenkarussell, Riesenrad): Hier findet man oft einen Mix aus traditioneller **Jahrmarktsmusik**, beliebten Schlagern und soften Chart-Hits, die eine nostalgische oder romantische Stimmung erzeugen.
- Spielbuden und Imbisse: Diese **Standplätze** setzen oft auf aktuelle Pop- und Partyhits, die eine fröhliche, ungezwungene Atmosphäre schaffen und zum Verweilen einladen.
- Regionale Unterschiede: Auch die Region spielt eine Rolle. In Bayern mag der Schlageranteil höher sein als im Ruhrgebiet, wo vielleicht eher Rock und Pop dominieren.
3. Tageszeit und Stimmung: Vom Familienausflug zur Partynacht
Die **Musik** auf der **Kirmes** ist selten statisch über den ganzen Tag. Morgens und am frühen Nachmittag, wenn vermehrt Familien und ältere Besucher unterwegs sind, kann die Musikauswahl dezenter und familienfreundlicher sein. Gegen Abend, wenn sich das junge Publikum versammelt und die Lichter intensiver leuchten, drehen viele Schausteller die Lautstärke auf und wechseln zu schnelleren, basslastigeren Party-Hits, um die Feierlaune anzuheizen.
4. Aktuelle Trends und persönliche Vorlieben: Frische Klänge auf dem Jahrmarkt
Man mag es kaum glauben, aber **Schausteller** sind keine musikalischen Zeitreisende. Sie leben in der Gegenwart und verfolgen oft aufmerksam die aktuellen Charts und Musiktrends. Neue Hits, die sich als Partylied eignen, finden schnell ihren Weg in die **Kirmes-Playlists**. Es ist eine ständige Balance zwischen dem Bewährten und dem Neuen, um relevant zu bleiben und auch jüngere Generationen anzusprechen.
Manchmal spielt auch der persönliche Geschmack des Schaustellers oder seiner Mitarbeiter eine Rolle. Innerhalb des Rahmens der passenden **Kirmes-Musik** gibt es oft Spielraum für individuelle Akzente, solange die Stimmung und das Publikum nicht negativ beeinflusst werden.
5. Der „GEMA-Faktor”: Rechtliche Rahmenbedingungen der Beschallung
Ein oft unterschätzter, aber immens wichtiger Aspekt ist die rechtliche Seite der Musiknutzung. In Deutschland ist die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) für die Lizenzierung von Musiknutzung im öffentlichen Raum zuständig. **Schausteller** müssen für die Musik, die sie spielen, entsprechende Gebühren entrichten. Dies beeinflusst indirekt die Auswahl der **Musik**. Manchmal sind Lieder aus rechtlichen Gründen oder wegen zu hoher Lizenzgebühren schlichtweg nicht spielbar oder lohnenswert.
6. Technische Ausstattung und Handling: Pragmatismus im Fokus
Die Musikanlagen auf der Kirmes sind oft robust und für den Dauerbetrieb ausgelegt. Sie müssen extremen Wetterbedingungen standhalten und einfach zu bedienen sein. Dies begünstigt oft digitale **Playlists** oder USB-Sticks, die schnell gewechselt oder aktualisiert werden können. Das manuelle Wechseln von CDs oder gar Vinyl ist heute die absolute Ausnahme.
Der „Kirmes-Sound”: Mehr als nur Lieder
Neben der reinen Songauswahl ist es der einzigartige **Kirmes-Sound**, der zur gefühlten Gleichförmigkeit beiträgt. Dieser Sound ist geprägt von:
- Hoher Lautstärke und Basslastigkeit: Die Musik ist nicht nur hörbar, sondern spürbar. Der Bass dröhnt und vibriert, was das physische Erleben der Kirmes verstärkt.
- Verzerrung und Überlagerung: Aufgrund der Vielzahl an Soundquellen und der oft offenen Bauweise der Anlagen kommt es zu Überlagerungen und manchmal auch zu leichten Verzerrungen, die den Klangcharakter prägen.
- Die menschliche Stimme: Die Rufe der Schausteller, die das Publikum anpreisen oder die Sicherheitshinweise durchgeben, mischen sich mit der Musik und werden zu einem Teil des akustischen Erlebnisses.
Dieser unverwechselbare Sound ist Teil des **Kirmes-Brandings**. Er ist so tief in unserem kollektiven Gedächtnis verankert, dass er selbst dann ein **Kirmes-Feeling** erzeugt, wenn die einzelnen Lieder variieren.
Hinter den Kulissen: Die Kunst der Kirmes-DJ’s
Die Auswahl und Verwaltung der **Musik** ist für viele **Schausteller** eine ernsthafte Aufgabe. Es gibt keine zentrale Kirmes-Behörde, die vorschreibt, welche Lieder gespielt werden dürfen. Stattdessen sind es die Schaustusteller selbst, oft die Betreiber oder ihre Familienmitglieder, die als eine Art DJ fungieren. Sie beobachten das Publikum, spüren die Stimmung und passen die **Playlist** entsprechend an. Sie experimentieren mit neuen Liedern und lernen, welche Songs zu welcher Zeit und an welchem **Standplatz** am besten funktionieren. Es ist eine Mischung aus Erfahrung, Intuition und einem Gespür für das Publikum.
Fazit: Das Geheimnis ist gelüftet – und es ist vielschichtiger als gedacht
Die Antwort auf die Frage, ob **Schausteller** immer die selbe **Musik** spielen, ist ein klares Jein. Ja, es gibt einen gemeinsamen Kern an bewährten Liedern und Genres, die das **Kirmes-Erlebnis** prägen und für Wiedererkennung sorgen. Dieser „Kirmes-Sound” ist bewusst gewählt und ein fundamentaler Bestandteil der Atmosphäre. Aber nein, es ist keineswegs eine starre, unveränderliche **Playlist**, die an jedem Ort und zu jeder Zeit exakt gleich ist. Die Musikauswahl ist ein dynamischer Prozess, der von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird: von der Zielgruppe, der Art des Fahrgeschäfts, der Tageszeit, aktuellen Trends und sogar von rechtlichen Rahmenbedingungen.
Das vermeintliche Geheimnis der Kirmes-Musik ist in Wahrheit ein faszinierendes Zusammenspiel aus Tradition und Innovation, aus strategischer Planung und spontaner Anpassung. Es ist die Kunst, die richtige Stimmung für den jeweiligen Moment zu erzeugen – sei es das kindliche Staunen am Karussell, der Adrenalinkick im Looping oder die ausgelassene Partystimmung am Autoscooter. Die **Musik** ist und bleibt der pulsierende Herzschlag jedes **Volksfestes**, der uns immer wieder aufs Neue in seinen Bann zieht und das einzigartige **Kirmes-Gefühl** schafft.