Die Welt der Gaming-Grafikkarten ist ein heiß umkämpftes Feld, in dem Innovation, Leistung und Preis-Leistungs-Verhältnis die entscheidenden Faktoren sind. Mit der Einführung der RDNA 3-Architektur und den Flaggschiffen AMD Radeon RX 7900 XTX und RX 7900 XT hat AMD im High-End-Segment ein starkes Zeichen gesetzt. Doch während die 7900 XTX beeindruckende Leistung liefert, bleibt sie im absoluten Spitzenbereich hinter NVIDIAs Königsklasse zurück. Das wirft eine spannende Frage auf, die die Community und Experten gleichermaßen beschäftigt: Plant AMD, die RDNA 3-Generation noch mit einem noch potenteren Modell zu krönen – vielleicht einer RX 7980 XT oder einer anderen überarbeiteten High-End-Karte? Oder liegt der Fokus bereits auf der nächsten Generation, RDNA 4? Tauchen wir ein in die Welt der Spekulationen, technischen Möglichkeiten und strategischen Überlegungen.
Die aktuelle Landschaft: RDNA 3 und die RX 7900 Serie
Mit der Radeon RX 7900 XTX und der RX 7900 XT hat AMD bewiesen, dass sie im oberen Leistungssegment mithalten können. Die 7900 XTX bietet eine hervorragende Rasterisierungsleistung, die in vielen Spielen sogar mit der deutlich teureren Konkurrenz von NVIDIA mithalten kann oder diese übertrifft, insbesondere im Preis-Leistungs-Verhältnis. Auch die Effizienz konnte im Vergleich zur Vorgängergeneration deutlich gesteigert werden.
Das Herzstück der RX 7900 XTX ist der Navi 31-Grafikchip. Dieser Chip ist der erste Gaming-GPU, der auf einem Chiplet-Design basiert. Das bedeutet, dass er nicht aus einem einzigen, großen Siliziumblock besteht, sondern aus mehreren kleineren „Chips” – einem Graphics Compute Die (GCD) und bis zu sechs Memory Cache Dies (MCDs). Dieses innovative Design ermöglichte es AMD, die Herstellungskosten zu senken und die Fertigungsausbeute zu verbessern, da kleinere Chips einfacher fehlerfrei zu produzieren sind als riesige, monolithische Chips.
Die RX 7900 XTX nutzt das volle Potenzial des Navi 31 aus: Sie verfügt über 96 Compute Units (CUs) im GCD und alle sechs MCDs sind aktiv, was zu 24 GB GDDR6-Speicher und einem 384-Bit-Speicherbus führt. Die RX 7900 XT ist eine leicht beschnittene Version mit weniger CUs und fünf aktiven MCDs.
Die Spekulationen: Eine „RX 7980 XT” oder Ähnliches?
Die Frage nach einer noch stärkeren RDNA 3-Karte entspringt dem Wunsch nach dem „Ultimativen” und dem direkten Wettbewerb mit NVIDIAs absolutem Flaggschiff, der GeForce RTX 4090. Man fragt sich: Gibt es noch Luft nach oben bei Navi 31?
Technische Machbarkeit – Das Potenzial von Navi 31
Hier wird es technisch und leider auch etwas ernüchternd für all jene, die auf eine „RX 7980 XT” mit deutlich mehr Recheneinheiten hoffen. Wie bereits erwähnt, verwendet die RX 7900 XTX bereits den *vollständig aktivierten* Navi 31-Chip. Das bedeutet, dass alle Compute Units im GCD aktiv sind und alle sechs verfügbaren MCDs genutzt werden. Eine „stärkere” Navi 31-Variante, die auf *mehr* CUs oder *mehr* MCDs setzt, ist daher technisch nicht möglich, da der Chip bereits am Maximum seiner Design-Spezifikation läuft.
Was wäre dann eine „RX 7980 XT„?
1. **Höher getaktete und besser selektierte Chips (Binning):** AMD könnte eine besonders gut produzierte Charge von Navi 31-Chips auswählen, die stabil bei noch höheren Taktraten läuft. Solche Karten könnten dann als „7900 XTX OC Edition” oder ähnliches vermarktet werden, aber eine substanzielle Leistungssteigerung, die eine neue Modellnummer wie „7980 XT” rechtfertigt, wäre unwahrscheinlich. Es wäre eher ein „Refresh” als ein gänzlich neues Leistungssegment.
2. **Ein neuer, größerer Chip:** Für eine *signifikant* höhere Leistung, die die 7900 XTX deutlich übertrifft, bräuchte AMD einen *neuen, größeren Gaming-Chip* innerhalb der RDNA 3-Architektur (z.B. einen imaginären „Navi 30” oder einen deutlich erweiterten Navi 31, der mit mehr MCDs oder einem größeren GCD designed wurde). Die Entwicklung und Produktion eines solchen Chips ist jedoch extrem kostspielig und zeitaufwendig. Typischerweise würde ein so großer Schritt eher einer neuen Architektur-Generation (wie RDNA 4) vorbehalten sein. Die Ressourcen wären wahrscheinlich besser in die Entwicklung der nächsten Generation investiert.
Angesichts dieser technischen Realitäten ist es *sehr unwahrscheinlich*, dass AMD eine „RX 7980 XT” oder ähnliche Karte auf Basis eines *deutlich erweiterten* Navi 31-Chips für den Gaming-Markt herausbringen wird. Eine kleine Leistungssteigerung durch optimierte Taktraten ist denkbar, aber keine Revolution.
Der Markt und die Konkurrenz: NVIDIAs Dominanz im Ultra-High-End
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Marktpositionierung und der Wettbewerb. NVIDIAs RTX 4090 hat die Messlatte für absolute Spitzenleistung extrem hoch gelegt. AMD hat mit der 7900 XTX gezeigt, dass sie in einem Preisbereich von ca. 1000 Euro eine hervorragende Alternative zur RTX 4080 bieten und sich manchmal sogar der RTX 4090 annähern können, insbesondere in traditioneller Rasterisierung. Im Raytracing-Bereich und bei den absoluten Rohleistungswerten bleibt die 4090 jedoch unangefochten.
Eine Entwicklung einer „4090-Killer”-Karte auf Basis von RDNA 3 wäre für AMD ein enormes Unterfangen. Die Kosten-Nutzen-Rechnung für ein solches Produkt müsste genau abgewogen werden. Der ultra-hochpreisige Enthusiasten-Markt ist zwar prestigeträchtig, macht aber nur einen kleinen Teil des Gesamtumsatzes aus. Lohnt es sich, enorme R&D-Ressourcen in einen Chip zu stecken, der vielleicht nur eine geringe Marge erzielt und nur in geringen Stückzahlen verkauft wird?
AMDs Strategie in den letzten Jahren schien eher darauf abzuzielen, ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis in den oberen Mittelklasse- bis oberen High-End-Segmenten zu bieten, anstatt auf Biegen und Brechen das absolute Leistungskrónchen zu jagen.
Verkaufspositionierung und Strategie von AMD
AMD ist ein Unternehmen, das nicht nur im Diskret-GPU-Markt agiert, sondern auch stark im CPU-Bereich (Ryzen, EPYC) und im Konsolenmarkt (Xbox Series X/S, PlayStation 5) verwurzelt ist. Ihre GPU-Technologien finden breite Anwendung. Die Entwicklung einer extrem teuren und leistungsstarken Gaming-GPU für eine Nische könnte von den breiteren strategischen Zielen ablenken.
Es ist wahrscheinlicher, dass AMD seine Ressourcen auf folgende Bereiche konzentriert:
* **Optimierung der bestehenden RDNA 3-Produkte:** Treiberverbesserungen, Software-Optimierungen (FSR, Anti-Lag etc.) und potenzielle minimale Hardware-Refreshes (z.B. höhere Taktraten).
* **Ausbau des Mid-Range- und Entry-Level-Segments:** Hier liegen die Stückzahlen und der Großteil des Umsatzes. Die Veröffentlichung von Karten wie der RX 7800 XT, RX 7700 XT, RX 7600 XT und der RX 7600, die auf den kleineren Navi 32 und Navi 33-Chips basieren, ist entscheidend, um den Marktanteil zu sichern und zu erweitern. Diese Karten sind oft die wahren Umsatzbringer.
* **Entwicklung der nächsten Generation (RDNA 4):** Hier liegt das größte Potenzial für signifikante Leistungssprünge und eine erneute Herausforderung der Konkurrenz im absoluten Spitzenbereich.
Alternativen zur „RX 7980 XT” – Was ist wahrscheinlicher?
Anstatt einer völlig neuen „RX 7980 XT” auf Basis eines aufwendig modifizierten Navi 31, könnten wir folgende Entwicklungen sehen:
1. **Refreshes der 7900 XTX/XT:** Wie bei früheren Generationen (z.B. RX 6950 XT als Refresh der 6900 XT) könnte AMD optimierte Versionen der RX 7900 XTX auf den Markt bringen. Diese würden typischerweise durch höhere Taktfrequenzen, verbesserte Speichergeschwindigkeiten oder optimierte Leistungsaufnahmen gekennzeichnet sein. Die Leistungssteigerung wäre inkrementell, aber eine willkommene Ergänzung. Solche Refreshes könnten auch dazu dienen, Lagerbestände abzubauen oder als Antwort auf neue NVIDIA-Karten im selben Preissegment.
2. **Fokus auf Effizienz und Software-Optimierungen:** AMD ist stark bestrebt, die Effizienz ihrer Karten zu verbessern und gleichzeitig durch Software wie FSR (FidelityFX Super Resolution) und HYPR-RX die Gaming-Erfahrung zu optimieren. Diese softwareseitigen Verbesserungen können die wahrgenommene Leistung einer Karte erheblich steigern, ohne dass neue Hardware notwendig ist.
3. **Professionelle Workstation-Karten:** Wenn AMD einen noch leistungsstärkeren Chip auf Basis des Chiplet-Designs entwickelt hat, wäre es wahrscheinlicher, dass dieser zuerst im professionellen Bereich (z.B. als Radeon Pro oder Instinct MI-Serie für HPC und KI) zum Einsatz kommt. Diese Märkte sind oft bereit, höhere Preise für maximale Leistung und Stabilität zu zahlen, was die hohen Entwicklungskosten rechtfertigt. Eine spätere Adaption für den Gaming-Markt wäre denkbar, aber meist mit deutlicher Verzögerung.
4. **Die Zukunft heißt RDNA 4:** Die größte und spannendste Entwicklung wird die nächste Generation der Architektur sein: RDNA 4. Mit RDNA 4 wird AMD voraussichtlich einen großen Sprung bei Leistung, Effizienz und möglicherweise auch bei der Raytracing-Performance machen. Gerüchten zufolge könnte RDNA 4 ebenfalls auf einem Chiplet-Design basieren oder sogar für bestimmte Segmente wieder auf eine monolithische Bauweise zurückkehren. Hier sehen wir das wahre Potenzial für eine neue High-End-Karte, die in der Lage ist, sich mit der nächsten Generation von NVIDIAs Top-Produkten zu messen. Wenn AMD eine „4090-Killer”-Karte auf den Markt bringen möchte, dann ist RDNA 4 der wahrscheinlichste Kandidat dafür.
Fazit und Ausblick
Die Idee einer „RX 7980 XT” ist zweifellos verlockend für Enthusiasten, die das absolute Maximum aus der aktuellen RDNA 3-Architektur herausholen wollen. Die technische Realität zeigt jedoch, dass der Navi 31-Chip in der RX 7900 XTX bereits weitgehend ausgeschöpft ist. Ein *signifikant* leistungsstärkerer Gaming-GPU innerhalb derselben Generation, der über die 7900 XTX hinausgeht und auf einer erweiterten Navi 31-Basis fußt, ist technisch unwahrscheinlich.
Stattdessen wird AMD seine strategischen Bemühungen voraussichtlich auf die breitere Marktabdeckung im Mid-Range-Segment, auf inkrementelle Leistungssteigerungen durch Software und kleinere Refreshes, sowie vor allem auf die Entwicklung der nächsten Generation, RDNA 4, konzentrieren. RDNA 4 ist der Ort, an dem wir die echten Innovationen und potenziellen neuen Flaggschiffe sehen werden, die das Leistungsgefüge im Gaming-Markt erneut aufmischen könnten.
Die Grafikkarten-Zukunft bleibt spannend. AMD hat mit RDNA 3 ein starkes Fundament gelegt und wird zweifellos weiterhin eine wichtige Rolle im Wettbewerb spielen, auch wenn der Fokus nicht immer darauf liegt, die absolute Spitzenleistung um jeden Preis zu jagen. Die wahre Stärke könnte in einer Kombination aus starker Leistung, exzellentem Preis-Leistungs-Verhältnis und zukunftsweisenden Software-Funktionen liegen.