Guter Deal oder Flaschenhals? Eine Analyse des gekauften PCs mit RTX 2070 Super und AMD Ryzen 5 4500

Der Kauf eines neuen PCs, insbesondere auf dem Gebrauchtmarkt, ist oft eine Gratwanderung zwischen Budget und Leistung. Manchmal stößt man auf scheinbar attraktive Angebote, die auf den ersten Blick leistungsstark wirken, bei genauerer Betrachtung jedoch Schwachstellen offenbaren können. Ein häufiges Beispiel ist die Kombination einer potenziell starken Grafikkarte mit einem weniger leistungsfähigen Prozessor. Wir analysieren heute genau so einen Fall: einen PC, der mit einer NVIDIA GeForce RTX 2070 Super und einem AMD Ryzen 5 4500 Prozessor ausgestattet ist. Ist dies ein guter Deal oder verbirgt sich hier ein ernstzunehmender Flaschenhals?

Die Protagonisten im Detail: Eine technische Betrachtung

Um die Kombination bewerten zu können, müssen wir zunächst die einzelnen Komponenten genauer unter die Lupe nehmen. Jede Hardware hat ihre Stärken und Schwächen, und deren Zusammenspiel entscheidet über die Gesamtleistung des Systems.

NVIDIA GeForce RTX 2070 Super: Der Pixel-Beschleuniger

Die NVIDIA GeForce RTX 2070 Super war bei ihrer Einführung im Jahr 2019 eine überaus leistungsstarke Grafikkarte der oberen Mittelklasse. Basierend auf NVIDIAs Turing-Architektur, bot sie eine deutliche Leistungssteigerung gegenüber der Standard-RTX 2070 und positionierte sich knapp unterhalb der RTX 2080. Auch heute noch ist die RTX 2070 Super eine sehr fähige GPU für moderne Spiele, insbesondere in den Auflösungen 1080p und 1440p. Ihre Stärken liegen in:

• Gaming-Leistung: Sie liefert in vielen aktuellen Titeln hohe Bildraten und ermöglicht ein flüssiges Spielerlebnis bei hohen oder gar maximalen Einstellungen.
• Ray Tracing: Als Teil der RTX-Serie unterstützt sie NVIDIAs Echtzeit-Ray-Tracing-Technologie, auch wenn die Performance hier naturgemäß nicht mit den neueren Generationen (RTX 3000 oder 4000) mithalten kann.
• DLSS (Deep Learning Super Sampling): Diese KI-gestützte Upscaling-Technologie kann die Bildrate in unterstützten Spielen deutlich verbessern, ohne größere visuelle Einbußen hinnehmen zu müssen, und verlängert so die Lebensdauer der Karte.
• 8 GB GDDR6 VRAM: Dieser Videospeicher ist für die meisten Spiele in 1080p und 1440p noch absolut ausreichend.

Kurz gesagt: Die RTX 2070 Super ist nach wie vor eine respektable Gaming-Grafikkarte, die viele Ansprüche erfüllt.

AMD Ryzen 5 4500: Der unterschätzte oder überschätzte Prozessor?

Der AMD Ryzen 5 4500 ist ein Prozessor, der oft zu Missverständnissen führt. Er wurde im Jahr 2022 veröffentlicht, basiert aber auf der älteren Zen 2-Architektur, die bereits 2019 mit den Ryzen 3000er-CPUs eingeführt wurde. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um einen Desktop-Ableger der Renoir-APU-Chips, die ursprünglich für Notebooks konzipiert waren und dann ohne die integrierte Grafikeinheit für den Desktop-Markt repurposed wurden. Seine Spezifikationen:

• 6 Kerne / 12 Threads: Eine solide Anzahl für Multitasking und viele moderne Anwendungen.
• Basistakt 3.6 GHz, Boost-Takt bis zu 4.1 GHz: Diese Taktraten sind akzeptabel, aber nicht herausragend.
• Wenig L3-Cache: Und hier liegt der Haken. Mit nur 8 MB L3-Cache ist der Ryzen 5 4500 im Vergleich zu anderen Zen 2-Desktop-CPUs (wie dem Ryzen 5 3600 mit 32 MB L3-Cache) oder gar neueren Generationen (Ryzen 5 5600 mit 32 MB L3-Cache auf Zen 3) stark limitiert. Dieser reduzierte Cache kann die Performance in Spielen und bestimmten Anwendungen, die stark von schnellen Datenzugriffen profitieren, erheblich beeinträchtigen.
• PCIe 3.0: Im Gegensatz zu anderen Zen 2-Desktop-CPUs (die oft PCIe 4.0 unterstützten) und natürlich Zen 3/4, ist der Ryzen 5 4500 auf PCIe 3.0 beschränkt. Für die RTX 2070 Super ist PCIe 3.0 x16 zwar in den meisten Fällen noch ausreichend und stellt selten den primären Flaschenhals dar, aber es ist ein weiterer Indikator für die ältere Implementierung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Ryzen 5 4500 zwar über eine ordentliche Kernanzahl verfügt, seine Schwächen in Bezug auf den geringen L3-Cache und die ältere Architektur ihn jedoch in Gaming-Szenarien und bei CPU-intensiven Aufgaben deutlich ausbremsen können.

Der Flaschenhals-Check: Wenn zwei ungleiche Partner aufeinandertreffen

Ein Flaschenhals entsteht in einem Computersystem, wenn eine Komponente die volle Leistung einer anderen Komponente behindert. Im Kontext eines Gaming-PCs bedeutet das, dass entweder die Grafikkarte oder der Prozessor nicht ausgelastet ist, weil die andere Komponente an ihre Grenzen stößt und nicht schnell genug Daten liefern oder verarbeiten kann. Bei unserer Kombination ist das Risiko eines CPU-Flaschenhalses durch den Ryzen 5 4500 durchaus real.

Szenario 1: Die RTX 2070 Super ist im Vorteil (GPU-limitierte Szenarien)

In diesen Situationen ist die Grafikkarte der limitierende Faktor. Dies tritt typischerweise auf, wenn:

• Höhere Auflösungen: Bei 1440p oder gar eingeschränktem 4K Gaming müssen mehr Pixel berechnet werden, was die RTX 2070 Super stärker fordert.
• Grafisch anspruchsvolle Spiele: Titel mit sehr detaillierten Texturen, komplexen Shadern und vielen Post-Processing-Effekten beanspruchen hauptsächlich die GPU.
• Ray Tracing aktiviert: Wenn Ray Tracing eingeschaltet wird, steigt die Last auf die Grafikkarte erheblich an, was sie stärker limitiert als die CPU.
• Maximale Grafikeinstellungen: Sehr hohe oder „Ultra”-Einstellungen bei Texturen, Schatten und Anti-Aliasing schieben die Last ebenfalls zur GPU.

In diesen Fällen wird die RTX 2070 Super nahe an ihrer Vollauslastung (95-100%) arbeiten, während der Ryzen 5 4500 in der Lage ist, genügend Daten zu liefern, um die Grafikkarte zu füttern. Die Gaming-Leistung ist hier primär von der Grafikkarte abhängig.

Szenario 2: Der Ryzen 5 4500 limitiert (CPU-limitierte Szenarien)

Hier ist der Prozessor der Schwachpunkt, der die RTX 2070 Super ausbremst. Dies geschieht in der Regel bei:

• Niedrigere Auflösungen und hohe Bildraten: Bei 1080p Gaming, insbesondere wenn man sehr hohe Bildraten (z.B. für Competitive Esports-Spiele wie CS:GO, Valorant, Overwatch) anstrebt, wird die Grafikkarte weniger beansprucht, und die CPU muss schneller arbeiten, um die Frames zu generieren. Hier kommt der limitierte L3-Cache und die geringere Single-Core Leistung des Ryzen 5 4500 zum Tragen.
• CPU-intensive Spiele: Bestimmte Spielgenres wie Strategie-Spiele (Civilization), Simulationen (Microsoft Flight Simulator), Open-World-Spiele mit vielen NPCs und komplexer Physik (Cyberpunk 2077, Assassin’s Creed Valhalla) beanspruchen die CPU stark.
• Multitasking während des Gamings: Wenn gleichzeitig gestreamt, aufgenommen oder andere rechenintensive Anwendungen im Hintergrund laufen, wird die CPU noch stärker belastet und kann die Gaming-Leistung limitieren.

In diesen Szenarien kann die RTX 2070 Super unter 90% Auslastung laufen, während der Ryzen 5 4500 bei 100% seiner Kapazität arbeitet. Das Ergebnis sind niedrigere als erwartete Bildraten, instabile Frame-Times oder sogar Stottern (Stuttering), da die CPU nicht schnell genug neue Befehle für die GPU verarbeiten kann.

Praktische Auswirkungen im Gaming-Alltag

Für den Nutzer bedeutet das, dass die Spielerfahrung stark variieren kann. In einigen Spielen, insbesondere grafisch anspruchsvollen Titeln bei höheren Auflösungen, wird das System eine gute Leistung erbringen. In anderen Spielen, die mehr von der CPU abhängen oder bei denen hohe Bildraten in 1080p angestrebt werden, wird man möglicherweise enttäuscht sein und nicht die volle Leistung der RTX 2070 Super ausschöpfen können. Der Ryzen 5 4500 ist in diesen Fällen der Flaschenhals.

Wann ist es ein guter Deal? Wer profitiert von dieser Kombination?

Ob diese PC-Konfiguration ein guter Deal ist, hängt stark vom Preis und dem Nutzungsprofil ab:

• Budget-orientierte Gamer: Wenn der PC zu einem sehr niedrigen Preis (z.B. deutlich unter 500 Euro auf dem Gebrauchtmarkt) erworben wurde, kann er als Einstiegspunkt ins 1440p Gaming dienen.
• Fokus auf GPU-intensive Spiele: Spieler, die hauptsächlich grafisch anspruchsvolle AAA-Titel bei 1440p oder sogar mit leicht aktivierten Ray Tracing-Effekten spielen möchten und keine extrem hohen Bildraten in 1080p benötigen, könnten damit zufrieden sein.
• Upgrade von älterer Hardware: Für jemanden, der von einem noch älteren System kommt, stellt diese Kombination dennoch eine spürbare Leistungssteigerung dar.
• Hauptsächlich Produktivität: Für alltägliche Aufgaben, Office-Anwendungen, Browsing und leichte Bildbearbeitung ist die CPU ausreichend, und die Grafikkarte ist überdimensioniert, aber schadet nicht.

Der entscheidende Faktor ist hier wirklich der Preis. Ein PC mit einer RTX 2070 Super und einem besseren Prozessor (z.B. Ryzen 5 3600 oder Ryzen 5 5600) wäre in der Regel deutlich leistungsfähiger. Wenn der Ryzen 5 4500 jedoch den Preis des Gesamtsystems stark drückt, könnte es ein akzeptabler Kompromiss sein, mit dem Wissen, dass ein CPU-Upgrade wünschenswert wäre.

Wann ist es ein Flaschenhals? Wer sollte aufpassen?

Diese Konfiguration ist definitiv *kein* guter Deal und wird einen Flaschenhals darstellen für:

• Kompetitive Esports-Spieler: Wer bei 1080p oder 1440p die maximale Bildrate in schnellen FPS-Spielen (z.B. CS:GO, Valorant, Apex Legends) anstrebt, wird vom Ryzen 5 4500 ausgebremst.
• Streamer und Content Creator: Wer gleichzeitig spielen und streamen oder Videos bearbeiten möchte, wird die Grenzen des Ryzen 5 4500 schnell erreichen. Die Multitasking-Performance ist aufgrund des geringen L3-Caches und der älteren Architektur nicht optimal.
• Spieler von CPU-intensiven Titeln: Fans von Simulationen, Strategiespielen oder bestimmten Open-World-Titeln werden mit Mikrorucklern und inkonsistenten Bildraten zu kämpfen haben.
• Zukunftsorientierte Käufer: Die Plattform mit dem Ryzen 5 4500 bietet wenig Spielraum für zukünftige Leistungssteigerungen ohne einen CPU-Tausch.
• Erwartung an „volle RTX 2070 Super Leistung”: Wer die RTX 2070 Super kauft und die Leistung einer vergleichbaren Karte mit einem modernen Mittelklasse-Prozessor erwartet, wird enttäuscht sein.

Für diese Nutzer ist die Kombination ein klarer Flaschenhals, der die Investition in die Grafikkarte teilweise nutzlos macht. Hier wäre eine PC Kaufberatung dahingehend wichtig gewesen, auf eine ausgewogenere Paarung zu achten.

Optimierung und Upgrade-Pfade: Das Beste herausholen

Wenn Sie bereits einen PC mit dieser Konfiguration besitzen, gibt es Möglichkeiten, die Leistung zu optimieren und zukünftige PC Aufrüstung zu planen:

Für aktuelle Nutzer:

• RAM-Geschwindigkeit: Stellen Sie sicher, dass Sie schnellen Dual-Channel RAM (idealerweise 3200-3600 MHz mit niedriger Latenz wie CL16) verwenden. Ryzen-CPUs profitieren enorm von schnellem Arbeitsspeicher.
• Grafikeinstellungen anpassen: Versuchen Sie, die Grafikeinstellungen in Spielen auf ein Niveau zu bringen, das die RTX 2070 Super stärker auslastet. Das bedeutet oft, die Auflösung auf 1440p zu erhöhen oder visuelle Details zu maximieren, um die Last von der CPU auf die GPU zu verlagern.
• Treiber aktuell halten: Sowohl GPU- als auch Chipsatztreiber sollten stets auf dem neuesten Stand sein, um die bestmögliche Leistung und Stabilität zu gewährleisten.
• Kühlung: Eine gute CPU-Kühlung stellt sicher, dass der Prozessor seine maximale Boost-Frequenz so lange wie möglich halten kann.

Upgrade-Pfad:

Der offensichtlichste und effektivste Upgrade-Pfad ist der Prozessor-Tausch. Da der Ryzen 5 4500 auf dem AM4-Sockel basiert, haben Sie hier hervorragende Optionen:

• AMD Ryzen 5 5600 (non-X): Dies ist der „Sweet Spot” für ein Upgrade. Der Ryzen 5 5600 basiert auf der wesentlich effizienteren Zen 3-Architektur, bietet deutlich mehr IPC (Instructions Per Cycle) und verfügt über den vollen 32 MB L3-Cache. Er ist oft ein Drop-in-Upgrade auf den meisten AM4-Mainboards (nach einem BIOS-Update) und würde die Gaming-Leistung der RTX 2070 Super massiv verbessern, indem er den Flaschenhals eliminiert.
• Ryzen 7 5700X / 5800X3D: Wenn das Budget es zulässt und Sie noch mehr Kerne oder den revolutionären 3D V-Cache (Ryzen 7 5800X3D ist der beste Gaming-Prozessor für AM4) wünschen, sind diese ebenfalls exzellente Optionen.

Ein CPU-Upgrade würde die RTX 2070 Super in die Lage versetzen, ihre volle Leistung zu entfalten, und das System insgesamt deutlich responsiver machen. Dies ist in den meisten Fällen die wirtschaftlich sinnvollste PC Aufrüstung für diese Konfiguration.

Fazit: Guter Deal mit Einschränkungen

Der PC mit einer RTX 2070 Super und einem AMD Ryzen 5 4500 ist kein ideales Paar. Während die RTX 2070 Super nach wie vor eine sehr fähige Gaming Grafikkarte ist, wird der Ryzen 5 4500 sie in vielen gängigen Gaming-Szenarien, insbesondere bei niedrigeren Auflösungen und dem Streben nach hohen Bildraten, als Flaschenhals ausbremsen.

Ob es ein guter Deal ist, hängt letztlich vom gezahlten Preis ab. Wurde der PC extrem günstig erworben, kann er als solider Einstieg ins 1440p Gaming dienen, mit dem Wissen, dass ein zukünftiges CPU-Upgrade auf einen Ryzen 5 5600 die Leistung erheblich verbessern würde. Für anspruchsvolle Gamer, die maximale FPS, flüssiges Streaming oder eine zukunftssichere Plattform suchen, ist diese Kombination jedoch suboptimal und sollte gemieden werden. In diesem Fall wäre es besser gewesen, etwas mehr in einen ausgewogeneren Gaming PC zu investieren oder direkt ein System mit einer moderneren CPU-Generation zu wählen.

Verstehen Sie die Grenzen des Ryzen 5 4500 und planen Sie gegebenenfalls ein Upgrade ein. Dann kann selbst diese ungleiche Paarung eine solide Basis bieten, um die RTX 2070 Super doch noch zu voller Entfaltung zu bringen.