Muss ich einen Internet Vertrag bezahlen, auch wenn seit Wochen kein Internet ankommt? Das sind Ihre Rechte

Stellen Sie sich vor: Sie sitzen zu Hause, möchten online arbeiten, streamen oder einfach nur surfen – doch nichts geht. Seit Tagen, ja, vielleicht sogar seit Wochen kommt kein Internet bei Ihnen an. Der Router blinkt verzweifelt rot, die Verbindung ist tot. Doch die monatliche Rechnung Ihres Internetanbieters flattert pünktlich in Ihren Briefkasten. Muss das sein? Müssen Sie für eine Leistung bezahlen, die Sie nicht erhalten? Die kurze Antwort lautet: Nein, nicht unbedingt. Aber es gibt einiges zu beachten, damit Sie Ihre Rechte als Verbraucher erfolgreich durchsetzen können.

Diese Situation ist nicht nur frustrierend, sondern auch ein klarer Verstoß gegen Ihren Internet Vertrag. Niemand sollte für etwas zahlen müssen, das nicht geliefert wird. In diesem umfassenden Artikel beleuchten wir Ihre Möglichkeiten, von der Preisminderung über Schadensersatz bis hin zum Sonderkündigungsrecht, und zeigen Ihnen, wie Sie Schritt für Schritt vorgehen, um sich gegen einen Ausfall Ihrer Internetverbindung zu wehren. Machen Sie sich bereit, für Ihre Rechte einzustehen!

Der Internetvertrag: Ein Leistungs- und Zahlungsverhältnis

Ein Internetvertrag ist, wie jeder andere Vertrag auch, ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Sie als Kunde verpflichten sich zur Zahlung eines monatlichen Entgelts, und Ihr Anbieter verpflichtet sich im Gegenzug, Ihnen die vertraglich vereinbarte Internet Verbindung in der versprochenen Qualität zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören nicht nur die vereinbarte Bandbreite (z.B. 50 MBit/s), sondern auch die grundsätzliche Verfügbarkeit der Leistung. Bleibt diese aus, gerät der Anbieter in Leistungsverzug. Dies ist die Grundlage all Ihrer Ansprüche.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Ihr Anbieter eine „Bringschuld” hat. Das bedeutet, er muss aktiv dafür sorgen, dass das Internet bei Ihnen funktioniert. Eine Störung Internet, die über einen längeren Zeitraum besteht und nicht behoben wird, ist eine klare Verletzung dieser Pflicht. Doch welche konkreten Schritte können Sie einleiten und welche gesetzlichen Regelungen stärken Ihre Position?

Die rechtliche Grundlage: Das Telekommunikationsgesetz (TKG) und BGB

Ihre Rechte bei Internetausfall sind vor allem im Telekommunikationsgesetz (TKG) festgeschrieben, das seit dem 1. Dezember 2021 mit dem neuen TKG besonders verbraucherfreundliche Regelungen enthält. Ergänzend dazu greifen die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Miet- und Werkvertragsrecht. Das TKG ist hierbei Ihre stärkste Waffe, da es spezifische Regelungen für Telekommunikationsdienste enthält, die über das allgemeine Vertragsrecht hinausgehen.

Die §§ 57 bis 59 des TKG sind hierbei besonders relevant: Sie regeln die Pflichten des Anbieters zur Störungsbehebung, Ihr Recht auf Preisminderung bei Leistungsausfall und Ihren Anspruch auf Schadensersatz. Diese Paragraphen ermöglichen es Ihnen, finanzielle Entschädigung zu fordern und in bestimmten Fällen sogar den Vertrag vorzeitig zu beenden. Es lohnt sich, diese Bestimmungen genau zu kennen.

Was gilt als „Störung” und wann greifen Ihre Rechte?

Nicht jede kurze Unterbrechung der Internetverbindung berechtigt sofort zu umfassenden Forderungen. Eine Störung im Sinne des TKG, die Ihre Rechte aktiviert, liegt in der Regel dann vor, wenn die vereinbarte Leistung über einen erheblichen Zeitraum nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung steht. Kurze, gelegentliche Aussetzer von wenigen Minuten sind ärgerlich, fallen aber meist noch unter das allgemeine Betriebsrisiko.

Anders sieht es aus, wenn der Ausfall mehrere Stunden, Tage oder sogar Wochen dauert und Sie dadurch die vertraglich vereinbarte Leistung nicht nutzen können. Von besonderer Bedeutung ist hier die Dauer: Das TKG sieht vor, dass Rechte auf Minderung und Schadensersatz in der Regel greifen, wenn eine Störung der Internetverbindung länger als 24 Stunden andauert und nicht behoben wird, nachdem Sie diese gemeldet haben. Wichtig ist also nicht nur der Ausfall selbst, sondern auch Ihre Reaktion darauf.

Erste Schritte bei Internetausfall: Richtig handeln von Anfang an

Wenn das Internet streikt, sollten Sie nicht untätig bleiben. Ihre ersten Schritte sind entscheidend für die spätere Durchsetzung Ihrer Ansprüche:

1. Der Eigencheck: Fehlerquelle ausschließen

Bevor Sie Ihren Anbieter kontaktieren, sollten Sie eine schnelle Fehlerprüfung zu Hause durchführen. Manchmal sind es Kleinigkeiten: Ist der Router richtig angeschlossen? Sind alle Kabel fest verbunden? Haben Sie den Router schon einmal neu gestartet (Stecker ziehen, 30 Sekunden warten, wieder einstecken)? Testen Sie, ob andere Geräte im Haushalt eine Verbindung herstellen können. Schließen Sie ein Gerät direkt per LAN-Kabel an den Router an, um ein WLAN-Problem auszuschließen. Nur wenn Sie sicher sind, dass die Störung nicht an Ihrer Ausstattung liegt, ist Ihr Anbieter an der Reihe.

2. Die Störungsmeldung beim Anbieter: Dokumentation ist Gold wert

Melden Sie die Störung Internet umgehend bei Ihrem Anbieter. Dies ist der wichtigste Schritt, da die Fristen für Ihre Ansprüche oft ab dem Zeitpunkt der Meldung zu laufen beginnen. Nutzen Sie dazu am besten die offizielle Störungshotline oder das Online-Störungsformular des Anbieters. Achten Sie darauf, alles genau zu dokumentieren:

• Datum und Uhrzeit der Meldung
• Name des Gesprächspartners (falls telefonisch)
• Die Ihnen mitgeteilte Ticket- oder Vorgangsnummer
• Eine kurze Zusammenfassung des Gesprächsinhalts

Fordern Sie Ihren Anbieter direkt bei der Meldung auf, die Störung innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben. Das TKG verlangt eine „unverzügliche” Behebung. Wenn der Anbieter diese Frist verstreichen lässt, sind Sie berechtigt, weitere Schritte einzuleiten. Eine Fristsetzung von 24 bis 48 Stunden nach der Meldung ist in der Regel angemessen.

Ihre konkreten Rechte bei langem Internetausfall

Nachdem Sie die Störung gemeldet und dem Anbieter eine Frist zur Behebung gesetzt haben, kommen Ihre Rechte zum Tragen. Das TKG stärkt Ihre Position erheblich:

1. Recht auf schnellstmögliche Störungsbehebung

Ihr Anbieter ist gemäß § 57 Abs. 1 TKG verpflichtet, eine Störung unverzüglich und unentgeltlich zu beseitigen. „Unverzüglich” bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern”. Auch wenn eine Reparatur nicht immer sofort möglich ist, muss der Anbieter aktiv werden und Sie über den Stand der Dinge informieren. Wenn er dies nicht tut oder die Behebung unangemessen lange dauert, haben Sie weitere Ansprüche.

2. Das Recht auf Preisminderung

Dies ist einer der wichtigsten Punkte. Sie müssen für eine Leistung, die Sie nicht erhalten, nicht den vollen Preis zahlen. Gemäß § 58 Abs. 3 TKG haben Sie das Recht auf Preisminderung, wenn die Störung der Internetverbindung länger als 24 Stunden andauert und Ihr Anbieter die vertraglich vereinbarte Leistung nicht oder nicht vollständig erbringt.

Die Höhe der Minderung ist im TKG pauschaliert und beginnt ab dem Tag nach der Störungsmeldung, sofern die Störung zu diesem Zeitpunkt bereits über 24 Stunden andauert. Die Minderung beträgt für jeden Tag, an dem die Störung andauert:

• 1/10 (also 10%) des monatlichen Entgelts, mindestens jedoch 5 Euro.
• Für jeden *weiteren* Tag, an dem die Störung andauert, erhöht sich die Minderung um *zusätzliche* 1/10 des monatlichen Entgelts (mindestens jedoch um 5 Euro für diesen jeweiligen Tag).

Beispiel: Ihr monatliches Internetpaket kostet 40 Euro. Sie melden am Montag eine Störung. Diese dauert bis zum folgenden Sonntag an (insgesamt 7 Tage). Nach Ablauf der ersten 24 Stunden (also ab Dienstag) beginnt Ihr Anspruch auf Minderung. Die Störung dauert weitere 6 Tage an (Dienstag bis Sonntag). Für jeden dieser 6 Tage können Sie 1/10 des monatlichen Entgelts, also 4 Euro, als Minderung geltend machen (da 4 Euro weniger als 5 Euro sind, gilt der Mindestbetrag von 5 Euro pro Tag). Insgesamt könnten Sie in diesem Fall für 6 Tage eine Minderung von 6 x 5 Euro = 30 Euro geltend machen.

Fordern Sie die Minderung schriftlich bei Ihrem Anbieter ein und ziehen Sie den entsprechenden Betrag von der nächsten Rechnung ab, aber erst, nachdem Sie dem Anbieter eine Frist zur Begleichung der Minderungsforderung gesetzt haben. Achtung: Nicht einfach die gesamte Rechnung nicht bezahlen, sondern nur den Minderungsbetrag abziehen!

3. Das Recht auf Schadensersatz

Über die Preisminderung hinaus können Sie unter Umständen auch Schadensersatz fordern, wenn Ihnen durch den Ausfall ein nachweisbarer Schaden entstanden ist (§ 59 TKG). Dies kann verschiedene Posten umfassen:

• Kosten für mobile Daten: Wenn Sie gezwungen waren, teure mobile Daten über Ihr Smartphone oder einen Hotspot zu nutzen, um erreichbar zu bleiben oder zu arbeiten, können Sie diese Kosten (im Rahmen des Notwendigen) geltend machen.
• Verdienstausfall: Wenn Sie im Home-Office arbeiten und durch den Ausfall nicht arbeiten konnten, kann Ihnen ein Verdienstausfall entstehen. Dieser ist allerdings oft schwer nachzuweisen.
• Vergebliche Aufwendungen: Zum Beispiel Fahrtkosten, um einen Ort mit Internetzugang aufzusuchen.

Das TKG sieht auch pauschalierten Schadensersatz vor, der einfacher geltend zu machen ist:

• 10 Euro, wenn Ihr Anbieter einen vereinbarten Kundendienst- oder Installationstermin versäumt hat oder die Störung nicht innerhalb von zwei Kalendertagen nach Ihrer Meldung beseitigt wurde.
• 20 Euro, wenn die Störung erst nach vier Kalendertagen behoben wird.

Dieser pauschalierte Schadensersatz ist zusätzlich zur Preisminderung möglich und muss nicht gesondert nachgewiesen werden. Fordern Sie auch diesen Betrag schriftlich ein.

4. Das Sonderkündigungsrecht

Wenn die Störung dauerhaft und erheblich ist und auch nach wiederholter Fristsetzung keine Besserung eintritt, haben Sie unter Umständen ein Sonderkündigungsrecht gemäß § 57 Abs. 4 TKG. Dies ist der Fall, wenn der Anbieter die vertraglich vereinbarte Leistung auch nach erneuter und angemessener Fristsetzung nicht erbringen kann. Eine außerordentliche Kündigung beendet den Vertrag sofort und Sie sind von weiteren Zahlungen befreit.

Eine außerordentliche Kündigung ist jedoch das letzte Mittel und sollte nur nach sorgfältiger Prüfung und am besten mit rechtlicher Beratung erfolgen, da sie weitreichende Konsequenzen hat. Sie müssen nachweisen können, dass die Störung erheblich ist und trotz Ihrer Bemühungen nicht behoben wurde.

Die Rolle der Bundesnetzagentur: Ihr starker Partner

Wenn Ihr Anbieter sich weigert, Ihren Forderungen nachzukommen oder die Störung auch nach Wochen nicht behoben ist, ist die Bundesnetzagentur eine wichtige Anlaufstelle. Sie ist die Regulierungsbehörde für den Telekommunikationsmarkt und bietet einen Verbraucherservice an. Dieser kann Sie beraten und in Streitfällen ein Schlichtungsverfahren einleiten.

Ein Schlichtungsverfahren bei der Bundesnetzagentur ist oft die beste Alternative zu einem teuren und langwierigen Gerichtsverfahren. Es ist für Verbraucher kostenfrei und kann eine schnelle und unbürokratische Lösung herbeiführen. Voraussetzung ist, dass Sie versucht haben, das Problem direkt mit Ihrem Anbieter zu lösen und dieser die Angelegenheit nicht zu Ihrer Zufriedenheit gelöst hat.

Wichtige Tipps für den Umgang mit Ihrem Anbieter

• Bleiben Sie sachlich und höflich, aber bestimmt: Emotionen sind verständlich, helfen aber bei der Lösung des Problems selten.
• Alles schriftlich fixieren: Jede Kontaktaufnahme, jede Fristsetzung, jede Forderung sollte per E-Mail oder Einschreiben erfolgen. Heben Sie alle Dokumente auf.
• Beweise sichern: Machen Sie Screenshots von fehlenden Verbindungen, notieren Sie die Daten und Uhrzeiten von Ausfällen. Wenn Sie die Geschwindigkeit testen können (bei Teilausfall), nutzen Sie dafür von der Bundesnetzagentur anerkannte Speedtests.
• Fristen setzen – und einhalten: Das ist entscheidend, um Ihre Rechte zu aktivieren. Wenn die Frist verstreicht, handeln Sie umgehend.
• Lassen Sie sich nicht abwimmeln: Anbieter versuchen manchmal, Kunden mit Ausreden oder Vertröstungen zu besänftigen. Bleiben Sie hartnäckig.

Was Sie auf keinen Fall tun sollten

Auch wenn der Frust groß ist: Es gibt ein paar Dinge, die Sie unbedingt vermeiden sollten, um sich nicht selbst in eine schlechtere Position zu bringen:

• Einfach die Zahlungen einstellen: Dies ist ein schwerwiegender Fehler. Ohne eine rechtmäßige Minderung oder Kündigung führt das bloße Einstellen der Zahlungen schnell zu Mahnungen, Inkassoverfahren und Einträgen bei der Schufa, was Ihre Kreditwürdigkeit schädigt. Reduzieren Sie die Zahlung nur um den nachweislich geminderten oder geforderten Schadensersatzbetrag, und teilen Sie dies Ihrem Anbieter schriftlich mit.
• Den Vertrag eigenmächtig kündigen ohne rechtliche Grundlage: Eine ungerechtfertigte Kündigung Ihrerseits kann dazu führen, dass Sie trotzdem bis zum regulären Vertragsende bezahlen müssen. Erst wenn die Voraussetzungen für ein Sonderkündigungsrecht eindeutig erfüllt sind, sollten Sie diesen Schritt erwägen.

Fazit: Stehen Sie für Ihre Rechte ein!

Es ist inakzeptabel, für eine Leistung zu bezahlen, die man nicht erhält. Das neue Telekommunikationsgesetz stärkt Ihre Rechte als Verbraucher bei anhaltendem Internetausfall erheblich. Von der Preisminderung über Schadensersatz bis hin zum Sonderkündigungsrecht stehen Ihnen wirksame Mittel zur Verfügung, um sich gegen einen unzuverlässigen Internet Anbieter zu wehren.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der konsequenten Dokumentation, der fristgerechten Kommunikation mit Ihrem Anbieter und dem Wissen um Ihre gesetzlichen Ansprüche. Scheuen Sie sich nicht, die Unterstützung der Bundesnetzagentur in Anspruch zu nehmen, falls Ihr Anbieter nicht kooperativ ist. Ihr Geld ist wertvoll – zahlen Sie es nur für die Leistung, die Sie auch tatsächlich erhalten!