In der Kostenfalle: Was tun bei einem doppelten Internet-Vertrag, der nicht gekündigt wurde?

Kennen Sie das Gefühl? Sie freuen sich auf schnelles Internet im neuen Zuhause oder beim neuen Anbieter, doch plötzlich flattert eine Rechnung für einen Dienst ins Haus, den Sie gar nicht mehr nutzen wollten – der alte Internetvertrag, der still und heimlich weiterläuft. Oder noch schlimmer: Sie zahlen bereits für zwei Internetanschlüsse gleichzeitig! Ein doppelter Internet-Vertrag, der nicht fristgerecht gekündigt wurde, ist eine ärgerliche und teure Kostenfalle, in die viele Verbraucher tappen. Doch keine Panik! In diesem umfassenden Artikel erfahren Sie, wie es zu solch einer Situation kommen kann, welche Schritte Sie unternehmen können, um das Problem zu lösen, und wie Sie sich zukünftig vor ähnlichen Ärgernissen schützen.

Wie es dazu kommen kann: Die Fallen des Vertragsdschungels

Die Gründe für einen ungewollten doppelten Internet-Vertrag sind vielfältig und oft auf Missverständnisse oder schlichtweg Vergessen zurückzuführen:

• Der Umzug: Dies ist einer der häufigsten Auslöser. Man kümmert sich um tausend Dinge beim Wohnortswechsel – Packen, Ummelden, Renovieren. Da gerät die fristgerechte Kündigung oder Umstellung des alten Internetvertrags schnell in Vergessenheit. Manchmal kann der alte Anbieter am neuen Wohnort die Leistung nicht anbieten, aber der Vertrag läuft dennoch weiter, weil er nicht gekündigt wurde.
• Der Anbieterwechsel: Sie haben ein besseres Angebot gefunden und sich für einen neuen Provider entschieden. Oft wird suggeriert, dass der neue Anbieter alles für Sie regelt. Doch wenn die Kommunikation zwischen den Anbietern nicht reibungslos läuft oder Sie selbst keine separate Kündigung schicken, kann der alte Vertrag weiterlaufen.
• Fehlende Kündigungserinnerung: Viele Verträge haben lange Laufzeiten und Kündigungsfristen, die oft mehrere Monate vor Vertragsende liegen. Ohne eine rechtzeitige Erinnerung verstreicht diese Frist unbemerkt.
• Missverständnisse bei der Vertragsumstellung: Manchmal geht man davon aus, dass ein alter Vertrag automatisch endet, wenn ein neuer beginnt, oder dass eine mündliche Absprache ausreicht. Leider ist dies selten der Fall.
• Verpasste Fristen: Auch wenn man die Absicht hatte zu kündigen, kann es vorkommen, dass die Kündigungsfrist einfach verpasst wird. Dann verlängert sich der Vertrag meist automatisch um ein weiteres Jahr.

Der erste Schock: Doppelzahlung vermeiden – Was tun?

Bevor Sie in Panik verfallen, atmen Sie tief durch. Auch wenn die Situation ärgerlich ist, gibt es fast immer Wege, das Problem zu lösen oder zumindest den Schaden zu minimieren. Der wichtigste Grundsatz lautet: Schnelles Handeln. Je früher Sie die Doppelbelastung bemerken und aktiv werden, desto besser stehen Ihre Chancen.

Als Erstes sollten Sie sich einen klaren Überblick verschaffen. Sammeln Sie alle relevanten Informationen und Dokumente, um eine fundierte Grundlage für die weiteren Schritte zu haben. Dies ist entscheidend für eine erfolgreiche Argumentation gegenüber den Anbietern.

Schritt 1: Überblick verschaffen und Dokumente sichten

Beginnen Sie damit, alle Unterlagen zu beiden Internetverträgen zusammenzusuchen. Dazu gehören:

• Vertragsbestätigungen: Wann wurden die Verträge geschlossen? Was sind die jeweiligen Laufzeiten?
• Kündigungsfristen: Wann hätten die Verträge spätestens gekündigt werden müssen?
• Monatliche Kosten: Wie hoch ist die Belastung durch jeden Vertrag?
• Korrespondenz: Haben Sie E-Mails, Briefe oder Notizen von Telefonaten bezüglich Kündigungen oder Anbieterwechsel?
• Einzugsermächtigungen/Kontoauszüge: Prüfen Sie, ob und seit wann für beide Verträge abgebucht wird.

Identifizieren Sie klar, welcher Vertrag der „alte” und welcher der „neue” ist. Stellen Sie fest, ob Sie für den alten Vertrag überhaupt noch eine Leistung erhalten (z.B. ein aktiver Anschluss, den Sie aber nicht nutzen) oder ob es sich um eine reine Kostenpflicht ohne Gegenleistung handelt. Diese Informationen sind Gold wert für Ihre Argumentation.

Schritt 2: Kontaktaufnahme mit den Anbietern – Der Dialog ist der Schlüssel

Sobald Sie alle Daten beisammenhaben, nehmen Sie Kontakt zu den beteiligten Anbietern auf. Wichtig ist, freundlich, aber bestimmt aufzutreten und alle Fakten parat zu haben. Dokumentieren Sie jeden Kontakt (Datum, Uhrzeit, Name des Ansprechpartners, Inhalt des Gesprächs).

Kontaktaufnahme mit dem alten Anbieter (der nicht gekündigt wurde):

Hier liegt der Kern des Problems. Ihre Strategie hängt davon ab, ob Sie den Vertrag versehentlich nicht gekündigt haben oder ob Sie dachten, er sei bereits gekündigt.

• Prüfung der Kündigungsfrist: Ist die reguläre Kündigungsfrist abgelaufen? Wenn ja, hat sich der Vertrag wahrscheinlich automatisch verlängert.
• Existiert eine Kündigungsbestätigung? Wenn Sie dachten, gekündigt zu haben, suchen Sie nach einer schriftlichen Bestätigung. Viele Anbieter senden diese per E-Mail oder Post. Fehlt sie, haben Sie möglicherweise nur eine unverbindliche Anfrage gestellt oder die Kündigung kam nicht fristgerecht an.
• Sonderkündigungsrecht prüfen: Es gibt bestimmte Situationen, in denen ein Sonderkündigungsrecht greift, selbst wenn die reguläre Frist verstrichen ist. Dies sind die wichtigsten Fälle:
  • Umzug: Wenn Sie umgezogen sind und Ihr alter Anbieter die vereinbarte Leistung am neuen Wohnort nicht oder nur mit erheblichen Abweichungen (z.B. geringere Geschwindigkeit) anbieten kann, steht Ihnen in der Regel ein Sonderkündigungsrecht zu. Sie müssen in diesem Fall eine Kündigungsfrist von einem Monat einhalten. Voraussetzung ist oft, dass Sie den Umzug belegen können (z.B. durch eine Meldebescheinigung). Kann der Anbieter die Leistung am neuen Wohnort erbringen, sind Sie in der Regel an den Vertrag gebunden und müssen ihn mitnehmen oder ihn bis zum regulären Ende weiterbezahlen.
  • Preiserhöhung: Erhöht der Anbieter einseitig die Preise, ohne dass dies im Vertrag vorgesehen war, haben Sie fast immer ein Sonderkündigungsrecht. Der Anbieter muss Sie darüber informieren, und Sie haben dann eine Frist, um zu kündigen.
  • Leistungsmangel: Erbringt der Anbieter die versprochene Leistung nicht (z.B. dauerhaft deutlich geringere Internetgeschwindigkeit als vertraglich zugesichert), können Sie nach erfolgloser Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht geltend machen. Dies erfordert jedoch eine genaue Dokumentation der Mängel.
• Kulanz anfragen: Auch wenn kein Sonderkündigungsrecht greift, ist ein offenes Gespräch mit dem Anbieter oft zielführend. Erklären Sie Ihre Situation sachlich und bitten Sie um Kulanz. Viele Unternehmen sind daran interessiert, Kundenbeziehungen nicht unnötig zu belasten und finden gegebenenfalls eine Lösung. Dies könnte eine vorzeitige Auflösung des Vertrages gegen eine geringe Gebühr, eine Stilllegung für einige Monate oder eine Ratenzahlung für die Restlaufzeit sein. Der Erfolg hängt stark vom Einzelfall und dem Verhandlungsgeschick ab.

Kontaktaufnahme mit dem neuen Anbieter:

Auch wenn der Fokus auf dem alten Vertrag liegt, kann der neue Anbieter unter Umständen helfen oder zumindest eine Option bieten.

• Widerrufsrecht prüfen: Haben Sie den neuen Vertrag erst kürzlich abgeschlossen (meist innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss bei Online- oder Telefonverträgen)? Dann haben Sie möglicherweise noch ein Widerrufsrecht. Dies würde es Ihnen erlauben, den neuen Vertrag ohne Angabe von Gründen aufzulösen und sich dann auf die Lösung des alten Vertrags zu konzentrieren. Beachten Sie, dass das Widerrufsrecht an Fristen gebunden ist.
• Hilfe bei der Kündigung: Viele neue Anbieter bieten einen Wechselservice an. Wenn dieser Service fehlerhaft war und deswegen der alte Vertrag nicht gekündigt wurde, könnte der neue Anbieter eine Teilschuld tragen und Ihnen bei der Lösung helfen wollen, um seinen Ruf zu wahren. Sprechen Sie dies klar an.

Schritt 3: Spezifische Lösungen und Strategien

Lassen Sie uns die wichtigsten Strategien noch einmal genauer beleuchten:

• Das Widerrufsrecht:

  Dieses Recht steht Ihnen bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (z.B. online, telefonisch, an der Haustür) zu. Die Frist beträgt in der Regel 14 Tage ab Vertragsschluss oder Erhalt der Widerrufsbelehrung. Haben Sie den neuen Vertrag noch in diesem Zeitraum abgeschlossen und bemerken die Doppelzahlung, können Sie den neuen Vertrag widerrufen und sich dann um die Kündigung des alten kümmern. Dies ist oft die sauberste Lösung, wenn die Frist noch nicht abgelaufen ist.

• Das Sonderkündigungsrecht im Detail:

  Wie bereits erwähnt, ist das Sonderkündigungsrecht ein starkes Werkzeug. Beim Umzug ist der wichtigste Punkt, dass der Anbieter am neuen Wohnort keine vergleichbare Leistung anbieten *kann*. Wenn er es *könnte*, aber Sie es nicht wollen, greift das Recht nicht. Bei Preiserhöhungen müssen Sie die Ankündigung des Anbieters genau prüfen – oft gibt es hier eine kurze Frist, in der Sie kündigen können. Bei Leistungsmängeln sammeln Sie Beweise (Speedtests, Protokolle von Ausfällen) und setzen Sie dem Anbieter schriftlich eine Frist zur Nachbesserung, bevor Sie die Sonderkündigung aussprechen.

• Die „Provider-Wechsel-Strategie” (wenn der neue Anbieter die Kündigung übernehmen sollte):

  Wenn Sie den neuen Anbieter beauftragt haben, die Kündigung Ihres alten Vertrages zu übernehmen, und dies nicht geschehen ist, liegt die Verantwortung möglicherweise teilweise beim neuen Anbieter. Fordern Sie den neuen Anbieter auf, das Problem zu klären und gegebenenfalls für die durch sein Versäumnis entstandenen Kosten aufzukommen. Hier ist es wichtig, dass Sie nachweisen können, dass Sie dem neuen Anbieter den Auftrag zur Kündigung des alten Vertrages erteilt haben.

• Kulanzlösungen und Verhandlungstipps:

  Seien Sie stets höflich und sachlich, aber bestimmt. Erklären Sie, dass Sie die Situation bedauern und nach einer fairen Lösung suchen. Bieten Sie an, den alten Vertrag gegen eine geringere Abfindung vorzeitig zu beenden, oder schlagen Sie eine temporäre Stilllegung vor. Betonen Sie, dass Sie grundsätzlich ein zahlungswilliger Kunde sind und an einer einvernehmlichen Lösung interessiert sind. Notieren Sie sich immer den Namen des Gesprächspartners, Datum und Uhrzeit des Gesprächs und eine kurze Zusammenfassung des Inhalts. Dies kann später hilfreich sein.

Schritt 4: Wenn nichts hilft – Rechtliche Schritte und Unterstützung

Sollten alle Versuche, eine Lösung mit den Anbietern zu finden, scheitern, gibt es weitere Anlaufstellen:

• Die Verbraucherzentrale:

  Die Verbraucherzentralen bieten eine hervorragende und oft kostengünstige Beratung bei Problemen mit Verträgen und Anbietern. Sie können Ihre Situation bewerten und Ihnen konkrete Handlungsempfehlungen geben oder sogar als Mediator auftreten.

• Die Schlichtungsstelle Telekommunikation der Bundesnetzagentur:

  Diese unabhängige Stelle vermittelt bei Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Telekommunikationsunternehmen. Sie ist eine kostengünstige Alternative zum Gang vor Gericht. Voraussetzung ist, dass Sie bereits versucht haben, das Problem direkt mit dem Anbieter zu lösen.

• Rechtsberatung:

  Im äußersten Notfall, wenn es um hohe Beträge geht oder Sie sich ungerecht behandelt fühlen, kann der Gang zu einem Rechtsanwalt für Telekommunikationsrecht sinnvoll sein. Prüfen Sie, ob Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, die die Kosten übernimmt.

Prävention ist der beste Schutz: So vermeiden Sie die Kostenfalle in Zukunft

Ein doppelter Internet-Vertrag ist ärgerlich, aber vermeidbar. Mit ein paar einfachen Vorkehrungen können Sie sich in Zukunft schützen:

• Kündigungsfristen im Blick behalten: Tragen Sie Kündigungsfristen sofort nach Vertragsabschluss in Ihren Kalender ein – digital und physisch. Stellen Sie Erinnerungen ein, die Sie frühzeitig vor Ablauf der Frist warnen (z.B. 3 Monate vorher).
• Kündigung immer schriftlich und mit Nachweis: Kündigen Sie Ihren Vertrag immer schriftlich per Einschreiben mit Rückschein oder per E-Mail mit Lesebestätigung. Speichern Sie die Bestätigung sorgfältig ab. Eine mündliche Kündigung ist fast nie ausreichend und schwer nachweisbar.
• Checkliste für Umzug/Anbieterwechsel: Erstellen Sie eine Checkliste für Umzüge oder Anbieterwechsel, auf der die Kündigung des alten Internetvertrags ganz oben steht.
• Vertragsprüfung bei Wechselservice: Wenn der neue Anbieter die Kündigung des alten Vertrages übernehmen soll, lassen Sie sich das schriftlich bestätigen. Fordern Sie innerhalb kurzer Zeit einen Nachweis der erfolgten Kündigung an. Bleiben Sie proaktiv!
• Vorsicht bei „Lockangeboten”: Lassen Sie sich nicht von vermeintlich unschlagbaren Angeboten überrumpeln. Prüfen Sie immer die Laufzeiten und Kündigungsbedingungen, bevor Sie einen neuen Vertrag abschließen.
• Regelmäßige Vertragsprüfung: Nehmen Sie sich ein- bis zweimal im Jahr Zeit, Ihre laufenden Verträge zu überprüfen. Gibt es günstigere Alternativen? Laufen Fristen ab? Nutzen Sie alle Leistungen?

Fazit

Ein doppelter Internet-Vertrag, der nicht gekündigt wurde, ist eine unangenehme Situation, die finanzielle Belastungen mit sich bringt. Doch mit der richtigen Strategie, Geduld und Hartnäckigkeit lässt sich die Kostenfalle meist entschärfen. Der Schlüssel liegt in der schnellen Reaktion, dem sorgfältigen Sammeln aller relevanten Informationen und der gezielten Kommunikation mit den Anbietern. Scheuen Sie sich nicht, Ihre Rechte geltend zu machen und bei Bedarf externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und denken Sie daran: Prävention ist der beste Schutz. Mit etwas Sorgfalt können Sie vermeiden, überhaupt erst in eine solche Situation zu geraten.