Die Installation eines neuen Windows-Betriebssystems sollte ein reibungsloser Prozess sein, doch seit der Veröffentlichung von Windows 11 Version 23H2 (und teilweise schon früher) berichten viele Nutzer von einem frustrierenden Problem: Der Installationsassistent scheint die traditionellen Konfigurationsdateien ei.cfg und pid.txt zu ignorieren. Dies führt dazu, dass Anwender oft keine bestimmte Windows-Edition (z.B. Pro, Home, Education) auswählen können oder der Prozess blockiert, weil keine passende Lizenz erkannt wird. Wenn Sie sich in dieser Situation wiederfinden, verzweifeln Sie nicht! Es gibt tatsächlich effektive Alternativen, um dieses Problem zu umgehen und Ihre Windows-Installation erfolgreich abzuschließen.
Das Problem verstehen: Warum ei.cfg und pid.txt nicht mehr immer funktionieren
Traditionell waren ei.cfg (Edition ID Configuration) und pid.txt (Product ID Text) die Schlüssel, um dem Windows-Installationsprogramm mitzuteilen, welche Edition installiert werden soll und gegebenenfalls welchen Produktschlüssel es verwenden soll. Die ei.cfg-Datei, platziert im sources-Ordner des Installationsmediums, konnte die Auswahlaufforderung für die Windows-Edition aktivieren oder eine spezifische Edition erzwingen. Die pid.txt-Datei enthielt einen Produktschlüssel, der die automatische Eingabe während der Installation ermöglichte.
Doch die Zeiten ändern sich. Mit neueren Windows-ISO-Images, insbesondere jenen, die über das Microsoft Media Creation Tool erstellt werden, hat Microsoft seine Strategie angepasst. Diese ISOs sind oft „unified” (vereinheitlicht), was bedeutet, dass sie mehrere Windows-Editionen in einer einzigen install.wim– oder install.esd-Datei enthalten. Der Auswahlprozess für die Edition wird zunehmend durch andere Mechanismen gesteuert, oft in Verbindung mit der Aktivierung nach der Installation oder durch integrierte Schlüssel, die für die Online-Aktivierung vorgesehen sind. Wenn das Installationsmedium keinen expliziten Hinweis auf eine Edition findet oder der integrierte Mechanismus die ei.cfg ignoriert, kann dies zu einer erzwungenen Installation einer bestimmten Edition (z.B. Home) führen, selbst wenn Sie Pro wünschen, oder zu einer Blockade, wenn keine Lizenzinformationen bereitgestellt werden.
Die traditionellen Methoden und ihre Grenzen
Bevor wir zu den Alternativen kommen, lassen Sie uns kurz die „alten” Methoden rekapitulieren und warum sie manchmal versagen:
ei.cfg – Der Edition Selector
Die ei.cfg-Datei sollte im Ordner sources auf Ihrem Installationsmedium platziert werden und konnte wie folgt aussehen:
[EditionID] Professional [Channel] Retail [VL] 0
Diese Konfiguration würde die Installation der „Professional”-Edition erzwingen. Wenn [EditionID] weggelassen wird, sollte der Installer die Editionenauswahl anzeigen. Das Problem: Bei vielen 23H2-ISOs und neueren Versionen, insbesondere aus dem Media Creation Tool, wird diese Datei einfach ignoriert. Das Installationsprogramm geht stattdessen oft direkt zur Installation der Home-Edition über oder verlangt sofort einen Produktschlüssel, ohne eine Wahlmöglichkeit anzubieten.
pid.txt – Der Produktschlüssel-Automatisierer
Die pid.txt-Datei, ebenfalls im sources-Ordner, enthielt den Produktschlüssel:
[PID] Value=XXXXX-XXXXX-XXXXX-XXXXX-XXXXX
Auch diese Methode, die eine automatische Eingabe des Schlüssels ermöglichen sollte, wird zunehmend übergangen. Der Installer fordert entweder manuell einen Schlüssel an oder versucht, die Installation mit einem generischen Schlüssel fortzusetzen, der nur eine vorläufige Aktivierung ermöglicht.
Alternative 1: Das ISO-Image selbst anpassen (für Fortgeschrittene)
Dies ist die leistungsfähigste Methode, erfordert aber ein gewisses technisches Verständnis und den Einsatz von Kommandozeilen-Tools wie DISM (Deployment Image Servicing and Management). Das Ziel ist es, das install.wim oder install.esd im ISO-Image zu manipulieren, um nur die gewünschte Edition zu behalten oder das Verhalten des Installers zu beeinflussen.
A. Mit DISM Editions entfernen oder integrieren
Die neueren ISOs enthalten oft mehrere Editionen. Sie können unerwünschte Editionen entfernen, um sicherzustellen, dass nur die gewünschte installiert wird, oder eine spezifische Edition als Standard festlegen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung (Beispiel für Windows 11 Pro):
- ISO mounten: Mounten Sie Ihr Windows 11 23H2 ISO-Image als virtuelles Laufwerk (Rechtsklick auf die ISO-Datei -> „Bereitstellen”). Angenommen, es wird als Laufwerk
E:gemountet. - `install.wim` oder `install.esd` kopieren: Kopieren Sie die Datei
E:sourcesinstall.wim(oderinstall.esd) auf Ihre Festplatte, z.B. nachC:Tempinstall.wim. - Editionen im Image auflisten: Öffnen Sie eine Eingabeaufforderung als Administrator und geben Sie ein:
dism /Get-WimInfo /WimFile:C:Tempinstall.wim
Dies listet alle im Image enthaltenen Windows-Editionen mit ihren jeweiligen Indizes (z.B. Index 1 = Home, Index 2 = Pro, Index 3 = Education usw.) auf. Merken Sie sich den Index der gewünschten Edition (z.B. Index 6 für Windows 11 Pro).
- Unerwünschte Editionen entfernen (Optional, aber empfehlenswert für kleinere Images): Wenn Sie nur die Pro-Edition installieren möchten, können Sie alle anderen entfernen. Angenommen, Home ist Index 1, und Sie möchten nur Pro (Index 6) behalten:
dism /Delete-Image /ImageFile:C:Tempinstall.wim /Index:1
Wiederholen Sie dies für alle unerwünschten Indizes.
- Eine neue `ei.cfg` integrieren (falls gewünscht): Auch wenn der Installer die
ei.cfgdes Root-Ordners ignoriert, kann das Einbetten in das Image manchmal helfen oder ist Teil eines größeren Automatisierungsszenarios. Sie können ein temporäres Verzeichnis erstellen, das Image darin mounten, dieei.cfgeinfügen und dann das Image wieder speichern. Dies ist jedoch komplexer und oft nicht der primäre Weg für unser spezifisches Problem. - Modifiziertes Image speichern: Wenn Sie Änderungen vorgenommen haben (z.B. Editionen entfernt), speichern Sie das Image:
dism /Export-Image /SourceImageFile:C:Tempinstall.wim /SourceIndex:6 /DestinationImageFile:C:Tempinstall_pro.wim /Compress:max /CheckIntegrity
Ersetzen Sie
SourceIndex:6durch den Index Ihrer gewünschten Edition. Das erstellt eine neue, schlankereinstall_pro.wim. - Original `install.wim` ersetzen: Benennen Sie die Originaldatei
E:sourcesinstall.wimum (z.B. ininstall.wim.bak) und kopieren Sie Ihre neu erstellteC:Tempinstall_pro.wimin den OrdnerE:sources. Benennen Sie sie dabei ininstall.wimum. - Neues bootfähiges USB-Laufwerk erstellen: Verwenden Sie ein Tool wie Rufus oder das Windows Media Creation Tool (mit der Option „ISO-Datei”), um ein bootfähiges USB-Laufwerk mit Ihrem *modifizierten* ISO-Image (oder den direkt kopierten Dateien, wenn Sie die ISO nicht neu erstellen wollen) zu erstellen.
Diese Methode ist robust, da sie das Installationsmedium zwingt, nur die von Ihnen gewünschte Edition anzubieten.
B. Custom ei.cfg erstellen und direkt integrieren (manchmal funktioniert es)
Wenn die obige Methode zu komplex ist, können Sie versuchen, eine ei.cfg und/oder pid.txt neu zu erstellen und sie *manuell* in das sources-Verzeichnis eines *entpackten* ISO-Inhalts auf einem USB-Stick zu kopieren. Manchmal sind es nur Timing-Probleme oder leichte Abweichungen im ISO-Aufbau, die dazu führen, dass die Dateien übersehen werden. Entpacken Sie das ISO mit 7-Zip oder WinRAR auf einen frisch formatierten USB-Stick (FAT32 für UEFI-Boots, NTFS für WIM-Dateien > 4GB) und fügen Sie dann die Dateien hinzu.
Alternative 2: Edition nach der Installation ändern (einfacher)
Dies ist oft der einfachste und unkomplizierteste Weg für Heimanwender. Wenn die Installation eine unerwünschte Edition (z.B. Home) erzwingt, können Sie diese nach der Installation problemlos auf die gewünschte Edition (z.B. Pro) aktualisieren.
A. Generische Produktschlüssel für die Editionswahl verwenden
Während des Installationsprozesses, wenn Sie zur Eingabe eines Produktschlüssels aufgefordert werden, geben Sie einen der generischen KMS-Client-Schlüssel für die gewünschte Edition ein. Diese Schlüssel sind öffentlich verfügbar und dienen dazu, eine Installation bis zur endgültigen Aktivierung fortzusetzen, ohne direkt eine Lizenz zu verbrauchen. Sie aktivieren Windows nicht dauerhaft, erlauben aber die Auswahl der Edition.
Beispiel für Windows 11 Pro:
VK7JG-NPHTM-C97JM-9MPGT-3V66T (generischer Schlüssel für Windows 11 Pro)
Eine Liste weiterer generischer Schlüssel finden Sie in der Regel auf der Microsoft-Dokumentationsseite für „KMS Client Setup Keys” oder durch eine schnelle Websuche. Wenn Sie diesen Schlüssel eingeben, sollte der Installer die entsprechende Edition installieren. Nach der Installation können Sie dann Ihren *echten* Produktschlüssel zur Aktivierung verwenden.
B. Edition nach der Installation ändern
Wenn die falsche Edition bereits installiert ist, können Sie sie einfach aktualisieren.
Schritt-für-Schritt-Anleitung:
- Stellen Sie sicher, dass Ihr System mit dem Internet verbunden ist.
- Öffnen Sie die Einstellungen (Windows-Taste + I).
- Gehen Sie zu System > Aktivierung.
- Klicken Sie unter „Aktivierungsstatus” auf „Produktschlüssel ändern” oder „Produktschlüssel aktualisieren”.
- Geben Sie dort Ihren gültigen Produktschlüssel für die gewünschte Edition (z.B. Windows 11 Pro) ein.
- Das System wird Sie auffordern, die Aktualisierung zu starten. Es wird einige Zeit dauern und möglicherweise einen Neustart erfordern, aber Ihre Windows-Edition wird auf die gewünschte aktualisiert, ohne dass eine Neuinstallation erforderlich ist.
Alternativ können Sie dies auch über die Eingabeaufforderung (als Administrator) tun:
slmgr /ipk XXXXX-XXXXX-XXXXX-XXXXX-XXXXX
Ersetzen Sie XXXXX-XXXXX-XXXXX-XXXXX-XXXXX durch Ihren echten Produktschlüssel.
Alternative 3: Spezifische ISOs verwenden (falls verfügbar)
Manchmal liegt das Problem einfach an der Quelle des ISO-Images. Wenn Sie ein ISO vom Media Creation Tool verwenden, welches auf Vereinheitlichung ausgelegt ist, kann es die erwähnten Probleme verursachen. Versuchen Sie, ein ISO von einer anderen Quelle zu beziehen, falls dies möglich und legal ist:
- MSDN/Visual Studio Subscriptions: Wenn Sie Zugang zu einer MSDN- oder Visual Studio Subscription haben, können Sie von dort spezifische ISO-Images herunterladen, die oft weniger „unified” sind und besser auf
ei.cfgreagieren. - Volume Licensing Service Center (VLSC): Für Unternehmenskunden mit Volumenlizenzen bietet das VLSC spezifische ISOs an, die in der Regel auf die jeweilige Lizenz abgestimmt sind.
- Ältere ISOs: Manchmal hilft es, ein leicht älteres ISO-Image der gewünschten Version zu verwenden, das noch zuverlässig auf
ei.cfgreagiert, und es dann einfach zu aktualisieren.
Seien Sie jedoch vorsichtig bei der Beschaffung von ISOs aus inoffiziellen Quellen, um die Sicherheit und Integrität Ihres Systems zu gewährleisten.
Alternative 4: Unattended Installation mit autounattend.xml (für IT-Profis)
Für Systemadministratoren und fortgeschrittene Benutzer, die eine automatisierte und detaillierte Kontrolle über den Installationsprozess wünschen, ist die Datei autounattend.xml die ultimative Lösung. Diese XML-Datei kann fast jeden Aspekt der Windows-Installation konfigurieren, einschließlich:
- Produktschlüssel
- Editionsauswahl
- Partitionierung
- Benutzerkonten
- Spracheinstellungen
- Treiberintegration
Die autounattend.xml-Datei wird vom Windows-Installationsprogramm automatisch erkannt, wenn sie sich im Stammverzeichnis des Installationsmediums befindet. Das Erstellen einer solchen Datei erfordert jedoch spezialisiertes Wissen und oft den Einsatz des Windows System Image Manager (WSIM), der Teil des Windows Assessment and Deployment Kit (ADK) ist.
Ein vereinfachtes Beispiel für einen Abschnitt, der die Edition und den Produktschlüssel festlegt:
<component name="Microsoft-Windows-Setup" processorArchitecture="amd64" publicKeyToken="31bf3856ad364e35" language="neutral" versionScope="nonSxS" xmlns:wcm="http://schemas.microsoft.com/WMIConfig/2002/State" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance">
<UserData>
<ProductKey>
<Key>XXXXX-XXXXX-XXXXX-XXXXX-XXXXX</Key>
<WillShowUI>OnError</WillShowUI>
</ProductKey>
<AcceptEula>true</AcceptEula>
<FullName>Ihr Name</FullName>
<Organization>Ihre Organisation</Organization>
</UserData>
</component>
<component name="Microsoft-Windows-International-Core-WinPE" processorArchitecture="amd64" publicKeyToken="31bf3856ad364e35" language="neutral" versionScope="nonSxS" xmlns:wcm="http://schemas.microsoft.com/WMIConfig/2002/State" xmlns:xsi="http://www.w3.org/2001/XMLSchema-instance">
<SetupUILanguage>
<UILanguage>de-DE</UILanguage>
</SetupUILanguage>
<InputLocale>de-DE</InputLocale>
<SystemLocale>de-DE</SystemLocale>
<UILanguageFallback>en-US</UILanguageFallback>
<UserLocale>de-DE</UserLocale>
</component>
Die autounattend.xml ist die robusteste Lösung für die vollständige Kontrolle, erfordert jedoch eine steile Lernkurve, wenn Sie damit nicht vertraut sind.
Allgemeine Troubleshooting-Tipps
Unabhängig von der gewählten Methode gibt es einige allgemeine Punkte, die Sie überprüfen sollten, wenn eine Installation blockiert:
- ISO-Integrität prüfen: Stellen Sie sicher, dass Ihr ISO-Image nicht beschädigt ist. Vergleichen Sie die Prüfsumme (MD5, SHA1, SHA256) mit der des Anbieters.
- USB-Stick richtig vorbereiten: Verwenden Sie Tools wie Rufus, um einen bootfähigen USB-Stick korrekt zu erstellen. Achten Sie auf das Dateisystem (FAT32 für UEFI, NTFS für große WIM-Dateien).
- BIOS/UEFI-Einstellungen: Überprüfen Sie die Boot-Reihenfolge und stellen Sie sicher, dass Ihr System von USB booten kann. Deaktivieren Sie bei Bedarf Secure Boot oder TPM, wenn diese eine Rolle spielen (obwohl dies seltener direkt mit Editionsproblemen zusammenhängt).
- Medienfehler: Versuchen Sie einen anderen USB-Stick oder eine andere Marke, da es manchmal zu Kompatibilitätsproblemen kommen kann.
Fazit
Die Tage, in denen eine einfache ei.cfg– oder pid.txt-Datei immer ausreichte, um eine Windows-Installation nach Belieben zu steuern, scheinen mit Windows 11 Version 23H2 und den zunehmend vereinheitlichten Installationsmedien gezählt zu sein. Microsoft verlagert den Fokus stärker auf die Online-Aktivierung und die Post-Installationskonfiguration. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie ohne Kontrolle sind.
Ob Sie sich für die fortgeschrittene Methode der ISO-Anpassung mit DISM entscheiden, die bequemere Option der Post-Installations-Editionsänderung nutzen oder als IT-Profi auf die umfassende Kontrolle einer autounattend.xml setzen: Es gibt immer einen Weg, Ihre Windows-Installation nach Ihren Wünschen zu gestalten. Wählen Sie die Methode, die Ihrem technischen Können und Ihren spezifischen Anforderungen am besten entspricht. Mit diesen Alternativen gehört die Blockade durch ignorierte Konfigurationsdateien der Vergangenheit an!