Die Welt der Grafikkarten ist komplex, und oft scheint es, als würde jede neue Generation mehr Leistung – und damit auch mehr Strom – benötigen. Doch was, wenn dein System keinen zusätzlichen Stromanschluss für die Grafikkarte bietet oder du ein ultrakompaktes System bauen möchtest, das sich nur über den **PCIe-Slot** versorgen lässt? Genau hier kommen GPUs ins Spiel, die ihre Energie ausschließlich aus dem Mainboard beziehen, also maximal **75 Watt** verbrauchen. Lange Zeit galt die **NVIDIA GeForce GTX 1650** als der unangefochtene König dieser Nische. Aber ist das heute, im Jahr 2024, immer noch der Fall? Oder gibt es inzwischen stärkere, effizientere oder preiswertere Alternativen, die ebenfalls **ohne externen Stromanschluss** auskommen? Tauchen wir ein in die faszinierende Welt der stromsparenden Gaming-Grafikkarten!
### Warum überhaupt eine GPU ohne externen Stromanschluss? Die Nische verstehen.
Bevor wir uns den konkreten Modellen widmen, ist es wichtig zu verstehen, warum diese spezielle Kategorie von Grafikkarten so relevant ist. Die Gründe sind vielfältig und decken verschiedene Anwendungsbereiche ab:
1. **Aufrüstung älterer OEM-PCs:** Viele Fertig-PCs von Herstellern wie Dell, HP oder Lenovo, die vor einigen Jahren verkauft wurden, besitzen oft Netzteile mit geringer Wattzahl und – entscheidend – **keine dedizierten 6-Pin- oder 8-Pin-PCIe-Stromkabel**. Eine Grafikkarte, die mehr als 75 Watt benötigt, kann in solchen Systemen nicht ohne aufwendigen Netzteil-Tausch installiert werden. Eine 75-Watt-Karte ist hier die einzige Plug-and-Play-Lösung.
2. **Kleine Formfaktor (SFF) und Mini-ITX-Systeme:** Bei extrem kompakten Gehäusen sind oft Netzteile mit begrenzter Leistung und Kabelmanagement der Schlüssel. Eine Grafikkarte, die keine zusätzlichen Kabel benötigt, vereinfacht den Bau und hält das Innere des Gehäuses aufgeräumter. Zudem kann die geringere Abwärme in solch beengten Verhältnissen von Vorteil sein.
3. **Budget-Builds:** Wer ein Gaming-System mit sehr kleinem Budget zusammenstellt, möchte oft Kosten sparen, wo immer es geht. Ein teureres Netzteil, das zusätzliche Stromanschlüsse bietet, kann so vermieden werden.
4. **HTPC (Home Theater PC) und Media Center:** Für diese Anwendungen steht oft Stille und geringer Stromverbrauch im Vordergrund. Eine GPU, die wenig Strom zieht, erzeugt weniger Abwärme und benötigt daher kleinere, leisere oder gar passive Kühllösungen.
5. **Umweltbewusstsein und Stromkosten:** Auch wenn der Unterschied im Gesamtverbrauch eines PCs gering erscheinen mag, tragen effizientere Komponenten zu einem niedrigeren Energieverbrauch und damit zu geringeren Stromkosten bei – ein Aspekt, der in Zeiten steigender Energiepreise immer relevanter wird.
Diese Nische ist also keineswegs klein, sondern bedient einen signifikanten Markt von Nutzern, die nach einer unkomplizierten, leistungsstarken und energieeffizienten Lösung suchen.
### Der Platzhirsch im Fokus: NVIDIA GeForce GTX 1650
Die **NVIDIA GeForce GTX 1650** wurde Ende 2019 eingeführt und basierte auf NVIDIAs Turing-Architektur (TU117-Chip), jedoch ohne die dedizierten RT-Cores und Tensor-Cores für Raytracing und DLSS. Von Anfang an war sie primär dafür konzipiert, den Massenmarkt und die erwähnte Nische der 75-Watt-Karten zu bedienen.
**Spezifikationen und Varianten:**
Die GTX 1650 kommt mit 896 CUDA-Kernen und in zwei Hauptvarianten auf den Markt:
* **GDDR5-Version:** Dies war die ursprüngliche Variante mit 4 GB GDDR5-Speicher. Sie ist etwas langsamer als ihr Nachfolger.
* **GDDR6-Version:** Später veröffentlichte NVIDIA eine Version mit 4 GB **GDDR6**-Speicher, die durch die höhere Speicherbandbreite eine spürbare Leistungssteigerung von 10-15% bietet.
**Leistungsaufnahme:**
Ein entscheidender Punkt ist die TDP (Thermal Design Power) der **GTX 1650**. Die allermeisten Modelle, insbesondere die Standardvarianten, haben eine TDP von **75 Watt** und beziehen ihren Strom ausschließlich über den PCIe-Slot. Es gibt jedoch einige Custom-Modelle von Herstellern, die werksseitig übertaktet sind und für zusätzliche Stabilität einen 6-Pin-Stromanschluss benötigen. Beim Kauf ist es daher essenziell, genau auf die Spezifikationen des jeweiligen Modells zu achten, falls kein externer Stromanschluss zur Verfügung steht.
**Performance:**
Die GTX 1650 ist eine solide Karte für **1080p-Gaming** bei mittleren bis hohen Einstellungen, insbesondere in eSport-Titeln wie CS:GO, League of Legends oder Valorant, wo sie hohe Bildraten liefert. Auch anspruchsvollere Spiele wie Fortnite, Apex Legends oder GTA V sind bei angepassten Einstellungen gut spielbar. Für neuere AAA-Titel muss man die Grafikeinstellungen oft auf „Mittel” oder sogar „Niedrig” reduzieren, um flüssige Frameraten zu erzielen.
**Vorteile der GTX 1650:**
* **Plug-and-Play-Kompatibilität:** Passt in nahezu jeden PC mit einem freien PCIe-x16-Slot (sofern das Netzteil die 75W am Slot bereitstellen kann).
* **Gute 1080p-Leistung:** Für Gelegenheitsspieler und eSportler mehr als ausreichend.
* **NVIDIA-Ökosystem:** Profitieren von stabilen Treibern, ShadowPlay für Aufnahmen und der NVENC-Encoder (wenn auch eine ältere Generation) für Streaming.
* **Breite Verfügbarkeit:** War und ist noch immer gut am Markt erhältlich, sowohl neu als auch gebraucht.
**Nachteile der GTX 1650:**
* **Kein Raytracing/DLSS:** Die Turing-Architektur der 16er-Serie verzichtet auf diese modernen Features, die bei neueren Spielen immer relevanter werden.
* **Leistungsvarianz (GDDR5 vs. GDDR6):** Man muss genau darauf achten, welche Speicherversion man bekommt, da der Leistungsunterschied spürbar ist.
* **Preis:** Für eine Karte ohne moderne Features kann der Preis, insbesondere für die GDDR6-Variante, manchmal noch recht hoch sein.
### Die Alternativen im Check: Gibt es einen neuen König?
Die GTX 1650 mag etabliert sein, doch der Markt schläft nicht. Hier sind die wichtigsten Alternativen, die ebenfalls **ohne externen Stromanschluss** auskommen:
#### 1. NVIDIA GeForce GTX 1050 Ti
Die **GTX 1050 Ti** ist der Vorgänger der 1650 und eine noch ältere Pascal-Architektur-Karte (GP107-Chip). Sie bietet 768 CUDA-Kerne und 4 GB GDDR5-Speicher.
* **Leistungsaufnahme:** Mit einer TDP von **75 Watt** ist sie ebenfalls perfekt für Systeme ohne zusätzliche Stromversorgung geeignet.
* **Performance:** Sie ist in den meisten Anwendungen etwa 20-30% langsamer als die **GTX 1650 GDDR6**. Für 1080p-Gaming reicht sie nur noch für ältere oder sehr anspruchslose Titel bei niedrigen bis mittleren Einstellungen. Für eSport-Titel kann sie aber noch eine gute Figur machen.
* **Vorteile:** Extrem energieeffizient, oft sehr günstig auf dem Gebrauchtmarkt zu finden, häufig in **Low-Profile-Varianten** verfügbar (ideal für SFF-PCs).
* **Nachteile:** Deutlich geringere Leistung als die 1650, sehr veraltete Architektur.
* **Fazit:** Eine gute Option für absolute Budget-Builds, HTPCs oder als Upgrade für sehr alte PCs, bei denen jedes Watt zählt und Gaming keine Priorität hat.
#### 2. NVIDIA GeForce GTX 1050
Noch eine Stufe unter der 1050 Ti liegt die **GTX 1050** mit 640 CUDA-Kernen und 2 GB GDDR5-Speicher.
* **Leistungsaufnahme:** Ebenfalls **75 Watt**.
* **Performance:** Deutlich schwächer als die 1050 Ti. Nur für sehr alte Spiele oder als reine Display-Ausgabe in Office-PCs zu empfehlen.
* **Fazit:** Nur noch auf dem Gebrauchtmarkt relevant und dann nur für die allergeringsten Ansprüche.
#### 3. NVIDIA GeForce GTX 1630
Die **GTX 1630** ist ein vergleichsweise junges Modell aus dem Jahr 2022, das ebenfalls auf dem TU117-Chip basiert, aber stark beschnitten ist (512 CUDA-Kerne, 4 GB GDDR6).
* **Leistungsaufnahme:** **75 Watt**.
* **Performance:** Trotz des neueren Speichers ist die GTX 1630 oft langsamer als eine GTX 1050 Ti und nur minimal schneller als eine GTX 1050. Ihre Leistung ist für modernes Gaming kaum ausreichend.
* **Vorteile:** Neuer, energieeffizienter GDDR6-Speicher, AV1-Decode-Support.
* **Nachteile:** Sehr geringe Gaming-Leistung für den Preis, oft teurer als gebrauchte 1050 Ti, die mehr Leistung bietet.
* **Fazit:** Eher für Office-PCs oder als reine Display-Karte gedacht. Für Gaming ist sie keine ernsthafte Alternative zur 1650.
#### 4. AMD Radeon RX 6400
Hier kommt der stärkste Herausforderer ins Spiel! Die **AMD Radeon RX 6400** wurde Anfang 2022 auf den Markt gebracht und basiert auf der modernen RDNA 2-Architektur. Sie verfügt über 768 Shader-Einheiten und 4 GB **GDDR6**-Speicher.
* **Leistungsaufnahme:** Mit einer TDP von nur **53 Watt** unterbietet sie die GTX 1650 GDDR6 deutlich und ist somit extrem energieeffizient.
* **Performance:** In vielen modernen Spielen kann die **RX 6400** die **GTX 1650 GDDR6** schlagen oder liegt auf einem ähnlichen Niveau. Insbesondere in Titeln, die von der RDNA 2-Architektur und modernen APIs (DirectX 12, Vulkan) profitieren, kann sie die Nase vorn haben. AMDs FSR (FidelityFX Super Resolution) ist ebenfalls ein Vorteil.
* **Spezifische Schwäche: PCIe 4.0 x4:** Dies ist der wichtigste Punkt, den man bei der RX 6400 beachten muss. Sie nutzt nur 4 PCIe-Lanes. Auf einem modernen System mit **PCIe 4.0** (z.B. Intel Core der 11. Generation oder Ryzen 3000/5000/7000) ist dies kein Problem. Auf älteren Systemen mit **PCIe 3.0** kann die eingeschränkte Bandbreite jedoch zu einem Leistungsverlust von bis zu 10-15% führen. Für die Nische der alten OEM-PCs ist dies ein entscheidender Faktor.
* **Vorteile:** Moderne RDNA 2-Architektur, sehr geringe Leistungsaufnahme, 4 GB GDDR6-Speicher, AV1-Decode-Support, FSR-Unterstützung, oft in **Low-Profile-Varianten** erhältlich.
* **Nachteile:** Leistungseinbußen auf **PCIe 3.0 x4**-Systemen, Treiberhistorie (obwohl AMD hier stark aufgeholt hat), fehlender Hardware-Encoder der modernen Generation für Streaming (im Vergleich zu NVIDIAs NVENC).
* **Fazit:** Die **RX 6400** ist eine ernstzunehmende Alternative und für viele die bessere Wahl, *sofern* das System **PCIe 4.0** unterstützt. Auf älteren **PCIe 3.0**-Systemen kann die Leistungseinbuße sie hinter die **GTX 1650 GDDR6** fallen lassen.
### Die Wahl der Qual: GTX 1650 vs. RX 6400 – Wer gewinnt?
Die Entscheidung zwischen der **GTX 1650 (GDDR6-Version)** und der **RX 6400** ist der Kern dieser Diskussion. Beide Karten sind die leistungsstärksten Optionen für Systeme **ohne externen Stromanschluss**, die für 1080p-Gaming geeignet sind.
**Leistung im Vergleich:**
Die **RX 6400** hat tendenziell in neueren Spielen und unter moderneren APIs einen leichten Vorteil gegenüber der **GTX 1650 GDDR6**, insbesondere wenn die vollen **PCIe 4.0 x4**-Bandbreiten genutzt werden können. Wenn du ein System mit einem älteren Prozessor und Mainboard hast, das nur **PCIe 3.0** bietet, kehrt sich das Bild oft um, und die **GTX 1650 GDDR6** kann die Nase vorn haben oder zumindest gleichauf liegen.
**Preisentwicklung:**
Beide Karten sind preislich oft auf einem ähnlichen Niveau angesiedelt, wobei die **RX 6400** manchmal etwas günstiger zu finden ist. Die Verfügbarkeit kann je nach Region und aktuellen Angeboten variieren.
**Zukunftssicherheit und Features:**
Die **RX 6400** profitiert von ihrer moderneren RDNA 2-Architektur. Das bedeutet bessere Unterstützung für zukünftige APIs und Features wie FSR. Zudem ist ihr Stromverbrauch nochmals deutlich geringer, was für Langlebigkeit und geringere Abwärme spricht. Die **GTX 1650** ist hier mit ihrer Turing-Architektur etwas im Nachteil, bietet aber den etablierten NVENC-Encoder (wenn auch der älteren Generation), der für einige Streamer ein Argument sein könnte.
**Entscheidungshilfe:**
* **Wenn dein System PCIe 4.0 unterstützt:** Die **AMD Radeon RX 6400** ist die wahrscheinlich bessere Wahl. Sie ist energieeffizienter und bietet in der Regel eine vergleichbare oder leicht bessere Leistung als die GTX 1650 GDDR6, mit dem Bonus der moderneren Architektur.
* **Wenn dein System nur PCIe 3.0 unterstützt (insbesondere ältere OEM-Systeme):** Die **NVIDIA GeForce GTX 1650 (GDDR6-Version!)** könnte die sicherere Wahl sein. Sie liefert konsistente Leistung über alle 16 PCIe 3.0-Lanes, während die RX 6400 durch die x4-Anbindung teils merklich ausgebremst werden kann. Achte unbedingt darauf, eine GDDR6-Version zu erwischen.
* **Für maximale Budget-Effizienz und absolute Minimalanforderungen:** Die **GTX 1050 Ti** auf dem Gebrauchtmarkt ist weiterhin eine ausgezeichnete Option für sehr preisbewusste Käufer oder reine HTPC-Upgrades.
### Weitere wichtige Aspekte beim Kauf
1. **GDDR5 vs. GDDR6 bei der GTX 1650:** Dies kann nicht oft genug betont werden. Der Leistungsunterschied ist signifikant. Achte auf die exakte Modellbezeichnung.
2. **Low-Profile-Varianten:** Für kompakte Gehäuse sind **Low-Profile-GPUs** entscheidend. Sowohl die GTX 1650 als auch die RX 6400 sind in solchen Ausführungen erhältlich.
3. **Kühlung:** Überprüfe, ob die Karte mit einem einzelnen oder zwei Lüftern kommt. Ein Doppellüfter-Design bietet oft leisere Kühlung. Bei 75-Watt-Karten sind auch passive Kühlungen denkbar, aber selten.
4. **Netzteil-Qualität:** Auch wenn die Karte nur 75 Watt über den PCIe-Slot zieht, sollte das Netzteil des Systems stabil sein und diese Leistung liefern können. Ein sehr altes oder minderwertiges Netzteil kann hier trotzdem zu Problemen führen.
5. **Dein CPU:** Stelle sicher, dass dein Prozessor die gewählte Grafikkarte nicht ausbremst (CPU-Bottleneck). Eine GTX 1650 oder RX 6400 profitiert von einem modernen Quad-Core oder einem älteren Sechs-Core.
### Fazit: Ist die GTX 1650 noch König?
Die Zeiten, in denen die **GTX 1650** der unangefochtene König der Grafikkarten **ohne externen Stromanschluss** war, sind vorbei. Sie bleibt eine sehr gute Wahl, insbesondere wenn man ein System mit **PCIe 3.0** aufrüsten möchte und auf die stabile Leistung über volle 16 Lanes setzt. Aber sie hat einen sehr starken Konkurrenten bekommen: die **AMD Radeon RX 6400**.
Die **RX 6400** ist mit ihrer modernen Architektur, der hervorragenden Energieeffizienz und der oft vergleichbaren oder sogar besseren Leistung eine ernsthafte Alternative, die in Systemen mit **PCIe 4.0** meist die Nase vorn hat.
Letztendlich hängt die beste Wahl von deinem spezifischen System (insbesondere der PCIe-Version) und deinen Prioritäten ab. Wer ein älteres System ohne Netzteil-Upgrade-Möglichkeit fit für 1080p-Gaming machen möchte, findet in beiden Karten – **GTX 1650 (GDDR6)** und **RX 6400** – ausgezeichnete Optionen. Für das absolut kleinste Budget oder einfachste Bedürfnisse ist die **GTX 1050 Ti** auf dem Gebrauchtmarkt immer noch relevant.
Egal, für welche Karte du dich entscheidest, die gute Nachricht ist: Auch ohne externen Stromanschluss musst du nicht auf solide 1080p-Gaming-Performance verzichten! Achte auf die Details und treffe eine informierte Entscheidung, die perfekt zu deinem Setup passt.