Der große Sprung: Lohnt sich der Wechsel von AM4 zu AM5 jetzt wirklich?

Der PC-Markt ist ständig in Bewegung, und für Hardware-Enthusiasten gibt es selten einen Moment der Ruhe. Besonders spannend wird es, wenn eine Plattform, die über Jahre hinweg als Goldstandard galt, allmählich von ihrem Nachfolger abgelöst wird. Genau das erleben wir derzeit mit dem Übergang von AM4 zu AM5 bei AMD. Die AM4-Plattform war ein unglaublicher Erfolg: Sie bot über mehrere Generationen hinweg eine beeindruckende Upgrade-Pfad und eine hervorragende Preis-Leistungs-Balance. Doch mit AM5 und den Ryzen 7000-Prozessoren hat AMD eine komplett neue Ära eingeläutet.

Die entscheidende Frage, die sich viele PC-Nutzer und Bauherren stellen, lautet: Lohnt sich der Umstieg von der bewährten AM4-Plattform auf das brandneue AM5-System wirklich schon jetzt? Oder sollte man besser noch abwarten, bis die Preise fallen und die Technologie ausgereifter ist? Dieser umfassende Artikel beleuchtet die Vor- und Nachteile beider Plattformen, analysiert die Kosten und gibt dir eine fundierte Entscheidungshilfe an die Hand.

### Die glorreiche Ära von AM4: Warum der Abschied so schwerfällt

Bevor wir uns den Verlockungen von AM5 hingeben, ist es wichtig, die Stärken von AM4 zu würdigen. Seit seiner Einführung im Jahr 2017 mit den ersten Ryzen-Prozessoren hat AM4 eine beispiellose Langlebigkeit bewiesen. Es unterstützte fünf CPU-Generationen – von Zen 1 bis Zen 3 (Ryzen 1000 bis Ryzen 5000) – auf denselben Mainboards, oft nur durch ein BIOS-Update ermöglicht. Diese Kontinuität war ein Segen für Verbraucher, die ihre Systeme über Jahre hinweg aufwerten konnten, ohne gleich das gesamte Fundament austauschen zu müssen.

Auch heute noch ist AM4 eine äußerst attraktive Plattform. Prozessoren wie der Ryzen 7 5800X3D bieten eine Gaming-Performance, die selbst einige aktuelle AM5-CPUs in den Schatten stellen kann, insbesondere in Spielen, die von dem großen 3D V-Cache profitieren. Hinzu kommt, dass die Preise für AM4-CPUs und Mainboards mittlerweile auf einem Tiefpunkt angelangt sind. Wer also ein begrenztes Budget hat und ein leistungsstarkes System bauen oder aufrüsten möchte, findet auf AM4 nach wie vor exzellente Angebote. Die DDR4-Speicherpreise sind ebenfalls günstig, was die Gesamtkosten weiter senkt. Für viele Anwendungsfälle, wie normales Gaming in 1080p oder 1440p, Office-Anwendungen und alltägliche Produktivität, bieten AM4-Systeme immer noch mehr als genug Leistung.

### Der Ruf des Neuen: Was AM5 so verlockend macht

Mit AM5 hat AMD nicht einfach nur eine neue CPU-Generation eingeführt, sondern einen echten Technologiesprung vollzogen. Die Plattform basiert auf dem LGA1718-Sockel, was eine Abkehr vom Pin-Grid-Array (PGA) von AM4 bedeutet und die Bestückung sicherer macht. Aber die wahren Vorteile liegen tiefer:

1. **Zen 4-Architektur und darüber hinaus:** Die Ryzen 7000-Prozessoren mit der Zen 4-Architektur bieten eine signifikante Steigerung der IPC (Instructions Per Clock) und höhere Taktraten im Vergleich zu Zen 3. Das führt zu einer spürbaren Leistungssteigerung in Single-Core- und Multi-Core-Anwendungen, was besonders bei anspruchsvollen Aufgaben wie Videobearbeitung, 3D-Rendering oder High-Refresh-Rate-Gaming zum Tragen kommt. Mit Zen 5 steht bereits die nächste Generation vor der Tür, die die Leistung auf AM5 weiter steigern wird.

2. **DDR5-Arbeitsspeicher:** Einer der größten Sprünge ist die Umstellung auf DDR5-RAM. Während DDR4 seinen Zenit erreicht hat, bietet DDR5 deutlich höhere Taktraten und Bandbreiten. Obwohl die Latenzen anfangs höher waren, haben sie sich durch verbesserte Module und BIOS-Optimierungen deutlich verbessert. Besonders für Anwendungen, die von hoher Speicherbandbreite profitieren, wie Content Creation oder bestimmte Spiele, ist DDR5 ein klarer Vorteil und bietet eine wichtige Grundlage für zukünftige Leistungssteigerungen.

3. **PCIe 5.0-Konnektivität:** AM5 unterstützt PCIe 5.0 für Grafikkarten und NVMe-SSDs. Aktuelle Grafikkarten können PCIe 4.0 noch nicht voll auslasten, aber mit zukünftigen High-End-Modellen könnte sich das ändern. Der wahre Vorteil liegt derzeit bei den NVMe-SSDs: PCIe 5.0-Laufwerke bieten Transferraten von über 10 GB/s, was die Ladezeiten in Spielen und die Datenverarbeitung in professionellen Anwendungen drastisch beschleunigen kann. Auch hier gilt: Es ist eine Investition in die **Zukunftssicherheit**.

4. **Integrierte Grafikeinheit (iGPU):** Alle Ryzen 7000-Prozessoren verfügen über eine integrierte RDNA 2-Grafikeinheit. Diese ist zwar nicht für anspruchsvolles Gaming gedacht, bietet aber eine hervorragende Bildausgabe für Office-Anwendungen, Medienwiedergabe und die Fehlersuche. Für Anwender, die keine dedizierte Grafikkarte benötigen oder auf die nächste GPU-Generation warten wollen, ist die iGPU ein willkommener Bonus.

5. **Langlebigkeit und Zukunftssicherheit:** AMD hat versprochen, den AM5-Sockel bis mindestens 2027 zu unterstützen. Das bedeutet, dass du auch in den kommenden Jahren noch neue CPU-Generationen auf deinem aktuellen Mainboard nutzen können wirst, ähnlich wie es bei AM4 der Fall war. Diese langfristige Perspektive macht AM5 zu einer soliden Investition für die Zukunft.

### Der Kostenfaktor: Eine nüchterne Betrachtung

Die Entscheidung für oder gegen AM5 hängt maßgeblich vom Budget ab. Ein Umstieg auf AM5 ist nicht trivial und erfordert in der Regel den Austausch von drei Kernkomponenten: CPU, Mainboard und RAM.

* **Prozessor:** AM5-CPUs sind naturgemäß teurer als ihre AM4-Pendants. Während ein Ryzen 5 5600 oder Ryzen 7 5800X3D auf AM4 relativ erschwinglich ist, beginnen die Preise für einen Ryzen 5 7600X auf AM5 in einem höheren Segment. Die Preis-Leistungs-Krone in puncto Gaming liegt bei den X3D-Modellen oft noch bei AM4, die AM5 X3D CPUs sind aber die absolute Spitze.

* **Mainboard:** AM5-Mainboards, insbesondere die mit X670- oder B650-Chipsatz, sind deutlich teurer als vergleichbare AM4-Platinen. Die Preise haben sich zwar seit der Einführung stabilisiert und es gibt auch günstigere B650-Modelle, aber die Einstiegshürde bleibt höher.

* **RAM:** Obwohl die Preise für DDR5-Arbeitsspeicher in den letzten Monaten massiv gefallen sind, ist er immer noch etwas teurer als vergleichbarer DDR4-Speicher. Für optimale Performance sollte man zu schnellem DDR5 (z.B. 6000 MHz CL30) greifen, was die Kosten weiter treibt.

* **Kühler:** Glücklicherweise sind die meisten AM4-Kühler mit AM5 kompatibel, da die Abmessungen des Sockels und der Montagelöcher gleich geblieben sind. Dies erspart zumindest einen zusätzlichen Kostenpunkt.

**Vergleich der Gesamtkosten:** Ein vollständiger Neuaufbau mit einem Ryzen 5 7600/X, einem B650-Mainboard und 32 GB DDR5-RAM liegt preislich spürbar über einem vergleichbaren AM4-System mit einem Ryzen 5 5600/X, einem B550-Mainboard und 32 GB DDR4-RAM. Die Differenz kann mehrere hundert Euro betragen, je nach gewählter Hardware. Für ein Budget-Build ist AM4 daher oft die rationalere Wahl.

### Für wen lohnt sich der Sprung jetzt wirklich?

Die Frage nach dem „Lohnt es sich?” lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern hängt stark von deiner aktuellen Situation und deinen Anforderungen ab:

* **Du baust einen komplett neuen PC:** Wenn du bei Null anfängst und dein Budget es zulässt, solltest du definitiv auf AM5 setzen. Die Plattform bietet die neueste Technologie, die beste Performance pro Watt und die größte Zukunftssicherheit. Es wäre in diesem Fall wenig sinnvoll, noch in eine ausgelaufene Plattform zu investieren.

* **Du besitzt ein älteres AM4-System (Ryzen 1000/2000/3000):** Hier ist der Sprung auf AM5 besonders reizvoll. Du würdest von einer massiven Leistungssteigerung profitieren, nicht nur durch die neue CPU-Architektur, sondern auch durch DDR5 und PCIe 5.0. Ein Upgrade auf einen Ryzen 7000er würde dein System auf ein komplett neues Leistungsniveau heben.

* **Du besitzt ein modernes AM4-System (Ryzen 5000) und bist primär Gamer:** Die Entscheidung ist hier schwieriger. Wenn du bereits einen Ryzen 5000er (insbesondere einen 5800X3D) hast, ist der Leistungsgewinn in vielen Spielen marginal oder nicht existent, besonders in höheren Auflösungen (1440p, 4K), wo meist die Grafikkarte limitiert. Für den reinen Gaming-Fokus ist ein Upgrade von einem Ryzen 5000 ohne X3D auf einen AM5 X3D (z.B. 7800X3D) ein deutlicher Leistungssprung, aber auch eine sehr kostspielige Investition.

* **Du bist Content Creator, Streamer oder arbeitest professionell mit rechenintensiven Anwendungen:** Hier kann sich AM5 schnell bezahlt machen. Die höhere Single-Core-Performance, die deutlich verbesserte Multi-Core-Leistung und die schnelleren Speicher- und I/O-Optionen (DDR5, PCIe 5.0 NVMe) führen zu spürbaren Zeitersparnissen und einer flüssigeren Arbeitsweise.

* **Dein Budget ist begrenzt:** Wenn jeder Euro zählt, ist AM4 immer noch eine fantastische Wahl. Du kannst ein sehr leistungsfähiges Gaming-System aufbauen, das dir jahrelang Freude bereiten wird, ohne dein Bankkonto zu sprengen. Auch der Gebrauchtmarkt für AM4-Komponenten ist mittlerweile sehr attraktiv.

### Der aktuelle Markt und die Zukunft

Derzeit sehen wir, wie sich der AM5-Markt konsolidiert. Die Preise für Mainboards sind gesunken, und DDR5-RAM ist deutlich erschwinglicher geworden. AMD hat zudem mit den non-X-Varianten (z.B. Ryzen 5 7600) energieeffizientere und preislich attraktivere Prozessoren eingeführt, die eine bessere Option für viele Nutzer darstellen als die ursprünglichen X-Modelle.

Mit der bevorstehenden Veröffentlichung von Zen 5 (Ryzen 8000 oder 9000) wird die AM5-Plattform noch attraktiver werden. Wer jetzt in AM5 investiert, kann in Zukunft einfach seine CPU austauschen, um von den neuesten Architekturen zu profitieren, ohne das gesamte System erneuern zu müssen.

### Fazit: Eine Frage der Prioritäten

Der Wechsel von AM4 zu AM5 ist kein kleiner Schritt, sondern ein echter „Großer Sprung” in eine neue Technologiewelt.

* Für **Neubauer** und diejenigen mit **sehr alten AM4-Systemen** ist der Umstieg auf AM5 definitiv die beste Wahl. Du profitierst von der neuesten Technologie, maximaler Performance und garantierter Zukunftssicherheit. Ja, die Kosten sind höher, aber die Investition zahlt sich langfristig aus.

* Für Nutzer mit **aktuellen AM4-Systemen (Ryzen 5000)** und einem Fokus auf Gaming ist der Mehrwert eines sofortigen Upgrades oft geringer, es sei denn, man strebt das absolute Maximum an FPS an oder plant den Kauf einer AM5 X3D-CPU. Hier könnte es sinnvoller sein, auf die nächste AM5-CPU-Generation zu warten oder das Budget lieber in eine bessere Grafikkarte zu investieren.

* Für **Budget-Bewusste** oder solche, die einfach ein solides, leistungsstarkes System für Gaming und Produktivität suchen, bleibt AM4 eine hervorragende und kostengünstige Option. Die Plattform ist ausgereift, die Komponenten sind günstig, und die Performance ist immer noch absolut ausreichend.

Letztendlich ist die Entscheidung eine Abwägung zwischen Kosten, Leistung, deinem aktuellen Setup und deiner Bereitschaft, in die Zukunftssicherheit zu investieren. Eines ist jedoch klar: AM5 ist nicht mehr nur eine Plattform für Early Adopter. Sie ist im Mainstream angekommen und bietet eine beeindruckende Basis für die nächsten Jahre der PC-Technologie. Es ist ein großer Sprung, und für viele ist es jetzt der richtige Zeitpunkt, ihn zu wagen.