Die FritzBox 7490 ist seit Jahren ein Dauerbrenner in deutschen Wohnzimmern. Sie ist zuverlässig, robust und bietet ein solides Funktionspaket. Doch was, wenn Sie sich nach mehr sehnen? Nach voller Kontrolle, erweiterten Funktionen und einer Performance, die über das Standardmaß hinausgeht? Dann ist es Zeit, Ihren Router zu „pimpen“ und ihn mit OpenWRT auszustatten! Diese ultimative Anleitung führt Sie durch den gesamten Prozess, von den Vorbereitungen bis zur ersten Konfiguration, und verwandelt Ihre treue FritzBox in ein echtes Netzwerk-Kraftpaket.
**Warum OpenWRT auf Ihrer FritzBox 7490?**
Die Umstellung von AVMs FritzOS auf OpenWRT ist kein kleiner Schritt, aber die Vorteile sind gewaltig und machen die Mühe mehr als wett:
* **Volle Kontrolle und Flexibilität:** Mit Root-Zugriff und SSH können Sie jeden Aspekt Ihres Routers nach Belieben konfigurieren. FritzOS ist gut, aber OpenWRT ist die ultimative Spielwiese für Netzwerk-Enthusiasten.
* **Erweiterte Funktionen:** Nutzen Sie Ihre FritzBox als VPN-Server oder -Client, implementieren Sie systemweites Ad-Blocking (z.B. mit AdGuard Home oder Pi-hole), bauen Sie stabile Mesh-Netzwerke auf, optimieren Sie den Netzwerkverkehr mit Quality of Service (QoS) oder erweitern Sie die NAS-Funktionalität. Die Liste der verfügbaren Pakete ist schier endlos.
* **Performance-Optimierung:** OpenWRT ist oft schlanker und effizienter als proprietäre Firmware. Das kann zu einer besseren Ressourcennutzung und einer stabileren Performance führen, selbst bei älteren Geräten.
* **Sicherheit:** OpenWRT erhält regelmäßig Sicherheitsupdates, oft schneller als die Hersteller-Firmware. Zudem können Sie die Firewall-Regeln sehr detailliert anpassen und so die Sicherheit Ihres Netzwerks signifikant erhöhen.
* **Längere Lebensdauer:** Auch wenn AVM den Support für die FritzBox 7490 irgendwann einstellt, können Sie sie mit OpenWRT weiterhin mit aktuellen Funktionen und Sicherheitsupdates betreiben. Das ist nachhaltig und schont den Geldbeutel.
Kurzum: Ihre FritzBox 7490 wird zu einem vielseitigen Schweizer Taschenmesser für Ihr Heimnetzwerk.
**Wichtiger Hinweis und Risikohinweis: Lesen Sie dies ZUERST!**
Bevor wir ins Detail gehen, müssen Sie sich der Risiken bewusst sein:
* **Garantieverlust:** Durch die Installation einer Custom-Firmware verlieren Sie jeglichen Garantieanspruch gegenüber AVM.
* **Brick-Gefahr:** Ein falscher Schritt, eine unterbrochene Stromversorgung oder ein inkompatibles Image kann Ihren Router unbrauchbar machen (auch „bricken” genannt). In den meisten Fällen lässt sich das Gerät dann nur noch mit speziellen Recovery-Tools retten – oder gar nicht.
* **Nicht für Anfänger:** Dieser Prozess erfordert Grundkenntnisse in Linux-Kommandozeile und Netzwerktheorie. Wenn Sie sich unsicher fühlen, bitten Sie jemanden um Hilfe, der Erfahrung hat.
* **Datensicherung:** Sichern Sie unbedingt Ihre aktuelle FritzOS-Konfiguration, falls Sie jemals zurückwechseln möchten.
**Nur wenn Sie sich der Risiken bewusst sind und bereit sind, diese einzugehen, sollten Sie fortfahren!**
**Vorbereitung ist alles: Was Sie benötigen**
Eine gute Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg. Stellen Sie sicher, dass Sie alle Punkte auf dieser Liste abhaken, bevor Sie beginnen:
1. **Ihre FritzBox 7490:** Ein funktionierendes Gerät.
2. **Einen Computer mit Linux:** Wir empfehlen eine Distribution wie Ubuntu oder Debian. Alternativ können Sie das Windows Subsystem for Linux (WSL) unter Windows 10/11 nutzen. Direkt unter Windows funktioniert der Prozess in der Regel nicht zuverlässig!
3. **Ethernet-Kabel:** Für die direkte Verbindung zwischen Ihrem PC und der FritzBox.
4. **Stromkabel:** Für die FritzBox.
5. **Internetzugang:** Auf Ihrem Linux-PC, um benötigte Software herunterzuladen.
6. **Grundkenntnisse:** Vertrautheit mit der Linux-Kommandozeile, SCP (Secure Copy Protocol) und grundlegenden Netzwerk-IP-Adressen ist von Vorteil.
7. **Software-Downloads:**
* **OpenWRT Firmware:** Besuchen Sie die offizielle OpenWRT-Website (`downloads.openwrt.org`). Suchen Sie nach dem neuesten stabilen Release für die **FritzBox 7490**. Sie benötigen das `factory` Image (z.B. `openwrt-*-fritzbox-7490-squashfs-eva.bin`). Achten Sie darauf, wirklich das `factory`-Image für die 7490 herunterzuladen, nicht das `sysupgrade`-Image, da dieses für ein Update von einer bestehenden OpenWRT-Installation gedacht ist.
* **`eva_to_memory.py`:** Dies ist ein entscheidendes Python-Skript, das den AVM-Bootloader (EVA) nutzt, um die Firmware direkt in den Speicher der FritzBox zu schreiben. Sie finden es oft auf GitHub (z.B. unter „https://github.com/tnk-to/eva_to_memory”) oder in OpenWRT-Foren. Laden Sie die neueste Version herunter.
* **Python 3:** Stellen Sie sicher, dass Python 3 auf Ihrem Linux-System installiert ist. (`python3 –version` im Terminal überprüfen. Ggf. `sudo apt install python3`).
* **Weitere Tools (Optional, aber hilfreich):** `netcat` (nc) und ein `tftp-server` (z.B. `tftp-hpa`) können für alternative Flash-Methoden oder zur Rettung dienen, sind aber mit `eva_to_memory.py` meist nicht direkt erforderlich.
**Schritt-für-Schritt-Anleitung: Der Flash-Prozess**
Jetzt wird’s ernst! Folgen Sie den Schritten genau.
**Schritt 1: System vorbereiten und IP-Adressen konfigurieren**
Um mit dem Bootloader der FritzBox kommunizieren zu können, müssen Sie die Netzwerkkarte Ihres PCs korrekt einstellen:
1. **Erstellen Sie einen Arbeitsordner:** Auf Ihrem Linux-PC erstellen Sie einen Ordner (z.B. `~/openwrt-flash`). Verschieben Sie dort das heruntergeladene OpenWRT `factory`-Image und das Skript `eva_to_memory.py` hinein.
2. **Statische IP-Adresse konfigurieren:** Die FritzBox verwendet im Bootloader-Modus (EVA/ADAM2) eine feste IP-Adresse, meist **`192.168.178.1`**. Ihr PC muss in diesem Subnetz liegen, um darauf zugreifen zu können.
* Verbinden Sie Ihren PC **direkt** über ein Ethernet-Kabel mit einem der LAN-Ports (z.B. LAN1) der FritzBox.
* Öffnen Sie die Netzwerkeinstellungen Ihres Linux-PCs.
* Weisen Sie Ihrem Ethernet-Adapter eine **statische IP-Adresse** zu, z.B. **`192.168.178.10`**.
* Die Subnetzmaske sollte **`255.255.255.0`** sein.
* Gateway und DNS-Server lassen Sie leer oder stellen Sie auf 192.168.178.1.
* Deaktivieren Sie WLAN und alle anderen Netzwerkadapter auf Ihrem PC, um Konflikte zu vermeiden.
**Schritt 2: FritzBox in den Recovery-Modus (EVA/ADAM2) versetzen und flashen**
Dies ist der kritischste Schritt, der präzises Timing erfordert:
1. **FritzBox vom Strom trennen:** Ziehen Sie das Stromkabel der FritzBox ab.
2. **Terminal öffnen:** Navigieren Sie in Ihrem Linux-Terminal in den Arbeitsordner (`cd ~/openwrt-flash`).
3. **Befehl vorbereiten:** Halten Sie den Befehl zum Ausführen von `eva_to_memory.py` bereit. Er sieht in etwa so aus (ersetzen Sie den Dateinamen):
`python3 eva_to_memory.py -i 192.168.178.1 -f openwrt-23.05.2-fritzbox-7490-squashfs-eva.bin -v`
* `-i 192.168.178.1`: Die IP-Adresse des Bootloaders der FritzBox.
* `-f [DATEINAME]`: Der Dateipfad zu Ihrem OpenWRT `factory`-Image.
* `-v`: Aktiviert den ausführlichen Modus, der hilfreiche Informationen ausgibt.
4. **Timing ist alles!**
* **Stecken Sie das Stromkabel der FritzBox wieder ein.**
* **Sofort (innerhalb von 1-3 Sekunden) nach dem Einstecken des Stromkabels** drücken Sie Enter im Terminal, um den vorbereiteten Befehl auszuführen. Der Bootloader (EVA) ist nur für wenige Sekunden nach dem Einschalten aktiv, bevor das reguläre FritzOS startet.
* Das Skript versucht nun, den Bootloader zu kontaktieren und die Firmware hochzuladen. Achten Sie auf Ausgaben wie „Connected to FRITZ!Box”, „Uploading firmware…” oder ähnliches.
* Sollte es nicht auf Anhieb klappen (z.B. „Connection refused” oder Timeout), schalten Sie die FritzBox erneut aus und ein und versuchen Sie es wieder. Übung macht den Meister!
5. **Geduld bewahren:** Der Flash-Vorgang kann einige Minuten dauern. Das Skript zeigt den Fortschritt an. **Unterbrechen Sie diesen Prozess auf keinen Fall!** Sobald der Flash erfolgreich war, wird die FritzBox automatisch neu starten. Das Skript meldet in der Regel den Abschluss und den Reboot.
**Schritt 3: Erster Start und grundlegende OpenWRT-Konfiguration**
Nach dem erfolgreichen Flash-Vorgang startet Ihre FritzBox jetzt mit OpenWRT.
1. **IP-Adresse des PCs ändern:** OpenWRT hat standardmäßig die IP-Adresse **`192.168.1.1`**. Ändern Sie die statische IP-Adresse Ihres PCs zurück auf DHCP oder eine Adresse im Bereich `192.168.1.x` (z.B. `192.168.1.10`) mit der Subnetzmaske `255.255.255.0`.
2. **LuCI-Weboberfläche aufrufen:** Öffnen Sie Ihren Webbrowser und navigieren Sie zu **`http://192.168.1.1`**. Sie sollten die Anmeldeseite der LuCI-Weboberfläche von OpenWRT sehen.
3. **Root-Passwort festlegen:** **Dies ist der erste und wichtigste Schritt!** OpenWRT hat standardmäßig kein Root-Passwort. Legen Sie sofort unter „System” -> „Administration” ein sicheres Root-Passwort fest. Ohne Passwort ist auch kein SSH-Zugriff möglich.
4. **Netzwerkkonfiguration (WAN/LAN):**
* Gehen Sie zu „Network” -> „Interfaces”.
* **WAN-Konfiguration:** Für die **FritzBox 7490** als DSL-Router benötigen Sie für die DSL/VDSL-Synchronisation spezielle Firmware-Dateien und das Paket `luci-app-dsl`.
* Gehen Sie zu „System” -> „Software”. Klicken Sie auf „Update lists…” (`opkg update`).
* Suchen und installieren Sie **`luci-app-dsl`** und **`kmod-ltq-vdsl-fw`**.
* Nach der Installation ist oft ein Neustart des Routers erforderlich.
* **DSL-Firmware installieren:** Die proprietären DSL-Firmware-Dateien sind nicht im OpenWRT-Image enthalten. Sie müssen diese extrahieren (z.B. aus einem AVM Recovery-Image der 7490) oder von vertrauenswürdigen Quellen in der OpenWRT-Community herunterladen (suchen Sie nach `xdsl_a_*.bin` und `xdsl_b_*.bin` für die 7490). Kopieren Sie diese Dateien via SCP (z.B. mit WinSCP unter Windows oder dem `scp`-Befehl unter Linux) in das Verzeichnis `/lib/firmware/` auf Ihrer FritzBox.
* Beispiel: `scp xdsl_a_*.bin [email protected]:/lib/firmware/`
* Starten Sie den Router neu.
* Jetzt können Sie unter „Network” -> „Interfaces” die WAN-Schnittstelle konfigurieren. Wählen Sie den richtigen Typ (meist PPPoE für DSL/VDSL-Anbieter) und geben Sie Ihre Zugangsdaten ein. Die DSL-Statusinformationen sollten nun unter „Network” -> „DSL” sichtbar sein.
* **LAN-Konfiguration:** Bei Bedarf können Sie die IP-Adresse des LAN-Interfaces ändern, falls `192.168.1.1` mit einem anderen Gerät in Ihrem Netzwerk kollidiert.
5. **WLAN-Konfiguration:**
* Gehen Sie zu „Network” -> „Wireless”.
* Die FritzBox 7490 verfügt über zwei WLAN-Module (2,4 GHz und 5 GHz). Aktivieren Sie beide.
* Konfigurieren Sie SSID (Name des WLAN-Netzwerks), Verschlüsselung (WPA2-PSK oder WPA3-SAE wird empfohlen) und Ihr WLAN-Passwort.
**Die Welt von OpenWRT: Nach der Installation**
Herzlichen Glückwunsch! Ihre **FritzBox 7490** ist nun ein OpenWRT-Kraftpaket. Aber das ist erst der Anfang. Jetzt können Sie die unzähligen Möglichkeiten von OpenWRT erkunden:
* **Paketverwaltung (opkg):** Über „System” -> „Software” in LuCI oder die Kommandozeile (`opkg update && opkg install
* **VPN:** Richten Sie OpenVPN oder WireGuard ein, um sich sicher mit Ihrem Heimnetzwerk zu verbinden, wenn Sie unterwegs sind, oder um den gesamten Datenverkehr über einen VPN-Anbieter zu leiten.
* **Ad-Blocking:** Installieren Sie **AdGuard Home** oder Pi-hole direkt auf dem Router. Das blockiert Werbung und Tracker für **alle** Geräte in Ihrem Netzwerk, ohne dass Sie auf jedem Gerät Software installieren müssen.
* **Dateiserver:** Schließen Sie eine externe USB-Festplatte an und konfigurieren Sie Samba oder FTP, um einen einfachen Dateiserver im Netzwerk bereitzustellen.
* **Mesh-Netzwerk:** Falls Sie mehrere OpenWRT-fähige Geräte besitzen, können Sie ein robustes und schnelles Mesh-WLAN-Netzwerk aufbauen.
* **Qualität of Service (QoS):** Priorisieren Sie den Netzwerkverkehr, um z.B. Video-Streaming oder Online-Gaming zu optimieren und Lags zu vermeiden.
* **Sicherheits-Updates:** Halten Sie OpenWRT stets aktuell. Ein Upgrade erfolgt in der Regel über das Flashen eines neuen `sysupgrade`-Images über die LuCI-Oberfläche oder die Kommandozeile.
**Troubleshooting: Wenn etwas schiefgeht**
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es zu Problemen kommen.
* **Kein Zugriff auf LuCI:** Überprüfen Sie die IP-Adresse Ihres PCs und stellen Sie sicher, dass sie im richtigen Subnetz (192.168.1.x) liegt. Versuchen Sie einen Neustart des Routers.
* **FritzBox „bricked”:** Wenn der Router keinerlei Lebenszeichen mehr von sich gibt (keine LEDs, kein Booten), ist das Szenario ernst. Versuchen Sie es mit dem AVM Recovery-Tool für Ihre 7490 (falls vorhanden und Sie eine passende Version finden) oder suchen Sie in den OpenWRT-Foren nach speziellen TFTP-Recovery-Anleitungen für die 7490.
* **DSL synchronisiert nicht:** Überprüfen Sie sorgfältig, ob die DSL-Firmware-Dateien korrekt in `/lib/firmware/` liegen und ob die Pakete `kmod-ltq-vdsl-fw` und `luci-app-dsl` installiert sind. Überprüfen Sie auch Ihre Zugangsdaten und die WAN-Einstellungen.
* **Forenhilfe:** Die OpenWRT-Community ist extrem hilfsbereit. Scheuen Sie sich nicht, in den offiziellen OpenWRT-Foren (forum.openwrt.org) nach ähnlichen Problemen zu suchen oder eine detaillierte Frage zu stellen. Geben Sie dabei alle relevanten Informationen an.
**Fazit: Ihre FritzBox – neu definiert**
Die Installation von OpenWRT auf Ihrer FritzBox 7490 ist zweifellos ein Abenteuer, das Geduld und ein gewisses technisches Verständnis erfordert. Doch die Belohnung ist immens: Sie verwandeln Ihren Standard-Router in eine hochflexible, sichere und leistungsstarke Netzwerkzentrale. Von erweiterten VPN-Funktionen über effektives Ad-Blocking bis hin zur feinsten Kontrolle über Ihr Heimnetzwerk – mit OpenWRT sind die Möglichkeiten nahezu unbegrenzt. Nehmen Sie die Herausforderung an, tauchen Sie ein in die Welt der Custom-Firmware und „pimpen” Sie Ihren Router zu einem echten Netzwerk-Superhelden! Die Investition in Zeit und Mühe zahlt sich durch ein maßgeschneidertes, zukunftssicheres und leistungsstarkes Netzwerk aus, das genau Ihren Anforderungen entspricht.