Ihre RX 5700XT stottert und ruckelt trotz über 100 FPS? Das sind die wahren Ursachen

Es ist eine der frustrierendsten Erfahrungen für jeden Gamer: Sie haben in eine leistungsstarke Grafikkarte wie die AMD Radeon RX 5700 XT investiert, die Spiele laufen augenscheinlich mit weit über 100 Bildern pro Sekunde, und doch fühlen sich die Bewegungen auf dem Bildschirm nicht flüssig an. Stattdessen erleben Sie Mikroruckler, kurze Hänger oder ein allgemeines „Stottern”, das das Eintauchen ins Spiel komplett zerstört. Viele fragen sich dann: Was ist hier los? Wenn die FPS so hoch sind, woher kommt diese Unruhe? Die Antwort ist selten einfach, aber oft liegt sie in einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die über die reine Bildrate hinausgehen. Dieser Artikel beleuchtet die wahren Ursachen hinter diesem scheinbar widersprüchlichen Phänomen und bietet Ihnen konkrete Lösungsansätze.

Die trügerische Schönheit der hohen FPS-Zahl

Bevor wir in die Details eintauchen, ist es wichtig zu verstehen, dass die angezeigte „Frames Per Second” (FPS) oft nur ein Durchschnittswert ist. Eine hohe durchschnittliche FPS-Zahl bedeutet nicht zwangsläufig, dass jedes einzelne Bild innerhalb eines gleichmäßigen Zeitrahmens gerendert und angezeigt wird. Das wahre Maß für die Flüssigkeit eines Spielerlebnisses sind die sogenannten Frame Times (oder Bildzeiten), also die Zeit, die der PC benötigt, um ein einzelnes Bild zu berechnen und an den Monitor zu senden. Idealerweise sollten diese Bildzeiten so konstant wie möglich sein. Große Schwankungen in den Frame Times – selbst wenn die durchschnittliche FPS hoch ist – führen zu dem gefühlten Stottern und Ruckeln. Achten Sie daher bei der Diagnose nicht nur auf die durchschnittlichen FPS, sondern auch auf die 1% und 0.1% Lows, die die schlechtesten Bildraten darstellen und oft ein klareres Bild von der tatsächlichen Performance liefern.

1. Die Software-Übeltäter: Treiber, Shader & Hintergrundprozesse

Grafikkartentreiber – Das Herzstück Ihres Systems

Die AMD Radeon RX 5700 XT, obwohl eine leistungsfähige Karte, hatte in ihrer Anfangszeit den Ruf, mit Treibern zu kämpfen. Während AMD seither immense Fortschritte gemacht hat, können veraltete, beschädigte oder nicht optimal konfigurierte Treiber immer noch die Hauptursache für Performance-Probleme sein. Die AMD Adrenalin Software ist mächtig, aber auch komplex.

• Veraltete oder beschädigte Treiber: Stellen Sie sicher, dass Sie immer die neueste stabile Version der AMD Adrenalin Treiber installiert haben. Manchmal können Treiber-Updates jedoch auch neue Probleme mit sich bringen. Falls das Ruckeln nach einem Update auftritt, kann ein Rollback auf eine frühere, stabile Version helfen.
• Saubere Neuinstallation: Eine einfache Installation über eine alte Version reicht oft nicht aus. Nutzen Sie Tools wie Display Driver Uninstaller (DDU), um die alten Treiber komplett zu entfernen, bevor Sie eine neue Version installieren. Dies verhindert Konflikte und Reste von alten Installationen, die das System destabilisieren können.
• Treiber-Einstellungen: Überprüfen Sie die Einstellungen im Adrenalin-Treiber. Optionen wie „Anti-Lag” oder „Radeon Boost” können in manchen Spielen Wunder wirken, in anderen aber unerwartete Effekte haben. Experimentieren Sie mit diesen Einstellungen und setzen Sie sie bei Problemen auf die Standardwerte zurück.

Shader-Kompilierung – Der unsichtbare Übeltäter

Viele moderne Spiele, insbesondere solche, die auf APIs wie DirectX 12 oder Vulkan basieren, kompilieren beim ersten Start oder nach einem Treiber-Update Shader. Dies sind kleine Programme, die die Grafikkarte zur Darstellung von Objekten und Effekten benötigt. Während dieses Kompilierungsprozesses kann es zu deutlichen Rucklern kommen, da Ihre CPU und GPU gleichzeitig mit anderen Aufgaben beschäftigt sind. Dies ist oft nur ein einmaliges Phänomen pro Spiel oder nach großen Updates.

• Geduld: Lassen Sie das Spiel für einige Minuten laufen, besonders in Bereichen mit vielen Effekten. Die Shader werden im Hintergrund kompiliert und gespeichert, was die zukünftige Performance verbessert.
• Vollständige Shader-Cache-Erstellung: Manchmal hilft es, alle Bereiche eines Spiels einmal zu besuchen, um die Shader-Kompilierung zu erzwingen.
• Treiber-Cache: Stellen Sie sicher, dass der Treiber-Cache im Adrenalin-Treiber aktiviert und ausreichend groß ist.

Betriebssystem und Hintergrundprozesse

Ihr Betriebssystem und im Hintergrund laufende Anwendungen können ebenfalls Ressourcen beanspruchen und zu Frame-Time-Spitzen führen.

• Hintergrundprogramme: Schließen Sie unnötige Anwendungen wie Browser, Discord-Overlays, Spotify, Antivirenprogramme oder andere Tools, die im Hintergrund laufen. Manche Antivirenprogramme sind besonders aggressiv und können Spiele scannen, was zu Stottern führt.
• Windows-Einstellungen: Stellen Sie den Energiesparplan auf „Höchstleistung” ein. Deaktivieren Sie „Game Mode” in Windows, wenn Sie das Gefühl haben, dass er mehr Probleme als Lösungen schafft. Prüfen Sie auch, ob Windows-Updates im Hintergrund laufen.
• Bloatware: Entfernen Sie unnötige vorinstallierte Programme, die Systemressourcen beanspruchen.

2. Die Hardware-Hiccups: CPU, RAM, Speicher & Netzteil

Die CPU – Der unterschätzte Flaschenhals

Eine RX 5700 XT ist eine potente Grafikkarte, und sie kann in vielen Spielen so viele Bilder pro Sekunde rendern, dass die CPU an ihre Grenzen stößt – selbst wenn die CPU selbst nicht „alt” ist. Bei sehr hohen FPS-Zahlen muss die CPU die Grafikkarte mit einer konstanten Datenmenge versorgen. Wenn die CPU hier ins Stocken gerät, weil sie mit anderen Aufgaben überlastet ist oder einzelne Kerne an ihre Leistungsgrenze kommen, kann es zu Frame Time Inkonstanzen kommen, selbst wenn die durchschnittlichen FPS hoch sind.

• Monitoring: Überwachen Sie die CPU-Auslastung während des Spiels. Tools wie MSI Afterburner oder HWMonitor zeigen Ihnen, ob einzelne Kerne bei 100% Auslastung sind, während andere Kerne weniger tun. Das deutet auf einen CPU-Flaschenhals hin, besonders bei Spielen, die nicht gut auf viele Kerne skalieren.
• Übertaktung: Eine leichte CPU-Übertaktung kann helfen, die Single-Core-Performance zu verbessern und den Flaschenhals zu lindern.
• RAM-Geschwindigkeit: Eine schnelle CPU profitiert enorm von schnellem RAM (siehe nächster Punkt).

Arbeitsspeicher (RAM) – Nicht nur die Größe zählt

Oft wird nur auf die Gigabyte-Zahl des RAMs geachtet, aber für moderne Spiele und schnelle CPUs ist die RAM-Geschwindigkeit und Konfiguration entscheidend.

• Dual-Channel: Stellen Sie unbedingt sicher, dass Ihr RAM im Dual-Channel-Modus läuft. Der Performance-Unterschied zwischen Single- und Dual-Channel kann enorm sein und sich direkt auf die Frame Times auswirken. Installieren Sie die RAM-Module in den korrekten Slots Ihres Mainboards (oft Slots 2 und 4 oder 1 und 3).
• XMP-Profil (DOCP): Aktivieren Sie im BIOS/UEFI das XMP-Profil (bei AMD oft als DOCP bezeichnet), um die beworbene Geschwindigkeit Ihres RAMs zu nutzen. Ohne dieses Profil läuft der RAM meist mit der Standardgeschwindigkeit (z.B. 2133 MHz), was ein erheblicher Performance-Verlust sein kann.
• Kapazität: Auch wenn 16GB RAM in den meisten Fällen ausreichen, können in extremen Szenarien (z.B. mit vielen Hintergrundprogrammen oder speicherintensiven Spielen) Engpässe entstehen, die zu Stottern führen.

Speichermedien – Wo Ihre Spiele wohnen

Die Geschwindigkeit, mit der Spieleassets von Ihrer Festplatte oder SSD geladen werden können, spielt eine Rolle bei Stottern.

• HDD vs. SSD: Wenn Ihr Spiel auf einer traditionellen HDD installiert ist, sind Laderuckler unvermeidlich. Eine SSD (SATA oder NVMe) ist für moderne Spiele heutzutage Pflicht.
• NVMe SSD: Besonders bei sehr schnellem Streaming von Texturen und Assets in Open-World-Spielen können NVMe SSDs gegenüber SATA SSDs Vorteile bieten und Laderuckler minim minimieren.
• Volle SSD: Eine fast volle SSD kann langsamer werden. Halten Sie immer einen gewissen Prozentsatz frei.

Netzteil (PSU) – Der stabile Energielieferant

Ein oft übersehener Faktor ist das Netzteil. Es muss nicht nur genügend Watt liefern, sondern auch eine stabile und saubere Stromversorgung gewährleisten. Eine instabile Stromversorgung kann zu kurzzeitigen Leistungseinbrüchen der GPU oder CPU führen, die sich als Mikroruckler äußern.

• Ausreichende Wattzahl: Eine RX 5700 XT benötigt ein Netzteil von mindestens 600-650 Watt für ein stabiles System, idealerweise von einem renommierten Hersteller.
• Alter und Qualität: Ältere oder minderwertige Netzteile können mit der Zeit an Effizienz verlieren oder eine höhere Restwelligkeit aufweisen, was die Stabilität beeinträchtigt.
• Dedizierte PCIe-Kabel: Verwenden Sie separate PCIe-Stromkabel von Ihrem Netzteil für die Grafikkarte, anstatt Y-Kabel zu nutzen.

3. Thermische Fallen & Sync-Szenarien: Überhitzung und Monitor-Sync

Überhitzung – Wenn Komponenten die Puste ausgeht

Sowohl Ihre RX 5700 XT als auch Ihre CPU können unter Last sehr heiß werden. Wenn kritische Temperaturschwellen überschritten werden, schaltet die Hardware in den Thermal Throttling-Modus, um Schäden zu vermeiden. Dies bedeutet, dass die Taktraten reduziert werden, was direkt zu Leistungseinbrüchen und Stottern führt.

• Monitoring: Überwachen Sie die Temperaturen Ihrer GPU (Hotspot-Temperatur beachten!) und CPU mit Tools wie HWMonitor oder MSI Afterburner.
• Gehäusekühlung: Sorgen Sie für einen guten Airflow in Ihrem PC-Gehäuse. Ausreichende und richtig platzierte Gehäuselüfter sind entscheidend.
• Wärmeleitpaste: Eine veraltete oder schlecht aufgetragene Wärmeleitpaste auf CPU und GPU kann die Kühlleistung erheblich beeinträchtigen.
• Staub: Reinigen Sie Ihre Lüfter und Kühlkörper regelmäßig von Staub.

Monitor-Synchronisation – FreeSync, V-Sync und die Folgen

Die Synchronisation zwischen Grafikkarte und Monitor ist entscheidend für ein flüssiges Bild. Falsche Einstellungen können zu Rucklern oder Tearing (Bildrisse) führen.

• FreeSync/Adaptive Sync: Ihre RX 5700 XT unterstützt AMD FreeSync. Wenn Ihr Monitor ebenfalls FreeSync-kompatibel ist, aktivieren Sie diese Funktion sowohl im Monitormenü als auch im Adrenalin-Treiber. FreeSync passt die Bildwiederholfrequenz des Monitors dynamisch an die FPS der Grafikkarte an und eliminiert so Tearing und reduziert Stottern, solange die FPS innerhalb des FreeSync-Bereichs des Monitors bleiben.
• V-Sync: Wenn FreeSync nicht verfügbar ist, kann V-Sync (Vertikale Synchronisation) helfen, Tearing zu eliminieren, aber es kann auch Input Lag verursachen und zu Stottern führen, wenn die FPS unter die Bildwiederholrate des Monitors fallen. Probieren Sie „Enhanced Sync” im Adrenalin-Treiber als Alternative.
• Falsche Bildwiederholrate: Stellen Sie sicher, dass Ihr Monitor in Windows (Anzeigeeinstellungen) auf seine native Bildwiederholrate (z.B. 144Hz) eingestellt ist.

4. Spielspezifische und Erweiterte Betrachtungen

Spielspezifische Optimierung

Manche Spiele sind einfach nicht gut optimiert oder haben bekannte Performance-Probleme, die nicht direkt mit Ihrer Hardware zusammenhängen. Suchen Sie online nach spezifischen Problemen für das betroffene Spiel in Kombination mit Ihrer RX 5700 XT.

• Grafikeinstellungen: Reduzieren Sie bestimmte Grafikeinstellungen, die besonders ressourcenintensiv sind (z.B. Schattenqualität, Raytracing – obwohl die 5700 XT das nicht unterstützt, gibt es andere aufwendige Effekte). Manchmal kann eine einzige Einstellung der Auslöser sein.
• API-Wechsel: Falls das Spiel verschiedene APIs unterstützt (z.B. DirectX 11 vs. DirectX 12 oder Vulkan), testen Sie, ob ein Wechsel das Problem behebt.

BIOS/UEFI-Einstellungen

Einige Einstellungen im Mainboard-BIOS/UEFI können ebenfalls die Performance beeinflussen.

• PCIe Gen: Stellen Sie sicher, dass der PCIe-Steckplatz, in dem Ihre RX 5700 XT steckt, auf die höchste unterstützte Generation (meist Gen 3 oder Gen 4, je nach Mainboard und CPU) eingestellt ist.
• Re-Size BAR (SAM): Falls Ihr System (Ryzen 5000er Serie CPU auf 500er Serie Mainboard) es unterstützt, kann die Aktivierung von Smart Access Memory (SAM) oder Re-Size BAR die Performance in einigen Spielen verbessern. Stellen Sie sicher, dass CSM im BIOS deaktiviert ist, um diese Funktion zu aktivieren.

Weitere Schritte zur Diagnose

Um die genaue Ursache zu identifizieren, ist systematisches Vorgehen wichtig:

• Benchmarks und Monitoring-Tools: Verwenden Sie Tools wie CapFrameX, RivaTuner Statistics Server (RTSS) in Kombination mit MSI Afterburner, um die Frame Times, 1% Lows, GPU- und CPU-Auslastung sowie Temperaturen präzise zu überwachen. Diese detaillierten Daten sind der Schlüssel zur Fehlerbehebung.
• Schrittweise Änderungen: Nehmen Sie immer nur eine Änderung an Ihrem System vor (z.B. ein Treiber-Update, eine BIOS-Einstellung) und testen Sie dann, ob das Problem behoben ist, bevor Sie weitere Änderungen vornehmen.
• Cross-Referenzierung: Testen Sie, ob das Problem in mehreren Spielen auftritt oder nur in einem bestimmten Titel. Das hilft, die Ursache einzugrenzen.

Fazit: Geduld und Systematik führen zum Ziel

Das Phänomen, dass Ihre RX 5700 XT stottert und ruckelt trotz über 100 FPS, ist komplex, aber selten unlösbar. Es erfordert Geduld, eine systematische Fehlersuche und ein grundlegendes Verständnis dafür, wie die verschiedenen Komponenten Ihres PCs zusammenwirken. Beginnen Sie mit den einfachen Software-Lösungen wie Treiber-Updates und der Überprüfung von Hintergrundprozessen. Arbeiten Sie sich dann durch Hardware-Aspekte wie RAM, CPU und Netzteil. Mit den richtigen Tools und einer methodischen Herangehensweise werden Sie die wahre Ursache finden und Ihre AMD Radeon RX 5700 XT endlich das flüssige Spielerlebnis liefern lassen können, das Sie erwarten.