In der Welt des PC-Gamings ist die Jagd nach höheren FPS (Frames Per Second) eine nie endende Geschichte. Wir investieren in leistungsstarke Grafikkarten, schnelle RAM-Module und die neuesten Prozessoren, immer mit dem Ziel, unsere Spiele so flüssig und reaktionsschnell wie möglich zu erleben. Die gängige Annahme ist oft: Mehr Kerne, mehr Threads, desto besser die Leistung. Doch was, wenn wir Ihnen sagen würden, dass es in bestimmten Szenarien vorteilhaft sein kann, einem Spiel weniger Kerne zuzuweisen, um die CPU-Leistung zu optimieren und tatsächlich maximale FPS zu erreichen? Klingt kontraintuitiv? Lassen Sie uns in die Details eintauchen.
Dieser Artikel beleuchtet, warum diese scheinbar paradoxe Strategie unter bestimmten Umständen wirksam sein kann, welche Spiele davon profitieren könnten und wie Sie diese Optimierung auf Ihrem eigenen System vornehmen. Wir werden technische Hintergründe beleuchten, praktische Anleitungen geben und auf mögliche Fallstricke hinweisen, damit Sie die bestmögliche Gaming-Erfahrung erzielen können.
Warum weniger Kerne manchmal mehr sind: Das Problem der CPU-Planung und des Overheads
Um zu verstehen, warum die Reduzierung der zugewiesenen Kerne sinnvoll sein kann, müssen wir einen Blick auf die Funktionsweise moderner CPUs und die Interaktion mit dem Betriebssystem werfen. Eine CPU mit mehreren Kernen ist darauf ausgelegt, viele Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten. Das Betriebssystem (z.B. Windows) fungiert als Planer und verteilt die verschiedenen Prozesse und Threads auf die verfügbaren Kerne.
Die Herausforderung der CPU-Auslastung und des Overheads
Nicht alle Spiele sind gleich. Während moderne AAA-Titel darauf ausgelegt sind, von einer Vielzahl von Kernen und Threads zu profitieren, gibt es immer noch viele Spiele – insbesondere ältere Titel oder solche mit weniger optimierten Engines –, die hauptsächlich einen oder wenige Kerne intensiv nutzen. Wenn ein solches Spiel auf einer CPU mit vielen Kernen läuft, können Probleme entstehen:
- Kontextwechsel-Overhead: Das Betriebssystem verschiebt Spiel-Threads von einem Kern zum anderen, um eine vermeintlich gleichmäßige Auslastung zu erzielen. Jeder dieser Wechsel erfordert jedoch einen „Kontextwechsel”, bei dem der Zustand des Kerns gespeichert und wiederhergestellt werden muss. Dies ist ein kleiner, aber kontinuierlicher Leistungsverlust.
- Cache-Kohärenz: Moderne CPUs verfügen über mehrere Ebenen von Cache-Speicher (L1, L2, L3), die extrem schnell sind und Daten vorhalten, die der Kern wahrscheinlich bald benötigen wird. Wenn ein Spiel-Thread häufig zwischen verschiedenen Kernen springt oder von mehreren Kernen gleichzeitig auf dieselben Daten zugreift, muss sichergestellt werden, dass die Daten in den jeweiligen Caches synchron sind (Cache-Kohärenz). Dieser Synchronisationsprozess kann zusätzliche Latenz verursachen und die Leistung beeinträchtigen, da Daten zwischen den Caches ausgetauscht oder invalidiert werden müssen.
- Hintergrundprozesse: Ihr Betriebssystem führt Hunderte von Hintergrundprozessen aus. Antivirensoftware, Browser, Discord, Streaming-Clients und viele andere Dienste konkurrieren ebenfalls um CPU-Zyklen. Wenn Ihr Spiel auf allen verfügbaren Kernen läuft, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es sich Kerne mit diesen Hintergrundprozessen teilen muss, was zu Mikro-Stottern oder inkonsistenten Frametimes führen kann.
Indem wir einem Spiel eine kleinere, dedizierte Gruppe von Kernen zuweisen, können wir diese Probleme minimieren. Die Spiel-Threads bleiben auf diesen zugewiesenen Kernen, reduzieren Kontextwechsel und Cache-Kohärenz-Probleme, und andere Hintergrundprozesse werden auf die übrigen Kerne verbannt. Dies kann zu einer stabileren und oft höheren Framerate führen, besonders bei der CPU-gebundenen Gaming-Performance.
Wann ist die Kernreduzierung sinnvoll? Anwendungsfälle und Szenarien
Die Kernreduzierung ist keine universelle Lösung für jedes Spiel. Sie ist vielmehr eine spezifische Optimierungsstrategie für bestimmte Szenarien. Hier sind die Hauptanwendungsfälle, in denen diese Methode Potenzial zur Leistungssteigerung hat:
1. Alte und schlecht optimierte Spiele
Viele Klassiker oder Indie-Titel, die mit älteren Engines entwickelt wurden, sind oft auf eine Handvoll Kerne optimiert, manchmal sogar nur auf einen einzigen Kern. Sie profitieren wenig bis gar nicht von zusätzlichen Kernen und können durch den Overhead auf modernen Vielkern-CPUs sogar leiden. Durch die Zuweisung von beispielsweise nur zwei oder vier Kernen können diese Spiele oft stabiler und mit höheren Minimum-FPS laufen.
2. Spiele mit hohem CPU-Bedarf, aber geringer Skalierung
Manche Spiele sind sehr CPU-intensiv, aber ihre Engine skaliert nicht effizient über viele Kerne hinweg. Das bedeutet, dass sie einen hohen Prozentsatz Ihrer CPU-Ressourcen belegen, aber nicht alle Kerne optimal nutzen. Wenn Sie feststellen, dass ein Spiel einen Kern zu 90-100% auslastet, während andere Kerne moderat oder kaum genutzt werden, könnte die Kernreduzierung helfen, die Leistung dieses Hauptthreads zu priorisieren.
3. Systeme mit vielen Hintergrundprozessen
Wenn Ihr System im Leerlauf viele Anwendungen und Dienste im Hintergrund ausführt, die Sie während des Spielens nicht schließen möchten (z.B. Browser-Tabs, Discord, Antiviren-Scanner, Aufnahmesoftware), können diese um CPU-Zyklen mit Ihrem Spiel konkurrieren. Durch die Zuweisung spezifischer Kerne für das Spiel können Sie sicherstellen, dass diese Kerne ausschließlich für das Spiel reserviert sind, während andere Aufgaben auf den verbleibenden Kernen laufen. Dies verbessert die Stabilität der Frametimes und reduziert Mikroruckler.
4. Deaktivierung von Hyper-Threading / SMT im BIOS
Moderne CPUs von Intel (Hyper-Threading) und AMD (Simultaneous Multi-Threading, SMT) ermöglichen es einem physischen Kern, zwei logische Threads zu bearbeiten. Dies erhöht die Gesamt-Thread-Leistung für stark parallelisierte Aufgaben. Bei einigen, oft älteren Spielen, kann Hyper-Threading/SMT jedoch einen kleinen Nachteil darstellen, da die logischen Kerne Ressourcen des physischen Kerns teilen müssen. Das Deaktivieren von Hyper-Threading/SMT im BIOS (was einer Reduzierung der verfügbaren logischen Kerne gleichkommt) kann in seltenen Fällen zu einer höheren Pro-Kern-Leistung führen und damit die Gaming-Performance in spezifischen Titeln verbessern, die stark von einer hohen Single-Core-Leistung abhängen.
Praktische Schritte: So weisen Sie einem Spiel weniger Kerne zu
Es gibt verschiedene Wege, die Kernaffinität (Zugehörigkeit) eines Prozesses zu ändern. Wir stellen die gängigsten Methoden vor:
1. Über den Windows Task-Manager
Dies ist die einfachste Methode, hat aber den Nachteil, dass die Einstellung nicht dauerhaft ist und nach jedem Neustart des Spiels zurückgesetzt wird.
- Starten Sie Ihr Spiel.
- Öffnen Sie den Task-Manager (Rechtsklick auf die Taskleiste > „Task-Manager” oder Strg+Umschalt+Esc).
- Wechseln Sie zur Registerkarte „Details”.
- Suchen Sie den Hauptprozess Ihres Spiels. Klicken Sie mit der rechten Maustaste darauf.
- Wählen Sie „Zugehörigkeit festlegen…” (Set Affinity).
- Es öffnet sich ein Fenster mit allen verfügbaren CPU-Kernen (oft als „CPU 0”, „CPU 1” usw. bezeichnet). Standardmäßig sind alle Häkchen gesetzt.
- Deaktivieren Sie die Häkchen bei den Kernen, die Sie dem Spiel nicht zuweisen möchten. Beginnen Sie z.B. damit, die Hälfte der Kerne zu deaktivieren oder nur 2-4 Kerne zu belassen. Experimentieren Sie! Beachten Sie, dass „CPU 0” oft vom Betriebssystem bevorzugt wird; es kann sinnvoll sein, diesen Kern dem Spiel zu überlassen oder ihn freizuhalten.
- Bestätigen Sie mit „OK”.
Testen Sie die Leistung im Spiel. Wiederholen Sie den Vorgang mit verschiedenen Kernkombinationen, um die beste Einstellung zu finden.
2. Mit Drittanbieter-Tools (Empfehlung: Process Lasso)
Für eine dauerhafte und flexiblere Lösung sind Tools wie Process Lasso Gold wert. Es bietet erweiterte Funktionen und ermöglicht es Ihnen, Einstellungen für spezifische Anwendungen zu speichern.
- Laden Sie Process Lasso herunter und installieren Sie es. Es gibt eine kostenlose Version mit vollem Funktionsumfang für private Nutzung.
- Starten Sie Process Lasso und Ihr Spiel.
- Im Hauptfenster von Process Lasso sehen Sie alle laufenden Prozesse. Suchen Sie den Hauptprozess Ihres Spiels.
- Klicken Sie mit der rechten Maustaste auf den Spielprozess.
- Gehen Sie zu „CPU-Zugehörigkeit” (CPU Affinity).
- Wählen Sie „Immer” (Always) und dann „Zugehörigkeit beibehalten” (Set Affinity Permanent).
- Es öffnet sich ein Fenster, in dem Sie die gewünschten Kerne auswählen können, genau wie im Task-Manager.
- Bestätigen Sie. Process Lasso wird diese Einstellung für dieses Spiel speichern und bei jedem Start des Spiels automatisch anwenden.
Process Lasso bietet auch Funktionen wie „ProBalance”, das automatisch die Priorität von Hintergrundprozessen senkt, um die Gaming-Performance zu maximieren, und die Möglichkeit, spezielle Power-Schemes für Spiele zu aktivieren. Es ist ein leistungsstarkes Tool zur Systemoptimierung.
3. Deaktivierung von Hyper-Threading / SMT im BIOS/UEFI
Diese Methode ist systemweit und sollte mit Vorsicht angewendet werden, da sie die Leistung in Anwendungen, die von vielen Threads profitieren (z.B. Videobearbeitung, 3D-Rendering), beeinträchtigen kann.
- Starten Sie Ihren PC neu und rufen Sie das BIOS/UEFI auf (meist durch Drücken von Entf, F2, F10 oder F12 während des Bootvorgangs).
- Suchen Sie nach Einstellungen, die sich auf die CPU beziehen, oft unter „Advanced CPU Settings”, „Overclocking” oder „Performance”.
- Suchen Sie nach „Hyper-Threading Technology” (Intel) oder „Simultaneous Multi-Threading (SMT)” (AMD).
- Deaktivieren Sie diese Option.
- Speichern Sie die Änderungen und verlassen Sie das BIOS/UEFI.
Ihr Betriebssystem wird nun nur noch die physischen Kerne sehen. Testen Sie die Spiele, bei denen Sie eine Verbesserung erwarten. Wenn die allgemeine Systemleistung zu stark leidet, aktivieren Sie Hyper-Threading/SMT wieder.
Wichtige Überlegungen und potenzielle Fallstricke
Bevor Sie mit der Kernreduzierung experimentieren, sollten Sie folgende Punkte beachten:
1. Testen ist entscheidend
Jedes System, jedes Spiel und jede Konfiguration ist anders. Was bei dem einen funktioniert, kann bei dem anderen nachteilig sein. Verwenden Sie Benchmarking-Tools und Overlay-Software (z.B. MSI Afterburner, CapFrameX), um Ihre FPS und Frametimes vor und nach der Optimierung zu messen. Achten Sie besonders auf die 1%- und 0,1%-Low-FPS, da diese Indikatoren für Mikroruckler und Leistungseinbrüche sind.
2. Moderne Spiele profitieren von mehr Kernen
Die meisten modernen Triple-A-Titel sind auf die Nutzung vieler Kerne ausgelegt und profitieren von CPUs mit hoher Kernanzahl. Bei diesen Spielen ist die Kernreduzierung höchstwahrscheinlich kontraproduktiv und führt zu Leistungseinbußen. Diese Optimierung ist primär für spezifische Nischen gedacht.
3. Identifizieren Sie den Flaschenhals
Bevor Sie sich auf die CPU-Optimierung konzentrieren, stellen Sie sicher, dass Ihre Grafikkarte nicht der eigentliche Flaschenhals ist. Wenn Ihre GPU während des Spielens konstant zu 99-100% ausgelastet ist, wird eine CPU-Optimierung kaum Auswirkungen auf die FPS haben, da die GPU bereits ihr Maximum erreicht. Überprüfen Sie die Auslastung Ihrer Komponenten mit Tools wie dem Task-Manager oder MSI Afterburner.
4. Stabilität des Systems
Experimente mit der Kernaffinität können im Extremfall zu Systeminstabilität führen, wenn wichtige Systemprozesse keine Kerne mehr zugewiesen bekommen. Bleiben Sie bei der Kernreduzierung für Spiele moderat und reservieren Sie immer genügend Kerne für das Betriebssystem und dessen grundlegende Funktionen (z.B. lassen Sie immer CPU 0 aktiv).
5. Temperaturen und Übertaktung
Wenn Sie einem Spiel weniger Kerne zuweisen, konzentriert sich die Arbeitslast auf diese wenigen Kerne. Dies kann unter Umständen zu einer leicht höheren Last und Temperatur auf diesen spezifischen Kernen führen. Überwachen Sie Ihre CPU-Temperaturen und stellen Sie sicher, dass Ihr Kühlsystem ausreichend dimensioniert ist, besonders wenn Sie Ihre CPU übertaktet haben.
Fazit
Die Optimierung der CPU-Leistung für Gaming durch das Zuweisen von weniger Kernen für ein Spiel ist eine fortschrittliche und nicht-universelle Strategie. Sie ist kein Patentrezept, sondern eine gezielte Methode, um bei bestimmten älteren, schlecht optimierten oder CPU-gebundenen Spielen eine spürbare Verbesserung der Framerate und der Frametime-Stabilität zu erzielen.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt im sorgfältigen Experimentieren und im systematischen Testen. Überprüfen Sie stets die Auswirkungen Ihrer Änderungen mit verlässlichen Messmethoden, um sicherzustellen, dass Sie tatsächlich eine Verbesserung und keine Verschlechterung erzielen. Mit den richtigen Werkzeugen und ein wenig Geduld können Sie die verborgenen Potenziale Ihrer Hardware freisetzen und Ihre Gaming-Erfahrung optimieren – manchmal, indem Sie entgegen der gängigen Meinung vorgehen und weniger wirklich mehr sein lassen.