Kennen Sie das Gefühl? Sie versuchen, wichtige Dateien zu kopieren oder zu verschieben, vielleicht ein Projektarchiv, eine Sammlung von Fotos oder ein Backup, und plötzlich bricht der Vorgang mit einer kryptischen Fehlermeldung ab: „Fehler 0x80010135: Das System kann den angegebenen Pfad nicht finden” oder ähnliches. Oft ist der eigentliche Übeltäter ein Problem, das als „Pfad zu lang” bekannt ist. Dieser scheinbar unscheinbare Fehler kann unglaublich frustrierend sein und Ihre Produktivität stark beeinträchtigen. Doch keine Sorge, Sie sind nicht allein, und es gibt effektive Wege, dieses hartnäckige Problem zu umgehen und Ihre Dateien erfolgreich zu verwalten.
Was steckt hinter dem Fehler 0x80010135 und dem „Pfad zu lang”-Problem?
Bevor wir uns den Lösungen widmen, ist es wichtig zu verstehen, warum dieser Fehler überhaupt auftritt. Das Herzstück des Problems ist eine historisch bedingte Einschränkung im Windows-Betriebssystem, bekannt als das MAX_PATH-Limit. Seit den Anfängen von Windows (genauer gesagt im Windows NT-Kernel) ist der maximale Pfad für Dateien und Ordner auf 260 Zeichen begrenzt. Diese Begrenzung umfasst alles: den Laufwerksbuchstaben (z.B. „C:”), jeden Ordnernamen, jeden Unterordner, den Dateinamen selbst und die Dateierweiterung (z.B. „.docx”), einschließlich des Null-Terminators am Ende des Strings. Wenn der Gesamtpfad einer Datei diese Grenze überschreitet, weigert sich der Windows Explorer, die Datei zu kopieren, zu verschieben, zu öffnen oder manchmal sogar zu löschen, was zum gefürchteten Fehler 0x80010135 führt.
Dieser Fehler ist besonders häufig, wenn Sie mit komplexen Verzeichnisstrukturen arbeiten, beispielsweise:
- Beim Entpacken von Archiven (ZIP, RAR), die tief verschachtelte Ordner enthalten.
- Beim Synchronisieren von Cloud-Speichern, die lange Dateinamen oder Ordnerstrukturen verwenden.
- Beim Kopieren von Daten von Linux- oder macOS-Systemen, die keine solche Pfadlängenbeschränkung haben.
- In Entwicklungsumgebungen, wo Projektdateien oft in sehr tiefen Verzeichnishierarchien abgelegt werden.
Das Problem wird oft erst bemerkt, wenn der Windows Explorer mit der Aktion scheitert. Obwohl moderne Windows-Versionen (insbesondere Windows 10 und 11) Mechanismen bieten, um diese Beschränkung zu umgehen, sind diese nicht immer standardmäßig aktiviert oder bekannt. Lassen Sie uns nun die verschiedenen Strategien erkunden, wie Sie dieses ärgerliche Problem überwinden können.
Erste Hilfe: Schnelle manuelle Lösungen für das „Pfad zu lang”-Problem
Manchmal ist die Lösung einfacher, als man denkt. Bevor Sie zu komplexeren Werkzeugen greifen, versuchen Sie diese schnellen Methoden:
1. Pfade manuell kürzen: Umbenennen ist der Schlüssel
Dies ist die direkteste Methode. Wenn Sie wissen, welche Datei oder welcher Ordner den überlangen Pfad verursacht, können Sie versuchen, die Namen der übergeordneten Ordner oder der Datei selbst zu kürzen. Verschieben Sie die betroffene Datei oder den Ordner temporär auf eine höhere Ebene in der Verzeichnishierarchie (z.B. direkt auf das Laufwerk C: oder in C:temp) und benennen Sie die Ordner oder Dateien auf dem Weg dorthin um. Achten Sie darauf, prägnante, aber aussagekräftige Namen zu wählen.
Beispiel:
- Statt:
C:DokumenteProjekteKundenprojekteDiesesSehrLangeProjektMitEinerNochLängerenBeschreibungPhase1UnterordnerMitExtremLangenDateinamenDieSehrWichtigeAbschlussdokumentation_Version_Final_Final_2023.docx - Versuchen Sie:
C:TempProj_KundeADoku_Final.docx
Nachdem Sie die Datei an einen kürzeren Pfad kopiert oder verschoben haben, können Sie sie von dort aus in die gewünschte, aber gekürzte Zielstruktur verschieben.
2. Archivieren und Entpacken an einem kürzeren Pfad
Wenn Sie viele Dateien in tief verschachtelten Ordnern haben, kann das manuelle Umbenennen sehr zeitaufwendig sein. Eine elegante Lösung ist, den gesamten übergeordneten Ordner, der die problematischen Dateien enthält, zu komprimieren (z.B. in eine ZIP-Datei). Windows behandelt eine ZIP-Datei als eine einzige Datei, unabhängig von den internen Pfaden. Kopieren Sie die ZIP-Datei dann an einen Ort mit einem sehr kurzen Pfad (z.B. C:temp) und entpacken Sie sie dort. Von diesem temporären, kurzen Pfad aus können Sie dann die Dateien in ihre endgültigen, idealerweise ebenfalls gekürzten Ziele verschieben.
3. Kurzzeitige Verschiebung auf ein Root-Verzeichnis
Oft tritt der Fehler auf, wenn Sie versuchen, Dateien von einem tief verschachtelten Quellpfad in einen tief verschachtelten Zielpfad zu kopieren. Versuchen Sie stattdessen, die problematischen Dateien oder den Ordner zuerst direkt in das Root-Verzeichnis eines Laufwerks zu verschieben (z.B. D: oder C:). Von dort aus können Sie die Dateien dann in den gewünschten Zielordner kopieren, dessen Pfad Sie idealerweise bereits gekürzt haben.
Fortgeschrittene Methoden und leistungsstarke Werkzeuge
Wenn die manuellen Methoden nicht ausreichen oder Sie regelmäßig mit langen Pfaden zu kämpfen haben, ist es Zeit, schwerere Geschütze aufzufahren.
4. Robocopy: Der Meister des Dateimanagements
Robocopy (Robust File Copy) ist ein leistungsstarkes Befehlszeilentool, das in allen modernen Windows-Versionen enthalten ist. Es ist wesentlich robuster und flexibler als der Windows Explorer, insbesondere wenn es um lange Pfade geht. Robocopy kann Pfade von bis zu 32.767 Zeichen handhaben und ist damit die erste Wahl für komplexe Kopieraufgaben.
So verwenden Sie Robocopy:
- Öffnen Sie die Eingabeaufforderung als Administrator. Suchen Sie nach „cmd” im Startmenü, klicken Sie mit der rechten Maustaste und wählen Sie „Als Administrator ausführen”.
- Geben Sie den Befehl
robocopymit den entsprechenden Parametern ein.
Ein grundlegender Befehl zum Kopieren eines Ordners mit langen Pfaden könnte so aussehen:
robocopy "C:Quellordner mit langen Pfaden" "D:Zielordner mit kürzeren Pfaden" /E /ZB /DCOPY:T /R:5 /W:5 /V /L
Erklärung der Parameter:
"C:Quellordner mit langen Pfaden": Der Pfad zum Quellordner (verwenden Sie Anführungszeichen, wenn der Pfad Leerzeichen enthält)."D:Zielordner mit kürzeren Pfaden": Der Pfad zum Zielordner./E: Kopiert Unterverzeichnisse, einschließlich leerer Verzeichnisse./ZB: Verwendet den Neustartmodus; wenn der Zugriff verweigert wird, wird der Sicherungsmodus verwendet (nützlich für gesperrte Dateien)./DCOPY:T: Kopiert Zeitstempel von Verzeichnissen./R:5: Anzahl der Wiederholungen bei Fehlern (hier 5 Mal)./W:5: Wartezeit zwischen Wiederholungen (hier 5 Sekunden)./V: Erzeugt eine ausführliche Ausgabe, um den Fortschritt zu sehen./L(Optional, aber empfohlen für Tests): Zeigt nur an, was kopiert werden würde, ohne tatsächlich etwas zu kopieren. So können Sie den Befehl testen, bevor Sie ihn wirklich ausführen.
Robocopy ist ein extrem vielseitiges Tool, dessen volle Möglichkeiten den Rahmen dieses Artikels sprengen würden. Für das Problem der langen Pfade ist es jedoch Ihr bester Freund.
5. Spezialisierte Dateimanager (z.B. 7-Zip, Total Commander)
Programme wie 7-Zip, WinRAR oder fortschrittliche Dateimanager wie Total Commander und FreeCommander sind oft besser in der Lage, mit langen Pfaden umzugehen als der Standard-Windows-Explorer. Sie implementieren eigene Routinen für den Dateizugriff, die die MAX_PATH-Beschränkung umgehen können. Mit 7-Zip können Sie beispielsweise einfach einen Ordner mit problematischen Dateien in ein Archiv packen und dieses Archiv dann an einem Ort mit einem kürzeren Pfad entpacken.
Total Commander und ähnliche Tools bieten oft auch die Möglichkeit, Dateien direkt über alternative API-Aufrufe zu manipulieren, die nicht an die 260-Zeichen-Grenze gebunden sind. Wenn Sie häufig mit solchen Problemen konfrontiert sind, könnte die Investition in einen dieser Dateimanager langfristig lohnenswert sein.
Die Dauerhafte Lösung: Long Path Support in Windows 10/11 aktivieren
Seit Windows 10 Version 1607 („Anniversary Update”) bietet Microsoft eine offizielle Möglichkeit, die MAX_PATH-Beschränkung für bestimmte Anwendungen zu deaktivieren. Dies bedeutet, dass moderne Windows-Versionen technisch gesehen in der Lage sind, Pfade von bis zu 32.767 Zeichen zu verarbeiten. Diese Funktion ist jedoch standardmäßig deaktiviert und muss manuell aktiviert werden.
Beachten Sie, dass diese Einstellung nur für Anwendungen gilt, die explizit dafür entwickelt wurden, lange Pfade zu unterstützen. Viele ältere Anwendungen oder sogar einige Teile des Windows Explorers selbst sind möglicherweise nicht vollständig kompatibel. Dennoch ist dies ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Sie können den Long Path Support auf zwei Arten aktivieren:
Methode 1: Über den Gruppenrichtlinien-Editor (Nur Windows Pro/Enterprise)
Diese Methode ist für Benutzer von Windows 10/11 Pro, Enterprise oder Education verfügbar.
- Drücken Sie
Win + R, um den Ausführen-Dialog zu öffnen. - Geben Sie
gpedit.mscein und drücken SieEnter, um den Editor für lokale Gruppenrichtlinien zu öffnen. - Navigieren Sie im linken Bereich zu:
Computerrichtlinie > Administrative Vorlagen > System > Dateisystem - Suchen Sie im rechten Bereich nach der Richtlinie „Win32-Pfade mit langer Länge aktivieren”.
- Doppelklicken Sie auf diese Richtlinie, um sie zu bearbeiten.
- Wählen Sie „Aktiviert” aus und klicken Sie auf „Übernehmen” und dann auf „OK”.
- Starten Sie Ihren Computer neu, damit die Änderungen wirksam werden.
Methode 2: Über den Registrierungs-Editor (Für alle Windows-Versionen)
Diese Methode ist für alle Windows 10/11-Versionen verfügbar, erfordert aber Vorsicht, da Änderungen an der Registrierung potenziell Systeminstabilitäten verursachen können, wenn sie nicht korrekt durchgeführt werden. Erstellen Sie idealerweise vorher einen Wiederherstellungspunkt.
- Drücken Sie
Win + R, um den Ausführen-Dialog zu öffnen. - Geben Sie
regeditein und drücken SieEnter, um den Registrierungs-Editor zu öffnen. Bestätigen Sie die Benutzerkontensteuerung, falls sie erscheint. - Navigieren Sie im linken Bereich zu folgendem Pfad:
HKEY_LOCAL_MACHINESYSTEMCurrentControlSetControlFileSystem - Suchen Sie im rechten Bereich nach einem DWORD-Wert namens
LongPathsEnabled. - Wenn dieser Wert vorhanden ist: Doppelklicken Sie darauf und ändern Sie den Wert von
0auf1. - Wenn dieser Wert nicht vorhanden ist: Klicken Sie mit der rechten Maustaste in den leeren Bereich im rechten Fenster, wählen Sie „Neu” > „DWORD-Wert (32-Bit)”. Benennen Sie den neuen Wert
LongPathsEnabled. Doppelklicken Sie dann darauf und setzen Sie den Wert auf1. - Schließen Sie den Registrierungs-Editor und starten Sie Ihren Computer neu, damit die Änderungen wirksam werden.
Nachdem Sie den Long Path Support aktiviert haben, sollten viele Anwendungen, die sich an die neue API halten, in der Lage sein, mit längeren Pfaden zu arbeiten, was das Kopieren und Verwalten von Dateien erheblich vereinfacht.
Weitere Lösungen und Best Practices
6. Netzlaufwerke mappen (für Netzwerkfreigaben)
Wenn Sie Dateien von einem Netzlaufwerk kopieren, das sehr tiefe Pfade aufweist, können Sie das Netzlaufwerk mit einem kürzeren Buchstaben mappen. Anstatt beispielsweise auf \ServerFreigabeProjekteSehrLangeAbteilungProjekt2023Dokumente zuzugreifen, können Sie \ServerFreigabeProjekte als Laufwerk Z: mappen. Dadurch wird der Ausgangspfad für alle Operationen, die Sie auf Z: durchführen, automatisch kürzer.
7. Symbolische Links oder Verknüpfungspunkte (Junctions) nutzen
Dies ist eine fortgeschrittene Technik, die die Erstellung von „Abkürzungen” auf Dateisystemebene ermöglicht. Ein symbolischer Link (oder Soft Link) ist wie eine erweiterte Verknüpfung, die auf eine andere Datei oder einen Ordner verweist. Ein Verknüpfungspunkt (oder Junction Point) ist ähnlich, funktioniert aber nur für Verzeichnisse und nur auf lokalen NTFS-Partitionen. Sie können einen symbolischen Link oder Verknüpfungspunkt auf ein tief verschachteltes Verzeichnis erstellen und dann über diesen kürzeren Link darauf zugreifen. Dies kann nützlich sein, um Entwicklungsumgebungen oder Backup-Routinen zu vereinfachen.
Verwenden Sie den Befehl mklink in der Eingabeaufforderung (als Administrator):
- Für einen symbolischen Link auf ein Verzeichnis:
mklink /D "C:KurzerPfad" "C:SehrSehrLangerUrsprünglicherPfadZumVerzeichnis" - Für einen symbolischen Link auf eine Datei:
mklink "C:KurzeDatei.txt" "C:SehrSehrLangerUrsprünglicherPfadZurDatei.txt"
8. Konsistente Namensgebung und Dateistruktur
Die beste Lösung ist oft die Prävention. Entwickeln Sie eine konsistente Strategie für die Dateibenennung und Ordnerstruktur:
- Kürzen Sie Namen: Verwenden Sie Abkürzungen und prägnante Namen für Dateien und Ordner.
- Flachere Hierarchien: Versuchen Sie, die Tiefe Ihrer Ordnerstrukturen zu minimieren. Überlegen Sie, ob nicht zwei oder drei Ebenen ausreichen, statt fünf oder zehn.
- Regelmäßige Überprüfung: Prüfen Sie gelegentlich Ihre Dateistrukturen auf unnötige Verschachtelungen.
Fazit: Keine Panik bei 0x80010135!
Der Fehler 0x80010135 und das damit verbundene „Pfad zu lang”-Problem mag auf den ersten Blick entmutigend wirken. Doch wie wir gesehen haben, gibt es eine Vielzahl an Strategien, um dieses Hindernis zu überwinden – von schnellen manuellen Anpassungen bis hin zu leistungsstarken Befehlszeilentools und einer dauerhaften Systemkonfiguration. Ob Sie nun Robocopy einsetzen, spezialisierte Dateimanager nutzen oder den Long Path Support in Windows aktivieren: Sie haben die Werkzeuge an der Hand, um Ihre Daten effizient zu verwalten, ohne durch eine veraltete Beschränkung ausgebremst zu werden.
Denken Sie daran: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Eine gute Dateiorganisation und die regelmäßige Überprüfung Ihrer Pfadlängen können zukünftige Frustrationen vermeiden. Sollte der Fehler dennoch auftreten, wissen Sie jetzt genau, wie Sie vorgehen müssen, um Ihre Dateien erfolgreich zu kopieren und Ihre Arbeit fortzusetzen. Viel Erfolg!