Die Welt der Softwarelizenzen kann verwirrend sein, besonders wenn es um beliebte Produkte wie Microsoft Office geht. Während Microsoft immer stärker auf sein Abo-Modell Microsoft 365 setzt, locken viele Online-Händler mit scheinbar günstigen Dauerlizenzen für Office-Versionen wie Office 2019 oder Office 2021. Die Verlockung ist groß: Einmal zahlen, statt monatlich oder jährlich zur Kasse gebeten zu werden. Doch die Frage, die sich viele stellen, ist berechtigt: Ist der Kauf solcher Lizenzen wirklich legal und gehe ich dabei keine Risiken ein?
Dieser Artikel beleuchtet die rechtliche Lage in der EU, erklärt die verschiedenen Lizenztypen und zeigt auf, worauf Sie beim Kauf achten sollten, um nicht in eine Falle zu tappen.
Office als Abo oder Dauerlizenz: Der grundlegende Unterschied
Bevor wir uns den rechtlichen Aspekten widmen, klären wir den Unterschied zwischen den beiden Lizenzmodellen:
* **Microsoft 365 (Abo-Modell):** Hierbei erwerben Sie ein Nutzungsrecht für einen bestimmten Zeitraum (meist monatlich oder jährlich). Dafür erhalten Sie nicht nur die stets aktuelle Version von Office (Word, Excel, PowerPoint, Outlook etc.), sondern oft auch zusätzlichen Speicherplatz in der Cloud (OneDrive), erweiterte Funktionen und unbegrenzten technischen Support von Microsoft. Das Abo ist flexibel und ermöglicht es Ihnen, auf mehreren Geräten zu arbeiten. Der Nachteil: Sie zahlen fortlaufend und besitzen die Software nie „physisch”.
* **Office Dauerlizenz (Einmalkauf):** Bei diesem Modell erwerben Sie eine Lizenz für eine bestimmte Version von Office (z.B. Office Home & Business 2021). Sie zahlen einmalig und können die Software zeitlich unbegrenzt nutzen. Der Haken: Sie erhalten keine zukünftigen Versions-Upgrades (z.B. auf Office 2024), sondern nur Sicherheitsupdates für die gekaufte Version. Cloud-Dienste und erweiterter Support sind oft nicht oder nur eingeschränkt enthalten. Der Vorteil ist klar die einmalige Investition.
Die günstigen Angebote, um die es in diesem Artikel geht, beziehen sich in der Regel auf diese **Office Dauerlizenzen**.
Der Kern der Sache: Gebrauchtsoftware und der Erschöpfungsgrundsatz
Die rechtliche Grundlage für den Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen in der EU ist der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz (auch als „First-Sale Doctrine” bekannt) und ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Der **Erschöpfungsgrundsatz** besagt, dass, sobald ein Softwarehersteller eine Lizenz in der EU verkauft hat, sein Verbreitungsrecht für diese spezielle Lizenz „erschöpft” ist. Das bedeutet, der ursprüngliche Käufer darf die Lizenz weiterverkaufen, ohne erneut die Zustimmung des Herstellers einholen zu müssen. Dies galt lange Zeit vor allem für physische Medien (CDs, DVDs).
Das entscheidende Puzzleteil kam jedoch 2012 mit dem EuGH-Urteil im Fall UsedSoft vs. Oracle (Az. C-128/11). Dieses Urteil hat klargestellt, dass der Erschöpfungsgrundsatz auch für heruntergeladene Softwarelizenzen gilt. Das bedeutet:
1. Ein Softwarehersteller kann den Weiterverkauf seiner „gebrauchten” Softwarelizenzen nicht verhindern, auch wenn es sich um Lizenzen handelt, die ursprünglich online heruntergeladen wurden.
2. Dies gilt auch für Volumenlizenzen, die von Unternehmen erworben und dann in Einzelteile gesplittet und weiterverkauft werden.
3. Voraussetzung ist allerdings, dass der ursprüngliche Lizenzinhaber seine eigene Kopie der Software unbrauchbar macht (deinstalliert) und dass die Lizenz ein unbegrenztes Nutzungsrecht beinhaltet.
4. Der Käufer einer Gebrauchtsoftware muss zudem das Recht erhalten, die Software von der Website des Urhebers herunterzuladen.
Dieses Urteil hat den Markt für Gebrauchtsoftware, insbesondere für heruntergeladene Lizenzen, in der EU rechtlich abgesichert. Die Schlussfolgerung ist also: Ja, der Kauf einer einmalig erworbenen Office Lizenz von einem Drittanbieter *kann* in der EU absolut legal sein. Aber es gibt wichtige Einschränkungen und Risiken.
Welche Office-Lizenzen sind eigentlich im Umlauf?
Die Online-Händler bieten oft verschiedene Lizenztypen an, deren Herkunft und rechtlicher Status unterschiedlich sein können:
* **Retail-Lizenzen:** Das sind die Lizenzen, die Sie klassisch im Einzelhandel oder direkt bei Microsoft erwerben würden, oft in einer physischen Box oder als Downloadcode. Ihr Weiterverkauf ist in der Regel unproblematisch, sofern der Erschöpfungsgrundsatz greift.
* **OEM-Lizenzen (Original Equipment Manufacturer):** Diese Lizenzen werden von Hardwareherstellern erworben und sind ursprünglich dazu gedacht, mit einem neuen Computer verkauft zu werden. Sie sind oft günstiger, da sie an die Hardware gebunden waren. Die Rechtsprechung zum Weiterverkauf von OEM-Lizenzen ohne die zugehörige Hardware ist nicht immer einheitlich, aber viele Gerichte in Deutschland und Europa haben entschieden, dass auch diese Lizenzen einzeln weiterverkauft werden dürfen, sofern die Bedingungen des Erschöpfungsgrundsatzes erfüllt sind und die Software ordnungsgemäß vom ursprünglichen Gerät deinstalliert wurde. Dennoch stellen sie eine „Grauzone” dar, da Microsoft die Aktivierung solcher Lizenzen ohne die ursprüngliche Hardware manchmal erschwert.
* **Volumenlizenzen:** Wie bereits erwähnt, waren diese Lizenzen der Kern des EuGH-Urteils. Große Unternehmen kaufen oft eine große Anzahl von Lizenzen (z.B. 1000 Stück für alle Mitarbeiter) zu Sonderkonditionen. Wenn sie diese Lizenzen nicht mehr benötigen (z.B. durch Mitarbeiterabbau oder Wechsel zu einem anderen System), können sie die ungenutzten oder nicht mehr benötigten Einzelrechte aus dieser Volumenlizenz legal weiterverkaufen. Der Online-Händler kauft diese Restposten auf und verkauft sie dann einzeln weiter. Das ist der häufigste Fall bei den sehr günstigen Office-Angeboten.
* **Produkt Keys ohne physisches Medium:** Dies ist die gängigste Form bei günstigen Online-Angeboten. Sie erhalten lediglich einen Produktschlüssel per E-Mail und einen Link zum Download der Software. Hier ist es besonders wichtig, die Herkunft und Seriosität des Anbieters zu prüfen.
Die Grauzone: Wo lauern die Gefahren für Käufer?
Obwohl der Weiterverkauf von Softwarelizenzen in der EU legal ist, bedeutet das nicht, dass jeder Anbieter seriös ist oder jede Lizenz einwandfrei funktioniert. Hier sind die größten Risiken:
1. **Ungültige oder gefälschte Schlüssel:** Das ist das größte und häufigste Problem. Sie kaufen einen Schlüssel, aber Microsoft erkennt ihn nicht an, weil er bereits aktiviert wurde, gesperrt ist oder gar nicht existiert. Dann haben Sie Geld bezahlt und stehen ohne funktionierendes Office da. Microsoft kann Lizenzen sperren, wenn sie feststellt, dass sie illegal erworben oder missbräuchlich verwendet wurden.
2. **Illegal erworbene Lizenzen:** Manche Anbieter verkaufen Schlüssel, die ursprünglich für sehr spezifische Zwecke gedacht waren und nicht für den Weiterverkauf an Endkunden. Dazu gehören:
* **MSDN/DreamSpark-Lizenzen:** Für Entwickler oder Studenten gedacht, nicht für kommerzielle Nutzung oder Weiterverkauf.
* **Education-Lizenzen:** Für Bildungseinrichtungen.
* **Gestohlene oder mit gestohlenen Kreditkarten erworbene Keys:** Diese werden von Microsoft früher oder später gesperrt.
3. **Kein oder eingeschränkter Support:** Bei Problemen mit der Aktivierung oder Nutzung Ihrer „gebrauchten” Lizenz wird Ihnen Microsoft wahrscheinlich keinen Support leisten können, da Sie die Lizenz nicht direkt bei ihnen erworben haben. Sie sind auf den Support des Drittanbieters angewiesen, der oft nur schwer erreichbar ist oder nicht die nötige Expertise hat.
4. **Sicherheitsrisiken durch unseriöse Downloads:** Wenn der Anbieter Ihnen nicht den offiziellen Download-Link von Microsoft zur Verfügung stellt, sondern eine eigene Installationsdatei, besteht das Risiko, dass diese manipulierte Software Viren oder Malware enthält. Installieren Sie Software *immer* von der offiziellen Microsoft-Website.
5. **Fehlende Updates oder Funktionen:** Manchmal erhalten Sie Keys für ältere, nicht mehr unterstützte Office-Versionen oder für Versionen, die bestimmte Funktionen nicht enthalten. Achten Sie genau auf die Produktbeschreibung.
6. **Keine Nachvollziehbarkeit:** Seriöse Anbieter sollten in der Lage sein, die Herkunft der Lizenz offenzulegen und zu belegen, dass die ursprüngliche Lizenz ordnungsgemäß deinstalliert wurde. Bei den allermeisten Online-Deals ist dies jedoch nicht transparent.
So erkennen Sie seriöse Angebote und minimieren Ihr Risiko
Trotz der Risiken gibt es Möglichkeiten, eine legale Office Lizenz online zu erwerben. Hier sind die wichtigsten Tipps:
1. **Impressum und Kontaktmöglichkeiten prüfen:** Ein seriöser deutscher Anbieter muss ein vollständiges Impressum mit Firmennamen, Adresse und Kontaktdaten haben. Vorsicht bei Anbietern ohne Impressum oder nur einer E-Mail-Adresse.
2. **Bewertungen und Erfahrungen anderer Kunden:** Suchen Sie nach unabhängigen Bewertungen auf Portalen wie Trustpilot, Google Reviews oder ähnlichen. Achten Sie auf negative Erfahrungen, besonders in Bezug auf die Lizenzaktivierung oder den Support.
3. **Klarheit über den Lizenztyp:** Ein seriöser Händler sollte transparent machen, um welche Art von Lizenz es sich handelt (z.B. Volumenlizenz oder OEM Lizenz) und woher sie stammt. Wenn der Anbieter keine Auskunft geben kann oder will, ist das ein Warnsignal.
4. **Der Preis ist entscheidend:** Wenn der Preis *zu* gut klingt, um wahr zu sein, ist er es wahrscheinlich auch. Ein Office 2021 Professional Plus für unter 20 Euro ist extrem verdächtig und weist fast immer auf eine fragwürdige Lizenzquelle hin. Realistische Preise für gebrauchte Dauerlizenzen liegen oft im Bereich von 50 bis 150 Euro, je nach Version und Zeitpunkt.
5. **Rechnung und Kaufnachweis:** Sie müssen eine ordnungsgemäße Rechnung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer erhalten. Diese dient als Ihr Kaufnachweis.
6. **Offizieller Download von Microsoft:** Der Anbieter sollte Ihnen einen Link zur offiziellen Microsoft-Website geben, von der Sie die Software herunterladen können. Wenn Sie angewiesen werden, die Software von einem obskuren Server herunterzuladen, lassen Sie die Finger davon.
7. **Zahlungsmethoden:** Seriöse Anbieter bieten gängige, sichere Zahlungsmethoden an (PayPal, Kreditkarte, Banküberweisung). Vorsicht bei Anbietern, die nur ungewöhnliche Zahlungsmethoden oder Vorkasse ohne Absicherung akzeptieren.
8. **Widerrufsrecht:** Prüfen Sie die AGBs bezüglich des Widerrufsrechts. Auch für digitale Produkte gibt es in der EU ein Widerrufsrecht, solange die Nutzung nicht begonnen hat.
9. **Aktivierungsprozess:** Der Schlüssel sollte sich problemlos über die offizielle Microsoft-Aktivierungsseite oder direkt in der Office-Anwendung aktivieren lassen.
Microsofts Position und die Realität des Marktes
Microsoft selbst versucht, den Handel mit Gebrauchtsoftware so weit wie möglich einzuschränken. Die Endbenutzer-Lizenzverträge (EULA) verbieten oft den Weiterverkauf. Allerdings wurden diese Klauseln durch das EuGH-Urteil in vielen Teilen ausgehebelt, zumindest für den EU-Raum. Microsoft hat ein legitimes Interesse daran, seine Einnahmen aus Microsoft 365 zu maximieren und Softwarepiraterie zu bekämpfen.
Die Realität ist, dass der Markt für gebrauchte Office-Lizenzen existiert und von vielen Kunden genutzt wird. Es ist ein ständiges Katz-und-Maus-Spiel zwischen Herstellern, Händlern und Käufern. Als Verbraucher ist es Ihre Aufgabe, sich gut zu informieren und nicht blindlings dem günstigsten Angebot zu vertrauen.
Fazit: Lohnt sich die Dauerlizenz wirklich?
Ja, der Kauf einer **dauerhaften Office-Lizenz** von einem Drittanbieter kann in der EU **legal** sein und eine erhebliche Kostenersparnis gegenüber einem Abo darstellen. Das EuGH-Urteil hat hierfür die rechtliche Grundlage geschaffen.
Allerdings ist dieser Markt auch ein Tummelplatz für schwarze Schafe. Das größte Risiko für Sie als Käufer ist nicht die Illegalität des Erwerbs an sich (Sie werden in der Regel nicht strafrechtlich verfolgt, wenn Sie unwissentlich einen ungültigen Key kaufen), sondern der Verlust Ihres Geldes und der Frust über eine nicht funktionierende Software.
Wenn Sie sich für eine Dauerlizenz entscheiden, ist es unerlässlich, dass Sie:
* bei einem **seriösen Händler** kaufen, der transparent ist und gute Bewertungen hat.
* auf eine **klare Produktbeschreibung** achten.
* sich der **Risiken bewusst** sind und diese minimieren, indem Sie unsere Ratschläge befolgen.
Für maximale Bequemlichkeit, stets aktuelle Funktionen, Cloud-Integration und direkten Support ist Microsoft 365 die sichere, wenn auch teurere Wahl. Wer jedoch einmalig investieren und auf die neuesten Features verzichten kann, findet in einer legal erworbenen Dauerlizenz eine valide Alternative – vorausgesetzt, man geht den Kauf mit der nötigen Sorgfalt an. Informieren Sie sich, seien Sie kritisch und treffen Sie eine fundierte Entscheidung für Ihre legale Software.