Die Welt der PC-Hardware dreht sich rasant weiter. Kaum hat man sich an eine Plattform gewöhnt, steht schon die nächste Generation vor der Tür. Viele von uns haben in den letzten Jahren auf die bewährte AMD AM4-Plattform gesetzt. Mit dem Upgrade auf neuere CPUs oder gar komplett neue Systeme wie AM5 oder Intel LGA1700 bleibt oft ein gut funktionierender Rest-PC zurück: Ein **AM4 Mainboard**, **RAM**, ein **Netzteil**, **Speicher** und ein **Gehäuse**, aber ohne die Herzstücke – **Grafikkarte** und **CPU**. Was ist dieser „Rest-PC” noch wert? Und wie findet man den **richtigen Verkaufspreis**, um ihn fair, aber gewinnbringend an den Mann oder die Frau zu bringen? Dieser Artikel gibt dir eine umfassende Anleitung.
### Warum dein alter AM4 PC ohne CPU und GPU immer noch Wert hat
Bevor wir ins Detail gehen, ist es wichtig zu verstehen, warum deine scheinbar unvollständige Hardware noch attraktiv ist. Die AM4-Plattform war über Jahre hinweg die erste Wahl für viele PC-Bauer und Gamer. Sie zeichnet sich durch eine außergewöhnlich lange Lebensdauer aus, die von den ersten Ryzen 1000er-Serien bis hin zu den leistungsstarken Ryzen 5000er-CPUs reicht. Das bedeutet, dass ein gut erhaltenes AM4-Mainboard mit passenden Komponenten eine hervorragende Basis für:
* **Budget-Builds:** Studenten oder Einsteiger, die einen leistungsfähigen PC zu geringen Kosten suchen.
* **Upgrade-Projekte:** Nutzer, die von einer älteren AM4-Generation aufrüsten möchten, aber keine komplett neue Plattform kaufen wollen.
* **Zweit-PCs oder Home-Server:** Für Aufgaben, die keine High-End-Grafikkarte oder die allerneueste CPU erfordern.
Die Nachfrage nach gebrauchten, aber funktionsfähigen AM4-Komponenten ist ungebrochen. Es gibt eine große Community, die genau nach solchen Teilen sucht, um bestehende Systeme zu erweitern oder kostengünstig einen neuen PC zu bauen. Dein „Rest-PC” ist also keine wertlose Staubfänger, sondern ein Schatz für den **Gebrauchtmarkt**.
### Die Komponenten deines AM4-Rest-PCs und ihre Wertfaktoren
Um den **richtigen Verkaufspreis** zu ermitteln, musst du die einzelnen Komponenten genau unter die Lupe nehmen. Jedes Teil hat spezifische Merkmale, die seinen Wert maßgeblich beeinflussen.
#### 1. Das Mainboard (Herzstück der Plattform)
Das **Mainboard** ist das Fundament deines AM4-Systems und oft das wertvollste Einzelteil deines verbleibenden Sets.
* **Chipsatz:** Der wichtigste Faktor. AM4-Mainboards kommen mit verschiedenen Chipsätzen:
* **A320/A520:** Einstiegsmodelle, oft ohne Overclocking-Möglichkeit. Geringster Wert.
* **B350/B450/B550:** Mittelklasse-Chipsätze, sehr beliebt. B450 und insbesondere B550 (mit PCIe 4.0-Unterstützung) halten ihren Wert gut.
* **X370/X470/X570:** High-End-Chipsätze mit mehr Anschlussmöglichkeiten und besseren VRMs. X570 (ebenfalls mit PCIe 4.0, oft bessere VRMs und Kühlung) hat den höchsten Wiederverkaufswert.
* **VRM-Qualität:** Die Spannungswandler (Voltage Regulator Modules) sind entscheidend für die Stabilität und Übertaktbarkeit der CPU. Bessere VRMs (oft mit großen Kühlkörpern) erhöhen den Wert.
* **Ausstattung:** Anzahl der M.2-Slots, USB 3.x/USB-C-Anschlüsse, integriertes Wi-Fi/Bluetooth, hochwertige Audio-Chips.
* **Formfaktor:** ATX-Mainboards sind meist gefragter als Micro-ATX oder Mini-ITX.
* **Marke und Modell:** Bekannte Hersteller wie ASUS (ROG, TUF), MSI (MAG, MPG), Gigabyte (Aorus) und ASRock haben oft eine höhere Wertschätzung. Spezifische High-End-Modelle sind gefragter.
* **Zustand und Zubehör:** Ein sauberes Mainboard, idealerweise mit Originalverpackung, I/O-Shield, SATA-Kabeln und M.2-Schrauben, erzielt einen besseren Preis.
**Tipp:** Notiere dir das genaue Modell deines Mainboards (z.B. ASUS ROG Strix B550-F Gaming). Dies ist entscheidend für die Preisrecherche.
#### 2. Arbeitsspeicher (RAM)
**DDR4 RAM** ist ein Standard, der noch lange relevant sein wird.
* **Kapazität:** 16GB (2x8GB) ist der Sweet Spot für Gaming und allgemeine Nutzung. 32GB (2x16GB) oder mehr sind ebenfalls sehr gefragt. Einzelne 8GB-Riegel sind weniger attraktiv.
* **Geschwindigkeit (MHz):** Für AM4-Ryzen-CPUs sind 3200 MHz bis 3600 MHz ideal. Höhere Geschwindigkeiten (z.B. 4000 MHz) sind selten und teurer, niedrigere (z.B. 2400 MHz) mindern den Wert.
* **Latenz (CL-Wert):** Eine niedrigere CL-Zahl ist besser. CL16 oder CL18 bei 3200/3600 MHz ist Standard und gut.
* **Marke und Design:** Marken wie Corsair (Vengeance), G.Skill (Trident Z, Ripjaws), Kingston (Fury) sind beliebt. RAM mit RGB-Beleuchtung kann einen kleinen Aufpreis erzielen.
* **Kits:** RAM-Kits, die als Paar verkauft werden (z.B. 2x8GB), sind deutlich begehrter als einzelne Riegel, da sie eine Dual-Channel-Konfiguration ermöglichen, was die Systemleistung erheblich steigert.
**Tipp:** Überprüfe die genauen Spezifikationen (Kapazität, Takt, CL) mit Tools wie CPU-Z oder direkt auf den RAM-Riegeln.
#### 3. Netzteil (PSU)
Das **Netzteil** versorgt alle Komponenten mit Strom.
* **Leistung (Watt):** Ein Netzteil mit 550W bis 750W ist für die meisten AM4-Systeme ausreichend und daher sehr begehrt. Höhere Wattzahlen sind nur für High-End-GPUs sinnvoll und könnten auf dem Gebrauchtmarkt etwas schwerer zu verkaufen sein, da der Käufer womöglich gar nicht so viel Leistung benötigt.
* **Effizienz (80 PLUS-Zertifizierung):** Bronze, Silver, Gold, Platinum, Titanium. Gold-zertifizierte Netzteile sind ein guter Kompromiss aus Effizienz und Preis und sehr beliebt.
* **Modularität:** Voll-modulare oder semi-modulare Netzteile (bei denen nur die nötigsten Kabel fest verbunden sind) sind wegen der besseren Kabelmanagement-Optionen gefragter.
* **Marke und Alter:** Be Quiet!, Seasonic, Corsair, Cooler Master, EVGA sind bekannte und vertrauenswürdige Marken. Ein jüngeres Netzteil mit Restgarantie ist natürlich mehr wert.
**Tipp:** Reinige das Netzteil gründlich von Staub. Ein sauberes, funktionierendes Netzteil macht einen besseren Eindruck.
#### 4. Speicher (SSDs und HDDs)
Speichergeräte sind ein Muss in jedem PC.
* **Art:** **SSDs** (Solid State Drives) sind deutlich mehr wert als HDDs (Hard Disk Drives).
* **NVMe SSDs:** Besonders begehrt, da sie über PCIe angebunden sind und deutlich höhere Geschwindigkeiten bieten als SATA-SSDs.
* **SATA SSDs:** Immer noch eine gute Option für schnelle Ladezeiten.
* **Kapazität:** Für SSDs sind 500GB bis 1TB am gefragtesten. HDDs mit 2TB oder mehr haben noch einen gewissen Wert, kleinere HDDs sind kaum noch zu verkaufen.
* **Zustand:** Besonders wichtig bei Speichermedien ist der Gesundheitszustand. Nutze Tools wie CrystalDiskInfo, um den „Health Status” und die „Total Host Writes” der SSD bzw. die SMART-Werte der HDD zu prüfen. Ein perfekter Gesundheitszustand ist ein starkes Verkaufsargument.
* **Marke:** Samsung (EVO, Pro), Western Digital (Black, Blue, Green), Crucial, Kingston sind vertrauenswürdige Marken.
**Tipp:** Stelle sicher, dass alle persönlichen Daten sicher gelöscht sind (z.B. mit einer vollständigen Formatierung oder speziellen Tools), bevor du Speichermedien verkaufst.
#### 5. Gehäuse (Case)
Das **Gehäuse** ist oft der größte und auffälligste Teil.
* **Zustand:** Kratzer, Dellen oder fehlende Schrauben mindern den Wert erheblich. Ein sauberes, staubfreies Gehäuse ist ein Muss.
* **Design und Features:** Temperglas-Seitenwände, gute Airflow-Möglichkeiten, integrierte RGB-Beleuchtung, USB-C-Anschluss am Frontpanel.
* **Marke:** Marken wie be quiet!, Fractal Design, Lian Li, NZXT, Cooler Master, Phanteks sind beliebt.
* **Zubehör:** Lüfter (besonders RGB-Lüfter), Staubfilter, Kabelbinder, alle Schrauben und ggf. eine Originalverpackung steigern den Wert.
**Tipp:** Entferne alle alten Aufkleber oder Rückstände. Poliere Glasflächen, sodass sie wie neu aussehen.
#### 6. CPU-Kühler (falls vorhanden)
Wenn du einen **CPU-Kühler** ohne die CPU verkaufst, handelt es sich meist um einen aftermarket Kühler.
* **Art:** Luftkühler (z.B. Noctua NH-D15, be quiet! Dark Rock Pro) sind oft sehr wertstabil. All-in-One (AIO)-Wasserkühler verlieren schneller an Wert, da Pumpen und Flüssigkeit altern.
* **Zustand und Kompatibilität:** Muss sauber sein, alle Montageteile für AM4 müssen vorhanden sein.
* **Marke:** Noctua, be quiet!, Arctic, Corsair sind gefragte Marken.
* **Zubehör:** Originalverpackung, ungenutzte Wärmeleitpaste, alternative Halterungen.
**Tipp:** Stelle sicher, dass der Kühler mit dem AM4-Sockel kompatibel ist (was er ja war) und alle notwendigen Schrauben und Halterungen dabei sind.
### Faktoren, die den Gesamtpreis beeinflussen
Neben den spezifischen Eigenschaften der Komponenten gibt es allgemeine Faktoren, die den **Verkaufspreis** deines AM4-Rest-PCs beeinflussen:
1. **Gesamtzustand:** Ist alles in einem einwandfreien, getesteten und gereinigten Zustand? Oder gibt es sichtbare Gebrauchsspuren, die den Wert mindern? Ehrlichkeit hier ist der beste Weg.
2. **Alter:** Neuere Komponenten (z.B. B550/X570 Mainboards) halten ihren Wert besser als ältere (B350/X370).
3. **Originalverpackung und Zubehör:** Das Vorhandensein der Originalverpackungen für Mainboard, RAM und Netzteil, inklusive aller Handbücher, Kabel, Schrauben und Treiber-CDs, kann den Preis um 5-15% steigern. Es vermittelt Vertrauen und erleichtert dem Käufer die Installation.
4. **Restgarantie:** Wenn einzelne Komponenten noch Restgarantie haben, ist das ein starkes Verkaufsargument. Hebe dies in deiner Beschreibung hervor und liefere die Kaufbelege mit (falls möglich).
5. **Marktnachfrage:** Aktuell ist die Nachfrage nach AM4-Komponenten stabil, da sie eine kostengünstige Upgrade-Möglichkeit darstellen. Die Veröffentlichung neuer Plattformen kann jedoch zukünftig den Wert mindern.
6. **Bundle vs. Einzelverkauf:** Oft lässt sich ein höherer Gesamtpreis erzielen, wenn man die Komponenten einzeln verkauft, da spezifische Käufer bereit sind, für einzelne, begehrte Teile mehr zu zahlen. Ein komplettes Bundle (Mainboard, RAM, Netzteil, Gehäuse, Speicher) ist aber einfacher und schneller zu verkaufen, auch wenn der Gesamtpreis dann eventuell etwas niedriger ist.
### So ermittelst du den genauen Verkaufspreis
Jetzt, da du alle Faktoren kennst, geht es ans Eingemachte: Die Preisfindung.
1. **Recherche auf Verkaufsplattformen:** Dies ist der wichtigste Schritt.
* **Kleinanzeigen (ehemals eBay Kleinanzeigen):** Durchsuche die Plattform nach *verkauften* Artikeln (falls die Option verfügbar ist) oder nach aktuellen Angeboten für genau deine Komponenten. Gib die Modellbezeichnung exakt ein (z.B. „ASUS ROG Strix B550-F Gaming Mainboard”). Achte auf den Zustand und das Zubehör der Vergleichsangebote. Filter nach ähnlichen Preisen.
* **eBay:** Suche nach beendeten und *verkauften* Angeboten („Verkaufte Artikel” in den Filteroptionen). Hier siehst du, zu welchem Preis ähnliche Komponenten tatsächlich den Besitzer gewechselt haben. Das ist eine sehr verlässliche Quelle.
* **Facebook Marketplace und spezielle Hardware-Gruppen:** Auch hier kannst du nach Angeboten suchen und ein Gefühl für die Preise bekommen.
* **Hardwareforen:** Manchmal gibt es spezielle „Biete/Suche”-Sektionen in PC-Hardware-Foren, wo sich erfahrene Nutzer über faire Preise austauschen.
2. **Vergleiche Neuware-Preise:** Schau bei Preisvergleichsseiten wie Geizhals.de oder Idealo.de nach, was deine Komponenten neu kosten würden. Deine Gebrauchtware sollte je nach Alter, Zustand und verbleibender Garantie 30-70% unter dem Neupreis liegen. Bei sehr alten oder verbreiteten Komponenten kann der Wertverlust noch höher sein. Für begehrte Komponenten mit Restgarantie kann der Wertverlust geringer sein.
3. **Kalkuliere realistisch:** Sei ehrlich zu dir selbst. Ein kleiner Kratzer, fehlende Schrauben oder ein staubiges Gehäuse mindern den Wert. Setze einen realistischen Preis an und sei bereit, bei ernsthaftem Interesse noch etwas zu verhandeln. Es ist besser, etwas schneller zu einem leicht reduzierten Preis zu verkaufen, als wochenlang auf einem überteuerten Angebot sitzen zu bleiben.
4. **Der Bundle-Vorteil:** Wenn du alles zusammen verkaufen möchtest, addiere die Einzelwerte der Komponenten und ziehe dann 5-15% ab. Ein Bundle ist attraktiver für Käufer, die ein vollständiges „Grundgerüst” für einen neuen PC suchen, und kann dir den Aufwand des Einzelverkaufs ersparen.
### Tipps für den erfolgreichen Verkauf
Nachdem du den **richtigen Verkaufspreis** ermittelt hast, geht es an die Präsentation und den Verkauf selbst.
1. **Gründliche Reinigung:** Das A und O. Nimm dir die Zeit, jede Komponente sorgfältig zu reinigen. Entferne Staub mit Druckluft, Mikrofasertüchern und Isopropylalkohol (für Mainboards und GPU-Kühler). Ein sauberer PC sieht nicht nur besser aus, sondern vermittelt auch den Eindruck, dass er gut gepflegt wurde.
2. **Hochwertige Fotos:** Mache klare, gut beleuchtete Fotos aus verschiedenen Perspektiven. Zeige alle Komponenten einzeln und eventuell auch zusammen im Gehäuse. Hebe Besonderheiten hervor (z.B. RGB-Beleuchtung, gute Kühler). Achte darauf, keine persönlichen Gegenstände im Bild zu haben.
3. **Detaillierte Beschreibung:** Erstelle eine umfassende und präzise Beschreibung:
* Genaue Modellbezeichnungen aller Komponenten.
* Alle relevanten Spezifikationen (Chipsatz, RAM-Takt/Kapazität, Netzteil-Watt/Effizienz).
* Zustand jeder Komponente (neu, sehr gut, leichte Gebrauchsspuren, etc.).
* Was im Lieferumfang enthalten ist (Originalverpackung, Zubehör, Kabel etc.).
* Ob noch Garantie besteht (mit Beleg).
* Warum du verkaufst (z.B. „Upgrade auf AM5”).
* Die Angabe, dass **KEINE CPU und KEINE GPU** enthalten sind, sollte fett und klar kommuniziert werden, um Missverständnisse zu vermeiden.
4. **Ehrlichkeit zahlt sich aus:** Verschweige keine Mängel. Ein kleiner Kratzer ist besser im Voraus kommuniziert, als dass der Käufer ihn nach dem Kauf entdeckt und enttäuscht ist.
5. **Verpackung und Versand:** Wenn du versendest, verpacke alles sorgfältig und stoßsicher. Antistatische Beutel für Mainboard und RAM sind Pflicht. Versichere den Versand. Biete idealerweise Abholung an, um Versandkosten und -risiko zu vermeiden.
6. **Sicherheit beim Verkauf:** Treffe dich bei persönlichen Übergaben an einem öffentlichen Ort. Sei vorsichtig bei dubiosen Anfragen oder unrealistisch hohen Geboten, die zu schnellem Versand drängen.
### Fazit
Dein alter **AM4 PC ohne Grafikkarte und CPU** ist weit davon entfernt, wertlos zu sein. Mit ein wenig Aufwand und der richtigen Strategie kannst du einen **fairen und angemessenen Verkaufspreis** erzielen. Eine gründliche Recherche, eine ehrliche Einschätzung des Zustands und eine professionelle Präsentation sind der Schlüssel zum Erfolg. Indem du die individuellen Werte von **Mainboard**, **RAM**, **Netzteil**, **Speicher** und **Gehäuse** berücksichtigst und die Marktpreise vergleichst, maximierst du deine Chancen, deine gebrauchte Hardware erfolgreich und zur Zufriedenheit aller Beteiligten zu verkaufen. Viel Erfolg beim Verkaufen deiner geschätzten AM4-Komponenten!