Es ist ein Szenario, das viele PC-Gamer nur allzu gut kennen: Du hast dir ein neues Spiel auf Steam gekauft oder ein kostenloses Juwel im Epic Games Store ergattert. Freudig startest du den Download, doch dann die Überraschung – während der Epic-Download scheinbar mühelos durch deine Leitung rauscht, kriecht der Steam-Download vor sich hin oder stoppt immer wieder. Frustration macht sich breit. Liegt es an deiner Internetverbindung? An deinem PC? Oder steckt mehr dahinter? Die Antwort ist komplex und führt uns tief in die Architektur der beiden größten PC-Spiele-Launcher. Es ist ein faszinierendes Duell, bei dem verschiedene Technologien und Geschäftsmodelle aufeinandertreffen.
Dieser Artikel beleuchtet die Kernursachen für die gefühlten Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Steam- und Epic-Games-Downloads. Wir werden uns ansehen, wie beide Plattformen ihre Inhalte bereitstellen, wie sie mit Daten umgehen und welche Rolle deine eigene Hardware und Netzwerkkonfiguration dabei spielen. Am Ende wirst du nicht nur verstehen, warum dies so ist, sondern auch, was du tun kannst, um deine Download-Geschwindigkeit zu optimieren.
Der Elefant im Raum: CDN-Architektur (Content Delivery Network)
Das Herzstück jeder Spielevertriebsplattform ist das Content Delivery Network (CDN). Ein CDN ist ein verteiltes Netzwerk von Servern, die Kopien von Inhalten (in unserem Fall Spieldateien) speichern und sie an Nutzer ausliefern. Je näher ein Server am Nutzer ist und je besser er an das Internet angebunden ist, desto schneller kann der Inhalt geliefert werden. Hier beginnt der erste und vielleicht größte Unterschied zwischen Steam und Epic Games.
Steam’s CDN: Das Eigenbau-Imperium
Steam, als Pionier des digitalen Spielevertriebs, hat über die Jahre ein massives, proprietäres CDN aufgebaut. Valve, das Unternehmen hinter Steam, betreibt und wartet dieses Netzwerk selbst. Das hat Vor- und Nachteile:
- Vorteile: Valve hat die volle Kontrolle über seine Infrastruktur und kann sie spezifisch für Spiele-Downloads optimieren. Sie können Anpassungen vornehmen, um die Leistung bei hoher Nachfrage zu maximieren.
- Nachteile: Der Aufbau und die Wartung eines solch globalen Netzwerks sind immens teuer und komplex. Obwohl Steam unzählige Serverfarmen weltweit besitzt, kann es bei Spitzenlasten (z.B. bei großen Sales, Free Weekends oder dem Launch eines AAA-Titels) zu Engpässen kommen. Die Verteilung der Nutzer auf die verfügbaren Server und die Wahl der Steam Download-Region spielen hier eine entscheidende Rolle. Wenn viele Nutzer in deiner Region gleichzeitig laden, kann dies zu einer Überlastung des nächstgelegenen Servers führen und deine Bandbreite limitieren.
Valve ist ständig bestrebt, sein CDN zu erweitern und zu optimieren, aber die schiere Größe der Steam-Nutzerbasis (Millionen von gleichzeitig aktiven Spielern) stellt eine enorme Herausforderung dar.
Epic Games’ CDN: Die Macht der Drittanbieter
Epic Games verfolgt einen anderen Ansatz. Anstatt ein eigenes, riesiges CDN von Grund auf aufzubauen, setzt Epic stark auf externe, professionelle CDN-Anbieter wie Akamai, Cloudflare oder Amazon Web Services (AWS) CloudFront. Diese Unternehmen sind darauf spezialisiert, Inhalte weltweit effizient zu verteilen und zu optimieren.
- Vorteile:
- Skalierbarkeit: Drittanbieter-CDNs sind extrem skalierbar. Sie können schnell Ressourcen aufstocken, um plötzliche Spitzen in der Nachfrage zu bewältigen, da sie ohnehin für unzählige andere Kunden Inhalte ausliefern.
- Geografische Verteilung: Diese CDNs verfügen über eine enorme Anzahl an PoPs (Points of Presence) weltweit. Das bedeutet, dass die Spieldateien oft auf einem Server gespeichert sind, der geografisch sehr nah an dir liegt, was die Latenz reduziert und die Download-Geschwindigkeit erhöht.
- Optimierung: Anbieter wie Akamai haben jahrzehntelange Erfahrung in der Optimierung von Datenströmen und nutzen fortschrittliche Caching-Strategien, um Inhalte so schnell wie möglich zu liefern.
- Nachteile: Epic Games hat weniger direkte Kontrolle über die Infrastruktur. Allerdings überwiegen die Vorteile der Skalierbarkeit und globalen Reichweite oft für den Endnutzer.
Für viele Nutzer bedeutet dies, dass Epic Games tendenziell stabilere und oft schnellere Downloads liefern kann, da es auf ein bereits etabliertes und hochoptimiertes globales Netzwerk zurückgreift.
Die Dateikomprimierung und -verteilung: Mehr als nur Herunterladen
Ein weiterer wichtiger Faktor ist, wie die Spieldateien vorbereitet, komprimiert und letztlich auf deiner Festplatte installiert werden. Hier unterscheiden sich die Methoden von Steam und Epic Games erheblich und beeinflussen nicht nur die reine Download-Geschwindigkeit, sondern auch die gesamte Zeit, bis du spielen kannst.
Steam: Delta-Updates und post-Download-Verarbeitung
Steam verwendet ein hochentwickeltes proprietäres Dateisystem, das oft als VDFS (Valve Data File System) bezeichnet wird. Ein Schlüsselmerkmal ist die effiziente Nutzung von Delta-Updates. Das bedeutet, dass bei Updates oft nur die *geänderten* Teile einer Datei heruntergeladen werden, anstatt die gesamte Datei neu herunterzuladen. Das spart Bandbreite.
Der Nachteil dabei: Nach dem Herunterladen dieser Delta-Pakete muss der Steam-Client die neuen Daten mit den bestehenden Spieldateien auf deiner Festplatte *zusammenführen* und *dekomprimieren*. Dieser Prozess kann sehr CPU- und festplattenintensiv sein. Es ist der Grund, warum dein Steam-Download manchmal bei 100% verweilt und die Meldung „Update wird installiert” oder „Disk-Auslastung” anzeigt. Die eigentliche Download-Phase ist abgeschlossen, aber die Nachbearbeitung dauert an. Für den Nutzer fühlt es sich an, als ob der Download noch läuft oder extrem langsam ist, obwohl die Netzwerkaktivität bereits beendet ist. Besonders bei langsamen Festplatten (HDDs) kann dies zu erheblichen Wartezeiten führen.
Epic Games: Direkter und weniger aufwändig
Epic Games tendiert dazu, Spieldateien in einem Zustand zu liefern, der weniger intensive Nachbearbeitung erfordert. Oftmals werden Dateien in größeren Blöcken und in einem Format heruntergeladen, das direkt auf der Festplatte platziert werden kann, ohne dass umfangreiche Merge-Operationen oder starke Dekomprimierungsschritte erforderlich sind, die deine CPU oder Festplatte stark belasten würden.
Das Ergebnis: Wenn der Download bei Epic Games 100% erreicht, ist das Spiel meistens sofort spielbereit oder erfordert nur minimale zusätzliche Installationszeit. Dies trägt maßgeblich zum Gefühl bei, dass Epic-Downloads *schneller* sind, selbst wenn die reine Netzwerk-Download-Geschwindigkeit pro Sekunde vergleichbar gewesen sein mag. Die Zeit von „Download starten” bis „Spiel starten” ist bei Epic oft kürzer, weil die „Installations”-Phase während des Downloads oder direkt danach effizienter abläuft.
Die Benutzeroberfläche und Performance-Optimierungen
Auch die Clients selbst – also die Software, die du auf deinem PC installierst – spielen eine Rolle in der wahrgenommenen Performance.
Steam-Client: Funktionsreich und Ressourcenhungrig?
Der Steam-Client ist über die Jahre zu einem umfangreichen Ökosystem herangewachsen. Er bietet nicht nur eine Storefront und einen Launcher, sondern auch Community-Features, Workshop-Integration, In-Game-Overlay, Chat, Streaming, Remote Play und vieles mehr. Während diese Funktionen das Steam-Erlebnis bereichern, können sie auch Ressourcen verbrauchen. Manchmal kann der Steam-Client selbst im Hintergrund aktiv sein, Downloads vorbereiten, Shader vorab kompilieren oder andere Hintergrundprozesse ausführen, die die Systemleistung beeinflussen und indirekt die Download-Optimierung beeinträchtigen.
Epic Games Launcher: Schlanker und fokussierter
Der Epic Games Launcher ist im Vergleich dazu ein wesentlich jüngeres Produkt und wurde mit einem anderen Fokus entwickelt. Er ist schlanker, bietet weniger integrierte Community-Funktionen und ist primär auf den Vertrieb und das Starten von Spielen ausgerichtet. Diese Einfachheit kann bedeuten, dass der Epic-Client während eines Downloads weniger Systemressourcen beansprucht, was zu einer reibungsloseren und potenziell schnelleren Erfahrung führt, da mehr CPU- und Festplattenzyklen für den eigentlichen Download- und Installationsprozess zur Verfügung stehen.
Die Rolle deiner Hardware und Internetverbindung
Auch wenn die Launcher-Architektur und die Dateiverarbeitung wichtige Faktoren sind, dürfen wir die Grundlagen nicht vergessen: Deine eigene Hardware und deine Internetgeschwindigkeit sind entscheidend.
- SSD vs. HDD: Dies ist *der* entscheidende Faktor für die post-Download-Verarbeitung, insbesondere bei Steam. Eine SSD (Solid State Drive) hat wesentlich höhere Schreib- und Lesezugriffszeiten als eine herkömmliche HDD (Hard Disk Drive). Wenn Steam Daten dekomprimieren und auf die Festplatte schreiben muss, kann eine SSD diesen Prozess in Sekunden statt in Minuten erledigen. Bei einer HDD kann dies der absolute Flaschenhals sein und den gesamten Prozess drastisch verlangsamen, selbst wenn deine Internetleitung gigabit-schnell ist.
- CPU: Für die Dekomprimierung und das Patchen von Spieldateien ist auch eine ausreichend starke CPU wichtig. Ältere oder schwächere Prozessoren können hier ebenfalls einen Engpass darstellen.
- Internetgeschwindigkeit und Router: Natürlich ist eine schnelle und stabile Internetgeschwindigkeit die Grundvoraussetzung. Ein alter oder überlasteter Router, eine schlechte Wi-Fi-Verbindung oder andere Geräte in deinem Netzwerk, die viel Bandbreite verbrauchen, können ebenfalls zu langsamen Downloads führen – unabhängig vom Launcher. Ein LAN-Kabel ist hier immer die zuverlässigere Option.
- ISP Throttling: Obwohl unwahrscheinlich, dass Internetdienstanbieter (ISPs) zwischen Steam und Epic Games differenzieren, kann es in seltenen Fällen zu einer Drosselung der Verbindung kommen, wenn bestimmte Traffic-Muster erkannt werden.
Psychologische Aspekte und Nutzererwartungen
Die Wahrnehmung spielt eine große Rolle. Wenn ein Epic-Download bei 100% sofort spielbar ist, während ein Steam-Download noch Minuten oder länger für die Installation benötigt, fühlt sich Epic einfach „schneller” an, selbst wenn die eigentliche Download-Rate im Netzwerk identisch war. Diese psychologische Komponente ist nicht zu unterschätzen.
Hinzu kommt, dass Steam eine viel größere und ältere Nutzerbasis hat. In Stoßzeiten sind schlichtweg mehr Menschen gleichzeitig auf Steam unterwegs und belasten die Server. Epic Games hat durch seine aggressive Strategie mit kostenlosen Spielen zwar viele neue Nutzer gewonnen, aber die absolute Zahl der gleichzeitig aktiven Downloader für brandneue Titel mag auf Steam immer noch höher sein, was das CDN stärker belasten kann.
Was du tun kannst, um deine Download-Geschwindigkeit zu verbessern
Auch wenn du die grundlegende Architektur der Launcher nicht ändern kannst, gibt es einige Schritte, die du unternehmen kannst, um deine Download-Optimierung zu verbessern:
Für Steam-Downloads:
- Download-Region ändern: Gehe in den Steam-Einstellungen zu „Downloads” und wähle eine andere Download-Region aus. Manchmal ist ein geografisch weiter entfernter Server weniger überlastet und bietet bessere Geschwindigkeiten. Probiere verschiedene Regionen aus.
- Download-Cache leeren: In den Steam-Einstellungen unter „Downloads” findest du die Option „Download-Cache leeren”. Dies kann bei Problemen helfen.
- Festplatte aufrüsten: Wenn du noch eine HDD nutzt, ist der Umstieg auf eine SSD für Spiele – und insbesondere für Steam-Downloads – eine der lohnendsten Investitionen.
- Hintergrundprozesse schließen: Schließe alle unnötigen Anwendungen und Prozesse, die Bandbreite oder CPU-Leistung verbrauchen könnten.
- Bandbreitenlimit aufheben: Stelle sicher, dass in den Steam-Einstellungen kein künstliches Bandbreitenlimit gesetzt ist.
Allgemeine Tipps für alle Launcher:
- Kabelverbindung nutzen: Verbinde deinen PC wenn möglich per Ethernet-Kabel mit deinem Router. WLAN ist anfälliger für Störungen und Geschwindigkeitsschwankungen.
- Router neu starten: Ein einfacher Neustart deines Routers kann oft Verbindungsprobleme beheben.
- Netzwerktreiber aktualisieren: Stelle sicher, dass deine Netzwerkkartentreiber auf dem neuesten Stand sind.
- VPN vermeiden: Ein VPN kann deine Download-Geschwindigkeit verlangsamen, da der Datenverkehr umgeleitet wird. Deaktiviere es beim Download, es sei denn, es ist absolut notwendig.
- ISP kontaktieren: Wenn du dauerhaft schlechte Geschwindigkeiten hast, kontaktiere deinen Internetdienstanbieter.
Fazit: Unterschiedliche Wege zum selben Ziel
Das „Duell der Launcher” um die schnellste Download-Geschwindigkeit ist keine Frage von „gut” oder „schlecht”, sondern von unterschiedlichen technischen Ansätzen und strategischen Entscheidungen. Steam mit seinem eigenständigen, massiven CDN und seiner detaillierten Delta-Update-Architektur erfordert oft mehr post-Download-Verarbeitung, was die gefühlte Gesamtzeit bis zum Spielstart verlängern kann. Epic Games hingegen profitiert von der Nutzung externer, hochoptimierter CDNs und einer tendenziell direkteren Dateiverteilung, die den Installationsprozess beschleunigt.
Beide Plattformen haben ihre Stärken und Schwächen. Für uns Nutzer ist es wichtig zu verstehen, warum sich Downloads unterschiedlich anfühlen und welche Faktoren – sowohl auf Seiten der Launcher als auch auf unserer eigenen Hardware – die Erfahrung beeinflussen. Mit dem richtigen Wissen und ein paar Optimierungen kannst du sicherstellen, dass du deine Spiele so schnell wie möglich genießen kannst, egal ob sie von Steam oder Epic Games kommen.