Sie kennen das Szenario: Windows meldet, dass die Speicher-Integrität (Memory Integrity) nicht aktiviert werden kann, da ein inkompatibler Treiber vorhanden ist. Doch wenn Sie auf den Link „Inkompatible Treiber überprüfen“ klicken, erscheint die Meldung „Es wurden keine inkompatiblen Treiber gefunden“. Frustrierend, nicht wahr? Dieses scheinbar widersprüchliche Verhalten lässt viele Nutzer ratlos zurück, da eine wichtige Sicherheitsfunktion blockiert wird, ohne dass der Schuldige benannt wird. Doch keine Sorge, Sie sind nicht allein, und es gibt Wege, diesen unsichtbaren Übeltäter aufzuspüren.
In diesem umfassenden Leitfaden tauchen wir tief in die Welt der Windows-Treiber ein und zeigen Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie das Problem der unsichtbaren inkompatiblen Treiber lösen können. Von einfachen Überprüfungen bis hin zu fortgeschrittenen Diagnosewerkzeugen – wir decken alles ab, damit Ihre Kernisolierung (Core Isolation) wieder voll funktionsfähig ist.
Was ist „Speicher-Integrität” und warum ist sie so wichtig?
Die Speicher-Integrität ist eine zentrale Sicherheitsfunktion in Windows, die Teil der Kernisolierung ist. Sie nutzt die Virtualisierungsbasierte Sicherheit (VBS) Ihres Systems, um schädlichen Code daran zu hindern, auf Hochsicherheitsprozesse zuzugreifen. Konkret stellt die Speicher-Integrität sicher, dass alle im Windows-Kernel geladenen Treiber signiert und vertrauenswürdig sind. Dies erschwert es Malware, die Kontrolle über Ihr System zu übernehmen, indem sie beispielsweise kritische Systemprozesse manipuliert.
Wenn diese Funktion deaktiviert ist, ist Ihr System anfälliger für bestimmte Arten von Angriffen. Daher ist es von größter Bedeutung, dass die Speicher-Integrität aktiviert ist und ordnungsgemäß funktioniert. Ein einziger, alter oder inkompatibler Treiber kann diese wichtige Schutzschicht jedoch außer Kraft setzen.
Das Mysterium des unsichtbaren Treibers: Warum zeigt Windows nichts an?
Die Fehlermeldung „Es wurden keine inkompatiblen Treiber gefunden”, obwohl die Speicher-Integrität blockiert ist, ist verwirrend. Die Ursache liegt oft darin, dass Windows in seiner Benutzeroberfläche nur jene Treiber auflistet, die es explizit als inkompatibel für die Aktivierung der Kernisolierung erkennt und die ordnungsgemäß im System registriert sind. Es gibt jedoch mehrere Gründe, warum ein Treiber diese Prüfung umgehen oder nicht in dieser Liste auftauchen könnte:
- Alte oder veraltete Treiber: Manchmal stammen die problematischen Treiber von sehr alter Hardware oder Software, die nicht mehr vom Hersteller unterstützt wird.
- Nicht ordnungsgemäß deinstallierte Software: Beim Entfernen von Programmen bleiben oft Treiberreste zurück, die weiterhin aktiv sind.
- Treiber von Virtualisierungssoftware: Ältere Versionen von VirtualBox, VMWare oder ähnlicher Software können Treiber installieren, die mit der Kernisolierung kollidieren.
- Anti-Cheat-Software für Spiele: Einige Anti-Cheat-Lösungen (z.B. von älteren Spielen) greifen tief ins System ein und können inkompatible Treiber hinterlassen.
- Drittanbieter-Sicherheitssoftware: Manchmal verursachen auch andere Antivirenprogramme oder Sicherheitslösungen Konflikte.
- Unsignierte Treiber: Treiber, die nicht mit einem gültigen digitalen Zertifikat versehen sind, werden von der Speicher-Integrität blockiert, aber die Oberfläche meldet dies möglicherweise nicht immer direkt als „inkompatibel” in der Liste.
Diese „unsichtbaren” Treiber sind oft die hartnäckigsten Übeltäter. Aber keine Sorge, wir haben die Werkzeuge, um sie ausfindig zu machen.
Schritt für Schritt zur Lösung: Den Übeltäter finden und eliminieren
1. Der erste Blick: Windows-Einstellungen und Treiber-Scan
Beginnen Sie mit dem Offensichtlichen, auch wenn es bislang keine Lösung gebracht hat:
- Öffnen Sie die Einstellungen (Windows-Taste + I).
- Navigieren Sie zu Datenschutz & Sicherheit > Windows-Sicherheit.
- Klicken Sie auf Gerätesicherheit.
- Unter „Kernisolierung“ klicken Sie auf Details zur Kernisolierung.
- Wenn die Speicher-Integrität deaktiviert ist, sehen Sie möglicherweise den Hinweis auf inkompatible Treiber. Auch wenn der Link „Inkompatible Treiber überprüfen“ nichts anzeigt, ist es gut, hier einmal nachzusehen.
Manchmal hilft ein Neustart nach dieser Überprüfung bereits, insbesondere wenn das System gerade erst aktualisiert wurde.
2. Der Geräte-Manager: Tiefer graben
Der Geräte-Manager ist Ihr erstes echtes Detektivwerkzeug.
- Öffnen Sie den Geräte-Manager: Drücken Sie
Windows-Taste + Xund wählen Sie Geräte-Manager. - Klicken Sie im Menü auf Ansicht und wählen Sie Ausgeblendete Geräte anzeigen. Dies ist entscheidend, da viele problematische Treiber nicht aktiv genutzt werden, aber dennoch im System vorhanden sind.
- Suchen Sie in der Liste nach Einträgen mit gelben Ausrufezeichen oder roten Kreuzen. Diese deuten auf Probleme hin.
- Erweitern Sie insbesondere die Kategorie Nicht-Plug & Play-Treiber (Non-Plug and Play Drivers). Hier verbergen sich häufig alte oder veraltete Treiber, die das System stören.
- Rechtsklicken Sie auf verdächtige Treiber und wählen Sie Eigenschaften. Überprüfen Sie unter dem Reiter „Treiber“ das Datum und den Anbieter. Sehr alte Daten oder unbekannte Anbieter können auf Probleme hindeuten. Sie können versuchen, den Treiber zu deaktivieren oder zu deinstallieren (Vorsicht: Nur wenn Sie sich sicher sind, dass es sich nicht um einen kritischen Systemtreiber handelt!).
3. PowerShell oder Eingabeaufforderung als Detektiv: Inkompatible Treiber aufspüren
Für eine detailliertere Untersuchung müssen wir die Kommandozeile nutzen.
- Öffnen Sie die Eingabeaufforderung oder PowerShell als Administrator (
Windows-Taste + X> Windows PowerShell (Administrator) oder Eingabeaufforderung (Administrator)). -
Alle Treiber auflisten: Geben Sie den folgenden Befehl ein, um eine Liste aller installierten Treiber mit ihren Details zu erhalten:
pnputil /enum-driversDies listet alle Treiberpakete auf. Achten Sie auf ältere Daten, unbekannte Anbieter oder Treiber, die Sie keiner aktuell installierten Hardware oder Software zuordnen können. Notieren Sie sich die `oemXX.inf` Datei-Namen der verdächtigen Treiber.
-
Systemtreiber auflisten: Dieser Befehl listet die aktuell geladenen Systemtreiber auf:
driverquery /vAchten Sie auf das „Start Date” und den „Module Name”. Ein alter Treiber oder ein Treiber mit unbekanntem Namen könnte der Übeltäter sein.
4. Ereignisanzeige: Der direkte Weg zum Schuldigen
Die Ereignisanzeige ist oft der genaueste Weg, um den Namen des blockierenden Treibers zu erfahren, wenn Windows ihn in der UI nicht anzeigt.
- Drücken Sie
Windows-Taste + Xund wählen Sie Ereignisanzeige. - Navigieren Sie im linken Bereich zu: Anwendungs- und Dienstprotokolle > Microsoft > Windows > CodeIntegrity > Operational.
- Durchsuchen Sie die Liste nach Fehlern oder Warnungen (insbesondere Ereignis-IDs wie 3033, 5001).
- Suchen Sie nach Einträgen, die einen Hinweis auf „Code integrity determined that a process (DeviceHarddiskVolumeXWindowsSystem32driversTREIBERNAME.sys) attempted to load an unsigned driver” oder ähnliche Meldungen enthalten. Hier wird der Name der .sys-Datei genannt, die das Problem verursacht.
- Sobald Sie den Dateinamen (z.B.
xyz.sys) haben, können Sie diesen Googeln, um den zugehörigen Software- oder Hardware-Hersteller zu identifizieren.
5. Treiberüberprüfung (Driver Verifier): Die Radikalkur (Vorsicht!)
Der Treiberüberprüfung (Driver Verifier) ist ein leistungsstarkes Windows-Tool, das entwickelt wurde, um fehlerhafte Treiber zu finden. Es ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da es zu Bluescreens (BSODs) führen kann, wenn ein Treiber tatsächlich fehlerhaft ist.
- Sichern Sie Ihr System: Erstellen Sie einen Systemwiederherstellungspunkt, bevor Sie fortfahren! Dies ist entscheidend, falls Ihr System nach der Aktivierung der Treiberüberprüfung nicht mehr startet.
- Öffnen Sie die Eingabeaufforderung als Administrator.
- Geben Sie
verifierein und drücken Sie Enter. - Wählen Sie im „Treiberüberprüfung-Manager” die Option Standardeinstellungen erstellen und klicken Sie auf Weiter.
- Wählen Sie Alle Treiber auf diesem Computer überprüfen und klicken Sie auf Fertig stellen.
- Starten Sie Ihren Computer neu.
- Wenn ein problematischer Treiber erkannt wird, wird Ihr System wahrscheinlich mit einem Bluescreen abstürzen. Notieren Sie sich den Namen der .sys-Datei, die im Bluescreen erwähnt wird (z.B. „WHAT_KILLED_MY_DRIVER.sys”). Dies ist Ihr Übeltäter.
- Nachdem Sie den Bluescreen hatten und den Namen notiert haben, müssen Sie die Treiberüberprüfung wieder deaktivieren, damit Ihr System normal startet. Öffnen Sie dazu die Eingabeaufforderung im abgesicherten Modus oder über die Windows-Wiederherstellungsumgebung und geben Sie ein:
verifier /reset - Starten Sie den Computer normal neu. Nun können Sie den identifizierten Treiber gezielt angehen.
6. Software von Drittanbietern im Visier
Denken Sie daran, welche Software Sie in letzter Zeit installiert oder deinstalliert haben, insbesondere wenn es sich um folgende Kategorien handelt:
- Virtualisierungssoftware: (VirtualBox, VMWare, Hyper-V) – Stellen Sie sicher, dass diese auf dem neuesten Stand ist oder deinstallieren Sie sie testweise.
- Anti-Cheat-Software: (Valorant’s Vanguard, FaceIt, BattlEye, usw.) – Manchmal bleiben Reste davon aktiv.
- Sicherheitssoftware: (Antivirenprogramme, Firewalls von Drittanbietern) – Deaktivieren oder deinstallieren Sie diese testweise.
- VPN-Clients: Einige ältere VPN-Software kann problematische Treiber hinterlassen.
Versuchen Sie, verdächtige Programme temporär zu deinstallieren und prüfen Sie, ob die Speicher-Integrität danach aktiviert werden kann.
7. Alte und ungenutzte Treiber entfernen
Sobald Sie einen verdächtigen Treiber identifiziert haben (z.B. über die Ereignisanzeige oder `pnputil`), können Sie versuchen, ihn zu entfernen.
- Im Geräte-Manager (nachdem „Ausgeblendete Geräte anzeigen” aktiviert wurde), suchen Sie den Treiber. Rechtsklicken Sie und wählen Sie Gerät deinstallieren. Aktivieren Sie die Option Treibersoftware von diesem Gerät löschen, falls verfügbar.
- Wenn der Treiber nicht im Geräte-Manager sichtbar ist oder sich nicht entfernen lässt, können Sie `pnputil` verwenden. Wenn Sie über `pnputil /enum-drivers` eine `oemXX.inf`-Datei identifiziert haben, können Sie sie löschen mit:
pnputil /delete-driver oemXX.inf /uninstallErsetzen Sie `oemXX.inf` durch den tatsächlichen Namen. Seien Sie hierbei äußerst vorsichtig und löschen Sie nur Treiber, deren Ursprung und Funktion Sie kennen und die Sie als harmlos einstufen können.
- Starten Sie Ihren PC neu.
8. Treiber manuell aktualisieren oder neu installieren
Manchmal ist der Treiber nicht per se inkompatibel, sondern einfach nur veraltet. Suchen Sie auf der Website des Herstellers nach den neuesten Treibern für Ihre Hardware, insbesondere für Grafikkarten, Chipsätze und Netzwerkadapter. Laden Sie diese herunter und installieren Sie sie manuell.
9. BIOS/UEFI überprüfen
Stellen Sie sicher, dass in Ihrem BIOS/UEFI die Virtualisierungstechnologien (Intel VT-x oder AMD-V) aktiviert sind, da die Kernisolierung diese benötigt. Manchmal kann auch eine veraltete BIOS/UEFI-Version zu Problemen führen.
10. Systemwiederherstellung oder In-Place-Upgrade
Wenn alle Stricke reißen und Sie den Übeltäter absolut nicht finden können, bleiben Ihnen noch folgende Notlösungen:
- Systemwiederherstellung: Wenn Sie einen Systemwiederherstellungspunkt haben, der vor dem Auftreten des Problems erstellt wurde, können Sie versuchen, Ihr System auf diesen Zeitpunkt zurückzusetzen.
- In-Place-Upgrade (Reparaturinstallation): Eine Reparaturinstallation von Windows 10/11 kann viele Systemprobleme beheben, ohne Ihre persönlichen Dateien oder installierten Anwendungen zu löschen. Dabei werden alle Systemdateien und Treiber neu installiert. Laden Sie dazu das Media Creation Tool von Microsoft herunter und führen Sie ein Upgrade durch, während Sie Ihre Dateien und Apps behalten.
Fazit: Geduld zahlt sich aus
Das Auffinden eines „unsichtbaren” inkompatiblen Treibers für die Speicher-Integrität kann ein mühsamer Prozess sein, der Geduld und systematische Fehlersuche erfordert. Doch mit den hier beschriebenen Methoden, insbesondere der Nutzung der Ereignisanzeige und bei Bedarf der Treiberüberprüfung, haben Sie die besten Chancen, den Übeltäter zu identifizieren und Ihre Systemsicherheit wiederherzustellen. Nehmen Sie sich die Zeit, jeden Schritt sorgfältig zu befolgen, und scheuen Sie sich nicht, bei Unsicherheiten lieber zweimal nachzudenken oder Rückfragen in Fachforen zu stellen. Ihre Systemsicherheit wird es Ihnen danken!