Ein Provider-Wechsel steht an? Ob Sie auf der Suche nach einem schnelleren Internetanschluss, günstigeren Tarifen oder einfach einem besseren Kundenservice sind – der Wechsel des Internetanbieters kann viele Vorteile mit sich bringen. Doch die Vorstellung, den bestehenden Vertrag zu kündigen, einen neuen abzuschließen und dabei den Überblick zu behalten, mag auf den ersten Blick entmutigend wirken. Viele befürchten Ausfallzeiten, doppelte Kosten oder den Verlust ihrer Rufnummer. Die gute Nachricht ist: Mit der richtigen Vorbereitung und einem klaren Plan lassen sich diese Pannen zuverlässig vermeiden. Dieser umfassende Leitfaden führt Sie Schritt für Schritt durch den Prozess und zeigt Ihnen, worauf Sie achten müssen, um Ihren Provider-Wechsel reibungslos und stressfrei zu gestalten.
Warum überhaupt wechseln? Die Motivation verstehen
Bevor wir uns den Details des Wechsels widmen, lohnt es sich, kurz innezuhalten und Ihre persönliche Motivation zu beleuchten. Meistens sind es ein oder mehrere der folgenden Gründe, die zum Entschluss führen, den Internetanbieter zu wechseln:
- Kostenersparnis: Viele Tarife werden nach einer gewissen Zeit teurer, oder es gibt am Markt einfach günstigere Angebote mit ähnlichen Leistungen.
- Bessere Leistung: Ihr aktueller Anschluss ist zu langsam, instabil oder bietet nicht die Bandbreite, die Sie für Streaming, Gaming oder Home-Office benötigen. Neue Technologien wie Glasfaser sind in Ihrer Region verfügbar.
- Besserer Service: Sie sind unzufrieden mit dem Kundendienst Ihres aktuellen Providers und wünschen sich einen Anbieter, der bei Problemen schnell und kompetent hilft.
- Neue Technologien: Glasfaser ist in Ihrer Region verfügbar, und Sie möchten die Vorteile einer zukunftssicheren und extrem schnellen Verbindung nutzen.
- Umzug: Ein Umzug ist oft der ideale Zeitpunkt für einen Provider-Wechsel, da sich Tarife oder Verfügbarkeiten ändern können.
- Unzufriedenheit mit dem aktuellen Angebot: Die inkludierten Dienste oder Zusatzleistungen passen nicht mehr zu Ihren Bedürfnissen.
Die Klärung Ihrer Motivation hilft Ihnen, gezielter nach dem passenden neuen Tarif zu suchen und keine Kompromisse einzugehen, die Sie später bereuen würden.
Phase 1: Die Vorbereitung ist das A und O
Ein gut vorbereiteter Wechsel ist die halbe Miete. Nehmen Sie sich hierfür ausreichend Zeit.
1. Bestandsaufnahme des aktuellen Vertrags
Bevor Sie irgendeinen Schritt unternehmen, müssen Sie Ihren aktuellen Vertrag genau kennen. Holen Sie alle relevanten Unterlagen hervor oder loggen Sie sich ins Kundenportal Ihres aktuellen Providers ein. Folgende Punkte sind entscheidend:
- Vertragslaufzeit und Kündigungsfristen: Dies ist der wichtigste Punkt, um Doppelkosten zu vermeiden. Wann läuft Ihr aktueller Vertrag regulär aus? Welche Kündigungsfrist müssen Sie einhalten? Notieren Sie sich das späteste Datum, bis zu dem die Kündigung beim alten Provider eingegangen sein muss. Viele Verträge verlängern sich automatisch um weitere 12 oder 24 Monate, wenn Sie nicht fristgerecht kündigen. Bei Verträgen, die nach dem 1. März 2022 abgeschlossen wurden, ist die automatische Verlängerung nach der Mindestvertragslaufzeit auf einen Monat begrenzt.
- Aktuelle Leistungen: Welche Download- und Upload-Geschwindigkeit haben Sie gebucht? Sind Telefon-Flatrates oder TV-Pakete enthalten? Welche Zusatzdienste nutzen Sie?
- Anschlussart: Haben Sie einen DSL-, Kabel- oder Glasfaseranschluss? Dies ist wichtig für die Verfügbarkeitsprüfung beim neuen Anbieter.
- Hardware: Haben Sie den Router gemietet oder gekauft? Was passiert damit bei der Kündigung?
2. Bedürfnisanalyse – Was brauche ich wirklich?
Nur weil Ihr alter Vertrag 50 MBit/s hatte, heißt das nicht, dass Sie das weiterhin brauchen – oder dass 50 MBit/s noch ausreichen. Überlegen Sie:
- Anzahl der Nutzer: Wie viele Personen leben im Haushalt und nutzen gleichzeitig das Internet?
- Nutzungsverhalten: Wird viel gestreamt (Netflix, Amazon Prime), Online-Gaming betrieben, im Home-Office gearbeitet (Videokonferenzen, große Dateiuploads) oder sind es eher einfache Anwendungen wie E-Mails und Surfen?
- Benötigte Geschwindigkeit: Eine Familie mit mehreren Streamern und Gamern benötigt in der Regel mehr Bandbreite (mindestens 100-250 MBit/s, besser mehr) als ein Single-Haushalt mit gelegentlicher Internetnutzung (30-50 MBit/s können hier reichen). Auch der Upload-Speed ist für Home-Office und Cloud-Dienste relevant.
- Telefonie und TV: Brauchen Sie eine Festnetz-Flatrate? Soll Ihre aktuelle Rufnummernmitnahme erfolgen? Wünschen Sie ein TV-Paket über den neuen Provider?
3. Verfügbarkeit prüfen
Dies ist der kritischste Schritt. Die besten Tarife sind nutzlos, wenn sie an Ihrer Adresse nicht verfügbar sind. Jeder Provider bietet auf seiner Webseite einen Verfügbarkeitscheck an. Geben Sie Ihre Adresse (mit Hausnummer und Postleitzahl) ein, um zu sehen, welche Technologien (DSL, Kabel, Glasfaser) und Geschwindigkeiten tatsächlich an Ihrem Standort realisierbar sind. Nutzen Sie auch neutrale Vergleichsportale, um einen Überblick über alle möglichen Anbieter und Technologien zu erhalten.
Phase 2: Den neuen Provider wählen und den Wechsel einleiten
Mit den Informationen aus Phase 1 können Sie nun gezielt den passenden neuen Anbieter suchen.
1. Anbietervergleich
Vergleichen Sie Tarife nicht nur anhand der monatlichen Grundgebühr. Achten Sie auf:
- Einmalkosten: Bereitstellungsgebühren, Aktivierungskosten, Versandkosten für Hardware.
- Aktionspreise und Boni: Viele Provider locken mit Rabatten in den ersten Monaten, Startguthaben oder kostenlosem Router. Kalkulieren Sie den Preis über die gesamte Mindestvertragslaufzeit (z.B. 24 Monate), um den echten Durchschnittspreis zu ermitteln.
- Inkludierte Leistungen: Sind alle Ihre gewünschten Dienste (Internet, Telefon, TV) im Paket enthalten?
- Zusatzoptionen: Cloud-Speicher, Sicherheitssoftware etc. – brauchen Sie diese wirklich?
- Kundenservice und Reputation: Suchen Sie nach Erfahrungsberichten und Bewertungen. Ein guter Kundenservice kann im Problemfall Gold wert sein.
2. Rufnummernmitnahme (Portierung)
Wenn Sie Ihre alte Festnetzrufnummer behalten möchten, ist dieser Punkt von entscheidender Bedeutung. Es gibt eine goldene Regel:
Kündigen Sie Ihren alten Vertrag NIEMALS selbst, wenn Sie Ihre Rufnummer mitnehmen möchten!
Beauftragen Sie stattdessen den neuen Provider mit der Kündigung und der Rufnummernmitnahme. Er kümmert sich um alle Formalitäten mit Ihrem alten Anbieter. Nur so ist sichergestellt, dass Ihre Rufnummer fristgerecht portiert wird und nicht verloren geht. Achten Sie bei der Beauftragung des neuen Providers darauf, dass Sie alle Angaben (Name, Adresse, alte Rufnummer, alter Provider) exakt so angeben, wie sie bei Ihrem alten Provider hinterlegt sind, um Komplikationen zu vermeiden.
3. Kündigung des alten Vertrags
Wie oben beschrieben, übernehmen Sie die Kündigung nur selbst, wenn Sie keine Rufnummer mitnehmen möchten (z.B. bei einem Umzug und gleichzeitigem Wechsel zu einem reinen Mobilfunktarif). In diesem Fall senden Sie die Kündigung fristgerecht und am besten per Einschreiben mit Rückschein an Ihren alten Provider. Fordern Sie unbedingt eine schriftliche Kündigungsbestätigung an, aus der das genaue Vertragsende hervorgeht. Dies ist Ihr Beweis im Falle von Unstimmigkeiten.
Prüfen Sie auch, ob Ihnen ein Sonderkündigungsrecht zusteht. Dies ist der Fall, wenn Ihr Provider die Preise erhöht, ohne dass dies im Vertrag vorgesehen war, oder wenn Sie umziehen und Ihr alter Provider die Leistungen am neuen Wohnort nicht in gleicher Form anbieten kann.
Phase 3: Der Übergang – Hardware, Termine und Installation
Nachdem Sie sich für einen neuen Provider entschieden und den Wechsel eingeleitet haben, geht es an die konkrete Umstellung.
1. Hardware (Router, Modem)
- Rücksendung alter Hardware: Wenn Sie den Router von Ihrem alten Provider gemietet haben, müssen Sie ihn in der Regel nach Vertragsende zurücksenden. Achten Sie auf die Fristen und bewahren Sie den Versandbeleg gut auf. Andernfalls kann Ihnen der Router in Rechnung gestellt werden.
- Neue Hardware: Der neue Provider sendet Ihnen rechtzeitig den neuen Router und gegebenenfalls weiteres Zubehör zu. Prüfen Sie, ob es ein Kauf- oder Mietgerät ist und welche Kosten damit verbunden sind. Alternativ können Sie oft auch einen eigenen, kompatiblen Router nutzen (Stichwort Routerfreiheit).
2. Technikertermin
Besonders bei einem Wechsel der Technologie (z.B. von DSL zu Kabel oder Glasfaser) oder bei einem Neueinzug ist häufig ein Technikertermin erforderlich. Der Techniker schließt den neuen Anschluss an oder überprüft die vorhandene Verkabelung. Beachten Sie:
- Pünktlichkeit: Seien Sie zum vereinbarten Termin anwesend.
- Zugang: Stellen Sie sicher, dass der Techniker Zugang zu den relevanten Stellen (Keller, Anschlussdose in der Wohnung) hat.
- Kommunikation: Fragen Sie den Techniker, wenn Sie unsicher sind.
3. Nahtloser Übergang vs. kurzzeitige Unterbrechung
Das Ziel ist, dass der neue Anschluss aktiviert wird, bevor der alte deaktiviert wird, um Ausfallzeiten zu minimieren. In vielen Fällen funktioniert das reibungslos, sodass Sie kaum eine Unterbrechung bemerken. Manchmal kann es aber zu einer kurzzeitigen „Dunkelzeit” kommen, besonders wenn die Portierung der Rufnummer komplex ist. Haben Sie für diesen Fall eine Backup-Lösung parat (z.B. Internet über Mobilfunk-Hotspot auf dem Smartphone).
Phase 4: Nach dem Wechsel – Kontrolle und Korrektur
Der Wechsel ist vollzogen – aber Ihre Arbeit ist noch nicht ganz erledigt. Eine abschließende Kontrolle ist wichtig.
1. Funktionsprüfung
- Internetgeschwindigkeit: Führen Sie einen Speedtest durch (z.B. über die Seite der Bundesnetzagentur oder andere neutrale Anbieter), um zu prüfen, ob die versprochene Geschwindigkeit auch tatsächlich ankommt. Wiederholen Sie den Test zu verschiedenen Tageszeiten.
- Telefonie und TV: Prüfen Sie, ob Telefonie und gebuchte TV-Dienste einwandfrei funktionieren und Ihre Rufnummer korrekt übernommen wurde.
- WLAN: Stellen Sie sicher, dass all Ihre Geräte (Computer, Smartphones, Smart-TVs) sich mit dem neuen WLAN-Netzwerk verbinden können.
2. Rechnungsprüfung
Prüfen Sie die erste Rechnung des neuen Providers und die letzte Rechnung des alten Providers sehr genau. Achten Sie auf:
- Doppelte Abbuchungen: Kommt es zu Überschneidungen und werden Ihnen alte und neue Leistungen gleichzeitig berechnet? Reklamieren Sie dies umgehend.
- Korrekte Tarife: Werden Ihnen die vereinbarten Preise und Leistungen berechnet (inkl. Boni und Rabatten)?
- Einmalkosten: Sind Anschluss- oder Portierungskosten korrekt aufgeführt?
- Gutschriften: Wurden eventuelle Guthaben oder die Rückerstattung für zurückgesendete Hardware verbucht?
3. Probleme? Wen kontaktieren?
- Probleme mit dem neuen Anschluss: Ihr neuer Provider ist der erste Ansprechpartner.
- Probleme mit der Kündigung/letzten Rechnung des alten Anbieters: Kontaktieren Sie Ihren alten Provider.
- Probleme bei der Rufnummernmitnahme (Portierung): In der Regel ist der neue Provider Ihr Ansprechpartner, da er die Portierung beantragt hat.
- Bei hartnäckigen Problemen: Wenn Sie sich nicht gehört fühlen oder sich die Provider gegenseitig die Schuld zuschieben, können Sie sich an die Verbraucherzentralen oder die Bundesnetzagentur wenden. Diese bieten Schlichtungsstellen an.
Häufige Stolperfallen und wie man sie umgeht
Zusammenfassend hier noch einmal die typischen Fehler, die beim Provider-Wechsel passieren können, und wie Sie sie umgehen:
- Fristen übersehen: Verträge laufen weiter, es entstehen Doppelkosten.
Lösung: Notieren Sie sich Kündigungsfristen frühzeitig, stellen Sie Erinnerungen ein. - Selbst kündigen bei Rufnummernmitnahme: Die alte Rufnummer geht unwiederbringlich verloren.
Lösung: Lassen Sie den neuen Provider die Kündigung und Portierung erledigen. - Verfügbarkeit nicht geprüft: Wunschtarif ist am Ende nicht an Ihrem Standort realisierbar.
Lösung: Machen Sie immer zuerst einen umfassenden Verfügbarkeitscheck. - Angebote nicht richtig gelesen: Versteckte Kosten, befristete Rabatte, die nach 12 Monaten auslaufen.
Lösung: Lesen Sie das Kleingedruckte und kalkulieren Sie den Preis über die gesamte Vertragslaufzeit. - Hardware nicht zurückgesendet: Kosten für nicht zurückgegebene Mietgeräte.
Lösung: Behalten Sie Versandbelege und Fristen im Auge. - Unzureichende Dokumentation: Keine schriftlichen Bestätigungen von Kündigungen, Aufträgen oder Reklamationen.
Lösung: Kommunizieren Sie möglichst schriftlich, fordern Sie Bestätigungen an und bewahren Sie alle Unterlagen sorgfältig auf.
Fazit
Der Wechsel Ihres Internetanbieters muss kein kompliziertes Unterfangen sein, das Ihnen schlaflose Nächte bereitet. Mit einer gründlichen Vorbereitung, dem genauen Verständnis Ihrer Vertragsdetails und der Beachtung der genannten Stolperfallen können Sie den Übergang zu Ihrem neuen Anbieter nahtlos und ohne böse Überraschungen gestalten. Nehmen Sie sich die Zeit, die einzelnen Schritte sorgfältig zu planen und auszuführen. Am Ende werden Sie mit einem optimalen Tarif und einem Internetanschluss belohnt, der perfekt zu Ihren Bedürfnissen passt. Ein reibungsloser Provider-Wechsel ist nicht nur möglich, sondern mit diesem Leitfaden auch erreichbar.