Die Vorfreude ist groß: Endlich der neue, schnelle Internet-Kabelvertrag unterschrieben, das digitale Leben kann beginnen! Netflix streamen, Homeoffice ohne Ruckeln, Gaming mit Freunden – alles scheint in greifbarer Nähe. Doch dann die Ernüchterung: Der Techniker kommt, stellt fest, dass in Ihrer Wohnung gar kein passender Anschluss vorhanden ist oder die Hausverkabelung fehlt. Oder der Anschlusstermin platzt immer wieder, ohne dass sich etwas tut. Ein Albtraum für viele, die auf schnelles und zuverlässiges Internet angewiesen sind.
Was nun? Sind Sie an den Vertrag gebunden, obwohl der Anbieter seine Leistung nicht erbringen kann? Müssen Sie auf eigene Kosten einen Anschluss legen lassen? Und welche Rechte haben Sie überhaupt in dieser misslichen Lage? Keine Panik! Dieser umfassende Leitfaden beleuchtet Ihre Rechte als Verbraucher, erklärt, welche Schritte Sie unternehmen können und wie Sie zu Ihrem verdienten Internetzugang kommen – oder vom Vertrag zurücktreten.
Das Problem verstehen: Was bedeutet „kein Anschluss”?
Bevor wir uns Ihren Rechten widmen, ist es wichtig, die genaue Art des Problems zu identifizieren. „Kein Anschluss” kann verschiedene Ursachen haben, die jeweils unterschiedliche Lösungswege erfordern:
- Fehlende Anschlussdose in der Wohnung: Bei Kabelinternet benötigen Sie eine spezielle Multimediadose (MMD). Ist diese nicht vorhanden, muss sie installiert werden.
- Fehlende Hausverkabelung: Manchmal ist die Dose zwar in der Wohnung, aber das Gebäude ist nicht bis zur Wohnung oder gar nicht an das Kabelnetz angeschlossen. Das betrifft vor allem ältere Gebäude, die ursprünglich nur für analoges TV ausgelegt waren oder in einem Gebiet liegen, das der Kabelnetzbetreiber noch nicht erschlossen hat.
- Technischer Defekt oder Inaktivität: Die Dose ist vorhanden, die Verkabelung scheint intakt, aber der Anschluss wird nicht freigeschaltet oder funktioniert nicht. Das kann an Fehlern in der Verteilerstation liegen oder an Inkompatibilitäten.
- Fehlerhafte Verfügbarkeitsprüfung des Anbieters: Manchmal wird Ihnen ein Tarif angeboten, obwohl die notwendige Infrastruktur gar nicht bis zu Ihrer Adresse reicht.
Jede dieser Situationen stellt eine Nichterfüllung des Vertrages dar, für die der Anbieter in der Regel die Verantwortung trägt.
Ihre ersten Schritte: Ruhe bewahren und dokumentieren
Auch wenn die Situation frustrierend ist, ist es wichtig, besonnen und strukturiert vorzugehen. Ihre ersten Schritte sind entscheidend, um Ihre Rechte später geltend machen zu können.
Den Vertrag genau prüfen
Nehmen Sie Ihren Internetvertrag zur Hand. Welche Leistungen wurden versprochen? Gibt es Klauseln zur Installation oder zur Verfügbarkeit? Manchmal finden sich dort Hinweise auf die Verantwortlichkeiten. Halten Sie alle Dokumente, E-Mails und Notizen zu Telefonaten bereit. Jeder Kontakt, jede Zusage oder Absage sollte dokumentiert werden.
Kontakt zum Anbieter aufnehmen – und dokumentieren
Dies ist der wichtigste erste Schritt. Kontaktieren Sie Ihren Internetanbieter unverzüglich. Beschreiben Sie das Problem präzise. Fragen Sie nach dem Grund des fehlenden Anschlusses und wann mit einer Lösung zu rechnen ist. Wichtig: Führen Sie diesen Kontakt möglichst schriftlich (E-Mail, Einschreiben mit Rückschein) oder notieren Sie bei telefonischen Kontakten Datum, Uhrzeit, Namen des Gesprächspartners und den Inhalt des Gesprächs. Das dient als Nachweis, falls es später zu Streitigkeiten kommt.
Die rechtliche Grundlage: Was sagt das Gesetz?
Ihr Internetvertrag ist juristisch gesehen in der Regel ein Werkvertrag oder ein gemischter Vertrag. Das bedeutet, der Anbieter schuldet Ihnen nicht nur die Bereitstellung des Dienstes (die Internetverbindung), sondern auch die Herstellung der Anschlussmöglichkeit, sofern dies für die Nutzung des Dienstes erforderlich ist und er die entsprechende Infrastruktur vermarktet. Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich primär im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Telekommunikationsgesetz (TKG).
Der Internetvertrag als Werkvertrag
Ein Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) verpflichtet den Unternehmer (hier: den Internetanbieter) zur Herstellung eines Werkes (hier: ein funktionierender Internetanschluss) und den Besteller (Sie als Kunden) zur Zahlung der vereinbarten Vergütung. Das „Werk” muss mangelfrei sein, das heißt, es muss die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweisen und sich für die gewöhnliche Verwendung eignen.
Mängel und Leistungsstörung
Wenn kein Anschluss in Ihrer Wohnung vorhanden ist und der Anbieter dies nicht innerhalb einer angemessenen Frist beheben kann, liegt ein Mangel oder eine Leistungsstörung vor. Der Anbieter kann seine vertraglich geschuldete Leistung nicht erbringen. Dies eröffnet Ihnen als Kunden eine Reihe von Rechten.
Ansprüche auf mangelfreie Leistung
Zunächst haben Sie das Recht auf Nacherfüllung, sprich der Anbieter muss den Mangel beheben und Ihnen den versprochenen Anschluss zur Verfügung stellen. Kann er dies nicht oder verweigert er es, kommen weitere Rechte ins Spiel.
Die Verantwortlichkeiten klar aufteilen: Wer ist zuständig?
Oftmals ist unklar, wer für die fehlende Infrastruktur verantwortlich ist. Eine genaue Kenntnis der Zuständigkeiten hilft, die richtigen Schritte einzuleiten.
Der Internetanbieter: Ihr direkter Vertragspartner
In den meisten Fällen ist Ihr Internetanbieter Ihr primärer Ansprechpartner und verantwortlich für die Bereitstellung des Anschlusses. Wenn Sie einen Kabelvertrag bei Anbieter X abgeschlossen haben, schuldet Ihnen Anbieter X einen funktionierenden Kabelanschluss. Er muss sicherstellen, dass die erforderliche Infrastruktur bis zu Ihrer Wohnung reicht und diese aktiv ist. Dazu gehört gegebenenfalls auch die Veranlassung der Installation einer Multimediadose oder die Anbindung des Hauses an das Kabelnetz – sofern er Ihnen dies vertraglich zugesichert hat und es technisch möglich ist.
Der Vermieter: Die Infrastruktur im Haus
Die Hausverkabelung und die letzte Meile bis zur Wohnung sind oft Eigentum des Hauseigentümers oder einer Hausverwaltung. In Mietwohnungen ist es die Aufgabe des Vermieters, sicherzustellen, dass die Wohnung für den vertragsgemäßen Gebrauch (dazu gehört heutzutage auch eine gängige Internetversorgung) geeignet ist. Ist keine passende Kabeldose vorhanden und das Gebäude ist nicht an das Kabelnetz angeschlossen, kann der Vermieter zur Duldung von Installationsarbeiten verpflichtet sein oder diese selbst in Auftrag geben müssen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, jeden denkbaren Anschluss bereitzustellen, sondern nur eine dem Stand der Technik entsprechende Grundversorgung. Meistens genügt hierfür ein DSL-Anschluss. Wenn Sie explizit Kabelinternet wünschen, ist es ratsam, dies vorab mit dem Vermieter zu klären.
Sie als Mieter: Ihre Mitwirkungspflichten
Auch Sie haben eine Mitwirkungspflicht. Das bedeutet, Sie müssen dem Techniker des Anbieters Zugang zur Wohnung gewähren und eventuell notwendige Installationsarbeiten dulden. Stellen Sie sicher, dass der Weg frei ist und alle für die Installation notwendigen Vorkehrungen getroffen werden können.
Ihre Rechte im Detail: Was können Sie verlangen?
Wenn der Internetanschluss trotz Vertrag nicht kommt, haben Sie eine Reihe von Rechten, die Sie geltend machen können.
Recht auf Fristsetzung (Nachfrist)
Der erste und wichtigste Schritt ist die schriftliche Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Fordern Sie Ihren Anbieter schriftlich auf, den Anschluss innerhalb einer angemessenen Frist (z. B. 14 Tage) herzustellen. Kündigen Sie an, dass Sie bei Nichteinhaltung der Frist weitere rechtliche Schritte einleiten werden (z. B. Kündigung des Vertrages oder Schadensersatzforderungen).
Recht auf Minderung des Preises
Können Sie den Dienst nur eingeschränkt oder gar nicht nutzen, steht Ihnen unter Umständen eine Minderung des Preises zu. Solange der Anschluss gar nicht funktioniert, müssen Sie auch keine monatlichen Gebühren zahlen. Wurde Ihnen bereits Geld abgebucht, können Sie es zurückfordern. Bei verzögerten Installationen oder nur teilweiser Leistung kann eine anteilige Minderung sinnvoll sein.
Recht auf Kündigung des Vertrages (Rücktritt)
Wird die vom Anbieter gesetzte Frist nicht eingehalten oder ist eine Installation technisch unmöglich, können Sie in der Regel vom Vertrag zurücktreten. Das bedeutet, der Vertrag wird rückwirkend aufgehoben, und Sie müssen keine weiteren Zahlungen leisten. Kündigen Sie den Vertrag ebenfalls schriftlich und begründen Sie den Rücktritt mit der Nichterfüllung der Leistung nach Fristsetzung. Achtung: Nicht jede Verzögerung berechtigt sofort zur Kündigung. Die Fristsetzung ist hier der Schlüssel.
Recht auf Schadensersatz
Entstehen Ihnen durch die Nichterfüllung des Vertrages Kosten, können Sie unter Umständen Schadensersatz fordern. Das können zum Beispiel sein:
- Kosten für einen mobilen Hotspot oder Datenvolumen als Übergangslösung.
- Kosten für einen alternativen Internetzugang (z. B. im Café oder bei Freunden).
- Entgangener Gewinn im Homeoffice (schwieriger nachzuweisen).
Bewahren Sie alle Belege für solche Ausgaben auf.
Wann greift das Widerrufsrecht?
Vergessen Sie nicht das allgemeine Widerrufsrecht für Online- oder Telefonverträge. Innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss (genauer: nach Erhalt der Vertragsbestätigung und einer Widerrufsbelehrung) können Sie den Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen. Wenn Sie also schnell merken, dass etwas nicht stimmt, kann der Widerruf der einfachste Weg sein, aus dem Vertrag zu kommen.
Der Weg zur Lösung: Schritt für Schritt zum funktionierenden Internet
Nachdem Sie Ihre Rechte kennen, hier ein konkreter Fahrplan, wie Sie vorgehen sollten:
Schritt 1: Schriftliche Mängelanzeige und Fristsetzung
Senden Sie Ihrem Internetanbieter ein Einschreiben mit Rückschein oder eine E-Mail mit Lesebestätigung. Beschreiben Sie das Problem detailliert, verweisen Sie auf Ihren Vertrag und fordern Sie die Herstellung des Anschlusses innerhalb einer angemessenen Frist (z. B. 14 Tage). Kündigen Sie bei Nichteinhaltung den Rücktritt vom Vertrag und die Geltendmachung von Schadensersatz an.
Schritt 2: Kontakt zum Vermieter aufnehmen
Falls das Problem bei der fehlenden Hausverkabelung oder einer fehlenden Multimediadose liegt, informieren Sie parallel auch Ihren Vermieter. Auch hier schriftlich, um Nachweise zu haben. Fragen Sie, ob bereits eine Lösung in Planung ist oder welche Möglichkeiten es gibt, die Installation zu ermöglichen. Der Vermieter hat hier zwar nicht direkt mit Ihrem Internetvertrag zu tun, aber mit der Infrastruktur der Wohnung.
Schritt 3: Schlichtung und Verbraucherzentrale
Wenn der Anbieter nicht reagiert oder die Frist verstreicht, wenden Sie sich an eine Verbraucherzentrale. Diese bietet oft kostengünstige oder kostenlose Rechtsberatung an und kann Ihnen bei der Formulierung weiterer Schreiben helfen. Eine weitere Anlaufstelle ist die Bundesnetzagentur, die bei Problemen mit Telekommunikationsanbietern schlichten kann. Dies ist oft eine schnelle und unbürokratische Möglichkeit, eine Lösung zu finden, ohne direkt vor Gericht zu gehen.
Schritt 4: Rechtsberatung und Klage
Als letzten Ausweg, wenn alle anderen Schritte erfolglos bleiben, können Sie einen Anwalt für IT-Recht oder Verbraucherrecht konsultieren. Dieser kann Ihre Ansprüche prüfen und gegebenenfalls eine Klage einreichen, um Ihre Rechte durchzusetzen. Bedenken Sie jedoch die Kosten und den Zeitaufwand eines Gerichtsverfahrens.
Praxistipps zur Prävention: So vermeiden Sie Probleme von Anfang an
Die beste Lösung ist natürlich, Probleme von vornherein zu vermeiden. Mit ein paar einfachen Vorsichtsmaßnahmen können Sie das Risiko eines fehlenden Anschlusses minimieren:
- Verfügbarkeit sorgfältig prüfen: Nutzen Sie die Verfügbarkeits-Checks der Anbieter online, aber verlassen Sie sich nicht blind darauf. Bestätigen Sie die Verfügbarkeit telefonisch und lassen Sie sich dies gegebenenfalls schriftlich geben. Einige Anbieter bieten auch eine kostenlose Vor-Ort-Prüfung an.
- Vermieter konsultieren: Fragen Sie Ihren Vermieter oder die Hausverwaltung explizit nach der Art der bestehenden Internet-Infrastruktur im Haus und in der Wohnung. Gibt es einen Kabelanschluss? Ist dieser aktiv?
- Vertragsdetails genau lesen: Achten Sie auf Klauseln bezüglich der Installation und der Anschlussgarantie. Gibt es eine „Schalttermin”-Garantie oder ähnliches?
- Bestätigung für Installationsarbeiten einholen: Lassen Sie sich vor Vertragsabschluss schriftlich bestätigen, dass alle notwendigen Installationsarbeiten vom Anbieter übernommen werden und keine zusätzlichen Kosten auf Sie zukommen, sollte sich die Infrastruktur als unzureichend erweisen.
Fazit: Bleiben Sie hartnäckig – Ihr Recht auf Internet!
Ein fehlender Internetanschluss trotz abgeschlossenem Vertrag ist ärgerlich, aber kein Grund zur Kapitulation. Als Verbraucher haben Sie klare Rechte, die Sie einfordern können. Wichtig ist, dass Sie strukturiert vorgehen, alle Kommunikation dokumentieren und Fristen setzen. Ob Sie letztlich einen funktionierenden Anschluss erhalten oder vom Vertrag zurücktreten müssen – der Gesetzgeber schützt Sie vor leeren Versprechungen. Bleiben Sie hartnäckig und nutzen Sie die Ihnen zustehenden Mittel, um zu Ihrem Recht auf digitales Leben zu kommen!