Ständige BSOD mit verschiedenen Fehlercodes? Eine Anleitung, wenn das Zurücksetzen erfolglos bleibt

Es gibt nur wenige Dinge, die frustrierender sind als ein Computer, der sich weigert, ordnungsgemäß zu funktionieren. Und an der Spitze dieser Frustrationsskala steht zweifellos der gefürchtete Blue Screen of Death (BSOD). Er erscheint ohne Vorwarnung, stoppt Ihre Arbeit abrupt und hinterlässt Sie mit einem mulmigen Gefühl der Hilflosigkeit. Wenn der BSOD sporadisch auftritt, ist das schon ärgerlich genug, aber wenn er zu einem ständigen Begleiter wird – und das Schlimmste: mit immer wieder anderen Fehlercodes – dann haben Sie ein ernsthaftes Problem, das weit über ein einfaches Softwareglitch hinausgehen könnte.

Viele von Ihnen werden wahrscheinlich bereits den ersten, logischen Schritt unternommen haben: das Zurücksetzen des Systems. Doch was, wenn selbst das nicht hilft? Was, wenn Windows frisch installiert ist und die blauen Bildschirme trotzdem zurückkehren, manchmal schon wenige Minuten nach dem Start? Dann ist es Zeit, tiefer zu graben. Diese Anleitung wurde speziell für Sie entwickelt, um Ihnen einen umfassenden Fahrplan zur Fehlerbehebung zu bieten, wenn Sie mit hartnäckigen und vielseitigen BSODs konfrontiert sind und herkömmliche Lösungen versagt haben.

Die erste Verteidigungslinie: Was Sie bereits versucht haben (oder sollten)

Bevor wir uns in die komplexeren Schritte stürzen, lassen Sie uns kurz die Grundlagen abhandeln, um sicherzustellen, dass nichts übersehen wurde. Viele Nutzer haben diese Schritte bereits versucht, aber eine kurze Wiederholung schadet nicht:

• System zurücksetzen/Neuinstallation: Dies ist oft der erste Rat. Wenn Sie Windows komplett neu installiert und nicht nur zurückgesetzt haben (was bestehende Probleme, wie etwa beschädigte Benutzerprofile, beheben könnte), und die Probleme immer noch auftreten, ist das ein starkes Indiz für ein Hardwareproblem.
• Kabel prüfen: Haben Sie alle internen und externen Kabel auf festen Sitz geprüft? Lockere Daten- oder Stromkabel können zu unerklärlichen Fehlern führen.
• Überhitzung ausschließen: Ist Ihr Computer staubfrei? Laufen die Lüfter korrekt? Hohe Temperaturen sind eine häufige Ursache für Instabilität. Überwachen Sie die Temperaturen mit Tools wie HWMonitor oder Core Temp.
• Einfacher Neustart: Manchmal reicht es, das System komplett herunterzufahren und neu zu starten, um temporäre Fehler zu beheben. Bei ständigen BSODs ist dies jedoch selten die Lösung.

Wenn diese grundlegenden Checks nicht zur Lösung geführt haben und der Reset keine Besserung brachte, dann sind Sie bereit für die systematische Fehlersuche.

Systematische Fehlersuche: Wenn der Reset nicht reicht

Verschiedene BSOD-Fehlercodes sind ein starkes Indiz dafür, dass Ihr System unter einer zugrunde liegenden, oft hardwarebedingten Instabilität leidet. Softwarefehler verursachen meist reproduzierbare, spezifische BSODs. Eine Mischung deutet auf ein tieferes Problem hin. Hier ist unser Schlachtplan:

Schritt 1: Das Sammeln von Informationen – Wer ist der Übeltäter?

Die größte Herausforderung bei verschiedenen BSODs ist, den roten Faden zu finden. Manchmal ist es ein bestimmter Treiber, manchmal ein Stück Hardware, das unter bestimmten Bedingungen versagt. Um dies herauszufinden, müssen wir Detektiv spielen.

• Die Ereignisanzeige (Event Viewer):

  Dies ist Ihr wichtigstes Werkzeug. Drücken Sie Win + R, geben Sie eventvwr.msc ein und drücken Sie Enter. Navigieren Sie zu „Windows-Protokolle” -> „System”. Suchen Sie nach „Kritisch”-Fehlern (rot) und „Fehlern” (gelb), die zeitlich mit dem Auftreten Ihrer BSODs zusammenfallen. Achten Sie auf Quellen wie „Kernel-Power” (oft durch plötzlichen Systemausfall verursacht, kann aber auch auf Netzteilprobleme hinweisen) oder Fehler im Zusammenhang mit bestimmten Treibern (z.B. nvlddmkm für NVIDIA, amdkmdap für AMD, iaStorA für Intel-Speichertreiber).

• Der Zuverlässigkeitsverlauf (Reliability Monitor):

  Geben Sie „Zuverlässigkeitsverlauf” in die Windows-Suche ein. Dieses Tool bietet eine übersichtliche grafische Darstellung der Systemstabilität. Sie können schnell sehen, welche Software oder Hardwareprobleme zu Abstürzen oder Fehlern geführt haben. Klicken Sie auf die Tage mit den roten X-Markierungen, um Details zu den aufgetretenen Fehlern zu erhalten.

• BSOD Minidump-Dateien analysieren:

  Windows erstellt bei einem BSOD kleine Debug-Dateien, sogenannte Minidumps, die wertvolle Informationen über die Absturzursache enthalten. Diese finden Sie typischerweise unter C:WindowsMinidump. Da sie nicht direkt lesbar sind, verwenden Sie ein Tool wie BlueScreenView von NirSoft. Laden Sie es herunter, starten Sie es und es zeigt Ihnen alle Minidumps an. Achten Sie auf folgende Spalten:

  • Bug Check String: Der eigentliche Fehlercode (z.B. KERNEL_MODE_HEAP_CORRUPTION, MEMORY_MANAGEMENT).
  • Bug Check Code: Der numerische Fehlercode (z.B. 0x0000013A, 0x0000001A).
  • Caused By Driver: Der Treiber, der wahrscheinlich den Absturz verursacht hat. Wenn hier immer wieder verschiedene Treiber auftauchen, deutet das auf ein tieferliegendes Problem hin, z.B. fehlerhaften RAM, der Daten korrumpiert, die von diesen Treibern verarbeitet werden.

  Notieren Sie sich die häufigsten Fehlercodes und die „verursachenden Treiber”. Wenn immer ein bestimmter Treiber auftaucht, liegt das Problem wahrscheinlich bei diesem Treiber oder der zugehörigen Hardware. Wenn es viele verschiedene sind, ist ein Hardwarefehler sehr wahrscheinlich.

Schritt 2: Hardware-Fehler als Ursache (Der wahrscheinliche Verdächtige bei verschiedenen Codes)

Wenn die Minidumps keine eindeutige Softwareursache zeigen oder die Fehlercodes wild variieren, ist der nächste logische Schritt, die Hardware zu testen. Dies ist die häufigste Ursache für multiple, unregelmäßige BSODs.

• Arbeitsspeicher (RAM):

  Fehlerhafter RAM ist einer der Hauptverursacher für unregelmäßige und vielfältige BSODs, da er Daten korrumpiert, die das System verarbeitet. Selbst eine Neuinstallation von Windows kann dies nicht beheben, da die fehlerhaften Speicherzellen weiterhin Daten verfälschen.

  • Testen mit MemTest86+: Laden Sie MemTest86+ herunter (nicht zu verwechseln mit dem kommerziellen MemTest86). Erstellen Sie einen bootfähigen USB-Stick und booten Sie Ihren PC davon. Lassen Sie den Test mindestens 4-8 Stunden laufen, idealerweise über Nacht, um eine vollständige Prüfung zu gewährleisten. Selbst ein einziger Fehler ist ein Grund, den betroffenen RAM-Riegel auszutauschen.
  • Einzelne RAM-Riegel testen: Wenn Sie mehrere RAM-Riegel haben, testen Sie diese einzeln. Nehmen Sie alle bis auf einen heraus und lassen Sie MemTest86+ laufen. Wiederholen Sie dies für jeden Riegel und jeden Steckplatz, um einen fehlerhaften Riegel oder einen defekten Steckplatz auf dem Motherboard zu identifizieren.
• Festplatte/SSD:

  Eine sterbende oder fehlerhafte Speichereinheit kann zu Datenkorruption und somit zu BSODs führen, insbesondere wenn Windows-Systemdateien betroffen sind.

  • S.M.A.R.T.-Daten prüfen: Laden Sie CrystalDiskInfo herunter. Dieses Tool liest die Self-Monitoring, Analysis and Reporting Technology (S.M.A.R.T.)-Daten Ihrer Festplatten/SSDs aus. Wenn der Status „Schlecht” oder „Vorsicht” anzeigt, ist Ihre Speichereinheit wahrscheinlich defekt oder steht kurz davor.
  • CHKDSK: Führen Sie chkdsk /f /r in der Eingabeaufforderung als Administrator aus und bestätigen Sie den Neustart. Dies überprüft und repariert Dateisystemfehler und sucht nach fehlerhaften Sektoren. Es ist jedoch keine Garantie, dass eine sterbende Festplatte vollständig repariert wird.
  • Herstellerdiagnosetools: Viele Hersteller (z.B. Samsung Magician, Western Digital Data Lifeguard Diagnostic) bieten eigene Diagnose-Tools an, die tiefergehende Tests durchführen können.
• Grafikkarte (GPU):

  Probleme mit der Grafikkarte oder ihren Treibern können zu Abstürzen mit verschiedenen Fehlercodes führen (z.B. VIDEO_TDR_FAILURE, aber auch allgemeinere Fehler, wenn der Treiber im Kernelmodus abstürzt).

  • Treiber neu installieren (DDU): Verwenden Sie den Display Driver Uninstaller (DDU), um alle Grafikkartentreiber im abgesicherten Modus vollständig zu entfernen. Installieren Sie danach den neuesten stabilen Treiber von der Website des Herstellers (NVIDIA, AMD, Intel), nicht über Windows Update.
  • Stresstest: Tools wie FurMark oder Heaven Benchmark können die Grafikkarte auf Stabilität prüfen. Wenn der PC unter Last abstürzt, könnte es an der GPU, dem Netzteil oder Überhitzung liegen.
  • Visuelle Prüfung: Überprüfen Sie die Grafikkarte auf sichtbare Schäden, verbogene Pins, lose Stromkabel oder defekte Lüfter.
• Netzteil (PSU):

  Ein schwaches oder defektes Netzteil ist ein häufig unterschätzter Verursacher von unregelmäßigen BSODs, insbesondere unter Last. Wenn das Netzteil nicht genug stabile Leistung liefern kann, kann dies zu Systeminstabilität führen.

  • Symptome: Der PC stürzt ohne Vorwarnung ab, friert ein oder zeigt BSODs, besonders wenn Sie anspruchsvolle Aufgaben ausführen (Spiele, Videobearbeitung).
  • Testen: Ein Netzteil lässt sich schwer direkt testen, ohne Spezialwerkzeug oder ein Multimeter (was Fachwissen erfordert). Die einfachste Methode ist oft der Austausch gegen ein bekannt funktionierendes, stärkeres Netzteil, um die Ursache auszuschließen.
• Prozessor (CPU):

  Ein fehlerhafter Prozessor ist selten, aber möglich. Überhitzung oder eine unsachgemäße Installation können ebenfalls zu Problemen führen.

  • Stresstest: Tools wie Prime95 (achten Sie auf die Small FFTs-Tests) oder OCCT können die CPU extrem belasten. Wenn der PC dabei abstürzt, könnte die CPU selbst oder die Kühlung das Problem sein. Seien Sie vorsichtig und überwachen Sie die Temperaturen.
  • Wärmeleitpaste und Kühler: Stellen Sie sicher, dass der CPU-Kühler richtig montiert ist und die Wärmeleitpaste noch effektiv ist.
• Mainboard (Motherboard):

  Das Motherboard ist das Rückgrat Ihres PCs. Fehlerhafte Komponenten, defekte Kondensatoren oder beschädigte Steckplätze können zu einer Vielzahl von Problemen führen, die sich als BSODs manifestieren.

  • Visuelle Prüfung: Suchen Sie nach aufgeblähten oder undichten Kondensatoren, verschmorten Stellen oder beschädigten Komponenten.
  • Ausschlussprinzip: Oftmals wird ein Motherboard als Fehlerquelle identifiziert, wenn alle anderen Komponenten als fehlerfrei ausgeschlossen werden konnten. Es ist die schwierigste Komponente zum Diagnostizieren.

Schritt 3: Software-Fehler im Detail (auch nach einem Reset möglich)

Auch wenn ein Reset durchgeführt wurde, gibt es immer noch Möglichkeiten für Softwareprobleme, die sich als BSOD manifestieren können.

• Treiberprobleme:

  Manchmal sind die vom System automatisch installierten Treiber (oder die auf einer veralteten Installations-CD) nicht die besten. Besorgen Sie sich alle aktuellen Treiber für Ihr Motherboard (Chipsatz, LAN, Audio, USB-Controller) direkt von der Website des Motherboard-Herstellers und installieren Sie diese manuell. Wiederholen Sie dies für alle anderen Komponenten (GPU, WLAN-Adapter etc.).

  • Treiber zurücksetzen/deinstallieren: Im Gerätemanager können Sie Treiber zurücksetzen oder deinstallieren.
• Windows-Updates:

  Ein fehlerhaftes Windows-Update kann zu Instabilität führen. Prüfen Sie, ob die Probleme nach einem bestimmten Update begonnen haben. Sie können problematische Updates über die Einstellungen deinstallieren.

• Malware/Viren:

  Obwohl seltener bei wiederholten BSODs nach einem Reset, können hartnäckige oder tief im System verankerte Viren/Malware Systemdateien beschädigen und Abstürze verursachen. Führen Sie einen vollständigen Scan mit einem aktuellen Antivirenprogramm (z.B. Windows Defender, Malwarebytes) durch. Erwägen Sie einen Offline-Scan.

• Konfliktierende Software:

  Haben Sie nach dem Reset bestimmte Programme installiert, die möglicherweise in Konflikt miteinander stehen oder Systemressourcen übermäßig beanspruchen? Versuchen Sie einen sauberen Neustart (Clean Boot), um festzustellen, ob ein Drittanbieterprogramm die Ursache ist. Deaktivieren Sie alle nicht-Microsoft-Dienste und Autostart-Programme und reaktivieren Sie diese schrittweise, um den Übeltäter zu finden.

Schritt 4: BIOS/UEFI-Einstellungen überprüfen

Die Einstellungen in Ihrem BIOS oder UEFI können ebenfalls eine Rolle spielen.

• BIOS/UEFI-Update: Aktualisieren Sie Ihr BIOS/UEFI auf die neueste Version. Seien Sie hierbei äußerste vorsichtig, ein fehlgeschlagenes Update kann das Motherboard unbrauchbar machen. Folgen Sie genau den Anweisungen des Herstellers.
• Standardeinstellungen laden: Setzen Sie das BIOS/UEFI auf die Standardeinstellungen zurück („Load Optimized Defaults”). Dies schließt Overclocking-Profile oder andere manuelle Anpassungen aus, die Instabilität verursachen könnten.
• XMP/DOCP deaktivieren: Wenn Ihr RAM übertaktet ist (XMP/DOCP-Profil aktiviert), deaktivieren Sie es testweise. Lassen Sie den RAM mit Standardgeschwindigkeiten laufen, um zu prüfen, ob dies die Stabilität verbessert.

Schritt 5: Fortgeschrittene Schritte und Wann professionelle Hilfe suchen

• Windows System File Checker (SFC) und DISM:

  Führen Sie in der Eingabeaufforderung (als Administrator) sfc /scannow aus, um beschädigte Windows-Systemdateien zu überprüfen und zu reparieren. Wenn SFC Probleme findet, aber nicht vollständig beheben kann, verwenden Sie DISM (Deployment Image Servicing and Management):

  DISM /Online /Cleanup-Image /RestoreHealth

  Führen Sie danach sfc /scannow erneut aus.

• Reparaturinstallation (In-Place Upgrade):

  Wenn Sie eine Windows-Neuinstallation vermeiden möchten, aber SFC/DISM nicht ausreicht, können Sie ein In-Place Upgrade versuchen. Laden Sie das Windows Media Creation Tool herunter und führen Sie ein Upgrade durch, wobei Sie die Option „Persönliche Dateien und Apps behalten” wählen. Dies installiert Windows quasi neu, behält aber Ihre Daten und Programme.

• Die ultimative Neuinstallation:

  Wenn Sie zuvor nur ein „Zurücksetzen” durchgeführt haben oder die Neuinstallation nicht von einem frisch erstellten USB-Stick erfolgte, sollten Sie dies als letzten Software-Schritt in Betracht ziehen. Erstellen Sie einen brandneuen Windows-Installations-USB-Stick und löschen Sie bei der Installation alle Partitionen. Installieren Sie Windows dann komplett neu. Installieren Sie danach nur die absolut notwendigen Treiber von den Herstellerseiten und prüfen Sie die Stabilität, bevor Sie weitere Software hinzufügen.

• Professionelle Hilfe:

  Wenn Sie alle diese Schritte durchgeführt haben und Ihr System immer noch instabil ist, ist es an der Zeit, einen erfahrenen Techniker oder PC-Service zu konsultieren. Insbesondere die Diagnose von Motherboard-Fehlern kann komplex sein und erfordert oft spezielle Werkzeuge und Ersatzteile zum Quercheck.

Fazit

Die Diagnose von ständigen BSODs mit verschiedenen Fehlercodes ist eine der anspruchsvollsten Aufgaben der PC-Fehlerbehebung. Sie erfordert Geduld, eine methodische Herangehensweise und oft auch ein wenig Glück. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hardwaredefekt vorliegt, ist in solchen Fällen extrem hoch, insbesondere wenn ein System-Reset keine Besserung gebracht hat. Indem Sie die hier beschriebenen Schritte sorgfältig befolgen – beginnend mit der Informationssammlung und dann systematisch die Hardware-Komponenten testend – erhöhen Sie Ihre Chancen erheblich, die Ursache des Problems zu finden und Ihren PC wieder stabil zu bekommen.

Vergessen Sie nicht die goldene Regel: Sichern Sie Ihre Daten regelmäßig! Bei einem so instabilen System ist der Verlust von wichtigen Dateien eine ständige Gefahr. Wir hoffen, diese Anleitung hilft Ihnen dabei, den blauen Bildschirm ein für alle Mal zu besiegen.