Stellen Sie sich vor, Sie haben einen schnellen, modernen DG-Anschluss bestellt, der Ihnen stolze 400 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) verspricht – genug für ruckelfreies 4K-Streaming, blitzschnelle Downloads und reibungsloses Gaming. Doch statt der erwarteten Geschwindigkeit zeigt Ihr Speedtest nur ernüchternde 90 Mbit/s an. Eine solche Drosselung kann unglaublich frustrierend sein, besonders wenn man die Vorteile einer Highspeed-Verbindung gewohnt ist. Aber keine Panik! Die gute Nachricht ist: In den meisten Fällen liegt die Ursache nicht direkt bei Ihrem Internetanbieter (ISP), sondern in Ihrem Heimnetzwerk.
In diesem umfassenden Leitfaden tauchen wir tief in die Welt der Internet-Fehlerbehebung ein. Wir erklären Ihnen, warum die magische Grenze von 90-100 Mbit/s ein entscheidender Hinweis sein kann und führen Sie Schritt für Schritt durch alle möglichen Ursachen und Lösungen. Machen Sie sich bereit, die volle Leistung Ihres DG-Anschlusses zurückzuerobern!
### Die 90-Mbit/s-Grenze verstehen: Warum genau 90?
Die Zahl 90 Mbit/s (oder oft um die 94-98 Mbit/s) ist kein Zufall, sondern ein starkes Indiz für einen spezifischen Engpass in Ihrem Netzwerk. Sie deutet fast immer auf einen sogenannten „Fast Ethernet”-Standard hin, der auf eine maximale theoretische Geschwindigkeit von 100 Mbit/s ausgelegt ist. Der moderne Standard, den Sie für Ihre 400 Mbit/s-Verbindung benötigen, ist jedoch Gigabit Ethernet (1000BASE-T), der Geschwindigkeiten von bis zu 1000 Mbit/s ermöglicht.
Wenn Ihr Netzwerk von 400 auf 90 Mbit/s „gebremst” wird, bedeutet das in der Regel, dass irgendwo in der Kette zwischen Ihrem Gerät und dem Internet eine Komponente nur Fast Ethernet unterstützt oder falsch konfiguriert ist und somit als Flaschenhals fungiert. Dies kann verschiedene Ursachen haben:
1. **Veraltete oder beschädigte Ethernetkabel**: Nicht alle Ethernetkabel sind gleich. Ein älteres CAT5-Kabel oder ein beschädigtes CAT5e/CAT6-Kabel kann dazu führen, dass die Verbindung auf 100 Mbit/s herunterhandelt wird.
2. **Netzwerkadapter (NIC) am Gerät**: Der Netzwerkchip in Ihrem Computer, Laptop oder Ihrer Spielekonsole ist möglicherweise nur Fast Ethernet-fähig, hat veraltete Treiber oder fehlerhafte Einstellungen.
3. **Router oder Switch**: Ein älterer Router, Switch oder ein Mesh-WLAN-Satellit in Ihrem Netzwerk verfügt möglicherweise nur über 100-Mbit/s-Ports statt der benötigten Gigabit-Ports. Auch ein falsch konfigurierter oder defekter Gigabit-Port kann die Ursache sein.
4. **ONT/Modem**: Obwohl seltener, kann auch die Geräteschnittstelle Ihres Internetanbieters (Optical Network Terminal bei Glasfaser, Kabelmodem) eine Rolle spielen, wenn auch dies meist Gigabit-fähig ist.
### Schritt-für-Schritt-Fehlerbehebung: Systematisch zur vollen Geschwindigkeit
Beginnen wir mit der systematischen Suche nach dem Übeltäter. Gehen Sie die Schritte nacheinander durch und testen Sie nach jeder Änderung erneut Ihre Geschwindigkeit.
#### Schritt 1: Der schnelle Check – Basis-Überprüfung
Bevor Sie tief in die Materie eintauchen, erledigen Sie die einfachsten Dinge zuerst.
* **Konsistenz des Speedtests**: Führen Sie mehrere Speedtests durch (z.B. auf Ookla Speedtest, fast.com, breitbandmessung.de). Wechseln Sie dabei die Server, um sicherzustellen, dass es kein Problem mit einem bestimmten Testserver gibt. Wiederholen Sie die Tests zu verschiedenen Tageszeiten.
* **Gerätewechsel**: Testen Sie die Geschwindigkeit an einem *anderen* Computer oder Laptop in Ihrem Netzwerk, idealerweise per Kabelverbindung. Wenn ein anderes Gerät die volle Geschwindigkeit erreicht, liegt das Problem wahrscheinlich an Ihrem ursprünglichen Gerät.
* **Neustart ist König**: Schalten Sie Ihren Router, Ihr Modem/ONT und Ihren PC/Laptop vollständig aus, warten Sie 30 Sekunden und schalten Sie sie dann der Reihe nach wieder ein (Modem zuerst, dann Router, dann PC). Dieser klassische Trick löst erstaunlich viele Probleme.
* **WLAN vs. LAN**: Führen Sie Ihre Tests immer zuerst über eine direkte LAN-Verbindung (Ethernet-Kabel) durch. WLAN ist anfällig für Störungen, geringere Reichweite und geringere Maximalgeschwindigkeiten, die das Problem verschleiern könnten. Konzentrieren Sie sich zunächst auf die Kabelverbindung.
#### Schritt 2: Die Infrastruktur im Fokus – Kabel und Anschlüsse
Die Kabel und Ports sind oft die häufigsten Verursacher des 90-Mbit/s-Flaschenhalses.
* **Ethernetkabel prüfen (der Hauptverdächtige!)**:
* **Typ und Zustand**: Überprüfen Sie *alle* Ethernetkabel in Ihrer Verbindungskette. Schauen Sie auf den Aufdruck des Kabels. Für 400 Mbit/s benötigen Sie mindestens ein **CAT5e**-Kabel, besser noch **CAT6** oder CAT7. Ältere CAT5-Kabel sind nur für 100 Mbit/s ausgelegt.
* **Beschädigungen**: Suchen Sie nach Knicken, Quetschungen oder sichtbaren Schäden an den Kabeln oder Steckern (RJ45-Stecker). Ein einzelner defekter Draht im Kabel kann die Geschwindigkeit dramatisch reduzieren.
* **Direktverbindung testen**: Verbinden Sie Ihren PC mit einem *kurzen, neuwertigen CAT6-Kabel* direkt mit einem LAN-Port Ihres Routers. Umgehen Sie dabei alle Switches, Wanddosen oder längeren Kabelstrecken. Wenn die Geschwindigkeit dann steigt, liegt der Fehler auf der umgangenen Strecke.
* **Testweise tauschen**: Tauschen Sie alle Ihre Ethernetkabel (eins nach dem anderen) mit einem bekannten, funktionierenden CAT6-Kabel aus. Dies hilft, defekte Kabel zu identifizieren.
* **Netzwerkports prüfen**:
* **Am Router/Switch**: Überprüfen Sie die LAN-Ports an Ihrem Router oder Switch. Viele Geräte haben Status-LEDs, die die Verbindungsgeschwindigkeit anzeigen. Oft bedeutet Grün eine Gigabit-Verbindung und Orange/Gelb eine 100-Mbit/s-Verbindung. Stellen Sie sicher, dass alle relevanten Ports grün leuchten. Wenn nicht, versuchen Sie einen anderen Port.
* **Am PC**: Auch der Netzwerkport an Ihrem Computer kann Indikatoren haben.
#### Schritt 3: Ihre Geräte unter der Lupe – Hardware und Software
Nach den Kabeln sind Ihre Netzwerkgeräte an der Reihe.
* **Netzwerkadapter (NIC) am PC/Laptop**:
* **Treiber aktualisieren**: Veraltete oder fehlerhafte Treiber für Ihren Netzwerkadapter sind eine häufige Ursache. Besuchen Sie die Webseite des Herstellers Ihres PCs oder des Netzwerkadapter-Chips (z.B. Intel, Realtek) und laden Sie die neuesten Treiber herunter. Installieren Sie diese und starten Sie den PC neu.
* **Einstellungen prüfen**: Öffnen Sie den Geräte-Manager in Windows (Rechtsklick auf Start -> Geräte-Manager). Navigieren Sie zu „Netzwerkadapter”, klicken Sie mit der rechten Maustaste auf Ihren Ethernet-Adapter und wählen Sie „Eigenschaften”. Unter dem Reiter „Erweitert” oder „Geschwindigkeit & Duplex” suchen Sie nach Einstellungen wie „Speed & Duplex” oder „Link Speed & Duplex”. Stellen Sie sicher, dass hier „Auto Negotiation” oder „Automatische Aushandlung” eingestellt ist. Versuchen Sie testweise, „1.0 Gbps Full Duplex” fest einzustellen, aber seien Sie vorsichtig, da dies bei Inkompatibilität die Verbindung komplett trennen kann. In den meisten Fällen ist „Auto Negotiation” die beste Wahl.
* **Hardware-Defekt**: Wenn nach Treiber-Updates und Einstellung-Anpassungen keine Besserung eintritt, könnte der Netzwerkadapter defekt sein. Eine externe USB-zu-Gigabit-Ethernet-Karte kann hier eine schnelle Testlösung sein.
* **Router/Switch/Mesh-System**:
* **Firmware aktualisieren**: Melden Sie sich in der Benutzeroberfläche Ihres Routers an (meist über die IP-Adresse 192.168.1.1 oder 192.168.0.1 im Browser erreichbar). Suchen Sie nach dem Bereich für Firmware-Updates. Eine veraltete Router-Firmware kann zu Leistungsproblemen führen.
* **Spezifikationen prüfen**: Ist Ihr Router überhaupt fähig, 400 Mbit/s zu verarbeiten? Ältere Router (insbesondere solche, die älter als 5-7 Jahre sind) haben oft nur 100-Mbit/s-WAN- oder LAN-Ports. Prüfen Sie die technischen Daten Ihres Routers.
* **QoS (Quality of Service)**: Wenn QoS-Einstellungen im Router aktiviert sind, können sie die Bandbreite für bestimmte Anwendungen priorisieren und für andere drosseln. Versuchen Sie, QoS testweise zu deaktivieren.
* **Störungsquellen im Router**: Überprüfen Sie die Systemprotokolle des Routers auf ungewöhnliche Ereignisse oder Fehler. Deaktivieren Sie testweise Gastnetzwerke oder andere zusätzliche Funktionen, die Bandbreite beanspruchen könnten.
* **Werkseinstellungen (Vorsicht!)**: Als letzte Möglichkeit könnten Sie den Router auf die Werkseinstellungen zurücksetzen. *Beachten Sie, dass Sie danach alle Einstellungen (WLAN-Passwort, DSL-Zugangsdaten etc.) neu konfigurieren müssen.* Sichern Sie sich vorher alle wichtigen Daten.
* **Testweise umgehen**: Wenn Sie ein separates Modem/ONT *und* einen Router haben, versuchen Sie, Ihren PC (mit einem guten CAT6-Kabel) direkt mit dem Modem/ONT zu verbinden. Dies ist oft nur für kurze Tests mit einem einzelnen Gerät gedacht, da der Router normalerweise für die Verteilung der IP-Adressen zuständig ist. Wenn hier die volle Geschwindigkeit ankommt, liegt der Fehler definitiv an Ihrem Router.
#### Schritt 4: Externe Faktoren und Software-Einflüsse
Manchmal sind es die „leisen” Verbraucher, die Ihre Geschwindigkeit bremsen.
* **Andere Geräte im Netzwerk**: Sind andere Familienmitglieder gleichzeitig am Streamen, Herunterladen oder Online-Spielen? Überprüfen Sie alle im Netzwerk angemeldeten Geräte. Selbst Hintergrund-Backups auf die Cloud oder große Updates können Bandbreite fressen.
* **Sicherheitssoftware (Antivirus, Firewall)**: Ihre Sicherheitssoftware kann den Netzwerkverkehr filtern und in seltenen Fällen zu Leistungseinbußen führen. Deaktivieren Sie Ihre Antiviren-Software und Firewall *kurzzeitig* und testen Sie die Geschwindigkeit erneut. Aktivieren Sie sie danach sofort wieder!
* **Browser-Erweiterungen und VPNs**: Browser-Erweiterungen (Ad-Blocker, VPN-Plugins) oder eigenständige VPN-Software können die Geschwindigkeit beeinträchtigen. Testen Sie im Inkognito-Modus oder deaktivieren Sie Add-ons. Deaktivieren Sie Ihr VPN, falls aktiv.
* **Hintergrund-Downloads**: Überprüfen Sie, ob Betriebssystem-Updates (Windows Update, macOS-Updates), Spiel-Updates oder Cloud-Synchronisationen im Hintergrund laufen.
#### Schritt 5: Den Provider kontaktieren – Wenn alles andere fehlschlägt
Wenn Sie alle oben genannten Schritte sorgfältig durchgeführt haben und die Geschwindigkeit immer noch bei 90 Mbit/s stagniert, ist es an der Zeit, Ihren Internetanbieter zu kontaktieren.
* **Alle gesammelten Informationen bereithalten**: Erzählen Sie dem Support-Mitarbeiter *genau*, welche Schritte Sie bereits unternommen haben und welche Ergebnisse Sie erzielt haben (z.B. „Ich habe alle Kabel getauscht, meinen Router aktualisiert und an mehreren Geräten getestet – überall 90 Mbit/s per LAN”). Dies spart Ihnen und dem Support wertvolle Zeit.
* **Leitungsmessung anfordern**: Bitten Sie den Provider, eine Leitungsmessung an Ihrem Anschluss durchzuführen. Er kann von seiner Zentrale aus sehen, welche Geschwindigkeit tatsächlich bei Ihrem Modem/ONT ankommt.
* **Störungsticket eröffnen**: Lassen Sie ein offizielles Störungsticket eröffnen und notieren Sie sich die Ticketnummer.
* **Geduld und Hartnäckigkeit**: Manchmal kann es mehrere Anrufe oder sogar einen Technikerbesuch erfordern, bis das Problem behoben ist. Bleiben Sie höflich, aber bestimmt.
### Prävention: Wie Sie zukünftige Bremser vermeiden
Um zukünftigen Frustrationen vorzubeugen, gibt es einige wichtige Punkte, die Sie beachten sollten:
* **Investieren Sie in Qualität**: Verwenden Sie immer mindestens **CAT5e- oder CAT6-Ethernetkabel** für alle Ihre Netzwerkverbindungen. Bei Neuanschaffungen von Routern oder Switches achten Sie explizit auf „Gigabit Ethernet”-Ports.
* **Regelmäßige Updates**: Halten Sie die Firmware Ihres Routers und die Treiber Ihrer Netzwerkadapter stets aktuell.
* **Netzwerk-Hygiene**: Halten Sie Ihre Kabel in Ordnung, vermeiden Sie unnötige Verlängerungen und entfernen Sie alte, nicht mehr genutzte Netzwerkgeräte.
* **Grundlagen kennen**: Ein grundlegendes Verständnis Ihres Heimnetzwerks hilft Ihnen, Probleme schnell zu erkennen und zu beheben.
### Fazit
Die plötzliche Drosselung Ihres DG-Anschlusses von 400 auf 90 Mbit/s ist ärgerlich, aber in den allermeisten Fällen lösbar. Die 90-Mbit/s-Grenze ist ein starkes Signal, das auf einen Fast Ethernet-Flaschenhals hindeutet. Durch eine systematische Fehlersuche, die bei den Kabeln beginnt und sich durch Ihre Geräte und Software arbeitet, können Sie den Übeltäter entlarven. Oft ist es ein unscheinbares Kabel oder eine einfache Einstellung, die Sie von der vollen Geschwindigkeit trennt. Bleiben Sie geduldig, gehen Sie die Schritte sorgfältig durch, und schon bald werden Sie wieder die volle Leistung Ihres schnellen Internetanschlusses genießen können!