Wie Sie in Windows 10 die klassische Ansicht mit einem eigenen Programm wiederherstellen

Haben Sie sich jemals gewünscht, dass Ihr Windows 10 sich ein wenig mehr wie die guten alten Zeiten anfühlt? Viele von uns vermissen die vertraute Ästhetik und Funktionalität älterer Windows-Versionen, insbesondere das klassische Startmenü und den Windows Explorer. Seit Windows 8 und dem darauffolgenden Windows 10 hat Microsoft seine Benutzeroberfläche (UI) radikal modernisiert, um ein einheitliches Erlebnis über verschiedene Geräte hinweg zu schaffen. Doch diese Neuerung stieß nicht bei allen Nutzern auf Gegenliebe. Für viele ist die Effizienz und Vertrautheit der klassischen Ansicht unersetzlich.

Glücklicherweise müssen Sie sich nicht mit der Standard-Ansicht von Windows 10 abfinden. Es gibt leistungsstarke Drittanbieter-Programme, die Ihnen helfen, das Aussehen und Gefühl früherer Windows-Versionen auf Ihrem modernen System wiederherzustellen. Dieser Artikel führt Sie detailliert durch den Prozess und zeigt Ihnen, wie Sie Ihr Windows 10 personalisieren können, um genau das zu bekommen, was Sie suchen. Wir konzentrieren uns dabei auf eines der beliebtesten und effektivsten Tools: Open-Shell (ehemals Classic Shell).

Was bedeutet „klassische Ansicht” in Windows 10?

Bevor wir uns in die technischen Details stürzen, lassen Sie uns definieren, was wir meinen, wenn wir von der „klassischen Ansicht” sprechen. Für die meisten Nutzer umfasst dies mehrere Schlüsselelemente:

• Das Startmenü: Im Vordergrund steht oft das traditionelle Startmenü im Stil von Windows 7, Windows XP oder sogar Windows 95/98. Dies bedeutet in der Regel eine hierarchische Liste von Programmen, direkten Zugriff auf Dokumente und Einstellungen sowie eine Suchleiste, die sich nahtlos in diesen Workflow einfügt. Im Gegensatz dazu bietet Windows 10 ein Kachel-basiertes Menü mit integrierten Apps und Live Tiles, das nicht jedermanns Sache ist.
• Der Windows Explorer: Während der Windows Explorer in Windows 10 eine Ribbon-Benutzeroberfläche ähnlich der von Microsoft Office verwendet, bevorzugen viele Anwender die einfachere Menüleiste und Symbolleisten, die in älteren Versionen zu finden waren. Sie ermöglichten oft einen schnelleren Zugriff auf bestimmte Funktionen ohne das Gefühl, in verschachtelten Menüs verloren zu gehen.
• Die Taskleiste: Obwohl die Taskleiste in Windows 10 anpassbar ist, vermissen einige Nutzer die spezifische Optik und das Verhalten älterer Taskleisten, wie z.B. die klassischen Schaltflächen oder sogar das Design von Windows 95/98.
• Allgemeines Erscheinungsbild: Dies kann auch Aspekte wie klassische Fensterrahmen, Titelleisten, Symbole und sogar Systemklänge umfassen, die zum Gefühl eines „klassischen” Windows beitragen.

Die Wiederherstellung dieser Elemente kann die Produktivität erheblich steigern und ein Gefühl der Vertrautheit zurückbringen, das viele bei der täglichen Arbeit mit Windows 10 schmerzlich vermissen.

Warum Windows 10 die Ansicht geändert hat – und warum Drittanbieter helfen müssen

Microsoft hat die Benutzeroberfläche von Windows radikal umgestaltet, um auf die wachsende Bedeutung von Touchscreens und die Konvergenz von Desktop-PCs, Tablets und Smartphones zu reagieren. Die sogenannte „Modern UI” (früher Metro) sollte ein konsistentes und optimiertes Erlebnis für alle Gerätetypen bieten. Das Kachel-basierte Startmenü und die Vollbild-Apps waren ein Versuch, diese Vision umzusetzen.

Doch während dieser Ansatz für Touch-Geräte intuitiv sein mag, fühlen sich viele Desktop-Nutzer mit Maus und Tastatur durch die neue UI eingeschränkt oder verwirrt. Die direkte Anpassung des Startmenüs an den klassischen Stil ist in Windows 10 nicht nativ möglich. Microsoft bietet zwar einige Optionen zur Personalisierung, diese reichen jedoch nicht aus, um das grundlegende Layout und Verhalten auf den klassischen Zustand zurückzusetzen. Hier kommen Drittanbieter-Programme ins Spiel. Sie greifen tief in das System ein, um die von Microsoft entfernten UI-Elemente wiederherzustellen oder zu emulieren, und geben den Benutzern die Kontrolle über ihre Oberfläche zurück.

Die Retter in der Not: Programme für die klassische Ansicht

Es gibt eine Handvoll Programme, die sich der Aufgabe verschrieben haben, das klassische Windows-Erlebnis wiederherzustellen. Die bekanntesten sind:

• Open-Shell (Classic Shell Nachfolger): Dies ist ein kostenloses, quelloffenes Projekt und der geistige Erbe von Classic Shell, das von vielen als der Goldstandard für die Anpassung des Startmenüs angesehen wird.
• StartIsBack++: Eine weitere beliebte Option, die sich ebenfalls auf das Startmenü konzentriert, aber im Gegensatz zu Open-Shell kostenpflichtig ist.
• RetroBar: Ein spezielleres Tool, das die Taskleiste im Stil von Windows 95/98/2000 nachbildet.

Für diesen umfassenden Leitfaden werden wir uns auf Open-Shell konzentrieren, da es kostenlos, extrem anpassbar und sehr weit verbreitet ist, um das klassische Startmenü unter Windows 10 wiederherzustellen.

Im Detail: Open-Shell (der Nachfolger von Classic Shell)

Classic Shell war über Jahre hinweg das Tool der Wahl, um das Startmenü und den Explorer anzupassen. Als der ursprüngliche Entwickler die Arbeit daran einstellte, übernahm die Community und führte das Projekt als Open-Shell fort. Es bietet eine unglaubliche Fülle an Anpassungsmöglichkeiten, die weit über das einfache Ändern des Startmenüs hinausgehen.

Hauptmerkmale von Open-Shell:

• Verschiedene Startmenü-Stile: Wählen Sie zwischen dem Windows 7-Stil, dem klassischen Zwei-Spalten-Stil (wie in XP) oder dem klassischen Ein-Spalten-Stil (wie in 95/98).
• Umfassende Anpassung: Ändern Sie Skins, Icons, Schriftarten, die Größe von Elementen und vieles mehr. Sie können das Startmenü so detailliert konfigurieren, dass es perfekt zu Ihren Vorstellungen passt.
• Verbesserte Suche: Die integrierte Suchfunktion ist schnell und effektiv, oft präziser als die Windows 10-Suche, da sie sich auf Ihre Anwendungen und Dateien konzentriert.
• Explorer-Verbesserungen: Stellen Sie eine klassische Symbolleiste im Explorer wieder her, fügen Sie eine Statusleiste hinzu und passen Sie das Kopierdialogfeld an.
• Button-Anpassung: Sie können das Aussehen des Start-Buttons anpassen oder sogar einen eigenen Button verwenden.

Schritt für Schritt: Open-Shell installieren und konfigurieren

Die Installation und Konfiguration von Open-Shell ist relativ einfach, erfordert aber ein paar Schritte, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Befolgen Sie diese Anleitung, um Ihre Windows 10 Benutzeroberfläche nach Ihren Wünschen zu gestalten.

1. Herunterladen von Open-Shell

Der sicherste Ort, um Open-Shell herunterzuladen, ist die offizielle GitHub-Seite des Projekts. Suchen Sie nach der neuesten stabilen Version. Achten Sie immer darauf, Software von vertrauenswürdigen Quellen herunterzuladen, um Sicherheitsrisiken zu vermeiden.

Besuchen Sie die Open-Shell GitHub-Seite und laden Sie die Datei mit dem Namen OpenShellSetup_<Versionsnummer>.exe herunter.

2. Installation von Open-Shell

Sobald der Download abgeschlossen ist, führen Sie die Installationsdatei aus:

1. Doppelklicken Sie auf die heruntergeladene .exe-Datei.
2. Bestätigen Sie die Benutzerkontensteuerung, falls diese erscheint.
3. Der Installationsassistent wird gestartet. Klicken Sie auf „Next”.
4. Akzeptieren Sie die Lizenzvereinbarung und klicken Sie erneut auf „Next”.
5. Im nächsten Schritt können Sie auswählen, welche Komponenten installiert werden sollen. Für die volle klassische Ansicht empfehlen wir, alle Standardkomponenten beizubehalten: „Open-Shell Menu”, „Classic Explorer” und „Classic IE”. Klicken Sie auf „Next”.
6. Wählen Sie den Installationspfad (Standard ist meist in Ordnung) und klicken Sie auf „Install”.
7. Die Installation dauert nur wenige Augenblicke. Nach Abschluss klicken Sie auf „Finish”.

3. Erster Start und Basis-Konfiguration des Startmenüs

Nach der Installation bemerken Sie möglicherweise noch keine sofortige Änderung. Klicken Sie nun auf Ihren Start-Button (oder drücken Sie die Windows-Taste). Statt des üblichen Windows 10-Startmenüs öffnet sich ein Konfigurationsdialog von Open-Shell:

• Wählen Sie den gewünschten Startmenü-Stil: Hier können Sie zwischen „Classic style” (für Windows XP/98 Look), „Two columns style” (für Windows XP/7 Look) und „Windows 7 style” wählen. Der „Windows 7 style” ist für viele die bevorzugte Option, da er eine moderne Ästhetik mit klassischer Funktionalität verbindet.
• Ersetzen Sie den „Start”-Button: Sie können auch gleich hier auswählen, ob Sie den Standard-Start-Button von Windows 10 beibehalten oder durch ein klassisches Design ersetzen möchten (z.B. „Classic” oder „Aero”). Viele entscheiden sich für den klassischen Aero-Button, um das Windows 7-Gefühl zu komplettieren.

Nachdem Sie Ihre Auswahl getroffen haben, klicken Sie auf „OK”. Ihr Startmenü sollte sich sofort ändern und den von Ihnen gewählten Stil annehmen.

4. Tiefergehende Anpassungen des Startmenüs

Der Konfigurationsdialog von Open-Shell ist sehr mächtig. Um ihn jederzeit wieder zu öffnen, klicken Sie mit der rechten Maustaste auf den Start-Button und wählen Sie „Einstellungen” (oder „Open-Shell Menu Settings”).

Aktivieren Sie oben links das Kontrollkästchen „Show all settings”, um alle verfügbaren Optionen anzuzeigen. Sie werden feststellen, dass es hier unzählige Einstellungsmöglichkeiten gibt:

• Skins: Unter dem Reiter „Skin” können Sie das Aussehen Ihres Startmenüs komplett verändern. Es gibt verschiedene integrierte Skins wie „Metro”, „Midnight”, „Windows Aero” oder „Classic”. Experimentieren Sie, um den Skin zu finden, der Ihnen am besten gefällt.
• Menü-Anpassung: Unter „Customize Start Menu” können Sie einzelne Einträge hinzufügen, entfernen oder deren Reihenfolge ändern. Sie können auch bestimmen, was beim Klicken auf „Eigene Dateien”, „Dieser PC” usw. passieren soll.
• Suchen und Sprunglisten: Im Reiter „Search” können Sie die Suchfunktion anpassen, um beispielsweise bestimmte Dateitypen auszuschließen oder die Indexierung zu beschleunigen.
• Generelle Einstellungen: Hier finden Sie Optionen zum Verhalten des Startmenüs, wie z.B. die Verzögerung beim Öffnen, Hotkeys oder wie der „Power”-Button funktionieren soll.
• Menüpunkte anpassen: Jeder einzelne Menüpunkt kann detailliert angepasst werden, von seinem Symbol bis zu seiner Beschriftung.

Nehmen Sie sich Zeit, die verschiedenen Optionen zu erkunden. Jede Änderung wird sofort im Startmenü sichtbar, sodass Sie schnell das gewünschte Ergebnis erzielen können.

5. Der klassische Explorer – Auch das ist möglich!

Open-Shell beschränkt sich nicht nur auf das Startmenü. Die „Classic Explorer”-Komponente kann auch den Windows Explorer aufwerten:

• Symbolleiste: Standardmäßig blendet der Windows Explorer von Windows 10 eine Ribbon-Leiste ein. Open-Shell kann eine klassische Symbolleiste am oberen Rand des Explorers hinzufügen, die direkten Zugriff auf Funktionen wie „Ausschneiden”, „Kopieren”, „Einfügen” oder „Eigenschaften” bietet. Um dies zu konfigurieren, öffnen Sie die Open-Shell-Einstellungen, gehen Sie zum Reiter „Explorer” und aktivieren Sie „Show Classic Explorer features”. Hier können Sie die Toolbar-Schaltflächen detaillierter anpassen.
• Statusleiste: Auch die Statusleiste am unteren Rand des Explorer-Fensters, die nützliche Informationen wie die Anzahl der ausgewählten Elemente oder die Größe der Dateien anzeigt, kann wiederhergestellt werden.
• Kopier-UI: Einige Nutzer bevorzugen auch den klassischen Kopierdialog.

Diese Funktionen tragen dazu bei, dass sich auch der Dateimanager wieder vertrauter und effizienter anfühlt.

Weitere Alternativen für den Klassik-Look

StartIsBack++

StartIsBack++ ist eine hervorragende kommerzielle Alternative zu Open-Shell. Es ist ebenfalls sehr beliebt und bietet eine ähnliche Funktionalität mit Fokus auf das Startmenü. Seine Stärke liegt in einer sehr nahtlosen Integration und einer oft als etwas polierter empfundenen Benutzeroberfläche. Wenn Sie bereit sind, ein paar Euro für eine professionelle Lösung auszugeben, ist StartIsBack++ definitiv eine Überlegung wert. Es bietet auch verschiedene Startmenü-Stile (Windows 7, XP, etc.) und umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten für das Aussehen und Verhalten des Startmenüs und der Taskleiste.

RetroBar

Für diejenigen, die das ultimative Nostalgie-Erlebnis suchen und die Taskleiste von Windows 10 ebenfalls umgestalten möchten, gibt es RetroBar. Dieses kostenlose Tool repliziert das Aussehen der Taskleiste von Windows 95, 98, ME, 2000 oder XP. Es ist eine Ergänzung zu Open-Shell oder StartIsBack++, um das klassische Gefühl zu vervollständigen. RetroBar ersetzt die Windows 10-Taskleiste visuell und bietet sogar die klassischen Systemtray-Symbole und das Start-Menü-Label, das viele von älteren Windows-Versionen kennen und lieben.

Vorteile der Wiederherstellung der klassischen Ansicht

Warum sollten Sie sich die Mühe machen, Ihre Benutzeroberfläche anzupassen? Die Vorteile liegen auf der Hand:

• Vertrautheit und Komfort: Für langjährige Windows-Nutzer ist die klassische Ansicht wie „nach Hause kommen”. Das reduziert die Einarbeitungszeit und erhöht den Komfort.
• Steigerung der Produktivität: Ein Startmenü, das Sie intuitiv bedienen können, und ein Explorer, der Ihre Arbeitsweise unterstützt, führen zu einer effizienteren Nutzung Ihres Computers. Schnellere Navigation und Zugriff auf häufig genutzte Programme sind entscheidend.
• Umfassende Anpassung: Sie sind nicht an Microsofts Designvorgaben gebunden, sondern können Ihr System genau so gestalten, wie Sie es möchten. Dies schafft ein persönlicheres und angenehmeres Arbeitsumfeld.
• Ressourcenschonung: Einige dieser Programme sind oft schlanker und verbrauchen weniger Systemressourcen als die modernen UI-Elemente von Windows 10, was sich positiv auf die Leistung auswirken kann.
• Verbesserte Suche: Die Suchfunktionen der Drittanbieter-Startmenüs werden von vielen als präziser und schneller empfunden als die Standard-Suche von Windows 10, insbesondere wenn es um die Suche nach lokalen Anwendungen und Dateien geht.

Potenzielle Nachteile und Überlegungen

Obwohl die Vorteile überwiegen, gibt es auch einige Punkte, die Sie beachten sollten:

• Drittanbieter-Software: Jede Software, die nicht direkt von Microsoft stammt, birgt ein geringes Risiko für Sicherheit oder Kompatibilität. Wählen Sie immer bewährte und gut bewertete Programme wie Open-Shell.
• Updates: Bei großen Windows-Updates kann es gelegentlich zu vorübergehenden Kompatibilitätsproblemen kommen. In der Regel werden diese jedoch schnell von der Community oder den Entwicklern behoben.
• Lernkurve: Auch wenn es sich um eine „Wiederherstellung” handelt, müssen Sie sich unter Umständen an die spezifischen Einstellungen und Anpassungsmöglichkeiten des jeweiligen Programms gewöhnen.
• Konflikte: In seltenen Fällen können Drittanbieter-Programme Konflikte mit anderen installierten Anwendungen verursachen. Dies ist bei etablierten Tools wie Open-Shell jedoch eher unwahrscheinlich.

Fazit: Ihre Windows 10-Oberfläche, Ihre Entscheidung

Die Wiederherstellung der klassischen Ansicht in Windows 10 mit einem Programm wie Open-Shell ist eine hervorragende Möglichkeit, die Kontrolle über Ihre Benutzeroberfläche zurückzugewinnen und Ihr System an Ihre persönlichen Präferenzen anzupassen. Egal, ob Sie das klassische Startmenü von Windows 7 vermissen, den Windows Explorer optimieren möchten oder einfach eine vertrautere Arbeitsumgebung bevorzugen – die Optionen sind vielfältig.

Mit der detaillierten Anleitung für Open-Shell, die wir Ihnen hier gegeben haben, sind Sie bestens gerüstet, um Ihr Windows 10 so zu gestalten, dass es sich wieder wie „Ihr” Betriebssystem anfühlt. Nehmen Sie sich die Zeit, die verschiedenen Einstellungen zu erkunden, und schaffen Sie eine Oberfläche, die nicht nur nostalgisch ist, sondern vor allem Ihre Produktivität und Ihren Komfort steigert. Ihr Computer sollte für Sie arbeiten, nicht umgekehrt!