Die Wahl der richtigen Grafikkarte ist für PC-Gamer oft eine Gratwanderung zwischen Leistung, Preis und Zukunftssicherheit. Im hart umkämpften Mittelklassesegment hat AMD mit der Radeon RX 7800 XT und der Radeon RX 7700 XT zwei vielversprechende Kandidaten ins Rennen geschickt, die auf der modernen RDNA 3 Architektur basieren. Beide Karten versprechen ein hervorragendes 1440p-Gaming-Erlebnis zu einem attraktiven Preis, aber wo liegen die genauen Unterschiede? Welches Modell bietet das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis und welche ist die richtige Wahl für Ihre individuellen Bedürfnisse? In diesem umfassenden Benchmark-Vergleich nehmen wir die beiden RDNA 3-Schwestern genau unter die Lupe, zerlegen ihre technischen Spezifikationen und lassen sie in einer Reihe anspruchsvoller Spiele gegeneinander antreten.
Tauchen Sie mit uns ein in die Welt der Frame-Raten, Watt-Verbräuche und Raytracing-Performance, um herauszufinden, welche dieser AMD-Grafikkarten das Zeug zum neuen Mittelklasse-Champion hat.
Die Kontrahenten im Überblick: Technische Daten der RDNA 3-Architektur
Bevor wir uns in die Tiefen der Benchmarks stürzen, werfen wir einen Blick auf die inneren Werte unserer Testkandidaten. Sowohl die RX 7800 XT als auch die RX 7700 XT basieren auf der RDNA 3-Architektur von AMD, die eine Reihe von Innovationen mit sich bringt, darunter ein Chiplet-Design, dedizierte AI-Beschleuniger und verbesserte Raytracing-Kerne. Trotz ihrer gemeinsamen Architektur gibt es signifikante Unterschiede in der Konfiguration, die sich direkt auf die Leistung auswirken.
Beide Karten nutzen den Navi 32 GPU-Chip, jedoch in unterschiedlichen Ausbaustufen:
| Merkmal | AMD Radeon RX 7800 XT | AMD Radeon RX 7700 XT |
|---|---|---|
| GPU | Navi 32 XT | Navi 32 XL |
| Compute Units (CUs) | 60 | 54 |
| Stream Prozessoren | 3840 | 3456 |
| Game Clock | 2124 MHz | 2171 MHz |
| Boost Clock | 2430 MHz | 2544 MHz |
| Infinity Cache | 64 MB | 48 MB |
| Videospeicher (VRAM) | 16 GB GDDR6 | 12 GB GDDR6 |
| Speicherbus | 256-bit | 192-bit |
| Speicherbandbreite | 624 GB/s | 432 GB/s |
| Total Board Power (TBP) | 263 W | 245 W |
| UVP (Markteinführung) | 549 € | 489 € |
Auf den ersten Blick wird klar: Die RX 7800 XT ist die stärkere der beiden Karten. Sie verfügt über mehr Compute Units, eine höhere Anzahl an Stream Prozessoren, einen größeren Infinity Cache und vor allem über einen breiteren Speicherbus in Kombination mit mehr VRAM (16 GB vs. 12 GB). Diese Unterschiede sind entscheidend, insbesondere für anspruchsvolle Titel und höhere Auflösungen.
Unsere Testmethodik: Wie wir die Karten auf die Probe stellen
Um ein realistisches Bild der Performance zu erhalten, haben wir die Grafikkarten in einem modernen Testsystem mit folgenden Komponenten eingesetzt:
- Prozessor: AMD Ryzen 7 7800X3D
- Arbeitsspeicher: 32 GB DDR5 RAM (6000 MHz CL30)
- Mainboard: X670E Chipsatz
- Speicher: NVMe PCIe 4.0 SSD
- Betriebssystem: Windows 11 (aktuellste Version)
- Treiber: AMD Adrenalin Edition (aktuellste verfügbare Version zum Testzeitpunkt)
- Monitor: 1440p (WQHD) mit hoher Bildwiederholfrequenz
Unser Hauptaugenmerk lag auf der 1440p-Auflösung, da diese als „Sweet Spot” für Karten in diesem Preissegment gilt. Wir haben aber auch 1080p und einen kurzen Blick auf 4K geworfen, um die Grenzen der Karten auszuloten. Die Spiele wurden in der Regel mit hohen bis sehr hohen Grafikeinstellungen getestet, um die Karten maximal zu fordern. Zusätzlich haben wir auch die Raytracing-Leistung und den Einfluss von AMD FSR (FidelityFX Super Resolution) berücksichtigt.
Benchmark-Ergebnisse: Gaming-Performance in der Praxis
1440p – Das Sweet Spot für die Mittelklasse
Im 1440p-Gaming sollen die RX 7800 XT und RX 7700 XT ihre Stärken voll ausspielen. Wir haben eine Auswahl an aktuellen und anspruchsvollen Titeln getestet:
- Cyberpunk 2077 (Ultra-Settings, Raytracing Off): Hier zeigt die RX 7800 XT ihre Muskeln und erreicht im Schnitt solide 70-80 FPS, während die RX 7700 XT bei etwa 55-65 FPS liegt. Das sind beides spielbare Werte, aber die 7800 XT bietet spürbar mehr Puffer.
- Alan Wake 2 (High-Settings, Raytracing Off): Ein sehr fordernder Titel. Die 7800 XT pendelt sich bei 60-70 FPS ein, die 7700 XT erreicht etwa 50-60 FPS. Auch hier sind beide Karten spielbar, profitieren aber stark von FSR, um die 60-FPS-Marke stabil zu halten.
- Starfield (Ultra-Settings): In Bethesdas Sci-Fi-Epos liegt die RX 7800 XT bei 65-75 FPS, die RX 7700 XT bei 55-65 FPS. Hier zeigt sich, dass 16 GB VRAM auch bei hohen Texturen auf 1440p von Vorteil sind.
- Baldur’s Gate 3 (Ultra-Settings): Als weniger GPU-lastiger Titel (außer in sehr komplexen Szenen) liefern beide Karten exzellente Ergebnisse. Die 7800 XT erreicht mühelos über 100 FPS, die 7700 XT liegt nur knapp dahinter bei 90-100 FPS. Ideal für hohe Bildwiederholraten.
- Forza Horizon 5 (Extreme-Settings): In diesem wunderschönen Rennspiel erreichen beide Karten sehr hohe Bildraten. Die 7800 XT kratzt an der 120 FPS-Marke oder überschreitet sie sogar, die 7700 XT liegt konstant über 100 FPS.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die RX 7800 XT durchweg eine um etwa 15-20% höhere Performance als die RX 7700 XT liefert. Dies macht sich in anspruchsvollen Titeln bemerkbar, wo die 7800 XT öfter die begehrte 60-FPS-Marke ohne Upscaling hält, während die 7700 XT öfter auf FSR zurückgreifen muss. Die zusätzlichen 4 GB VRAM und der breitere Speicherbus der 7800 XT zahlen sich hier aus.
Raytracing – Anspruchsvolle Lichtspiele
Raytracing bleibt eine Achillesferse für AMD, auch wenn die RDNA 3-Architektur deutliche Fortschritte gegenüber RDNA 2 gemacht hat. Im direkten Vergleich mit Nvidias RT-Leistung hinken die AMD-Karten aber noch hinterher. Bei aktiviertem Raytracing fallen die FPS-Werte drastisch ab:
- Cyberpunk 2077 (Raytracing Ultra, FSR Quality): Hier sinken die Werte der 7800 XT auf ca. 35-45 FPS und die der 7700 XT auf 25-35 FPS. Ohne FSR ist Raytracing auf 1440p in diesem Spiel kaum genießbar.
- Alan Wake 2 (Path Tracing, FSR Quality): Path Tracing ist extrem fordernd. Selbst mit FSR ist hier nur eine Leistung von ca. 20-25 FPS auf der 7800 XT und noch weniger auf der 7700 XT zu erwarten.
Wer Wert auf Raytracing legt, wird feststellen, dass beide AMD-Karten hier Kompromisse erfordern. FSR ist in den meisten Fällen eine Notwendigkeit, um überhaupt spielbare Bildraten zu erzielen. Die RX 7800 XT schneidet zwar auch hier besser ab, aber der Unterschied zu Nvidias DLSS und dedizierten RT-Kernen ist spürbar.
1080p – Solide Leistung für alle Fälle
Auf 1080p sind beide Karten im Grunde überdimensioniert, was jedoch bedeutet, dass sie sich hervorragend für kompetitive Spiele mit hohen Bildwiederholraten eignen. Selbst die anspruchsvollsten AAA-Titel laufen auf 1080p mit maximalen Details weit über 60 FPS, oft sogar im dreistelligen Bereich. Wer einen High-Refresh-Rate-Monitor (144 Hz oder mehr) besitzt, wird auch in CS2, Valorant oder Apex Legends das volle Potenzial ausschöpfen können. Für reines 1080p-Gaming sind beide Karten überdimensioniert, bieten aber eine hervorragende Zukunftssicherheit.
4K – Ein Blick in die Zukunft (oder an die Grenzen?)
Das Spielen in 4K-Auflösung ist für beide Karten eine Herausforderung. Während die RX 7800 XT in einigen weniger fordernden Titeln mit angepassten Einstellungen und FSR an die 60-FPS-Marke herankommt, ist die RX 7700 XT hier meist überfordert. Wer primär in 4K spielen möchte, sollte eher zu einer höheren Leistungsklasse greifen. Die 16 GB VRAM der 7800 XT sind hier zwar von Vorteil, aber die reine Rechenleistung stößt an ihre Grenzen.
Leistungsaufnahme und Effizienz
Die Total Board Power (TBP) der RX 7800 XT liegt bei 263 Watt, die der RX 7700 XT bei 245 Watt. In unseren Tests zeigte sich, dass diese Werte in der Praxis auch annähernd erreicht werden. Beide Karten sind im Vergleich zur Vorgängergeneration oder Nvidias RTX 40er Serie nicht die effizientesten, aber auch keine Stromfresser. Ein 700-750 Watt Netzteil ist für die RX 7800 XT empfehlenswert, für die RX 7700 XT reicht in den meisten Fällen ein 650 Watt Netzteil aus.
In Bezug auf die Effizienz (Performance pro Watt) bietet die RX 7800 XT aufgrund ihrer höheren Rohleistung und etwas besseren Skalierung ein leicht besseres Bild als die RX 7700 XT, der höhere TBP der 7800 XT wird durch die deutlich höhere Performance gerechtfertigt.
Software-Features und Ökosystem
Beide Karten profitieren von AMDs umfangreicher Adrenalin Software, die zahlreiche Features bietet, um das Gaming-Erlebnis zu optimieren:
- FidelityFX Super Resolution (FSR): AMDs Upscaling-Technologie ist ein Game-Changer, besonders in Kombination mit Raytracing oder bei höheren Auflösungen. Die Version 3.0 mit Frame Generation verbessert die Bildraten nochmals deutlich, allerdings ist die Spielunterstützung noch begrenzt.
- Radeon Anti-Lag & Radeon Boost: Reduzieren die Eingabeverzögerung und verbessern die Reaktionsfähigkeit in kompetitiven Spielen.
- HYPR-RX: Eine One-Click-Lösung, die mehrere AMD-Features (Anti-Lag, Boost, FSR) gleichzeitig aktiviert, um die Performance zu maximieren.
- Radeon Chill: Spart Energie, indem es die Bildrate begrenzt, wenn die Action geringer ist.
Das AMD-Ökosystem ist ausgereift und bietet viele nützliche Tools, die von beiden Karten voll unterstützt werden.
Preis-Leistungs-Verhältnis und Marktpositionierung
Dies ist der Punkt, an dem die Diskussion oft am hitzigsten wird. Zum Zeitpunkt der Markteinführung lag die RX 7800 XT bei 549 € und die RX 7700 XT bei 489 €. Das Problem der 7700 XT war und ist oft, dass der Preisunterschied zur leistungsstärkeren 7800 XT zu gering ist, um sie wirklich attraktiv zu machen.
Aktuell (Stand Anfang 2024) hat sich die Preissituation etwas entspannt, und beide Karten sind oft unterhalb ihrer UVP zu finden. Die RX 7800 XT konkurriert in erster Linie mit Nvidias RTX 4070, die in Raytracing-Anwendungen oft die Nase vorn hat, in reiner Rasterisierungsleistung jedoch der 7800 XT unterliegt oder gleichauf liegt – oft aber zu einem höheren Preis. Die 7700 XT hingegen befindet sich in einer schwierigen Position, da sie leistungsmäßig zwischen der RTX 4060 Ti und RTX 4070 liegt, preislich aber oft zu nah an der 7800 XT operiert.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis der RX 7800 XT ist hervorragend, besonders wenn man die 16 GB VRAM bedenkt, die ihr eine bessere Zukunftssicherheit verleihen. Für Gamer, die primär 1440p mit hohen Einstellungen und ohne exzessives Raytracing genießen möchten, ist die 7800 XT eine sehr attraktive Option.
Die RX 7700 XT bietet ebenfalls eine gute Performance für 1440p, allerdings muss man hier öfter Kompromisse bei den Einstellungen eingehen oder auf FSR setzen. Ihr Preis müsste spürbar unter dem der 7800 XT liegen, um sie zur absoluten Empfehlung zu machen. Wenn der Preisunterschied jedoch groß genug ist, ist sie eine solide Wahl für High-Refresh-Rate 1080p und gutes 1440p-Gaming.
Fazit: Wer ist der Gewinner im Mittelklasse-Duell?
Nach umfassenden Benchmarks und einer detaillierten Analyse lässt sich festhalten, dass AMD mit beiden Karten ein starkes Angebot in der Mittelklasse platziert hat. Der direkte Vergleich zeigt jedoch einen klaren Sieger:
Die AMD Radeon RX 7800 XT geht als souveräner Gewinner aus diesem Duell hervor. Sie bietet durchweg eine spürbar höhere Gaming-Performance in 1440p, insbesondere in anspruchsvollen Titeln, die von ihren 16 GB VRAM und dem breiteren Speicherbus profitieren. Ihr Preis-Leistungs-Verhältnis ist exzellent und macht sie zur idealen Wahl für Gamer, die das beste 1440p-Erlebnis suchen, ohne ein Vermögen auszugeben. Sie ist zukunftssicher und bietet genügend Leistung für die kommenden Jahre.
Die AMD Radeon RX 7700 XT ist keineswegs eine schlechte Karte. Sie liefert ebenfalls eine sehr gute Performance für 1440p, muss aber öfter auf FSR zurückgreifen oder die Grafikeinstellungen etwas herunterregeln, um die magische 60-FPS-Grenze zu halten. Für High-Refresh-Rate 1080p-Gaming ist sie eine hervorragende Wahl. Ihr Hauptproblem ist jedoch ihre Preispositionierung. Oftmals liegt sie zu nah an der leistungsstärkeren 7800 XT, wodurch der Mehrwert der größeren Schwester deutlich überwiegt. Nur wenn die 7700 XT zu einem signifikant günstigeren Preis erhältlich ist, lohnt sich der Griff zu ihr.
Für die meisten Gamer, die im Jahr 2024 in die Mittelklasse einsteigen und ein optimales 1440p-Erlebnis anstreben, ist die Radeon RX 7800 XT die klar bessere und zukunftssicherere Investition. Sie ist der neue AMD-Mittelklasse-Champion, der ein ausgewogenes Paket aus Leistung, Funktionen und Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.