Aus der Praxis für die Praxis: Unsere ersten Erfahrungen mit FSR 4 und dem neuen Optiscaler – hat sich das Warten gelohnt?

Die Jagd nach der perfekten Gaming-Performance ist ein nie endendes Rennen. Mit jedem neuen Spiel steigen die Anforderungen an unsere Hardware, und die Hersteller von Grafikkarten sind ständig bestrebt, uns neue Technologien an die Hand zu geben, um diese Herausforderungen zu meistern. In den letzten Jahren haben sich Upscaling-Technologien wie NVIDIAs DLSS, Intels XeSS und AMDS FSR als unverzichtbare Werkzeuge etabliert, um hohe Frameraten bei beeindruckender Bildqualität zu liefern. Doch die Entwicklung steht nicht still. Mit Spannung wurde die nächste Iteration von AMDS Upscaling-Lösung erwartet: **FSR 4** und, als besonders vielversprechende Neuerung, der **Optiscaler**. Wir hatten die exklusive Möglichkeit, uns diese neuen Technologien in einer frühen Phase genauer anzusehen und unsere ersten Erfahrungen direkt aus der Praxis für die Praxis zusammenzufassen. Die große Frage, die uns dabei umtrieb: Hat sich das lange Warten wirklich gelohnt?

### Die Evolution des Upscaling: Was ist neu bei FSR 4 und dem Optiscaler?

Bevor wir ins Detail unserer Testergebnisse gehen, lassen Sie uns kurz rekapitulieren, was FSR 4 eigentlich ist und welche Rolle der Optiscaler dabei spielt. **FSR (FidelityFX Super Resolution)** hat sich seit seiner Einführung als eine der zugänglichsten Upscaling-Technologien etabliert. Anders als DLSS, das auf spezielle Tensor-Kerne in NVIDIAs RTX-Karten angewiesen ist, funktioniert FSR auf einer breiten Palette von GPUs, inklusive älterer AMD-Karten, NVIDIAs GTX/RTX-Reihen und sogar Intel Arc-Grafikkarten. Diese Hardware-Offenheit ist ein Kernprinzip von AMD und hat FSR zu einer weit verbreiteten Lösung gemacht.

FSR 1 basierte auf einem rein räumlichen Upscaling-Algorithmus, der Pixel der aktuellen Frame analysierte und hochskalierte. Das war schnell und effizient, hatte aber manchmal Schwierigkeiten mit temporalen Artefakten wie Flimmern oder Geisterbildern. FSR 2 führte dann ein temporales Element ein, das Informationen aus früheren Frames nutzte, um die Bildqualität, insbesondere die Stabilität bewegter Objekte, deutlich zu verbessern. FSR 3 baute darauf auf und integrierte zusätzlich eine Frame-Generierung, ähnlich NVIDIAs DLSS 3, um die FPS noch weiter in die Höhe zu treiben.

Mit **FSR 4** geht AMD einen weiteren Schritt. Es ist keine komplette Neuschreibung der Technologie, sondern eine signifikante Weiterentwicklung der bestehenden temporären Upscaling-Pipeline. Das Herzstück und der Hauptfokus dieser neuen Version ist der **Optiscaler**. Der Optiscaler ist ein brandneuer Algorithmus, der darauf abzielt, die Schwächen früherer FSR-Versionen, insbesondere im Bereich der temporalen Stabilität und der Detailwiederherstellung, zu adressieren. Er nutzt fortschrittlichere Techniken zur Bewegungsvektor-Analyse und zur Rekonstruktion von Subpixel-Details. Das Versprechen ist klar: Eine Bildqualität, die noch näher an nativem Rendering liegt, und das bei gleichbleibend hoher Performance. Der Optiscaler soll smarter arbeiten, präziser Bewegungen erkennen und somit Artefakte wie Flimmern an feinen Geometrien oder unschöne Geisterbilder bei schnellen Bewegungen minimieren. Es ist AMDS Antwort auf die stetig steigenden Qualitätsansprüche und die zunehmende Raffinesse der Konkurrenz.

### Unser Testsystem und die Methodik

Um valide Ergebnisse zu liefern, haben wir ein repräsentatives Testsystem zusammengestellt. Wir haben unsere Tests auf einer High-End-Plattform durchgeführt, um etwaige CPU-Bottlenecks zu minimieren und die reine GPU-Leistung und die Effektivität von FSR 4 zu beurteilen.

**Testsystem:**
* **CPU:** AMD Ryzen 9 7950X3D
* **GPU:** AMD Radeon RX 7900 XTX (Referenzdesign), zusätzlich Vergleichstests auf einer Radeon RX 7800 XT
* **RAM:** 32GB DDR5-6000 CL30
* **Motherboard:** ASUS ROG Crosshair X670E Hero
* **Speicher:** Samsung 990 Pro 2TB NVMe SSD
* **Betriebssystem:** Windows 11 Pro (aktuellste Version)
* **Grafiktreiber:** Spezieller Pre-Release-Treiber mit FSR 4 und Optiscaler Implementierung

**Getestete Spiele (mit Early-Access FSR 4 Integration):**
* *Cyberpunk 2077* (intensive Raytracing-Szene, Open-World)
* *Alan Wake 2* (dunkle, detailreiche Umgebungen, viel temporaler Effekt)
* *Forza Horizon 5* (schnelle Bewegungen, große Distanzen)
* *Starfield* (Open-World, verschiedene Biome)

**Testmethodik:**
Wir haben jedes Spiel in 4K-Auflösung (3840×2160) und 1440p-Auflösung (2560×1440) getestet. Dabei wurden folgende Szenarien verglichen:
1. **Natives Rendering:** Die Referenz für die Bildqualität.
2. **FSR 4 Aus:** Vergleich mit FSR 2.2/3 (falls im Spiel verfügbar) und nativem Rendering ohne Upscaling.
3. **FSR 4 Performance-Modi:** „Performance”, „Balanced”, „Quality”, „Ultra Quality” (entsprechend 50%, 59%, 67%, 77% Render-Auflösung).
Wir haben die **Framerate (FPS)**, die **Frametimes** (für die Stabilität), die **Latenz** und vor allem die **subjektive Bildqualität** genau unter die Lupe genommen. Für die Bildqualität haben wir detaillierte Screenshots, Videoaufnahmen von Standbildern und bewegten Szenen angefertigt und diese im direkten Vergleich analysiert. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei feinen Details wie Haaren, Laub, Partikeleffekten, Wasser und UI-Elementen.

### Die Performance-Explosion: Mehr FPS für alle?

Zunächst zur Performance. Hier liefert FSR 4, wie erwartet, eine beeindruckende Vorstellung ab. Die grundsätzliche Effizienz der FSR-Technologie ist auch in der vierten Generation vorhanden und wurde durch den Optiscaler nicht beeinträchtigt.

In unseren 4K-Tests konnten wir die Framerate in den meisten Spielen **um 50% bis 120%** steigern, abhängig vom gewählten FSR 4 Modus und dem jeweiligen Spiel. Besonders in Cyberpunk 2077 mit aktiviertem Raytracing waren die Zuwächse enorm. Während natives 4K mit einer RX 7900 XTX und hohen Einstellungen (ohne Path Tracing) oft unter 60 FPS fiel, ermöglichte FSR 4 im „Quality”-Modus stabile Bildraten über 70 FPS, im „Performance”-Modus sogar über 90 FPS. Dies ist ein entscheidender Faktor für ein flüssiges Spielerlebnis auf hochauflösenden Monitoren.

Auch in 1440p sind die Performance-Vorteile spürbar, wenngleich prozentual geringer, da die GPU hier ohnehin weniger gefordert ist. Dennoch ermöglicht FSR 4 hier oft das Erreichen der maximalen Bildwiederholfrequenz von High-Refresh-Rate-Monitoren, was zu einem noch reaktionsfreudigeren Gefühl führt.

Die **Frametimes** waren durchweg stabil. Wir konnten keine signifikanten Einbrüche oder Mikroruckler feststellen, die auf FSR 4 zurückzuführen wären. Auch die **Latenz** zeigte sich unauffällig. Im direkten Vergleich zu nativem Rendering war der Einfluss minimal, und im Vergleich zu FSR 2/3 gab es keine spürbare Verschlechterung. Für kompetitive Spieler ist dies eine gute Nachricht: Man muss keine Kompromisse bei der Eingabeverzögerung eingehen, um von den Performance-Gewinnen zu profitieren.

Die Integration des Optiscalers scheint die reine Rechenlast nicht drastisch erhöht zu haben, was für AMDS Ingenieure ein großer Erfolg ist. Die Performance-Gewinne sind also nicht nur auf dem Papier beeindruckend, sondern auch in der Praxis sofort spürbar.

### Die Königsklasse: Bildqualität mit Optiscaler

Hier wird es spannend, denn die Bildqualität war stets der Knackpunkt, an dem FSR in der Vergangenheit gelegentlich Kritik einstecken musste, insbesondere im direkten Vergleich zu NVIDIAs DLSS. Mit dem Optiscaler verspricht AMD eine Revolution, und unsere ersten Erfahrungen deuten darauf hin, dass sie dieses Versprechen weitestgehend halten können.

Die größte Verbesserung, die wir feststellen konnten, ist die **temporale Stabilität**. Frühere FSR-Versionen hatten oft mit einem gewissen Flimmern oder Shimmering an feinen Details zu kämpfen, insbesondere bei sich bewegenden Objekten oder Kanten. Der Optiscaler adressiert dieses Problem hervorragend. In Alan Wake 2, wo Schatten, Nebel und komplexe Beleuchtung eine große Rolle spielen, waren die Übergänge und feinen Texturen deutlich stabiler. Das unangenehme Flimmern an Stromleitungen oder dem Blätterdach von Bäumen ist spürbar reduziert. Auch in Forza Horizon 5, bei schnellen Kamerafahrten durch Landschaften, blieben feine Details am Horizont und auf der Fahrbahn erstaunlich scharf und ruhig.

Die **Detailwiederherstellung** ist ebenfalls ein deutlicher Fortschritt. Während FSR 2/3 manchmal dazu neigte, feine Texturen leicht zu glätten oder zu verschmieren, ist der Optiscaler hier präziser. Haare, Grashalme, kleine Schriftzüge auf Objekten oder Texturen von Kleidung wirken schärfer und detaillierter. Der Unterschied zu nativem Rendering ist in den „Quality”- und „Ultra Quality”-Modi oft nur noch bei genauem Hinsehen erkennbar. Im „Performance”-Modus sind natürlich Kompromisse bei der Bildschärfe sichtbar, aber selbst hier war die Qualität überraschend gut und artefaktärmer als bei früheren FSR-Generationen in diesem Modus.

**Aliasing** – die gefürchteten Treppcheneffekte – wird von FSR 4 mit Optiscaler sehr effektiv bekämpft. Kanten sind spürbar glatter, ohne dabei zu weich oder unnatürlich zu wirken. Wir konnten auch keine neuen, störenden Artefakte feststellen, was ein gutes Zeichen für die Reife des Optiscaler-Algorithmus ist.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt: **UI-Elemente** und HUD-Anzeigen. Obwohl sie in den meisten Fällen klar und gut lesbar waren, gab es vereinzelt Situationen, in denen sehr feine Textelemente bei sehr hoher Skalierung (z.B. 4K Performance-Modus) leicht unschärfer wirkten als im nativen Rendering. Dies ist jedoch ein Problem, mit dem alle Upscaling-Technologien zu kämpfen haben und das von der Implementierung im jeweiligen Spiel abhängt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Optiscaler einen gewaltigen Sprung in der Bildqualität darstellt. Die Diskrepanz zwischen nativem Rendering und FSR ist kleiner denn je, und die oft kritisierten temporalen Artefakte wurden maßgeblich verbessert.

### FSR 4 im Vergleich: Wie schlägt es sich gegen DLSS und XeSS?

Der Vergleich mit der Konkurrenz ist unausweichlich. NVIDIAs DLSS, insbesondere die neuesten Versionen wie DLSS 3.5 mit Ray Reconstruction, haben die Messlatte für Upscaling und Bildqualität sehr hoch gelegt. Intel’s XeSS bietet eine gute Balance aus Performance und Qualität, ebenfalls mit breiter Hardware-Unterstützung.

**FSR 4 mit Optiscaler** positioniert sich nun als ein extrem starker Herausforderer. Im Bereich der reinen Upscaling-Qualität, insbesondere was temporale Stabilität und Detailwiederherstellung angeht, hat AMD den Abstand zu DLSS massiv verkürzt. In einigen Szenen war es für uns extrem schwierig, ohne direkten A/B-Vergleich den Unterschied zu erkennen. DLSS 3.5 hat mit seiner Ray Reconstruction und der Frame Generation immer noch Vorteile, insbesondere in extremen Raytracing-Szenarien oder wenn absolute High-FPS-Ziele erreicht werden sollen. Doch die Kernaufgabe des Upscaling meistert FSR 4 mit Optiscaler nun auf einem Niveau, das bisher nur DLSS vorbehalten schien.

Der größte Vorteil von FSR bleibt die **Hardware-Offenheit**. Während DLSS exklusiv für NVIDIA RTX-Karten ist und Intels XeSS auf Arc-GPUs optimiert ist (aber auch auf anderen läuft), funktioniert FSR 4 prinzipiell auf allen modernen Grafikkarten. Dies ist ein gewaltiger Gewinn für die breite Masse der Spieler, die nicht immer die neueste High-End-NVIDIA-Karte besitzen. Es demokratisiert hohe Performance und exzellente Bildqualität.

FSR 4 bietet zudem keine eigene Frame-Generierung wie FSR 3. Es konzentriert sich rein auf die Upscaling-Qualität. Wenn Frame-Generierung gewünscht wird, müsste diese separat aktiviert werden (sofern im Spiel implementiert). Dies ist ein kleiner Unterschied in der Philosophie, aber der Optiscaler konzentriert sich auf die fundamentale Verbesserung des hochskalierten Bildes, was für viele Spieler der wichtigere Aspekt sein dürfte.

### Herausforderungen und offene Fragen

Trotz der positiven ersten Eindrücke gibt es noch einige offene Fragen und Herausforderungen:
* **Adoption:** Wie schnell werden Spielentwickler FSR 4 und den Optiscaler in ihre Spiele integrieren? Die einfache Implementierung von FSR war bisher ein Vorteil, und wir hoffen, dass dies auch bei FSR 4 der Fall sein wird.
* **Tiefenintegration:** Der Optiscaler benötigt mehr Informationen vom Spiel als frühere FSR-Versionen, um seine volle Wirkung zu entfalten. Dies könnte für Entwickler einen etwas höheren Aufwand bedeuten.
* **Weitere Optimierungen:** Auch wenn die Qualität bereits sehr hoch ist, gibt es immer Potenzial für weitere Optimierungen und Verfeinerungen des Algorithmus.
* **Kompatibilität mit älterer Hardware:** Obwohl FSR als offen gilt, könnten bestimmte Optimierungen des Optiscalers eventuell auf neueren Architekturen besser performen. Wir werden dies im Auge behalten.

### Fazit – Hat sich das Warten gelohnt?

Nach unseren ersten, umfassenden Erfahrungen mit AMD FSR 4 und dem neuen Optiscaler können wir diese Frage mit einem klaren **Ja** beantworten. Das Warten hat sich definitiv gelohnt!

AMD hat mit dem **Optiscaler** einen entscheidenden Schritt nach vorne gemacht. Die **Bildqualität** hat einen signifikanten Sprung nach vorne gemacht, insbesondere in Bezug auf die temporale Stabilität und die Detailwiederherstellung. Die oft kritisierten Schwächen früherer FSR-Versionen wurden wirksam adressiert. Flimmern und Geisterbilder gehören weitgehend der Vergangenheit an, und die hochskalierten Bilder wirken so nah am nativen Rendering wie nie zuvor.

Die **Performance-Vorteile** sind nach wie vor beeindruckend und ermöglichen auch in anspruchsvollsten Spielen und bei höchsten Auflösungen ein flüssiges Spielerlebnis. Dass diese Verbesserungen der Bildqualität erreicht werden konnten, ohne die Performance-Gewinne zu schmälern, ist eine bemerkenswerte technische Leistung.

FSR 4 mit Optiscaler stärkt AMDS Position im Upscaling-Wettbewerb erheblich. Es bietet eine exzellente Balance aus Performance und Bildqualität und behält gleichzeitig den großen Vorteil der breiten Hardware-Kompatibilität bei. Für Besitzer von AMD-Grafikkarten ist dies ein massiver Zugewinn, aber auch Nutzer von NVIDIA- und Intel-Karten werden von dieser neuen, offenen Technologie profitieren können, sobald sie in Spielen implementiert ist.

Wir sind gespannt auf die breite Verfügbarkeit von FSR 4 und dem Optiscaler in kommenden Spieletiteln. AMD hat hier eine Technologie abgeliefert, die nicht nur auf dem Papier beeindruckt, sondern auch in der Praxis das Gaming-Erlebnis für eine Vielzahl von Spielern spürbar verbessern wird. Der Traum von hohen Framerates bei hervorragender Bildqualität rückt für alle ein Stück näher – unabhängig von der verwendeten Grafikkarte.