Die Welt der Heimvernetzung hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten rasant entwickelt. Was gestern noch Hightech war, ist heute oft ein Relikt aus einer vergangenen Ära. Doch wie steht es um wahre Klassiker, Geräte, die einst Maßstäbe setzten und in unzähligen Haushalten für zuverlässiges Internet sorgten? Eine solche Legende ist die **AVM FRITZ!Box 2170**. Einst ein Vorreiter in Sachen integrierter Internetzugang und Telefonie, stellt sich die Frage: Was kann dieser Router-Oldtimer im Jahr 2024 noch leisten und für wen ist er überhaupt noch von Interesse? Begleiten Sie uns auf eine detaillierte Zeitreise und eine kritische Bestandsaufnahme.
### Ein Blick zurück: Die FRITZ!Box 2170 in ihrer Blütezeit
Als die FRITZ!Box 2170 um das Jahr 2007 auf den Markt kam, war sie ein Paradebeispiel für die Innovationskraft von AVM. In einer Zeit, in der DSL-Anschlüsse langsam, aber stetig ihren Weg in die deutschen Haushalte fanden und VoIP-Telefonie an Bedeutung gewann, bot die 2170 ein **All-in-One-Paket**, das seinesgleichen suchte. Sie vereinte ein ADSL2+-Modem, einen WLAN-Router und eine Telefonanlage für IP-Telefonie in einem einzigen, eleganten Gehäuse.
Die FRITZ!Box 2170 stand für die typischen AVM-Tugenden: **Zuverlässigkeit**, Benutzerfreundlichkeit durch das damals schon intuitive FRITZ!OS (wenn auch in einer früheren Version) und eine robuste Hardware, die für den Dauerbetrieb ausgelegt war. Sie ermöglichte es Familien, gleichzeitig im Internet zu surfen, E-Mails abzurufen und über VoIP zu telefonieren – ein echter Fortschritt für viele. Mit ihrer Unterstützung für den damals gängigen WLAN-Standard 802.11g und vier Fast-Ethernet-Anschlüssen bot sie ausreichend Konnektivität für die damaligen Anforderungen. Es war die Zeit, in der „Fritzen” zum Synonym für ein zuverlässiges und vielseitiges Heimnetzwerk wurde.
### Technische Spezifikationen und ihre heutige Relevanz
Um die heutige Leistungsfähigkeit der FRITZ!Box 2170 beurteilen zu können, müssen wir ihre Kernspezifikationen genau unter die Lupe nehmen und mit den aktuellen Standards vergleichen:
* **Internet-Zugang (DSL):** Das Herzstück der 2170 ist ihr integriertes **ADSL2+-Modem**. Dies bedeutet, sie ist ausschließlich für ADSL-Leitungen konzipiert. In einer Zeit, in der VDSL, Vectoring, Supervectoring und Glasfaseranschlüsse die Norm sind, ist dies ihre größte Einschränkung. Sie kann *keine* VDSL- oder Fiber-Anschlüsse direkt nutzen. Ihre maximale theoretische Download-Geschwindigkeit liegt bei etwa 24 MBit/s (ADSL2+), was im Vergleich zu modernen Breitbandanschlüssen (100 MBit/s bis über 1 GBit/s) extrem gering ist.
* **WLAN (Wireless LAN):** Die 2170 unterstützt den WLAN-Standard **802.11g**. Dieser Standard erreicht eine maximale Brutto-Datenrate von 54 MBit/s im 2,4-GHz-Band. Netto bleiben davon oft nur 20-25 MBit/s übrig. Im Gegensatz dazu nutzen moderne Router 802.11n (Wi-Fi 4), 802.11ac (Wi-Fi 5) oder sogar 802.11ax (Wi-Fi 6) mit deutlich höheren Geschwindigkeiten (bis zu mehreren GBit/s), Unterstützung für 5-GHz-Bänder, MIMO und Beamforming. Die 2170 ist hier meilenweit von der heutigen Leistung entfernt und bietet keine Unterstützung für modernere, schnellere WLAN-Standards oder das weniger frequentierte 5-GHz-Band.
* **LAN-Ports:** Sie verfügt über vier **Fast-Ethernet-Anschlüsse** (10/100 MBit/s). Während diese für die meisten grundlegenden Aufgaben noch ausreichen mögen, sind sie für schnelle Datenübertragungen im Heimnetzwerk, den Anschluss von NAS-Systemen oder Gaming-PCs, die Gigabit-Ethernet (1000 MBit/s) benötigen, schlichtweg zu langsam.
* **Telefonie (VoIP):** Die FRITZ!Box 2170 bietet einen Anschluss für ein **analoges Telefon**, das über VoIP-Dienste betrieben werden kann. Sie kann SIP-Zugangsdaten konfigurieren. Diese Funktion ist theoretisch immer noch nutzbar, sofern Ihr Internetanbieter weiterhin Standard-SIP-Zugangsdaten bereitstellt. Eine integrierte DECT-Basis, wie sie in vielen späteren FRITZ!Box-Modellen Standard wurde, ist bei der 2170 **nicht vorhanden**.
* **USB-Anschluss:** Ein gravierender Mangel aus heutiger Sicht ist das **Fehlen eines USB-Anschlusses**. Moderne FRITZ!Boxen nutzen diesen für diverse Komfortfunktionen wie den Anschluss von Speichermedien (NAS-Funktion, Mediaserver), Druckern (Printserver) oder mobilen Breitband-Sticks zur Notfallverbindung. Die 2170 kann derlei Funktionen nicht bieten.
* **FRITZ!OS:** Die FRITZ!Box 2170 läuft mit einer stark veralteten Version des FRITZ!OS. Das bedeutet nicht nur, dass sie moderne Funktionen nicht unterstützt, sondern auch, dass sie **keine Sicherheitsupdates mehr erhält**. Dies ist ein kritischer Punkt für die Sicherheit Ihres Netzwerks.
### Was die FRITZ!Box 2170 heute noch kann – Ein Restwert im Detail
Trotz ihrer technischen Einschränkungen und ihres fortgeschrittenen Alters gibt es immer noch einige Szenarien, in denen die FRITZ!Box 2170 (eingeschränkt) ihren Dienst verrichten kann:
1. **Zuverlässiger ADSL-Internetzugang:** Sollten Sie zu den seltenen Nutzern gehören, die tatsächlich noch einen reinen ADSL- oder ADSL2+-Anschluss ohne VDSL-Option nutzen und Ihr Provider keine höheren Geschwindigkeiten anbietet, dann kann die 2170 weiterhin als **Modem und Router** fungieren. Für E-Mails, einfaches Surfen und gelegentliche YouTube-Videos mag das ausreichen.
2. **Basis-WLAN-Zugangspunkt:** Als einfacher 802.11g-Access Point kann die FRITZ!Box 2170 immer noch ein WLAN-Signal bereitstellen. Dies ist denkbar für **sehr alte WLAN-Geräte** (z.B. ein PDA, ein altes Smartphone der ersten Generation oder ein IoT-Gerät, das nur 2,4 GHz 802.11g unterstützt) oder wenn Sie lediglich einen isolierten WLAN-Zugang für extrem geringe Bandbreiten benötigen.
3. **Ethernet-Switch für kabelgebundene Geräte:** Die vier 10/100 MBit/s LAN-Ports können immer noch als **einfacher Switch** dienen, um kabelgebundene Geräte wie einen alten Drucker, einen Media-Receiver oder einen PC ohne hohen Bandbreitenbedarf mit dem Netzwerk zu verbinden.
4. **VoIP-Client mit analogem Anschluss:** Wenn Sie lediglich einen SIP-Account bei einem Provider registrieren und diesen über ein **klassisches Analogtelefon** nutzen möchten, ist die 2170 dazu in der Lage – vorausgesetzt, der Anschluss ist ADSL-basiert.
5. **Einsteigermodell für Netzwerk-Grundlagen:** Für Lehrzwecke oder zum Experimentieren mit Netzwerk-Basics (IP-Adressen, Subnetting, Portfreigaben) ohne Angst haben zu müssen, ein teures aktuelles Gerät zu beschädigen, kann die 2170 als **Testobjekt** dienen.
6. **Ersatzgerät für Notfälle (ADSL):** In einem Haushalt mit ADSL-Anschluss könnte die 2170 als **Backup-Router** dienen, falls Ihr Hauptgerät ausfällt und Sie für kurze Zeit eine minimale Internetverbindung benötigen.
### Die K.O.-Kriterien: Warum die 2170 im modernen Haushalt scheitert
Für die überwiegende Mehrheit der heutigen Internetnutzer ist die FRITZ!Box 2170 jedoch **keine praktikable Lösung mehr**. Die Gründe dafür sind vielfältig und gravierend:
* **Inkompatibilität mit modernen Breitbandanschlüssen:** Dies ist das größte Manko. Ohne Unterstützung für VDSL (Vectoring, Supervectoring) oder Glasfaser kann die 2170 schlichtweg nicht die hohen Geschwindigkeiten moderner Internetzugänge nutzen. Sie kann nicht an einem Kabelmodem-Anschluss betrieben werden und auch nicht als reiner IP-Client an einem modernen Glasfasermodem oder VDSL-Router, da ihr FRITZ!OS dafür nicht ausgelegt ist.
* **Veraltetes und extrem langsames WLAN:** 802.11g ist hoffnungslos veraltet. Für Streaming in HD oder 4K, Online-Gaming, Videoanrufe oder das Betreiben mehrerer WLAN-Geräte gleichzeitig ist die gebotene Bandbreite völlig unzureichend. Es fehlt zudem das 5-GHz-Band, das heute für eine stabilere und schnellere WLAN-Verbindung unerlässlich ist. Keine **WLAN-Mesh-Fähigkeit**.
* **Limitierte LAN-Geschwindigkeit:** 100 MBit/s ist für interne Netzwerkübertragungen zwischen modernen Geräten (z.B. PC und NAS) oder für das volle Ausreizen schneller Internetanschlüsse (über 100 MBit/s) ein Flaschenhals.
* **Fehlende Komfortfunktionen:** Der Mangel eines USB-Anschlusses bedeutet, dass keine NAS-Funktionen, kein Mediaserver, kein Drucker-Server und keine Nutzung von LTE/5G-Sticks als Fallback-Lösung möglich sind. Auch modernere Funktionen wie VPN-Server/-Client, erweiterte Kindersicherung, Smart-Home-Integration oder ein Gäste-WLAN mit detaillierten Einstellungen fehlen vollständig oder sind nur rudimentär vorhanden.
* **Sicherheitsbedenken:** Die fehlenden Firmware-Updates für das veraltete FRITZ!OS stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Auch wenn AVM für seine robuste Software bekannt ist, können unentdeckte Sicherheitslücken in alter Software Angreifern Tür und Tor öffnen. WPA2-Verschlüsselung wird unterstützt, aber nicht der neuere und sicherere WPA3-Standard.
* **Energieverbrauch:** Ältere Hardware ist oft weniger energieeffizient als moderne Geräte, die bei deutlich höherer Leistung einen geringeren Stromverbrauch aufweisen können.
* **Keine Integration in moderne AVM Mesh-Netzwerke:** Die 2170 kann nicht in ein modernes FRITZ!Mesh integriert werden, um die WLAN-Reichweite zu erhöhen.
### Für wen sich die FRITZ!Box 2170 heute noch eignet – Nischen und Spezialfälle
Angesichts der massiven Einschränkungen bleibt die Zielgruppe für die FRITZ!Box 2170 im Jahr 2024 äußerst klein und spezifisch. Für die meisten Nutzer ist ein Wechsel auf ein modernes Gerät unumgänglich. Dennoch gibt es Ausnahmen:
* **Der „Ich habe noch ADSL”-Nutzer:** Dies ist die primäre, wenn auch sehr seltene Zielgruppe. Wenn Sie tatsächlich noch einen Internetanschluss über ADSL oder ADSL2+ haben und keinerlei Upgrade-Möglichkeit besteht oder gewollt ist, kann die 2170 ihren Dienst tun, solange Sie nur **sehr grundlegende Internetaktivitäten** ausführen. Beispielsweise für ältere Menschen, die nur gelegentlich E-Mails abrufen oder einfache Webseiten besuchen.
* **Der Retro-Enthusiast und Sammler:** Für Liebhaber von **historischer Hardware** oder Personen, die ein Netzwerk aus den 2000er Jahren nachbilden möchten, ist die FRITZ!Box 2170 ein authentisches Sammlerstück.
* **Lern- und Testobjekt für Netzwerk-Grundlagen:** Studenten der Informatik, IT-Azubis oder Hobbyisten, die die Funktionsweise eines Routers verstehen wollen, ohne gleich ein aktuelles, komplexes Gerät zu konfigurieren, finden in der 2170 ein geeignetes **Experimentierfeld**.
* **Temporäres Notfallgerät (ADSL):** In einem Haushalt mit ADSL-Anschluss kann die 2170 als **Notfall-Router** bereitgehalten werden, falls der Haupt-Router ausfällt. Sie bietet dann eine minimale, aber funktionsfähige Internetverbindung, bis Ersatz beschafft ist.
* **Extrem einfache Gast- oder Zweitnetzwerke (ADSL):** In einem abgelegenen Ferienhaus mit einem ADSL-Anschluss ohne hohe Anforderungen an Geschwindigkeit oder Funktionalität könnte die 2170 noch ihren Platz finden.
* **Als reiner, einfacher WLAN-Access Point für uralte Geräte:** Wenn man ein sehr spezifisches, altes Gerät besitzt, das nur den 802.11g-Standard unterstützt und man dafür einen isolierten WLAN-Zugang benötigt, könnte die 2170 als solcher dienen.
* **Als einfacher 100 MBit/s Switch:** Wenn Sie zufällig eine FRITZ!Box 2170 ungenutzt herumliegen haben und lediglich ein paar zusätzliche 100 MBit/s Ethernet-Ports benötigen, kann sie diese Funktion erfüllen.
### Der Sprung in die Moderne: Alternativen und Upgrade-Pfade
Für jeden, der heute eine Internetverbindung über VDSL, Glasfaser oder Kabel nutzt oder plant, dies in Zukunft zu tun, führt kein Weg an einem modernen Router vorbei. AVM selbst bietet eine breite Palette an aktuellen Modellen, die einen riesigen Sprung in puncto Leistung, Sicherheit und Funktionsumfang darstellen:
* **AVM FRITZ!Box 7530 AX oder 7590 AX:** Dies sind die **aktuellen Allrounder** für DSL/VDSL/Supervectoring und bieten modernstes WLAN (Wi-Fi 6), Gigabit-LAN, DECT-Telefonie, USB-Ports für NAS/Printserver und umfassende FRITZ!OS-Funktionen inklusive Mesh und Smart Home.
* **AVM FRITZ!Box 7490 oder 7560:** Etwas älter, aber immer noch sehr leistungsfähig, oft gebraucht günstig zu finden und eine hervorragende Verbesserung gegenüber der 2170. Sie bieten Wi-Fi 5 (WLAN AC), Gigabit-LAN und vollen FRITZ!OS-Umfang.
* **FRITZ!Box für Kabel oder Glasfaser:** Für entsprechende Anschlussarten gibt es spezialisierte Modelle wie die FRITZ!Box 6660 Cable, 6690 Cable (für Kabelanschlüsse) oder die 5530 Fiber, 5590 Fiber (für Glasfaseranschlüsse).
Der Wechsel zu einem modernen Gerät bringt nicht nur ein Vielfaches an Geschwindigkeit und Stabilität, sondern auch aktuelle Sicherheitsstandards, eine erweiterte Funktionalität (z.B. Media-Server, VPN, Kindersicherung) und die Möglichkeit zur Integration in ein WLAN-Mesh-System. Die Investition in einen aktuellen Router zahlt sich schnell durch ein deutlich verbessertes Nutzererlebnis und **zukunftssichere Technologie** aus.
### Fazit: Ein ehrenwerter Ruhestand
Die FRITZ!Box 2170 war zweifellos ein Meilenstein in der Geschichte der Heimvernetzung und hat Millionen von Haushalten einen zuverlässigen Zugang zur digitalen Welt ermöglicht. Sie verkörperte die damaligen Standards und AVMs Anspruch an Qualität und Benutzerfreundlichkeit.
Doch die Zeit ist unerbittlich. Im Jahr 2024 ist die FRITZ!Box 2170, so ehrenwert ihre Geschichte auch ist, für die überwiegende Mehrheit der Anwendungsfälle **technisch überholt**. Ihre gravierenden Einschränkungen bei Internetgeschwindigkeit, WLAN-Leistung und fehlenden modernen Funktionen machen sie für den regulären Einsatz im modernen Haushalt ungeeignet.
Sie hat ihren Platz in einer Nische gefunden: bei Liebhabern alter Technik, als Lernobjekt oder für die extrem seltenen Fälle eines reinen ADSL-Anschlusses mit minimalen Anforderungen. Für alle anderen ist es an der Zeit, den zuverlässigen Oldtimer in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken und auf die **Leistung und Sicherheit eines modernen Routers** zu setzen, um die volle Bandbreite der heutigen digitalen Möglichkeiten ausschöpfen zu können. Die FRITZ!Box 2170 bleibt eine Erinnerung an eine Ära, in der die Grundlagen für unsere heutige vernetzte Welt gelegt wurden – und das ist auch eine Leistung, die Respekt verdient.