Die Entscheidung für einen neuen Internetanbieter ist oft mit der Frage verbunden: Was passiert mit meiner Hardware? Insbesondere, wenn es sich um eine hochwertige, aber vom alten Anbieter gebrandete Box handelt. Sie haben vielleicht eine hervorragende Fritzbox 7690 von Ihrem vorherigen Anbieter 1&1 erhalten und stehen nun vor der Herausforderung, diese am Telekom-Anschluss in Betrieb zu nehmen. Die gute Nachricht vorweg: Es ist nicht nur möglich, sondern mit der richtigen Anleitung auch erstaunlich unkompliziert. Vergessen Sie die Angst vor Inkompatibilität oder funktionslosen Geräten – Ihre 1&1 gebrandete Fritzbox 7690 kann ihr volles Potenzial auch bei der Telekom entfalten.
Das Dilemma des Brandings: Warum Anbieter ihre Hardware branden
Bevor wir ins Detail gehen, wollen wir kurz beleuchten, warum Internetanbieter überhaupt Hardware „branden”. Das Branding bezieht sich in der Regel auf eine angepasste Firmware, die spezifisch auf die Dienste des jeweiligen Anbieters zugeschnitten ist. Bei 1&1 bedeutet das oft eine Firmware-Variante, die standardmäßig die 1&1 Zugangsdaten hinterlegt hat, das 1&1 Logo im Webinterface anzeigt und möglicherweise spezielle 1&1 Dienste vorinstalliert. Der Hauptgrund dafür ist die Vereinfachung für den Kunden und den Support: Eine vorab konfigurierte Box, die „Plug & Play” funktioniert, minimiert den Einrichtungsaufwand und Anrufe beim Kundendienst.
Doch keine Sorge: AVM, der Hersteller der Fritzbox, ist bekannt für seine kundenfreundliche Philosophie. Selbst gebrandete Fritzboxen behalten in der Regel die volle Funktionalität und bieten die Möglichkeit, sie mit den Zugangsdaten anderer Anbieter zu konfigurieren. Die Fritzbox 7690 ist hier keine Ausnahme. Sie ist ein leistungsstarkes Modell, das für schnelle VDSL-Anschlüsse optimiert ist und dank modernster WLAN-Technologien (Wi-Fi 7) ein exzellentes Heimnetzwerk bietet. Es wäre schade, diese hochwertige Hardware ungenutzt zu lassen.
Vorbereitung ist die halbe Miete: Was Sie benötigen
Um Ihre gebrandete 1&1 Fritzbox 7690 erfolgreich am Telekom-Anschluss zu betreiben, benötigen Sie einige wesentliche Informationen und Schritte:
- Telekom Zugangsdaten: Dies ist das A und O. Sie benötigen Ihre individuellen Zugangsdaten für den Internetzugang (Benutzername und Kennwort) und separat für die Telefonie (VoIP-Daten: meist Rufnummer, Benutzername, Kennwort, Registrar, Proxy). Diese finden Sie in Ihren Vertragsunterlagen der Telekom oder im Kundencenter.
- Fritzbox 7690: Stellen Sie sicher, dass Ihre Box in Reichweite des Telekom-Anschlusses ist und alle benötigten Kabel (DSL-Kabel, Netzteil) vorhanden sind.
- Netzwerkkabel: Ein LAN-Kabel, um die Fritzbox zunächst mit einem Computer zu verbinden (optional, aber empfehlenswert für die Ersteinrichtung).
- Optional: Telefon für Funktionstest.
Der Reset: Ein sauberer Start ist entscheidend
Bevor Sie mit der Konfiguration beginnen, sollten Sie Ihre 1&1 Fritzbox 7690 auf die Werkseinstellungen zurücksetzen. Dies löscht alle alten 1&1 spezifischen Einstellungen und sorgt für eine frische Ausgangsbasis, was potenzielle Konflikte vermeidet. So geht’s:
- Schließen Sie die Fritzbox an das Stromnetz an und warten Sie, bis sie vollständig hochgefahren ist (Power/DSL-LED leuchtet dauerhaft).
- Öffnen Sie einen Webbrowser (z.B. Chrome, Firefox) und geben Sie
fritz.boxoder die Standard-IP-Adresse192.168.178.1in die Adresszeile ein. - Geben Sie das Fritzbox-Passwort ein, falls Sie eines vergeben haben oder es auf der Unterseite des Geräts steht.
- Navigieren Sie im Menü zu System > Sicherung > Werkseinstellungen.
- Klicken Sie auf Werkseinstellungen laden und bestätigen Sie den Vorgang. Die Fritzbox wird neu starten, was einige Minuten dauern kann.
Nach dem Reset ist die Fritzbox wieder im Auslieferungszustand, quasi bereit für jeden Anbieter.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: Die Fritzbox 7690 am Telekom-Anschluss einrichten
1. Physische Verkabelung
Verbinden Sie die Fritzbox wie folgt:
- Strom: Stecken Sie das Netzteil in die Steckdose und in den Power-Anschluss der Fritzbox.
- DSL: Verbinden Sie den DSL-Anschluss der Fritzbox über das mitgelieferte DSL-Kabel mit der Telekom-Telefondose (TAE-Dose oder DSL-Splitter, falls vorhanden). Für moderne Anschlüsse ohne Splitter meist direkt in die DSL-Buchse.
- Computer (optional): Verbinden Sie einen Computer über ein LAN-Kabel mit einem der LAN-Anschlüsse der Fritzbox. Alternativ können Sie sich mit dem voreingestellten WLAN (SSID und WLAN-Schlüssel stehen auf der Unterseite der Fritzbox) verbinden.
Warten Sie, bis die Power/DSL-LED dauerhaft leuchtet oder blinkt. Dies zeigt an, dass die DSL-Synchronisierung aktiv ist.
2. Zugriff auf das Webinterface und Ersteinrichtung
- Öffnen Sie erneut Ihren Webbrowser und geben Sie
fritz.boxein. - Sie werden nun vom Einrichtungsassistenten begrüßt. Wenn die Fritzbox nach einem Kennwort fragt, geben Sie das auf der Geräteunterseite angegebene Passwort ein.
- Der Assistent wird versuchen, den Internetzugang automatisch einzurichten. Wählen Sie hier „Telekom” als Internetanbieter aus. Sollte „Telekom” nicht direkt als Option erscheinen (was bei gebrandeten Boxen vorkommen kann), wählen Sie „anderer Internetanbieter” oder „weitere Anbieter” und dann „Manuelle Eingabe der Zugangsdaten”.
- Geben Sie Ihre Telekom Zugangsdaten für den Internetzugang ein (Benutzername und Kennwort). Die Zugangsart ist in der Regel „DSL/VDSL”. Die VLAN-ID ist für Telekom-Anschlüsse in Deutschland standardmäßig auf „2” zu setzen (häufig ist dies voreingestellt oder automatisch erkannt).
- Folgen Sie den weiteren Anweisungen des Assistenten. Er wird die Verbindung testen. Sobald die Internetverbindung hergestellt ist, sollte die „Internet”-LED der Fritzbox leuchten.
3. Telefonie einrichten (VoIP)
Dies ist oft der kniffligste Teil, aber mit den richtigen Daten ebenfalls machbar:
- Navigieren Sie im Fritzbox-Menü zu Telefonie > Eigene Rufnummern.
- Klicken Sie auf Neue Rufnummer.
- Wählen Sie „Telekom” als Anbieter aus. Falls nicht verfügbar, wählen Sie „Anderer Anbieter”.
- Geben Sie die VoIP-Zugangsdaten ein, die Sie von der Telekom erhalten haben. Dazu gehören:
- Rufnummer: Ihre Telefonnummer (inkl. Vorwahl, z.B. 0221123456)
- Benutzername: Oft Ihre Rufnummer oder eine separate VoIP-ID
- Kennwort: Das spezielle VoIP-Kennwort
- Registrar: Bei Telekom meist
tel.t-online.de - Proxy-Server: Optional, oft leer lassen oder ebenfalls
tel.t-online.de
Manchmal müssen Sie die Option „Rufnummer für Anmeldung verwenden” aktivieren oder die „Internationale Rufnummer” eintragen (z.B. +49221123456).
- Klicken Sie auf „Weiter” und die Fritzbox wird versuchen, die Telefonie zu registrieren. Wenn erfolgreich, erscheint neben der Rufnummer der Status „grün”.
- Anschließend müssen Sie Ihre Telefone den eingerichteten Rufnummern zuweisen unter Telefonie > Telefoniegeräte.
4. WLAN-Einstellungen optimieren
Der Assistent führt Sie auch durch die WLAN-Einrichtung. Sie können hier Ihren bevorzugten WLAN-Namen (SSID) und ein sicheres Kennwort festlegen. Für optimale Leistung Ihrer Fritzbox 7690 beachten Sie:
- Nutzen Sie sowohl das 2,4-GHz- als auch das 5-GHz-Band, um ältere Geräte und schnellere Geräte zu versorgen. Die Fritzbox 7690 unterstützt sogar 6 GHz (Wi-Fi 6E/7), wenn Ihre Endgeräte dies ebenfalls tun.
- Aktivieren Sie die Option „Coexistence” oder „Autokanal”, damit die Fritzbox den besten Kanal automatisch wählt.
- Stellen Sie sicher, dass WPA2/WPA3 als Verschlüsselungsmethode verwendet wird.
Häufige Probleme und Lösungsansätze
Auch wenn die Einrichtung meist reibungslos verläuft, können spezifische Herausforderungen auftreten:
- Keine DSL-Synchronisierung: Prüfen Sie die Verkabelung. Sitzt das DSL-Kabel richtig? Ist die TAE-Dose aktiv? Manchmal hilft es, das Kabel zu tauschen oder die Dose zu prüfen. Warten Sie ausreichend lange (bis zu 10 Minuten), bis die DSL-LED dauerhaft leuchtet.
- Internetzugang scheitert: Überprüfen Sie Ihre Telekom Zugangsdaten mehrfach auf Tippfehler (Benutzername und Kennwort). Achten Sie auf Groß-/Kleinschreibung. Stellen Sie sicher, dass die VLAN-ID 2 korrekt hinterlegt ist.
- Telefonie funktioniert nicht: Die VoIP-Zugangsdaten sind hier oft der Knackpunkt. Stellen Sie sicher, dass alle Daten (Rufnummer, Benutzername, Kennwort, Registrar) exakt mit den Telekom-Angaben übereinstimmen. Manchmal muss bei „Anderer Anbieter” noch der Stun-Server (z.B.
stun.t-online.de) manuell eingetragen werden, auch wenn die Telekom dies oft nicht benötigt. Überprüfen Sie auch die Zuordnung der Telefone zu den Rufnummern. - Branding-Reste: Selbst wenn die 1&1 Firmware aktiv ist, beeinträchtigt dies die Grundfunktionen der Fritzbox am Telekom-Anschluss nicht. Das 1&1 Logo im Interface ist lediglich ein kosmetischer Aspekt. Die essentiellen Funktionen zur Internet- und Telefonie-Einrichtung für andere Anbieter sind immer vorhanden.
- Firmware-Updates: Ihre 1&1 gebrandete Fritzbox erhält Firmware-Updates in der Regel weiterhin von AVM über 1&1. Sie müssen sich hier nicht um eine „Debranding”-Firmware bemühen, da die 1&1 Firmware die Funktionalität für andere Anbieter wie Telekom voll unterstützt. Prüfen Sie regelmäßig unter System > Update, ob neue Versionen verfügbar sind.
Vorteile Ihrer gebrandeten Fritzbox 7690 am Telekom-Anschluss
Wenn Sie Ihre 1&1 Fritzbox 7690 erfolgreich am Telekom-Anschluss in Betrieb genommen haben, profitieren Sie von zahlreichen Vorteilen:
- Volle Kontrolle: Sie haben Zugriff auf alle AVM-Funktionen und -Einstellungen, die oft über das Standardangebot der Telekom-Mietrouter hinausgehen.
- Kostenersparnis: Sie müssen keine monatliche Mietgebühr für einen Telekom-Router bezahlen. Ihre bereits vorhandene Hardware wird weiterhin genutzt.
- Leistungsstarke Hardware: Die Fritzbox 7690 ist ein High-End-Modell, das auch zukünftigen Anforderungen gewachsen ist und eine hervorragende Performance für Ihr Heimnetzwerk bietet.
- Umfangreiche Funktionen: Nutzen Sie Anrufbeantworter, Fax, Gast-WLAN, Kindersicherung, VPN-Server, Smart-Home-Integration und vieles mehr, was AVM-Geräte auszeichnet.
Ein wichtiger Hinweis zu Support und Gewährleistung
Bitte beachten Sie, dass die Telekom in der Regel nur Support für die Verbindung bis zu Ihrem Hausanschluss leistet. Bei Problemen mit der Fritzbox selbst müssen Sie sich im Zweifelsfall an AVM oder den ursprünglichen Anbieter (1&1) wenden, obwohl der AVM-Support erfahrungsgemäß sehr hilfreich ist, auch wenn es um gebrandete Geräte geht, solange es um generelle Funktionsfragen geht und nicht um anbieterspezifische Dienste. Ihre Gewährleistungsansprüche für die Fritzbox bleiben natürlich bestehen.
Fazit: Freiheit trotz Branding!
Die Furcht vor dem Hardware-Branding ist oft größer als die tatsächliche Hürde. Ihre 1&1 gebrandete Fritzbox 7690 ist ein vielseitiges und leistungsstarkes Gerät, das mit der richtigen Konfiguration problemlos an einem Telekom-Anschluss betrieben werden kann. Ein sorgfältiger Reset, die korrekte Eingabe der Telekom Zugangsdaten für Internet und VoIP-Telefonie sowie ein wenig Geduld beim Testen führen Sie zuverlässig zum Ziel. Genießen Sie die volle Funktionalität und die Vorteile Ihrer Fritzbox, unabhängig vom ursprünglichen Anbieter. Ihr Heimnetzwerk wird es Ihnen danken!