Die Welt der Speichertechnologien entwickelt sich rasant. Kaum hat man sich an die blitzschnellen Solid State Drives (SSDs) gewöhnt, stehen schon die nächsten Innovationen vor der Tür, die noch mehr Geschwindigkeit versprechen. Zwei Namen dominieren dabei oft die Diskussion, insbesondere wenn es um Leistung und Zuverlässigkeit geht: Samsung. Doch wenn es um die Frage geht, ob die etablierte Samsung 860 EVO SATA SSD der modernen Samsung 970 EVO Plus M.2 NVMe SSD tatsächlich unterlegen ist, tauchen viele Fragen auf. Ist der Geschwindigkeitsunterschied im Alltag wirklich spürbar? Oder ist die „alte” Technologie für die meisten Nutzer immer noch völlig ausreichend? Dieser Artikel taucht tief in die Materie ein, beleuchtet die technischen Details, vergleicht die Leistung in verschiedenen Szenarien und hilft Ihnen, die richtige Entscheidung für Ihr System zu treffen.
Grundlagen der SSD-Technologie: SATA vs. NVMe
Bevor wir uns den spezifischen Modellen zuwenden, ist es entscheidend, die fundamentalen Unterschiede zwischen den zugrunde liegenden Schnittstellen zu verstehen: SATA und NVMe. Diese beiden sind keine bloßen Formfaktoren, sondern definieren, wie Ihre SSD mit dem Rest des Computers kommuniziert und welche Geschwindigkeiten überhaupt möglich sind.
SATA (Serial Advanced Technology Attachment)
Die SATA-Schnittstelle wurde ursprünglich für Festplatten (HDDs) entwickelt und ist seit vielen Jahren der Standard für den Datenaustausch zwischen Speicherlaufwerken und dem Motherboard. Mit der Einführung von SATA III erreichte die Schnittstelle ihre maximale theoretische Bandbreite von 6 Gigabit pro Sekunde (Gbps), was einer praktischen Übertragungsrate von etwa 550-600 Megabyte pro Sekunde (MB/s) entspricht. Für traditionelle HDDs war dies ein gewaltiger Sprung, aber für moderne SSDs wurde sie schnell zum Flaschenhals. SSDs, die die SATA-Schnittstelle nutzen, sind typischerweise im 2,5-Zoll-Formfaktor erhältlich, können aber auch als M.2-SATA-Laufwerke existieren. Der M.2-Formfaktor bezieht sich hierbei nur auf die physische Bauform, nicht auf das Protokoll.
NVMe (Non-Volatile Memory Express)
NVMe hingegen ist ein Protokoll, das speziell für SSDs und die Nutzung der PCI Express (PCIe) Schnittstelle entwickelt wurde. Anders als SATA, das über Jahrzehnte hinweg für rotierende Festplatten optimiert wurde, ist NVMe von Grund auf für die niedrige Latenz und die hohe Parallelität von NAND-Flash-Speicher konzipiert. PCIe bietet im Vergleich zu SATA eine deutlich höhere Bandbreite. Während SATA III auf eine einzelne Lane beschränkt ist, kann eine NVMe M.2 SSD typischerweise vier PCIe-Lanes (x4) nutzen. Jede PCIe 3.0-Lane kann bis zu 1 GB/s übertragen, was in der Summe für eine x4-Verbindung theoretisch 4 GB/s (oder 4000 MB/s) bedeutet. Mit PCIe 4.0 oder 5.0 steigen diese Zahlen noch weiter. Dieser immense Bandbreitenvorteil ist der Hauptgrund für die deutlich höheren Geschwindigkeiten von NVMe-Laufwerken.
Die Kontrahenten im Detail
Nun, da die Grundlagen geklärt sind, werfen wir einen genaueren Blick auf unsere beiden Kandidaten von Samsung.
Die Samsung 860 EVO (SATA SSD)
Die Samsung 860 EVO ist seit ihrer Einführung im Jahr 2018 ein Maßstab für SATA SSDs. Sie löste die erfolgreiche 850 EVO ab und bot verbesserte Leistung, Zuverlässigkeit und Effizienz. Die 860 EVO verwendet Samsungs fortschrittliche V-NAND-Technologie (Triple-Level Cell, TLC), kombiniert mit einem Samsung MJX Controller und Dynamic Thermal Guard-Technologie. Sie ist in verschiedenen Kapazitäten von 250 GB bis zu beeindruckenden 8 TB erhältlich.
- Schnittstelle: SATA III (6 Gbit/s)
- Formfaktor: 2.5 Zoll, M.2 (SATA), mSATA
- Sequenzielle Lese-/Schreibgeschwindigkeit: Bis zu 550 MB/s Lesen / 520 MB/s Schreiben
- Zufällige Lese-/Schreibgeschwindigkeit (IOPS): Bis zu 98.000 IOPS Lesen / 90.000 IOPS Schreiben
- Hauptvorteile: Ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis, hohe Kompatibilität (praktisch jeder PC/Laptop mit SATA-Anschluss), bewährte Zuverlässigkeit, Energieeffizienz, gute Alltagsleistung.
- Ideal für: System-Upgrades älterer PCs, Gaming-Builds mit begrenztem Budget, Datenspeicherung, allgemeine Büroanwendungen.
Die Samsung 970 EVO Plus (M.2 NVMe SSD)
Die Samsung 970 EVO Plus, vorgestellt Anfang 2019, war eine Weiterentwicklung der bereits schnellen 970 EVO. Sie nutzt ebenfalls Samsungs V-NAND-Technologie (TLC), kommt aber mit einem optimierten Phoenix Controller und einer noch aggressiveren Firmware, um die theoretische Bandbreite von PCIe 3.0 x4 voll auszuschöpfen. Sie war zu ihrer Zeit eine der schnellsten Consumer-SSDs auf dem Markt und ist in Kapazitäten von 250 GB bis 2 TB verfügbar.
- Schnittstelle: PCIe Gen 3.0 x4 (NVMe 1.3)
- Formfaktor: M.2 (2280)
- Sequenzielle Lese-/Schreibgeschwindigkeit: Bis zu 3.500 MB/s Lesen / 3.300 MB/s Schreiben
- Zufällige Lese-/Schreibgeschwindigkeit (IOPS): Bis zu 620.000 IOPS Lesen / 560.000 IOPS Schreiben
- Hauptvorteile: Extreme Geschwindigkeit bei sequenziellen und zufälligen Operationen, ideal für anspruchsvolle Workloads, kompakter M.2-Formfaktor, hervorragende Performance pro Watt.
- Ideal für: High-End-Gaming-Systeme, Content Creator (Video-/Foto-Bearbeitung), Softwareentwickler, CAD/CAM-Anwendungen, Enthusiasten, die das Maximum an Leistung suchen.
Geschwindigkeitsvergleich: Zahlen und Fakten
Die nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die 970 EVO Plus ist in den spezifizierten sequenziellen Lese- und Schreibgeschwindigkeiten etwa 6-7 Mal schneller als die 860 EVO. Bei den zufälligen Lese- und Schreibgeschwindigkeiten (IOPS), die für die Reaktionsfähigkeit eines Systems oft relevanter sind, ist der Unterschied sogar noch drastischer – hier übertrifft die 970 EVO Plus die 860 EVO um das 6- bis 7-fache.
Diese beeindruckenden theoretischen Werte sind das Ergebnis der überlegenen NVMe-Schnittstelle und des optimierten Controllers. Doch wie übersetzen sich diese Unterschiede in die reale Welt?
Der alltägliche Unterschied: Wo macht sich die Geschwindigkeit bemerkbar?
Obwohl die 970 EVO Plus auf dem Papier um Welten schneller ist, bedeutet das nicht, dass jeder Benutzer diesen Unterschied im Alltag auch so dramatisch wahrnimmt. Hier ist eine Aufschlüsselung, wo die zusätzliche Leistung wirklich zum Tragen kommt:
1. Allgemeine Systemreaktion und Bootzeiten
Beim Hochfahren des Betriebssystems oder dem Starten gängiger Anwendungen wie Browser oder Office-Suiten ist der Unterschied zwischen einer SATA SSD und einer NVMe SSD überraschend gering. Beide sind so schnell, dass die Flaschenhälse oft andere Komponenten (CPU, RAM, Software-Optimierung) oder die Art des Betriebssystems sind. Während eine 860 EVO den Bootvorgang in vielleicht 10-15 Sekunden erledigt, schafft die 970 EVO Plus dies vielleicht in 8-12 Sekunden. Ein spürbarer Unterschied, aber kein Tag-und-Nacht-Erlebnis für den Durchschnittsnutzer.
2. Gaming: Ladezeiten und Texturstreaming
Für Gamer ist die Frage nach der Geschwindigkeit oft entscheidend. Bei vielen modernen Spielen, insbesondere Open-World-Titeln, können die Ladezeiten für Levels oder Assets von einer schnelleren SSD profitieren. Eine NVMe SSD kann hier die Ladezeiten um einige Sekunden verkürzen. Auch bei Spielen, die große Texturen oder Assets im Hintergrund streamen müssen, kann eine 970 EVO Plus kleine Ruckler reduzieren und für ein flüssigeres Erlebnis sorgen. Für kompetitive Spieler zählt jede Millisekunde, aber für den Casual Gamer ist der Unterschied oft marginal und rechtfertigt den Mehrpreis nicht zwingend.
3. Professionelle Anwendungen: Videobearbeitung, Grafikdesign, CAD
Hier liegt der größte Vorteil der 970 EVO Plus. Anwendungen, die mit sehr großen Dateien arbeiten – wie 4K-Videoprojekte, riesige RAW-Bilddateien, komplexe 3D-Modelle oder große Datenbanken – profitieren massiv von den hohen sequenziellen Lese- und Schreibgeschwindigkeiten. Beim Öffnen, Speichern, Rendern oder Exportieren solcher Dateien können die Zeitersparnisse von Minuten bis zu Stunden reichen, je nach Projektgröße. Auch beim Arbeiten mit virtuellen Maschinen oder beim Kompilieren von Software in Entwicklungsumgebungen ist die NVMe-Geschwindigkeit ein klarer Produktivitätsvorteil.
4. Dateiübertragungen
Wenn Sie regelmäßig große Dateien (mehrere GB) von einem Ort zum anderen kopieren oder verschieben, ist der Geschwindigkeitsunterschied der 970 EVO Plus sofort spürbar. Eine Datei, die auf einer SATA-SSD 20 Sekunden braucht, ist auf einer NVMe-SSD in 3-4 Sekunden fertig. Dies ist besonders relevant für Benutzer, die mit externen Speichermedien arbeiten, Cloud-Speicher synchronisieren oder Backups erstellen.
Andere wichtige Faktoren
Die Geschwindigkeit ist zwar oft das Hauptargument, aber es gibt weitere Aspekte, die bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielen.
Preis-Leistungs-Verhältnis
Die Samsung 860 EVO bietet ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Pro Gigabyte ist sie in der Regel deutlich günstiger als die 970 EVO Plus. Wenn Ihr Budget begrenzt ist und Sie einfach eine schnelle, zuverlässige SSD suchen, die eine HDD um Welten schlägt, ist die 860 EVO die klügere Wahl. Die 970 EVO Plus bietet zwar eine höhere Leistung, diese kommt aber mit einem Aufpreis, der sich nicht für jeden Anwendungsfall rechnet.
Kompatibilität und Installation
Die 860 EVO im 2,5-Zoll-Formfaktor ist extrem kompatibel. Sie passt in praktisch jeden Desktop-PC und die meisten Laptops mit einem SATA-Anschluss. Die Installation ist unkompliziert. Die M.2-Varianten (sowohl SATA als auch NVMe) erfordern einen passenden M.2-Steckplatz auf dem Motherboard. Während die meisten modernen Motherboards (der letzten 5-7 Jahre) mindestens einen M.2-NVMe-Steckplatz bieten, sind ältere Systeme möglicherweise auf SATA beschränkt. Prüfen Sie immer die Spezifikationen Ihres Motherboards, bevor Sie eine M.2-SSD kaufen.
Haltbarkeit und Zuverlässigkeit (TBW & Garantie)
Beide Laufwerke sind von Samsung, einem der führenden Hersteller von NAND-Flash. Das bedeutet in der Regel eine hohe Qualität und Zuverlässigkeit. Die „Terabytes Written” (TBW) – ein Maß für die geschätzte Datenmenge, die auf die SSD geschrieben werden kann, bevor sie möglicherweise ausfällt – ist bei beiden Modellen sehr gut und liegt für die meisten Heimanwender weit über dem, was sie jemals erreichen werden. Samsung bietet für beide eine 5-jährige eingeschränkte Garantie, was das Vertrauen in die Produkte unterstreicht. In Bezug auf Langlebigkeit gibt es zwischen den beiden Modellen kaum einen praktischen Unterschied für den Durchschnittsnutzer.
Wärmeentwicklung und Throttling
Hochleistungs-NVMe SSDs wie die 970 EVO Plus können unter langanhaltender, intensiver Last (z.B. große Dateiübertragungen über Minuten hinweg) spürbar wärmer werden als SATA-SSDs. In einigen Fällen kann dies zu sogenanntem „Thermal Throttling” führen, bei dem die SSD ihre Leistung reduziert, um eine Überhitzung zu verhindern. Viele moderne Motherboards bieten daher integrierte M.2-Kühlkörper, oder man kann separate Kühler nachrüsten. Für die 860 EVO ist dies aufgrund ihrer geringeren Leistung und damit auch geringeren Wärmeentwicklung selten ein Thema.
Wann lohnt sich welche SSD?
Die Entscheidung hängt stark von Ihrem individuellen Nutzungsprofil, Ihrem Budget und Ihrem bestehenden System ab.
Wählen Sie die Samsung 860 EVO, wenn…
- …Sie ein älteres System aufrüsten möchten, das keinen M.2-NVMe-Steckplatz hat.
- …Ihr Budget begrenzt ist und Sie das beste Preis-Leistungs-Verhältnis suchen.
- …Sie hauptsächlich allgemeine Büroanwendungen, Web-Browsing und gelegentliches Gaming nutzen.
- …Sie eine zuverlässige und schnelle Alternative zu einer HDD benötigen, ohne auf absolute Spitzenleistung angewiesen zu sein.
- …Sie planen, eine große Datenmenge (z.B. 4TB oder mehr) zu speichern und dafür nicht das Vielfache ausgeben möchten.
Wählen Sie die Samsung 970 EVO Plus, wenn…
- …Sie ein Content Creator (Video-Editor, Grafikdesigner) oder Softwareentwickler sind, der von extrem hohen sequenziellen Geschwindigkeiten profitiert.
- …Sie ein High-End-Gamer sind, der bereit ist, für minimale Ladezeitverbesserungen und die bestmögliche Performance zu investieren.
- …Ihr Motherboard einen M.2-NVMe-Steckplatz hat und Sie das volle Potenzial Ihrer Hardware ausschöpfen möchten.
- …Sie oft sehr große Dateien transferieren oder mit datenintensiven Anwendungen arbeiten.
- …Sie Ihr System zukunftssicher machen und die derzeit schnellste verfügbare PCIe 3.0-Technologie nutzen möchten.
Fazit: Ist die 970 EVO Plus wirklich schneller? Ja, aber…
Zusammenfassend lässt sich sagen: Ja, die Samsung 970 EVO Plus M.2 NVMe SSD ist objektiv und messbar wesentlich schneller als die Samsung 860 EVO SATA SSD. Die technischen Spezifikationen und Benchmarks belegen dies unmissverständlich. Doch die entscheidende Frage ist, ob diese immense Leistungssteigerung für Ihre spezifischen Bedürfnisse und Ihr Nutzungsszenario relevant ist.
Für den Durchschnittsanwender, der seinen PC für alltägliche Aufgaben, Surfen, E-Mails und gelegentliches Gaming nutzt, wird der gefühlte Unterschied zwischen einer 860 EVO und einer 970 EVO Plus oft nicht den deutlich höheren Preis der NVMe-Variante rechtfertigen. Beide SSDs bieten eine hervorragende Basis für ein reaktionsschnelles System, das jede herkömmliche Festplatte in den Schatten stellt.
Für professionelle Anwender, die mit großen Datenmengen arbeiten, oder für Enthusiasten und Hardcore-Gamer, die absolute Spitzenleistung verlangen, ist die 970 EVO Plus jedoch die klare Wahl. Hier zahlt sich die Investition in die überlegene NVMe-Technologie durch spürbare Zeitersparnisse und ein optimiertes Arbeits- oder Spielerlebnis aus.
Letztendlich ist die beste SSD die, die Ihren Anforderungen am besten entspricht. Berücksichtigen Sie Ihr Budget, Ihr Nutzungsprofil und die Kompatibilität Ihres Systems, und Sie werden die richtige Wahl zwischen diesen beiden exzellenten Speicherlösungen von Samsung treffen.