Die Welt der Speichertechnologien ist im ständigen Wandel, getrieben von einem unersättlichen Durst nach mehr Geschwindigkeit und Effizienz. Während noch vor wenigen Jahren SATA-SSDs als Nonplusultra galten, haben sich **NVMe-SSDs** auf Basis von PCIe 3.0 und 4.0 längst etabliert und beeindruckende Geschwindigkeiten geliefert. Doch wie so oft im Technologiesektor, ist der nächste große Sprung bereits da – und er ist heiß, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Rede ist von **PCIe Gen5-SSDs**, angeführt von Boliden wie der **Corsair MP700 Pro**. Sie versprechen eine Leistung, die unsere Vorstellungskraft sprengt und unsere Systeme an neue Grenzen bringt. Doch diese extreme Power hat ihren Preis, nicht nur monetär, sondern auch in Form von Wärmeentwicklung, die eine völlig neue Herangehensweise an die Kühlung erfordert. In diesem ausführlichen Testbericht tauchen wir tief in die Materie ein und beleuchten, warum die MP700 Pro nicht nur ein Upgrade für Ihre Daten ist, sondern eine Revolution, die ein eigenes, durchdachtes Kühlkonzept – quasi einen persönlichen Windkanal – benötigt.
### Die Jagd nach der Spitze: Ein neues Zeitalter der Geschwindigkeit
Die Einführung von **PCIe Gen5** markiert einen monumentalen Meilenstein in der Entwicklung von Datenspeichern. Während PCIe Gen4 bereits beeindruckende Geschwindigkeiten von bis zu 7.000 MB/s für sequenzielle Lese- und Schreibraten ermöglichte, verdoppelt Gen5 dieses Potenzial nahezu. Die **Corsair MP700 Pro** ist hierbei einer der ersten echten Champions, die diese neue Schnittstelle voll ausnutzen. Sie verspricht nicht weniger als eine Verdopplung der Leistung im Vergleich zu den schnellsten Gen4-Laufwerken und positioniert sich damit an der absoluten Spitze des Marktes. Für professionelle Anwender, Content Creator und Enthusiasten, die jede Millisekunde zählen, klingt dies wie Musik in den Ohren. Doch wie bei jedem Hochleistungsmotor gibt es auch hier eine Kehrseite, die nicht ignoriert werden darf: die erhebliche Wärmeentwicklung.
### Was steckt hinter dem „Pro”: Ein Blick auf die Spezifikationen
Um die Leistung der **Corsair MP700 Pro** wirklich zu verstehen, müssen wir einen Blick unter die Haube werfen. Im Herzen dieses Speicherriesen schlägt der hochmoderne **Phison E26-Controller**. Dieser Controller ist speziell darauf ausgelegt, die volle Bandbreite von PCIe Gen5 auszunutzen und ist maßgeblich für die Fähigkeit der SSD verantwortlich, Daten mit unglaublicher Geschwindigkeit zu verarbeiten. Gepaart mit 232-Layer-TLC-NAND von Micron bietet die MP700 Pro nicht nur rasante Zugriffszeiten, sondern auch eine beeindruckende Dichte und somit hohe Kapazitäten. Corsair bietet die MP700 Pro in verschiedenen Größen an, typischerweise von 1 TB bis zu 4 TB, um unterschiedlichen Speicherbedürfnissen gerecht zu werden.
Die offiziellen Spezifikationen lesen sich wie ein Wunschzettel für jeden Performance-Fanatiker: Sequenzielle Lesegeschwindigkeiten von bis zu 12.400 MB/s und Schreibgeschwindigkeiten von bis zu 11.800 MB/s sind Werte, die noch vor Kurzem undenkbar waren. Auch die IOPS-Werte (Input/Output Operations Per Second) für zufällige Lese- und Schreibvorgänge sind exorbitant hoch, was die SSD ideal für anspruchsvolle Multitasking-Szenarien, Datenbanken und intensive Gaming-Sessions macht, bei denen viele kleine Dateien schnell abgerufen werden müssen. Ein großer DRAM-Cache unterstützt diese Performance, indem er häufig benötigte Daten vorhält und die Latenzzeiten minimiert.
### Benchmark-Orgie: Zahlen, die beeindrucken – und überhitzen können
In der Praxis bestätigt die **MP700 Pro** die meisten der von Corsair versprochenen Werte. Bei synthetischen Benchmarks wie CrystalDiskMark oder AS SSD Benchmark erreichen wir tatsächlich oft Spitzenwerte, die die 12 GB/s-Marke bei sequenziellen Lese- und Schreibvorgängen knacken. Das ist eine Leistungssteigerung von über 70% im Vergleich zu den schnellsten Gen4-Laufwerken – eine wahrhaft atemberaubende Beschleunigung.
Doch nicht nur in der Theorie brilliert die MP700 Pro. Im Alltag macht sich die brachiale Power bei verschiedenen **Anwendungsbereichen** bemerkbar:
* **Gaming:** Ladezeiten schrumpfen auf ein Minimum. Spielewelten laden schneller, Texturen streamen flüssiger, und große Spiel-Updates sind in einem Bruchteil der Zeit installiert. Für Spiele, die von DirectStorage profitieren, ist die MP700 Pro ein echter Game Changer.
* **Content Creation:** Für Video-Editoren, 3D-Designer und alle, die mit riesigen Dateien arbeiten, ist die MP700 Pro ein Segen. Das Exportieren von 4K- oder 8K-Videos, das Laden komplexer CAD-Modelle oder das Arbeiten mit umfangreichen Datenbanken wird signifikant beschleunigt. Dateitransfers von Terabytes an Daten sind keine mehrstündige Tortur mehr, sondern eine Sache von Minuten.
* **Workstations:** In professionellen Umgebungen, wo jede Sekunde zählt, kann die MP700 Pro die Produktivität erheblich steigern. Simulationen, Datenanalyse und wissenschaftliche Berechnungen profitieren enorm von der hohen Bandbreite und den geringen Latenzen.
Doch die Kehrseite dieser beeindruckenden Leistung wird schnell offensichtlich: **Thermal Throttling**. Bereits nach kurzer, intensiver Belastung – etwa bei einem langen Benchmark-Lauf oder dem Kopieren riesiger Datenmengen – schnellt die Temperatur der SSD in die Höhe. Ohne adäquate Kühlung überschreitet der Controller schnell seine thermischen Grenzwerte, und die SSD beginnt, ihre Leistung zu drosseln, um Schäden zu vermeiden. Aus den versprochenen 12 GB/s können dann schnell nur noch 6-7 GB/s werden, was die gesamte Performance auf das Niveau einer guten Gen4-SSD reduziert – und das ist der Punkt, an dem die Diskussion über den „Windkanal” beginnt.
### Der Elefant im Raum: Warum ein Windkanal kein Luxus, sondern Notwendigkeit ist
Die erhöhte Leistungsaufnahme von **PCIe Gen5-SSDs** und insbesondere des Phison E26-Controllers führt zu einer deutlich höheren Wärmeentwicklung im Vergleich zu früheren Generationen. Eine **NVMe-SSD** ist im Grunde ein kleiner Hochleistungscomputer, der unter Last erhebliche Mengen an Energie in Wärme umwandelt. Wenn diese Wärme nicht effizient abgeführt wird, kommt es zum berüchtigten **Thermal Throttling**. Die SSD reduziert dann ihre Taktfrequenz und somit ihre Geschwindigkeit, um die Temperatur unter Kontrolle zu halten. Das Ergebnis ist eine inkonsistente Performance, die das volle Potenzial der teuren Hardware nicht ausschöpft.
Corsair ist sich dieser Herausforderung bewusst und bietet die MP700 Pro in verschiedenen Varianten an, die jeweils unterschiedliche Kühllösungen integrieren:
1. **MP700 Pro (ohne Kühlkörper):** Diese Variante richtet sich an Nutzer, deren Motherboards bereits über leistungsfähige M.2-Kühlkörper verfügen oder die eine Custom-Lösung bevorzugen. Es ist jedoch *dringend davon abzuraten*, diese SSD ohne einen adäquaten Kühler zu betreiben. Selbst ein guter Mainboard-Kühler kann unter Dauerlast an seine Grenzen stoßen. Ein dedizierter Luftstrom ist hier oft vonnöten.
2. **MP700 Pro mit Corsair Air Cooler (Heatsink):** Dies ist die Standardlösung für die meisten Nutzer. Der mitgelieferte Kühlkörper ist deutlich massiver als die meisten Motherboard-Kühler und bietet eine verbesserte Wärmeableitung. Er nutzt passive Kühlung durch eine große Oberfläche, um die Wärme an die Umgebungsluft abzugeben. Für die meisten Gaming- und Content-Creation-Szenarien bietet dieser Kühler eine gute Basis, erfordert aber dennoch einen ordentlichen Airflow im Gehäuse.
3. **MP700 Pro mit Corsair Hydro X Series Water Block:** Für absolute Enthusiasten und diejenigen, die das letzte Quäntchen Leistung dauerhaft abrufen möchten, bietet Corsair einen speziellen Wasserkühlungsblock an. Dieser wird in eine bestehende Custom-Wasserkühlungsschleife integriert und bietet die effizienteste Wärmeabfuhr. Hier sprechen wir von der Königsklasse der **SSD-Kühlung**, die es der MP700 Pro ermöglicht, auch unter extremster Dauerlast ihre volle Leistung beizubehalten, ohne ins Throttling zu geraten. Dies ist die „Windkanal”-Lösung im übertragenen Sinne, die sicherstellt, dass die SSD immer mit optimaler Betriebstemperatur läuft.
Die Notwendigkeit externer Kühlung kann nicht genug betont werden. Ein gut belüftetes Gehäuse mit strategisch platzierten Lüftern, die einen direkten Luftstrom über die SSD leiten, ist selbst mit dem mitgelieferten Heatsink entscheidend. Ohne diesen „eigenen Windkanal” für die SSD riskieren Sie, dass die MP700 Pro ihre beeindruckende Leistungsfähigkeit nicht voll entfalten kann.
### Varianten im Detail: Für jeden Anspruch die richtige Kühlung
Die Entscheidung, welche Version der MP700 Pro die richtige ist, hängt stark von Ihrem Anwendungsfall, Ihrem Budget und Ihrer Bereitschaft ab, in Kühlung zu investieren.
* **MP700 Pro (ohne Heatsink):** Dies ist die kostengünstigste Option upfront, aber potenziell die teuerste, wenn Sie später in eine externe Kühllösung investieren müssen oder die SSD wegen Überhitzung drosselt. Nur für Nutzer, die bereits eine robuste, nachgewiesen leistungsfähige M.2-Kühlung auf ihrem Mainboard haben und deren Gehäuse einen exzellenten Airflow bietet.
* **MP700 Pro mit Air Cooler:** Dies ist die empfohlene Standardlösung für die meisten High-End-Nutzer. Der Kühler ist effektiv, aber groß. Achten Sie auf Kompatibilität mit Ihrer Grafikkarte oder anderen PCIe-Erweiterungskarten, da der Heatsink unter Umständen viel Platz einnehmen kann. Er wird die meisten Throttling-Szenarien verhindern, erfordert aber, wie erwähnt, gute Gehäusebelüftung.
* **MP700 Pro mit Hydro X Series Water Block:** Dies ist die ultimative Lösung für extreme Leistung und Stabilität. Wenn Sie bereits ein Custom-Wasserkühlsystem in Ihrem PC haben oder eines planen, ist dies die beste Wahl. Sie eliminiert jegliches Throttling-Risiko und sorgt für dauerhaft höchste Performance. Der Aufpreis und der Installationsaufwand sind jedoch nicht zu unterschätzen.
### Ist die MP700 Pro das Richtige für Sie? Anwendungsbereiche und Zielgruppe
Die **Corsair MP700 Pro** ist zweifellos ein Meisterwerk der Ingenieurskunst und setzt neue Maßstäbe in Sachen Speicherleistung. Doch ist sie wirklich für jeden geeignet?
**Wer profitiert am meisten?**
* **Professionelle Content Creator:** Video-Editoren, 3D-Künstler und Designer, die mit extrem großen Dateien und hochauflösenden Medien arbeiten, werden die reduzierten Lade- und Exportzeiten sofort bemerken.
* **High-End-Gamer:** Insbesondere jene, die in die Zukunft investieren möchten und von Technologien wie DirectStorage profitieren wollen, um Ladezeiten auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.
* **Anspruchsvolle Workstation-Nutzer:** Entwickler, Datenwissenschaftler und Forscher, die große Datensätze verarbeiten oder komplexe Simulationen durchführen.
* **Technik-Enthusiasten und Overclocker:** Wer das Maximum aus seinem System herausholen will und keine Kosten scheut, um die absolute Spitze der Technologie zu besitzen.
**Wer braucht sie (noch) nicht?**
* **Durchschnittliche Gamer:** Für die meisten Spiele ist eine gute PCIe Gen4-SSD mehr als ausreichend. Die Preisdifferenz zur Gen5 ist noch signifikant, und die realen Vorteile sind oft nur marginal spürbar.
* **Büro-PCs und Alltagsnutzer:** Für Surfen, Office-Anwendungen und leichte Multimedia-Aufgaben ist die MP700 Pro massiv überdimensioniert. Hier sind günstigere Gen3- oder Gen4-Laufwerke völlig ausreichend.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis der MP700 Pro ist derzeit noch hoch. Die Investition in eine PCIe Gen5-SSD ist nicht nur der Preis des Laufwerks selbst, sondern auch die potenziellen Kosten für eine adäquate Kühlung und ein kompatibles Motherboard. Für die meisten Nutzer wird eine hochwertige Gen4-SSD immer noch eine hervorragende Balance aus Preis und Leistung bieten. Die MP700 Pro ist für diejenigen gedacht, die keine Kompromisse bei der Geschwindigkeit eingehen wollen und bereit sind, dafür zu investieren.
### Installation und Kompatibilität: Was Sie wissen müssen
Bevor Sie sich für die **Corsair MP700 Pro** entscheiden, sollten Sie einige wichtige Punkte bezüglich Installation und Kompatibilität beachten:
* **Motherboard-Kompatibilität:** Ein PCIe Gen5-SSD erfordert zwingend ein Motherboard mit einem kompatiblen M.2-Slot. Dies sind derzeit in der Regel Boards mit Intel Z790/B760 (für 13./14. Gen Core-Prozessoren) oder AMD X670E/B650E (für Ryzen 7000er-Prozessoren). Prüfen Sie im Handbuch Ihres Mainboards, ob ein PCIe 5.0 M.2-Slot vorhanden ist. Nicht alle M.2-Slots auf einem Gen5-Mainboard sind auch Gen5-fähig!
* **BIOS-Einstellungen:** Stellen Sie sicher, dass in Ihrem BIOS/UEFI der PCIe-Standard für den entsprechenden M.2-Slot auf Gen5 oder „Auto” eingestellt ist, um die volle Geschwindigkeit zu gewährleisten.
* **Physische Installation:** Besonders die Variante mit dem Air Cooler kann sehr groß sein. Stellen Sie sicher, dass genügend Platz zwischen dem M.2-Slot und Ihrer Grafikkarte oder anderen Komponenten vorhanden ist. Die Installation des Wasserkühlungsblocks erfordert zudem Kenntnisse im Aufbau von Custom-Wasserkühlungen.
* **Treiber/Firmware:** Halten Sie Ihre Motherboard-Treiber und die Firmware der SSD aktuell, um optimale Leistung und Kompatibilität zu gewährleisten.
### Fazit: Ein Hochleistungssportler, der Pflege benötigt
Die **Corsair MP700 Pro** ist ein beeindruckendes Stück Technik, das die Grenzen dessen verschiebt, was wir von Datenspeichern erwarten können. Ihre rohe Geschwindigkeit und ihre Fähigkeit, mit riesigen Datenmengen umzugehen, machen sie zu einem unverzichtbaren Werkzeug für professionelle Anwender und ambitionierte Enthusiasten. Doch sie ist kein Plug-and-Play-Wunder. Sie ist ein Hochleistungssportler, der die richtige Pflege und vor allem eine durchdachte Kühlung benötigt, um ihr volles Potenzial zu entfalten.
Das Versprechen von 12 GB/s ist real, aber nur, wenn die thermischen Bedingungen stimmen. Ohne einen effizienten „Windkanal” in Form eines leistungsfähigen Kühlkörpers und eines gut belüfteten Gehäuses wird die MP700 Pro zur Diva, die ihre Leistung drosselt, sobald sie ins Schwitzen gerät.
Für diejenigen, die bereit sind, in das Ökosystem um diese **High-Performance SSD** zu investieren – sei es durch einen besseren Air Cooler oder eine vollständige Wasserkühlung – wird die MP700 Pro eine beispiellose Erfahrung bieten. Sie ist nicht nur ein weiterer Schritt in der Entwicklung von SSDs, sondern ein Ausblick auf die zukünftigen Anforderungen an unsere PC-Systeme, bei denen die Kühlung von Speicherkomponenten genauso kritisch sein wird wie die der CPU oder GPU. Corsair hat mit der MP700 Pro bewiesen, was mit **PCIe Gen5** möglich ist, und uns gleichzeitig eine wichtige Lektion erteilt: Mit großer Macht kommt große Verantwortung… und großer Kühlbedarf.