In der Welt der PC-Hardware sind Upgrade-Projekte oft ein Balanceakt zwischen Leistung, Budget und, nicht zuletzt, Kompatibilität. Besonders wenn man neuere, leistungsstarke Komponenten mit einer bewährten, aber etwas älteren Plattform kombinieren möchte, können Fragen aufkommen. Ein klassisches Szenario ist die Integration einer hochmodernen NVMe SSD wie der Lexar NM790 (4TB) in ein System, das auf einem ASRock B450 Pro4 Mainboard basiert.
Auf den ersten Blick mag es trivial erscheinen: SSD rein, fertig. Doch die Realität ist komplexer. Die B450-Plattform ist für PCIe Gen3 ausgelegt, während die Lexar NM790 eine PCIe Gen4-SSD ist. Und hier kommt der oft unterschätzte, aber absolut entscheidende Faktor ins Spiel: die BIOS-Version. In diesem Artikel tauchen wir tief in die Materie ein, beleuchten die technischen Hintergründe und erklären, welche Rolle die richtige BIOS-Version für eine reibungslose Kompatibilität und optimale Performance spielt.
Die Protagonisten im Detail: ASRock B450 Pro4 und Lexar NM790 (4TB)
Das ASRock B450 Pro4: Ein solides Fundament mit Geschichte
Das ASRock B450 Pro4 ist ein beliebtes Mainboard für AMDs AM4-Plattform. Es wurde entwickelt, um CPUs der Ryzen 1000er, 2000er und nach BIOS-Updates auch der 3000er und 5000er Serien zu unterstützen. Als B450-Chipsatz ist es primär für die Unterstützung von PCIe Gen3-Geräten ausgelegt. Es verfügt in der Regel über zwei M.2-Slots:
- Einen „Ultra M.2” Slot, der direkt an die CPU angebunden ist und PCIe Gen3 x4 unterstützt. Dieser ist für die primäre Boot-SSD vorgesehen.
- Einen weiteren M.2 Slot, der an den Chipsatz angebunden ist und oft nur PCIe Gen3 x2 oder SATA-M.2 unterstützt.
Die BIOS-Updates für dieses Board haben im Laufe der Jahre nicht nur die Unterstützung für neue CPU-Generationen erweitert, sondern auch die Kompatibilität mit neueren Speichercontrollern und NVMe-Standards verbessert. Dies ist ein wichtiger Hinweis auf die kritische Rolle des BIOS.
Die Lexar NM790 (4TB): Ein modernes Kraftpaket
Die Lexar NM790 (4TB) ist eine moderne High-Performance-NVMe-SSD. Sie nutzt den PCIe Gen4 x4 Standard und bietet beeindruckende sequentielle Lese- und Schreibraten, die weit über das hinausgehen, was PCIe Gen3 leisten kann. Mit 4TB Kapazität ist sie zudem ein echtes Speichermonster. Typischerweise handelt es sich um eine DRAM-less-SSD, die auf Host Memory Buffer (HMB) setzt, um ihre Performance aufrechtzuerhalten – eine Technologie, die eine gute Kommunikation mit dem Host-System und somit auch dem BIOS erfordert.
Der Kern der Kompatibilitätsfrage: PCIe Gen3 vs. Gen4 und die Bedeutung des BIOS
Das offensichtlichste Kompatibilitätsthema ist der Unterschied in der PCIe-Generation. Das ASRock B450 Pro4 ist ein Gen3-Board, die Lexar NM790 eine Gen4-SSD. Was bedeutet das?
Eine PCIe Gen4 SSD ist abwärtskompatibel zu einem PCIe Gen3 Slot. Das bedeutet, die Lexar NM790 wird auf dem ASRock B450 Pro4 funktionieren. Sie wird jedoch nicht ihre volle Gen4-Geschwindigkeit erreichen, sondern mit der maximalen Geschwindigkeit des Gen3-Slots arbeiten, was etwa der Hälfte der theoretischen Gen4-Bandbreite entspricht. Trotzdem ist dies immer noch sehr schnell und eine deutliche Verbesserung gegenüber herkömmlichen SATA-SSDs.
Die entscheidende Frage ist jedoch nicht nur die maximale Geschwindigkeit, sondern die grundlegende Erkennung und Stabilität. Neuere NVMe-SSDs, insbesondere solche mit hohen Kapazitäten und bestimmten Controllern, können ein Problem für ältere BIOS-Versionen darstellen. Hier kommt das BIOS ins Spiel:
Warum ist die BIOS-Version so entscheidend?
Das BIOS (Basic Input/Output System) ist die Firmware, die Ihr Mainboard steuert. Es ist dafür verantwortlich, die Hardware beim Systemstart zu initialisieren und die Kommunikation zwischen den Komponenten zu ermöglichen. Speziell für NVMe-SSDs spielt das BIOS eine zentrale Rolle bei:
- NVMe-Controller-Kompatibilität: Neue SSDs verwenden oft neuere NVMe-Controller. Ältere BIOS-Versionen kennen diese Controller möglicherweise nicht und können die SSD daher nicht erkennen oder korrekt ansprechen.
- Bootfähigkeit: Damit die SSD als Boot-Laufwerk fungieren kann, muss das BIOS sie korrekt als solches identifizieren und die notwendigen Boot-Protokolle (z.B. UEFI, NVMe-Express) unterstützen.
- Kapazitätserkennung: Besonders bei sehr großen Kapazitäten (wie 4TB) kann es bei sehr alten BIOS-Versionen zu Problemen kommen, dass nicht die volle Kapazität erkannt wird.
- AGESA-Updates: AMDs AGESA-Code (AGESA steht für „AMD Generic Encapsulated Software Architecture”) ist ein integraler Bestandteil des BIOS. AGESA-Updates verbessern nicht nur die CPU-Kompatibilität und Speicherstabilität, sondern enthalten oft auch aktualisierte NVMe-Treiber und Fixes, die die Erkennung und Performance von SSDs verbessern.
Die „entscheidende” BIOS-Version: AGESA Combo-AM4 V2 1.2.0.7 oder später
Die Lexar NM790 wurde Mitte 2023 auf den Markt gebracht. Das bedeutet, dass ein BIOS, das vor dieser Zeit veröffentlicht wurde und keine umfassenden Updates für neuere Speicherhardware erhalten hat, potenziell Schwierigkeiten bereiten könnte. Für die AM4-Plattform, insbesondere die B450-Chipsätze, hat sich die AGESA Combo-AM4 V2 1.2.0.7 als eine sehr wichtige und stabile Version etabliert. Viele Mainboard-Hersteller haben mit dieser AGESA-Version ihre letzten großen Updates für die AM4-Plattform bereitgestellt, die weitreichende Kompatibilitätsverbesserungen mit sich brachten.
Warum diese AGESA-Version (oder neuer)?
Diese AGESA-Version enthält in der Regel die neuesten Mikrocodes und Treiber für die AMD-Plattform, was die beste Grundlage für die Erkennung und den stabilen Betrieb moderner NVMe-SSDs schafft. Frühere AGESA-Versionen, insbesondere solche, die noch die Ryzen 1000er oder 2000er Generationen primär unterstützten (z.B. AGESA Combo-AM4 1.0.0.x oder 1.0.0.x A/B/C), könnten Probleme mit den Controllern der Lexar NM790 haben.
Die Empfehlung ist daher klar: Um eine optimale Kompatibilität und Fehlerfreiheit zu gewährleisten, sollte Ihr ASRock B450 Pro4 mindestens ein BIOS aufweisen, das die AGESA Combo-AM4 V2 1.2.0.7 oder eine noch neuere Version (falls von ASRock bereitgestellt) integriert hat. Prüfen Sie die Support-Seite von ASRock für Ihr spezifisches Boardmodell, um die aktuellste verfügbare BIOS-Version zu finden und deren Changelog auf die integrierte AGESA-Version zu überprüfen.
Praktische Schritte zur BIOS-Aktualisierung und Installation
Die Aktualisierung des BIOS mag entmutigend wirken, ist aber ein routinierter Prozess. Beachten Sie immer die Anweisungen des Herstellers!
1. Aktuelle BIOS-Version prüfen
Starten Sie Ihren PC und rufen Sie das BIOS/UEFI auf (meist durch Drücken von DEL oder F2 beim Booten). Suchen Sie nach Informationen zur aktuellen BIOS-Version und der integrierten AGESA-Version. Notieren Sie diese.
2. Besuch der ASRock Support-Seite
Gehen Sie auf die offizielle ASRock-Website, suchen Sie Ihr spezifisches Modell (ASRock B450 Pro4) und navigieren Sie zum Bereich „Support” -> „BIOS”.
- Laden Sie die neueste stabile BIOS-Version herunter. Achten Sie auf die Changelogs: Sie sollten Erwähnungen von „AGESA Combo-AM4 V2 1.2.0.7” oder ähnlichen, neueren Versionsnummern enthalten.
- Lesen Sie alle Anweisungen sorgfältig durch. Manchmal sind „Brücken-BIOS”-Updates erforderlich, wenn Sie von einer sehr alten Version aktualisieren.
3. BIOS-Update vorbereiten
- Formatieren Sie einen USB-Stick (FAT32).
- Entpacken Sie die heruntergeladene BIOS-Datei auf den USB-Stick.
- Sichern Sie wichtige Daten von Ihrem System, falls etwas schiefgehen sollte.
4. BIOS-Update durchführen (ASRock Instant Flash)
- Starten Sie den PC neu und rufen Sie das BIOS/UEFI auf.
- Navigieren Sie zum Tool „Instant Flash” (oder ähnlich).
- Wählen Sie die BIOS-Datei auf dem USB-Stick aus und starten Sie den Update-Vorgang.
- WICHTIG: Schalten Sie den PC während des Updates NIEMALS aus oder ziehen Sie den Stromstecker!
- Nach erfolgreichem Update startet der PC neu. Gehen Sie erneut ins BIOS und laden Sie die „Standardeinstellungen” („Load Optimized Defaults”), speichern Sie und starten Sie neu.
5. Lexar NM790 (4TB) installieren
- Schalten Sie den PC vollständig aus und trennen Sie ihn vom Stromnetz.
- Installieren Sie die Lexar NM790 in den oberen M.2-Slot, der direkt an die CPU angebunden ist (meist als „Ultra M.2” bezeichnet). Dieser bietet die volle PCIe Gen3 x4 Bandbreite.
- Sichern Sie die SSD mit der M.2-Schraube.
- Schließen Sie den PC wieder an und starten Sie ihn.
6. BIOS-Einstellungen prüfen und System einrichten
- Gehen Sie erneut ins BIOS/UEFI.
- Prüfen Sie unter „Storage Configuration” oder „NVMe Configuration”, ob die Lexar NM790 erkannt wird und die volle Kapazität (ca. 3.7TB nach Formatierung) angezeigt wird.
- Stellen Sie sicher, dass der Boot-Modus (UEFI) korrekt eingestellt ist, wenn Sie das Betriebssystem auf der neuen SSD installieren möchten.
- Installieren Sie Ihr Betriebssystem auf der SSD.
- Installieren Sie die neuesten Chipsatztreiber von AMD für Ihr B450-Mainboard, um die bestmögliche System-Performance und NVMe-Kompatibilität zu gewährleisten.
Potenzielle Fallstricke und Lösungen
- SSD wird nicht erkannt:
- Überprüfen Sie den Sitz der SSD im M.2-Slot.
- Stellen Sie sicher, dass das BIOS auf die neueste Version aktualisiert wurde.
- Im BIOS: Suchen Sie nach einer Option, um den M.2-Slot zu aktivieren oder den PCIe-Modus einzustellen (oft auf „Auto” belassen, aber manchmal muss man explizit PCIe wählen statt SATA).
- Manche M.2-Slots teilen sich Bandbreite mit SATA-Ports. Prüfen Sie das Handbuch des Mainboards; eventuell muss ein SATA-Port deaktiviert werden.
- Boot-Probleme:
- Stellen Sie sicher, dass im BIOS der korrekte Boot-Modus (UEFI) eingestellt ist.
- Prüfen Sie die Boot-Reihenfolge.
- Wenn Sie das Betriebssystem neu installiert haben, stellen Sie sicher, dass der Bootloader korrekt auf der NVMe-SSD erstellt wurde.
- Performance-Erwartungen:
- Denken Sie daran, dass die Lexar NM790 auf einem B450-Board maximal PCIe Gen3-Geschwindigkeiten erreichen wird, nicht die beworbenen Gen4-Geschwindigkeiten. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Ihre Benchmarks nicht die Herstellerangaben erreichen, solange sie im Rahmen von PCIe Gen3 liegen.
Fazit: Ein klares Ja, aber mit Vorbereitung
Die Antwort auf die Frage, ob die Lexar NM790 (4TB) mit dem ASRock B450 Pro4 kompatibel ist, lautet eindeutig: Ja, absolut. Sie wird einwandfrei funktionieren und eine enorme Leistungssteigerung für Ihr System bedeuten. Die volle PCIe Gen4-Bandbreite wird zwar nicht erreicht, aber die PCIe Gen3 x4-Performance ist immer noch beeindruckend schnell und für die meisten Anwendungsfälle mehr als ausreichend.
Der entscheidende Faktor für eine reibungslose und problemlose Integration ist jedoch die BIOS-Version. Eine aktualisierte Firmware, idealerweise mit AGESA Combo-AM4 V2 1.2.0.7 oder einer späteren Version, stellt sicher, dass das Mainboard die moderne NVMe-SSD korrekt erkennt, stabil betreibt und deren volle Kapazität nutzen kann. Nehmen Sie sich die Zeit für das BIOS-Update – es ist eine kleine Investition, die sich in puncto Stabilität und Benutzerfreundlichkeit um ein Vielfaches auszahlt. Mit der richtigen Vorbereitung können Sie die Vorzüge dieser leistungsstarken SSD in Ihrem bewährten B450-System voll ausschöpfen.